Geologie - 1. Folge von Manfred Klett und Gunter Gebhard: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geologie - 1. Folge ==
== Geologie - 1. Folge ==

Aktuelle Version vom 9. Juni 2024, 23:03 Uhr

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1 Folge Geologie mit Dr. Manfred Klett und Dr. Gunter Gebhard im Rahmen der Landbauschule am Dottenfelderhof am 17. Juli 2017

Geologie - 1. Folge

[00:00:37] Im Juni, Juli ist ja nicht so, dass man das, was man damit vereinbart, aber wieder greifen oder verkabelt hat. Und das ist ja schrecklich. Ich bin ein Fan von nicht machen lassen. Na ja, also ich bin gerne immer bereit, Wünschen anderer nachzukommen. Mein Zimmer ist ganz. Mein Zimmer ist ganz dreckig. Mein Zimmer ist ganz dreckig oben. Das heißt, Sie sprechen einen Wunsch aus und den delegiere ich. Also, da habe ich so Franziska. Soll ich entschuldigen? Die hat heute Morgen einen Termin. Wie ist das, Franziska? Ja, und sonst heißt es: Gehen muss ich ja auch erst mal! So also ist es so überladen mit allem Möglichen, dass ich eigentlich gar nichts mehr sagen brauche, oder? Vollgestopft mit Eindrücken, mit Wissen überquellen. Da soll noch was rein, nämlich noch Platz. Wir wollen uns ja mit dem Thema beschäftigen und das lernen, wie es auf einmal ganz abwegig ist, zu dem, was eigentlich unser Interessengebiet ist, ja, unseres Erachtens logisch. Und doch ist es eben doch sehr, sehr miteinander verbunden. Denn wenn man drauf hinschaut auf den landwirtschaftlichen Betrieb, dann ist der ja bedeckt, der ja einen kleinen Teil der Erdoberfläche da draußen in Hof, eben diese Fläche hier, die er ja kennengelernt hat. Und überhaupt, jeder Landwirtschaftsbetrieb ist Teil der Erdoberfläche und wir betrachten immer nur die Erdoberfläche, das, was gerade eben sinnlich in Erscheinung tritt, den Boden, den wir pflügen, den wir eben, den wir striegeln, aber mit dem, was dann aus diesem Boden herauswächst, die gesamte Pflanzennatur, die wächst nur deshalb, weil dann noch unter dem Boden eher Tiefen sind und über dem Boden der ganze Kosmos sich ausweitet. Also das muss man immer ins Auge fassen, dass wir es da mit Kräften zu tun haben, die aus dem Umkreis wirken und solchen, die aus den Tiefen wirken.

[00:04:12] Und der Boden ist nur sozusagen die sinnfällige Haut der Erde. Und nun ist jeder landwirtschaftliche Betrieb ein Mitglied der umgebenden Landschaft. Die umgebende Landschaft zeigt dieselben Phänomene plusminus, die man hier auf dem Hof findet. Und so spricht man ja heute von Landschaften, und die haben in aller Regel auch einen Namen. Und interessanterweise, das kommt aus der Vergangenheit. Und dass man hier von der Wetterau ausspricht. Und wer die Wetterau mal so ein bisschen kennengelernt hat oder Ackerbau, Landschaft, dann muss man sagen, ja, die hat natürlich einen ganz eigenen Charakter, also eine uralte Kulturlandschaft, die schon seit dem dritten vorchristlichen Jahrtausend kultiviert war, von denen man Keramiken hat. Und wenn man dann einfach ein paar Schritte weitergeht, dann kommt man in den Taunus und vollständig andere Landschaftscharakter, Landschaftstypus liegt im Taunus, Taunusgebirge und dann dahinter. Taunus wird wieder ganz anders. Und wenn man hier in Vogelsberg kommt, hier östlich von uns gelegen, ein vollkommen eigener Landschaftstypus und entsprechend auch die landwirtschaftlichen Betriebe, die man dort findet. Und so ist es, wenn man hinter den Vogelsberg rauskommt. Da kommt man in der Rhön wiederum ein völlig eigener Landschaftstypus. Und so könnte man jetzt den Odenwald nennen oder den Südschwarzwald, die Vogesen oder Vogesen, den Pfälzerwald, die Bodensee-Landschaft. Oder man könnte in Norddeutschland die verschiedensten Landschaften sehen, bei der Ostküste mit den Knicks, eine ganz eigene Landschaftstypus gegenüber, dann in Westholstein dieses Gebiet und dann wieder den Marschgebieten und so weiter. Die Landschaften haben einen eigenen Charakter und dieser Charakter, das wurde mir zum ersten Mal in meinem Leben deutlich, als ich 17-jährig als Austauschschüler nach England kam. Das war unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 59, und da ging ich. Dann musste ich täglich so zwölf Kilometer mit dem Rad in die Schule fahren und fuhr dann da durch die südenglische Landschaft und guckte mir diese Landschaft an, sowas habe ich noch nie gesehen.

