Manfred Klett - Videobotschaft anlässlich der Buchübersetzung auf Niederländisch

Aus BiodynWiki
Manfred Klett am 1. Mai 2024 am Dottenfelderhof [https://www.youtube.com/watch?v=hOw_mE08kTw Hier gehts zum Film

]

Transkription der Videobotschaft

Einen Gruß an die Kollegen in den Niederlanden

Liebe Zuhörer, liebe Zuschauer. Ich möchte gerne zunächst mal meinen herzlichen Dank sagen für Aufnahme meines Buches in den Niederlanden und denjenigen danken, die diese Herausgabe besorgt haben, insbesondere (Anmerkung - Frau Tineke van den Berg) und auch die Übersetzerin, Frau Elke Büssler.

Ich bin sehr, sehr erfreut, dass gerade auch in Holland meine Gedanken vielleicht doch eine Leserschaft finden können. Weil mein Anliegen als biologisch-dynamischer Landwirt war es immer gewesen, dass diese Gedanken, die dem landwirtschaftlichen Kurs Rudolf Steiners zugrunde liegen, Weltgedanken sind, das heißt für jede Situation in der ganzen Welt Geltung haben.

Einblicke in meine Biografie

Erschreckend: Kulturlandschaften können Wüsten werden

Nun möchte ich aber zunächst ein paar Worte zu meiner Biographie sagen, die mich überhaupt dazu gebracht haben, dieses Buch zu schreiben. Da ist zunächst zu sagen, dass ich wie ich überhaupt die Frage, wie ich überhaupt Zugang zur Landwirtschaft gewonnen habe, als Stadtgeborener. Es war ein schwerer Unfall, der mich veranlasst hat oder der mir die Möglichkeit geboten hat in den Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts an eine Expedition mich anzuschließen nach dem Nordosten Syriens, wo ich ein Jahr unter Beduinen, das heißt Arabern, Kurden, Armeniern und Türken gelebt habe, einem ganzen Völkergemisch, und dort erlebt habe, wie da eine alte Ruinenlandschaft mich umgeben hat von einer Kultur, die einst blühend war und jetzt heute zu einer Halbwüste geworden ist.

Und diese Eindrücke haben mich so tief geprägt, dass ich mich entschlossen habe, erstens Landwirt zu werden, zweitens schleunigst nach Europa zurückzukehren und Sorge zu tragen, dass derartiges in Europa nicht passiert, dass eine Kulturlandschaft Wüste wird.

Das Schicksal führte mich zum Dottenfelderhof

Und gesagt, getan fand ich dann auch gleich durch großes Glück. War es Glück? War es Schicksalführung, die mich auf den Dottenfelderhof geführt hat zu meiner Lehre in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Und dort erlebte ich noch eine Landwirtschaft, die gleichsam noch doch etwas repräsentiert hat von der Blüte der mittelalterlichen bäuerlichen Kultur. Auf 187 Hektar wurde noch fast ausschließlich mit Pferden gewirtschaftet, und das prägte mich zutiefst zugleich mit dieser Arbeit, die dazu zu leisten war, war verbunden das Kennenlernen der Anthroposophie.

Persönlicher Einsatz und Mühe brachten positive Wendungen

Der Hof wurde schon damals Milieu bewirtschaftet, und das gab meinem ganzen Leben eine ganz neue Richtung, die dazu geführt hat, dass nach meinem Studium und auch der Promotion und den weiteren wissenschaftlichen Arbeiten es uns gelungen war, doch wieder den Dottenfelderhof zurück zu erobern, nachdem er zwischenzeitlich als staatliches Gut wieder konventionell bewirtschaftet worden war. Und nach vielen, vielen Schwierigkeiten war dies gelungen.

Aber das Leben war insofern sehr herausfordernd, als wir ja arm waren, wie die Kirchenmäuse, unter sehr harten Bedingungen hier diesen Neustart ermöglichen mussten und wir keine Hilfe von außen hatten. Und doch war es uns gelungen, nach zwölf Jahren als eine Betriebsgemeinschaft von fünf Familien diesen Betrieb schuldenfrei zu machen.