[00:06:53] Mein Leben als in Süddeutschland Aufgewachsener, diese Massen unglaublich ausladenden Baumkronen der Buchen, diese dicken Stämme, diese Hecken. An den Straßenrändern entlang liegt deutlich gegliederte Landschaft, aber alles spielerisch, keineswegs systematisch. In England gibt es ja keine Systematik in dem Sinne, und das hat mich sehr erstaunt darüber, welche Stimmung in einer solchen Landschaft gewaltig ist. Und da kam es mir vor, wie wenn plötzlich hinter jedem Busch, jedem Baum irgendeine Gestalt von Shakespeare hervorkäme, vor oder so eine Ahnung gehabt. Die ganze englische Volksseele lebt in einer solchen Landschaft, die sich irgendwo ein prägende Stämme geschaffen. Und ich schaute dann auf die englische Poesie und schaute dann auf die Landschaft draußen und sagte: Ja, das ist doch eigentlich identisch. Das war damals ein Gefühl, das ich hatte. Dann kam ich nach Holland, da habe ich die dortigen Landschaften kennengelernt. Völlig flach, nicht weich und so, und die sind auch typisch holländisch. Also so wie die Holländer sind, so sind auch ihre Landschaften. So, und dann bin ich nach Schweden. Dann wiederum schaue ich in diese schwedischen Landschaften, schaute wie durch Lichter, durch die Wälder sehen, wie durch Lichter überhaupt die ganze Landschaft ist, wenn sie gerade dunkel ist, im Winter ewig dunkle Nacht. Und da habe ich dann noch mal Selma Lagerlöf gelesen. Da war ja dieselbe Poesie, die aus den Schriften der Selma Lagerlöf einem entgegenkommt. Genau diese Poesie findet man in dieser Landschaft. Und so war das für mich dann auch Studienobjekt geworden. Mehr und mehr einfach einen Blick für Landschaften zu entwickeln. Und das empfehle ich sehr, denn das ist heute ein riesiger Lapsus, ein Armutszeugnis unserer Zeit, weil wir durch unsere Verkehrsmittel heute derart durch die Landschaften rasen, dass wir gar nicht mehr merken, was sie für einen besonderen Charakter haben.

[00:09:20] Und der ist in Europa einzigartig. Nun vollkommen einzigartig, da sie in anderen Ländern, in Südamerika und dann in Nordamerika oder in Asien, wohin man kommt, in Afrika, sind vollkommen anders strukturiert und ganz andere Stimmungen leben da. Nun also. Die Landschaften haben einen Charakter. Das ist die Frage: Woher kommt eigentlich dieser Charakter? Also wenn man zum Beispiel in die Toskana kommt, nach Italien oder nach Umbrien kommt, in Italien oder sonst wo, Piemont oder wohin auch immer. Man merkt, da ist was, und man kann es eigentlich nicht richtig greifen. Also sie haben einen Charakter, der ist jetzt zunächst mal in diesem Charakter nur so charakterisiert, dass er im Wesentlichen bestimmt ist im Wesen, wie Sie sagen, durch das Zusammenwirken der vier Elemente, also Erde, Wasser, Luft, Wärme. Das sind die vier klassischen Elemente aus diesen Elementen oder für die kriegerische Philosophie eines Empedokles. Empedokles im fünften Jahrhundert vor Christus lebte und war Sizilianer, eigentlich in der griechischen Kolonie aufgewachsen, in Süditalien. Der hat diese Lehre von den vier Elementen am ausführlichsten nicht nur dargestellt, philosophisch, sondern sie auch selber vorgelebt. Für ihn waren diese Elemente so geistdurchdrungen, also nicht sinnlich wahrnehmbar. Das waren Ideen, aber eben wirkende Ideen. Nicht irgendwo, wie wir heute denken, dass eine Idee, was ist es schon, sondern wirksame Ideen, wo sozusagen aus dem Geist hinweg etwas im Physischen konfiguriert und durch die Durchdringung dieses Geistigen, das formt im Wesentlichen eine Landschaft, die Durchdringung dieser vier Elemente. Und wenn man nun unter diesen vier Elementen mal diejenigen nimmt, die am aller deutlichsten eine Landschaft prägen, die Natur, dann ist es gerade das erdig feste Element und das wässrige Element. Und nur über der Erde trifft man dann Luft und Wärme so im Wesentlichen an, aber in die Erde selber und von da aus die Landschaft.

[00:12:01] Die Landschaft wird geprägt von Erde und Wasser. Und dieses. Dieses Feld nun. In dessen hat sich die Geologie als Wissenschaft angenommen, gerade dem, was sich die Festen der Erde eigentlich begründen. Nun, und da hat sich zunächst einmal die Geologie als solche angenommen, dem ewig Festen, nämlich der Gesteinswelt. Was bildet die Gesteine? Wie lagern sie? Wie ist überhaupt die ganze Erdkruste durch Form von der Gesteinswelt? Das ist sozusagen das Schwerpunktgebiet der Geologie als solcher. Und dann gibt es hier und das hier, das Buch Geomorphologie, und die Geomorphologie ist mit der Geologie engstens verbunden. Die Schüler, nämlich die Landschaftsgestaltung. Wie ist eine Landschaft gestaltet? Von Festen, auch vom Wässrigen her, aber insbesondere vom Wässrigen. Und das ist eigentlich mit für uns auch das Interessanteste. Denn eine Landschaft hat ja eine Gestalt. Der Hof hat eine bestimmte Gestalt. Wir haben da unten dieses Unterland, das ist Schwemmland ursprünglich. Ich habe das hier mal aus Holland bezeichnet. Und dann haben wir ganz da oben, haben wir die Höhen, eine Höhenlage, wo ziemlich bald darunter auch Gesteine anstehen, das Liegende, und dazwischen ist so eine Übergangszone, die habe ich mit Toskana bezeichnet, wo die Bäume stehen, die Obstbäume, also drei Landschaftselemente, die hier sich in einer besonderen Weise vereinigen und die Ausdruck sind eben der Geometrie, der Landschaftsgestalt. Und wenn man sich damit beschäftigt, also wenn man das nicht nur einfach konstatiert, dagewesen, nein, so ungefähr hingeguckt und dann war es das auch, sondern dass man sich wirklich da Fragen daran stellt: Wie kommt es, dass hier so ein Ansteigen, das Tal hier ansteigt? Warum prallen die Nieder in Vilbel an einen Hang an, der ziemlich steil hochgeht und wo sie verflachen nach der anderen Seite? Wie kommt es, dass hier eine Anhöhe ist oder ein kleiner Berghügel und hier eben eine Versammlung oder eine Ebene in der Landschaft? Was