Meine Tätigkeit als Sektionsleiter der Landwirtschaft in Dornach

Diese 20 Jahre der Aufbauarbeit haben mich zutiefst beeindruckt, geprägt und gaben die Richtschnur für mein weiteres Leben, das mich dann doch vom Hof eine Zeit lang entfernt hat von über 20 Jahren, in denen ich mit meiner Frau zusammen nach Dornach gegangen bin, um die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in der ganzen Welt, vom Goetheanum in Dornach aus, zu vertreten. Das hat mit den verschiedensten Ländergeführt und so auch nach Holland, sehr häufig, und hatte dort Gelegenheit, die biologisch-dynamischen Betriebe in den Niederlanden kennen zu lernen und bewundern zu lernen wie lebenspraktisch und tüchtig die Menschen dort, die die biologisch-dynamische Arbeit getan und gepflegt haben.

Mit 76 Jahren Einsichten an der Landbauschule vom Dottenfelderhof weiter geben

Das war für mich immer sehr, sehr eindrucksvoll. Und dann, nach meiner Dornacher Zeit bin ich wieder auf den Hof als 76-jähriger zurückgekehrt und war dann auch tätig an der Landbauschule Dottenfelderhof und habe noch mal versucht, dann der jüngeren Generation meine Grundgesichtspunkte in Bezug auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, das, was sich mir erschlossen hat, an Einsichten weiterzugeben.

Mit 87 allerdings musste ich krankheitshalber diese Aufgabe abbrechen und stand nun vor der Frage: "Kann ich doch noch irgendwie dasjenige, was mir ein Herzensanliegen war, durch all die Jahrzehnte - kann ich mir das noch mal vors Bewusstsein stellen, und kann ich das noch mal mir vor mir selbst rechtfertigen, was ich da sich mir an Ideen und Gedanken ergeben?"

Die Anfänge des Buches mit 87 Jahren: Das eigene Herzensanliegen noch mal vors Bewusstsein stellen

Und so fing ich an einfach mal niederzuschreiben, meine Gesichtspunkte aber nur für mich selbst. Und erst nach und nach, nachdem das die Sache immer mehr wuchs, von Kapitel zu Kapitel, wurde mir deutlich, dass das eigentlich doch ein Buch wird, obwohl ich es eigentlich gar nicht ursprünglich wollte. Und ich suchte das damit zu rechtfertigen, dass es zum Buch wird, das ich mir sagte:

"Es ist geschrieben für die jetzigen, aber insbesondere für zukünftige Generationen, die mal zurückschauen wollten, sehen wollten, wie hat eine dritte Generation nach dem landwirtschaftlichen Kurs gedacht? Wie hat sie eigentlich den Inhalt dieses Kurses versucht zu erfassen, sich dann Verständnis zu davon zu verschaffen?".

Gedanken und Ideen aus der eigenen biologisch-dynamischen Praxis

Das war meine Grundfrage. Und so ist dieses Buch entstanden nach und nach. Und ich habe versucht, meine ganzen Gedanken und Ideen, die sich mir aus der Praxis heraus ergeben haben, nicht theoretisch, sondern aus der praktischen Arbeit des biologisch-dynamischen Landbaus. Sie haben dann bestimmt die Abfolge der einzelnen Kapitel auch dieses Buches.

Der Entwicklungsgedanke

Und da möchte ich als Richtschnur noch einmal kurz erwähnen, dass das wichtigste Anliegen für mich war, den Entwicklungsgedanken in diesem Buch zum Ausdruck zu bringen in Bezug auf die Landwirtschaft. Weil ich mir gesagt habe:

"Das einzige Wesen auf Gottes Erdboden, was zur Entwicklung fähig ist aus sich selbst heraus, das ist der Mensch.".

Die Pflanze kann sich aus sich selbst heraus nicht weiterentwickeln, auch nicht das Tier. Das ist das Schicksal der Naturreiche, dass sie fertig sind, dass dort die Entwicklung abgeschlossen ist und jetzt immer mehr der Mensch herein wächst, in ein Zeitalter, wo er selber nicht nur seine eigene Entwicklung in die Hand nehmen muss, sondern auch die Entwicklung der ganzen Natur, der ganzen Welt um sich herum. Die ist ihm in die Hand gegeben und er muss jetzt versuchen, jetzt in Freiheit das sich zur Grundlage seiner Arbeit zu machen, dass dasjenige, was außerhalb seiner selbst ist sich mit ihm zusammen in die Zukunft entwickelt. Das sehe ich als den eigentlichen Sinn der biologisch-dynamischen Landwirtschaft an, und das muss man aber in Gedanken versuchen, vor sich selbst zu rechtfertigen.