hängt da, was spricht sich da aus, wie man dem nachgehen? Dann trifft man auf die Landschaft. [00:14:54] Geschichte, dann das erweckt Fragen. Wie hat sich jetzt diese Gestalt an diesem Ort über die Zeiten hinweg so gebildet und nicht anders verknüpft, nicht wahr? Und dann kommt man auf das Stellen von Fragen nach der Landschaftsgeschichte. Und wenn man solche Fragen hat, dann ist es nicht weit, dass einem der Entwicklungsgedanke aus den Landschaften förmlich ins Gesicht springt, dass man den Entwicklungsgedanken aus der Natur sozusagen nicht nur jetzt bei der Pflanze studieren kann. Nicht nur von mir aus beim Tier in der Embryologie, sondern dass die in der Landschaftsgestalt selber, wenn man nur fragt, wie hat sich diese besondere Landschaftsgestalt unserer Umgebung hier entwickelt. Daran knüpfen sich solche Fragen, die einen in den Entwicklungsgedanken mitten hineinführen. Da hat sich etwas entwickelt. Auch die Landschaftsgestaltung hat sich entwickelt. Die ist nicht immer so gewesen, sondern die hat sich allmählich erst in dieser besonderen Weise herausgebildet. Nun, dann ist die Geologie durchaus ein zweites Gebiet der Geologie. Ein drittes ist die Hydrologie, also die Geologie. Das betrifft alles dasjenige, was das ganze Gebiet der Gewässer angeht, also Quellen, Quellenhorizonte, Rinnsale, die sich zu Bächen vereinigen, welche sich auf Wiesen vereinigen und schließlich in Seen münden und aus den Seen dann als Ströme ins Meer strömen. Das ist das eine Feld, das sichtbare Feld also, das da an der Erdoberfläche liegt, das wir in Verbindung mit den geologischen Verhältnissen in ein besonderes Verhältnis setzen. Aber da gibt es eben eine Geologie, die man gar nicht sieht, also die dasjenige, was eigentlich die Gründe sind, dass eine Quelle überhaupt in Erscheinung tritt oder ein Wasserlauf, der überhaupt fließt. Wo kommt das Wasser her? Wird man hier verwiesen auf die Grundwasserströme und verwiesen auf hydrogeologische Verhältnisse des Untergrundes, die ungeheuer kompliziert sein können, sehr unterschiedlich sein können. [00:17:30] Und die bedingen eben, dass zunächst einmal das wässrige Element die äußerste Erdkruste insgesamt durchdringt. Das ist eins mit der Erdkruste. Kein Stein gibt es, der nicht ein bisschen Wasser enthielte, der nicht irgendwie mit dem Wässrigen in Beziehung stünde. So, und jetzt haben wir also drei Gebiete: Geologie, Hydrogeologie und die Morphologie. Jetzt kommt noch ein viertes hinzu, was Landschaft bildend ist. Das habe ich schon eingangs erwähnt. Das ist die Hand des Menschen. Es gibt, man hält es eigentlich gar nicht für möglich, wie doch seit Urzeiten der Mensch aus seiner Abwesenheit heraus auf die Erde einwirkt, sie verwandelt und verändert. Und heute tritt das übermächtig in Erscheinung, darin, dass wir derart eingreifen in die Dinge, nicht nur in die Pflanzenwelt und die Tierwelt, sondern auch in die Erdenwelt im höchsten Grade zerstören. Das hat sich im 20. Jahrhundert vorbereitet, aber heute hat es riesige Dimensionen angenommen. Nun, es war insbesondere die sogenannte Denomination und die sogenannte Erosion. Denomination heißt, dass man am falschen Ort den Boden so bearbeitet hat, dass durch Staubstürme das ganze Erdreich abgetragen worden ist. Das haben die Amerikaner am besten erfahren. Also bis zum heutigen Tag. Kentucky, ein Staat in Amerika, war einst der fruchtbarste Standort überhaupt in den Anfängen der Kolonisation. Und das Land des grünen Rohrs hat man es ja auch genannt. Und dann hat man alles abgeholzt, hat also einen tollen Ackerbau entwickelt und sehr reiche Standorte geschaffen und binnen kürzester Frist in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts schon Monokulturen angebaut, Weizen, Mais. Der Mais war noch nicht so aktuell, und da kam die Staublunge und das Geheimnis, den Oberboden abgetragen. Heute sind es zum Teil ganz arme Böden und nur durch die Renaturierung erholen sich diese Flächen.

[00:20:21] Und ähnlich ist es mir in North Dakota begegnet, ein Staat in Chicago. Der liegt oben an der kanadischen Grenze, geht immer noch nach Saskatchewan. Das sind alles Schwarzerdeböden. Die haben alle umgepflügt. Das war ursprünglich Prärie. Und da kam ich zu einem Bauern, der hatte ein schwarzes Gesicht, und da war nur ein heller Streifen drin. Denn das waren nicht die Schweißtropfen, die ihm übers Gesicht liefen, sondern die Tränen, die ihm kamen, wenn er sah, wie der Wind die ganze Schwarzerde wegtrug. Also mit einer Geschwindigkeit geht das vor sich. Das glaubt man nicht. Ähnlich ist es mir in Brasilien gegangen, in Brasilien. Denn je weniger die Winderosion ist, desto mehr die Wassererosion. Brasilien ist ein Land, wo der Regen nicht in allen Gegenden reicht, aber doch ganz wesentlich in großen Teilen des Amazonasgebietes, also sehr starke Regen unter Umständen und sehr konzentriert im Jahreslauf. Es gibt die Trockenzeiten und die Regenzeiten, und da hat man dann die Monokultur, sagen wir mal Zuckerrohr oder so etwas. Und gerade Zuckerrohr, ähnlich wie Mais, sammelt das Wasser über die Blätter und lässt es an den starken Stängeln herunterlaufen, an den Fuß der Pflanze, und vom Fuß der Pflanze bildet sich ein kleines Rinnsal. Und das ist der Anfang einer Erosion. Und am Ende von vielleicht 200 oder 1000 Hektar Zuckerrohr ist dann plötzlich ein Bachlauf entstanden, mit einer Erosion von erheblicher Tiefe. Es geht so schnell, und der Mensch hat da in hohem Grade heute durch seine modernen Technologien und Monokulturen alles so beeinflusst, dass man berechnet, wie von Jahr zu Jahr die kultivierte Fläche auf der Erde rasant abnimmt.

[00:22:40] Aber er macht auch etwas anderes. Und das ist ja gerade der Punkt, wo wir heute stehen, dass wir ein neues, wirklich ein neues Verhältnis zur Natur entwickeln müssen und dass der Mensch heute aufgerufen ist, dasjenige, was einstmals von Natur aus Landschaft bildend und landschaftsgestaltend war, über unendliche Zeiträume hinweg, dass wir heute an die Stelle getreten sind. Wir bewegen heute ganze Landschaften, bauen da Berge ab mit Steinbrüchen oder mit Eisenerzgewinnung. Ganze Berge werden abgetragen, oder Braunkohleabbau. Das ist eines der besten Beispiele. Da werden ja ganze Landschaften total umgewandelt, mit Tiefen von 30, 40 Metern. Aber wir haben eben die Möglichkeit, und gerade darin, dass wir sozusagen den Todesprozess, der allgemein die Erde angeht, denn alles, was sich formt, umgestaltet, etc., dass wir diesen Prozess nur noch weiter stimulieren. Und angesichts dessen können wir erwachen, quasi, dass wir eigentlich eine Mission haben. Und das hat Novalis, der Dichter, ausgesprochen in seinen Fragmenten, indem er gesagt hat: Die Menschheit ist auf einer Mission zur Bildung der Erde berufen. Der wunderbare Ausdruck „zur Bildung der Erde“ bedeutet also, wir müssen fortan, wo wir heute diese ungeheuren Fähigkeiten haben, einzugreifen in die Erde, die Fähigkeit in uns entwickeln, jetzt aus höheren Gesichtspunkten heraus wirklich an der Bildung der Erde zu wirken. In die Zukunft. Und Novalis war ein Zeitgenosse Goethes. Sie haben damals das kommen sehen, wie man in Zukunft mit der Erde umgehen wird. Und so stehen wir wirklich vor der Frage: Was ist eigentlich unsere Mission? Und wenn man diese Frage mal so stellt, merkt man, dass wir die Möglichkeit haben, in der Landwirtschaft so einzuwirken, dass die irdischen Verhältnisse durch unsere Tätigkeit, durch unsere Arbeit, durch die Ideen, die wir haben, so beeinflusst werden, dass wir das, was vorher vorgebildet war, evolutiv, über lange Zeiträume hinweg, erkennen.