Teil 1 Des Buches

Lebendikeit und die Organismusfrage - im Gegensatz zum Mechanismus der Industrie

Und so habe ich das ganze Buch auch in diesem Sinne aufgebaut, dass sie mir zunächst einmal rein aus der Gegenwart heraus die Frage gestellt habe:

"Was ist der Unterschied zwischen Industrie und Landwirtschaft? Wie kann man diesen Gegensatz erstens mal erkennen - und welche Konsequenzen muss man daraus ziehen?".

Und da wurde mir immer deutlicher, dass es in der Industrie eben der Mechanismus produziert, während in der Landwirtschaft lebendiger Organismus, dass man die Landwirtschaft hat man es immer mit dem Leben und wohl auch mit einem Seelenleben der Tiere zu tun. Und wie kann man jetzt diesen Organismus ausgestalten? Und dieses Bild charakterisiert eigentlich meine ganzen Bemühungen durch das Buch hindurch den Entwicklungsgedanken in der Landwirtschaft, in Praxis, in täglicher Arbeit anwesend und wirksam ... anwesend sein zu lassen und wirksam werden zu lassen.

Das ist natürlich ein hoher Anspruch, aber dieser Anspruch liegt schon im Kern der biologisch-dynamischen Landwirtschaft von allem Anfang an zu Grunde. Und wir müssen uns dieses Anspruches nur immer neu bewusst werden, müssen ihn anwesend sein lassen in jeglicher alltäglichster Arbeit. Nur dann entzünden wir ein Feuer in uns und in unserer Arbeit. Ein Enthusiasmus, eine Begeisterung, die uns dahin führt, wirklich sich uns voll und ganz in diese Mission des biologisch-dynamischen Landbaus hineinzustellen.

So arbeiten, dass um uns herum ein Organismus entstehen kann

Und so habe ich versucht, nun diesen Organismusgedanken auch genauer zu charakterisieren auf der Grundlage der Menschenkunde Rudolf Steiners. Denn die Grundlage dafür, dass wir, wenn wir den Entwicklungsgedanken zugrunde legen unserer Arbeit, können wir nur ableiten von der Menschenerkenntnis, von der Selbsterkenntnis des Menschen. Und daraus ergibt sich dann ein Bild, formt sich ein Bild, aus dem heraus wir nun versuchen, jede Arbeit so zu gestalten, solche Beziehungsverhältnis zwischen Tier und Kulturpflanze und Boden herzustellen, dass dieser Organismus um uns herum durch unsere Arbeit auch entstehen kann.

Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise als Fortsetzung der Kulturentwicklung begreifen

Und ich habe versucht, dann näher auch zu charakterisieren, woher eigentlich die Kulturpflanzen entstanden sind. Aus Urzeiten - die waren schon am Anfang aller Ackerbaukultur waren die schon da. Die sind keine neuen Schöpfungen. Und ebenso die Haustierheit war schon von allem Anfang an da. Und wie jetzt, da sich an eine Entwicklung, an eine anknüpft, die wir erkennen müssen und die uns die Möglichkeit gibt, die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise als eine Fortsetzung dieser Entwicklungsrichtschnur aus der Vergangenheit zu sehen und zu begreifen.

Neue Sozialität: Sein Motiv in den Dienst der Motive der anderen stellen

Und des Weiteren habe ich dann versucht, auch aus diesen Zusammenhängen heraus zu sehen, dass die soziale Frage in der Landwirtschaft, also das Zusammenwirken der Menschen, das wir diesen Organismusgedanken überhaupt verwirklichen können, dass dieser, dass das nur auf der Basis einer neuen Sozialform, in einer neuen Sozialität in der Landwirtschaft möglich ist. Und mein Ideal war, und das haben wir auch hier auf dem Dottenfelderhof versucht am Anfang zu verwirklichen, die Betriebsgemeinschaft. Das heißt, dass Menschen zusammenarbeiten auf Augenhöhe, in dem jeder sein Motiv in den Dienst der Motive der anderen stellt und so eine Gemeinschaft entsteht, die aus einem Guss versucht, diese Universalität biologisch-dynamischen Landbaus in die Tat umzusetzen. Das ist der erste Teil meines Buches, wo ich versucht habe, diese Zusammenhänge zu charakterisieren.