[00:25:51] Und aus der Erkenntnis jetzt weiterführen in die Zukunft. Der Mensch, der sich einbringt in diesen ganzen Prozess, in den Entwicklungsgedanken, in die Zukunft, indem er das alles erkennt, was er heute kaputt macht. Das ist zunächst einmal eine Veranlassung. Nahe am Tod kann wieder Leben entstehen. Wenn man sich dem Tod wirklich bewusst wird, dann kann man daran wachsen und neue Ideen entwickeln, wie es eigentlich sein müsste. Und es gibt keine Entwicklung ohne Tod. Leben und Tod, das sind die beiden Grundsäulen jeder Entwicklung. Stirb und werde. Stirb und werde. Und so sind wir alle aufgefordert, angesichts dessen, was geworden ist, das zu erkennen. Das sagt uns die Geologie. Das sagt uns die Morphologie, und die Geologie sagt uns das, was durch die langen Zeiträume der Vergangenheit geworden ist, wo der Mensch nur quasi den Boden gefunden hat für seine eigene Entwicklung hier auf Erden. Dass wir jetzt das alles erkennen, was die Welt vor uns ausbreitet und daraus Ideen in uns wachrufen, die uns in unserer täglichen Arbeit anleiten. Wir sind auf einer Mission, das kann man wirklich sagen. Nun, das war jetzt nur eine kleine Einleitung, und ich möchte den heutigen Vormittag noch darauf verwenden, den Blick auf die Geschichte der Geologie zu lenken. Das ist eigentlich ein sehr interessantes Kapitel. Wie überhaupt ist das Bewusstsein der Menschen aufmerksam geworden auf das, was die irdische Grundlage hier auf Erden ist? Das ist ganz, ganz jung. Die Wissenschaft hat sich im Wesentlichen erst seit dem 19. Jahrhundert entwickelt. Und wenn wir jetzt zurückschauen in die Menschheitsgeschichte, dann wundert man sich eigentlich immer nur, dass zum Beispiel die Griechen, die alten Griechen vorchristlicher Zeit oder die alten Ägypter, dass die nicht irgendwie schon eine Art Verständnis von Geologie gehabt hätten.