Teil 2 des Buches

Grundsäulen der Landwirtschaft mit Schwerpunkt auf die Düngung

Der zweite Teil des Buches handelt über konkrete Gesichtspunkte im Hinblick auf die praktische Landwirtschaft in Hinblick auf die drei Grundsäulen der Landwirtschaft: Bodenbearbeitung, Fruchtfolge und Düngung. Mit Schwerpunkt letztlich auf die Düngung selbst. Und da versuche ich nun gerade, die Düngung zunächst mal zu charakterisieren, die wir erhalten durch das, was die Natur selber produziert - den Humus auf der einen Seite und dann, was an Dünger von den Tieren kommt.

Und die Qualität dieser besonderen Düngerungsweise, Düngungsart, sei es dass sie vom Rind kommt oder von den anderen Wiederkäuern. Oder dass sie vom Schaf oder der Ziege oder vom Schwein und so weiter kommt. Das ist die eine Seite, was die Natur sozusagen spendet und was der Organismusgedanke aus sich selbst hervorbringt.

Die geistige Komponente der Düngung: Die Präparate

Die zweite Komponente der Düngung aber ist diejenige, die aus dem Geist des Menschen hervor kommt, und das sind die sogenannten biologisch-dynamischen Präparate. Und auf die bin ich am ausführlichsten eingegangen in Bezug auf deren Herstellung zu ein anfängliches Begreifen, eine Verständnissuche, wie diese einzelnen Düngerpräparate doch zu verstehen sind, und zwar so zu verstehen sind, dass sie einen befeuern - erst recht wirklich sie in Freiheit auch herzustellen und anzuwenden.

Und diese Bemühung ist von meiner Seite eben auch nur eine Verständnissuche. Es ist kein endgültiges Ergebnis - weiß Gott nicht. Rudolf Steiner hat uns in vieler Hinsicht sozusagen nur Hinweise gegeben, und es ist unsere Aufgabe, diesen Hinweisen zu folgen und zu sehen, wie weit man mit dem eigenen Verständnis kommen kann. Und jede Generation trägt zu diesem Verständnis bei, so dass auch das ne Art Entwicklung ist des menschlichen Bewusstseins die Präparate immer tiefer zu verstehen. Das ist also der Inhalt des zweiten Teil meines Buches und ich möchte damit schließen, dass ich sage, dass:

"Die Aufgabe des Menschen heute und in Zukunft ist - deswegen ist der biologisch-dynamische Landbau auch eigentlich der zukünftige Landbau - das wir aufgerufen sind als Menschen den Entwicklungsgedanken, den wir in uns tragen, der unser Wesen ausmacht, dass wir diesen Entwicklungsgedanken in die Natur hineintragen, in das was fertig geworden ist als äußere Natur, dieses das fertiggewordene Werk wiederum anzuschließen an unsere eigene Mensch Entwicklung. Das schafft ein neues Verhältnis von Mensch zur Natur. Und nur dadurch können wir eine neue Kultur- menschheitliche Kultur begründen, indem wir die Natur mitnehmen, auch unserem Wege."

Das ist mein zentrales Anliegen in diesem Buch gewesen, den Entwicklungsgedanken am Beispiel der biologisch-dynamischen Landwirtschaft sichtbar und deutlich werden zu lassen.

Abschluss

Und ich hoffe, dass Sie im Lesen des Buches - das ist kein Rezeptbuch, es ist ein Buch was versucht, ein Verständnis zu entwickeln und so zu entwickeln, dass jeder, der es denkend, durchdringt und zu verstehen sucht, selbstständig zu seinen eigenen Gedanken kommen kann, sich selbstständig ein eigenes Bild davon machen kann. Ich danke euch vielmals. Danke.