[00:28:24] Nichts, gar nichts. Ich möchte mal ein Beispiel nennen aus der alten ägyptischen Kultur, das aus dem Jahre 1700, 2000, 1900, 2000, besser gesagt: Die ersten Pyramiden wurden gebaut. Die Cheops-, Chefren- und Mykerinos-Pyramiden von Gizeh bei Kairo. Dort oben am Nil, noch vor der Sakkara-Pyramide. Von da kann man die Sache älter stufen. Wenn man da hinkommt und sich die Steine anschaut, dann findet man, dass diese Steine ganz feine, runde, kreisartige Gebilde haben, fast wie Spiralen. Eins neben dem anderen. Und da müsste man doch nachschauen als Ägypter. Also da gibt es ja die Steine, die sie angefangen haben zu klopfen. Und was sind das für komische Steine, wo diese kleinen runden Teile drin sind? Heute weiß man, dass es sogenannte Nummulitenkalksteine sind. Nummuliten sind Protozoen, Einzeller, also die urformen des lebendigen tierischen Lebens. Wobei man nicht sagen kann, das wäre ein Tier gewesen. Man könnte genauso gut sagen, es war ein pflanzliches Gebilde, ein Tier-Pflanzen-Tier, könnte man sagen. So sind diese Kalke aufgebaut. Kein Mensch im alten Ägypten sah sich veranlasst, so hinzuschauen, dass er gesagt hätte: Ja, da ist ja ein Stein mit pflanzlichen, tierischen Gebilden drin. Die Frage stellte sich gar nicht. Man muss sich mal hineinversetzen. Sie hatten eine Kunst, unglaubliche Künste, unglaubliches Wissen in Bezug auf den Kosmos und alles. Aber das, was die Erde da produziert hat, das interessierte gar nicht. Sie haben diese Blöcke von 11 mal 11, 20 mal 11, 20, 3 Tonnen schwer, riesige Steinblöcke von der anderen Seite des Nils abgebrochen und dann über den Nil auf die andere Seite geschafft und damit die Pyramiden gebaut.

[00:30:58] Keine Frage, die daran anknüpfte. Auch nicht bei den Griechen, auch nicht bei den Römern und so weiter. Nicht das ganze Mittelalter hindurch. Die haben ja die Kirchen, die mittelalterlichen Kirchen, alle aus Sedimentgesteinen gebaut, also in aller Regel nicht aus Granit, sondern aus Sedimentgestein. Und da waren überall Versteinerungen drin. Aber das war keine Veranlassung für den mittelalterlichen Menschen, der ja viel weiter bewusstseinsmäßig vorangeschritten war, daran eine Frage zu knüpfen. Und es musste erst eine Schwelle überschritten werden. Das ist die Neuzeit. Und ihr glaubt gar nicht, was das für eine Schwelle war und ist, bis zum heutigen Tag, wo plötzlich ein vollkommen neues Bewusstsein die Menschen ergreift, nämlich hinzuschauen, punktuell hinzuschauen auf die Welt. Was finde ich da vor? Welche Pflanze ist das? Welches Gestein ist das? Was ist das für ein Tier? Das gab es vorher nicht. Natürlich hatte man Namen für den Löwen und den Elefanten, alles klar. Aber man hat das als gegeben hingenommen. Das gehörte zum gesamten Weltbild und ungetrennt dazu. Aber jetzt tritt man plötzlich der Natur gegenüber und stellt Fragen. Und der erste, den ich hier nennen möchte, ist Leonardo da Vinci. Ich möchte ihn einfach mal nennen. Das sind die Großen: Leonardo da Vinci, 1452 bis 1519. Ich schreibe auch die Jahreszahlen hin, weil es einfach wichtig ist, dass man mal sieht, wie das durch die Jahrhunderte in einer ganz spezifischen Weise weiterging. Dieser Leonardo, der ja eigentlich ein Künstler war, ein Maler. Man kennt von ihm ja das Gemälde, aber er war zugleich ein unglaublicher Technologe, der also die ersten großen technischen Erfindungen gemacht hat, die Belagerung von Städten und so weiter. Leonardo stammte aus Vinci, daher der Name. [00:33:48] Das ist nicht ein bisschen nördlich von Florenz in den Bergen, und das sind auch relativ junge Ablagerungen, Kalk-Schiefer-Art, und dann guckt er plötzlich auf den Boden, auf den Boden und hebt die Steine auf, nimmt jeden einzelnen Stein, guckt ihn an, nicht dass er sie klopft wie vorher, die alles schön, wunderschön gestaltet haben. Er guckt sie einfach an und sieht, da sind Abdrücke, Versteinerungen von Pflanzen und Tieren. Das hat ihn interessiert. Das war für ihn plötzlich zur Frage geworden: Was ist das eigentlich? Und er hat es auch. Er hatte schon einzelne derartige Akte, wie man sie nennt, also Fossilien. Die hat er schon angefangen zu unterscheiden, aber es knüpfte sich kein Entwicklungsgedanke daran. Es knüpfte sich kein Gedanke daran, dass dieses Gestein hier einstmals lebendig war und diese Pflanzen und Tiere hervorgebracht hat. Also der Entwicklungsgedanke war noch so jung, den gab es vorher gar nicht, den kannten die Ägypter nicht. Die Technik, der guckt die Steine an und sieht, da sind also pflanzliche und tierische Wesen irgendwo versteinert drin. Aber der Gedanke, dass das ein Leben war, unter ganz anderen Umständen in früheren Zeiten, der knüpfte sich noch nicht dran. Und dann kommt eine weitere Gestalt. Das ist Francesco Redi. Aber es war ein Jahrhundert später, 16. Jahrhundert, 1626 bis 1698 gelebt. Also Leonardo war im 15. Jahrhundert, und jetzt, im 16. Jahrhundert, taucht er auf, da in Italien, Arzt von Haus aus und Schriftsteller, und der hat sich, der hat damals, wenn man krank war, da wurde man zur Ader gelassen. Wenn man eine Lungenentzündung hatte, irgendetwas, dann hat man Leberegel genommen. Die Leberegel, die fanden sich im Schlamm, irgendwo so im wässrigen Milieu. Schreckliche Dinge. [00:36:41] Und die haben dann das Blut ausgesaugt, aus dem Wasser, aus dem Körper. Und dieser Arzt nun, der sagt also: Wo kommen die Leberegel eigentlich her? Und dann wühlt er da im Schlamm herum und sieht, dass es da Larven gab, Würmer, Larven von den Leberegeln. Und da hat er gesagt, dass diese Tiere aus diesen Larven hervorgehen, also dass sie sich verwandeln. Wir sagen: Ja, wo kommen die Larven her? Ja, da hat er Eier entdeckt im Schlamm. Das war wie eine Offenbarung, eine menschliche Offenbarung. Denn bis dato galt strikt der Lehrsatz von Aristoteles: Alles Leben entsteht aus dem Schlamm. Und dann hat er gesagt: Nein, das stimmt doch gar nicht. Da ist eine Weltanschauung zusammengebrochen, die über Jahrhunderte gewaltet hat, von Aristoteles her. Alles Lebendige entsteht aus dem Schlamm. Und jetzt stellt er fest: Der Schlamm ist zwar da und drumherum, aber das Lebendige entsteht immer aus einem Keim, aus einem Ei. Und Sie müssen sich mal vorstellen, was das für eine Bewusstseinsveränderung war. Der hat natürlich Aristoteles, wenn man heute das richtig verstehen will, total falsch verstanden. Jetzt ist eine Bewusstseinshaltung entstanden, dass die Menschen genau hingeschaut haben, wie das eine sich aus dem anderen entwickelt. Das hat man vorher gar nicht gemacht. Man hat den Aristoteles in Frage gestellt, weil man den Schlamm anders gedeutet hat als Aristoteles. Der Schlamm und die äußeren Bedingungen waren nur das Umfeld, aber das Leben entstand immer aus einem Keim. Aristoteles hatte einen ganz anderen Begriff von Schlamm gehabt. Der hatte einen Begriff von Schlamm, das heißt ein Chaos, aus dem sich Ordnung bildet. Das ist ein ganz anderer Begriff von Schlamm, das Chaotische, was dem anhaftet. Und sie haben sich jetzt sinnlich fixiert in dem, was sie als Schlamm bezeichnet haben, und daraus geht auch nichts Lebendiges hervor. Also dieser Francesco Redi, seine Erkenntnisse werden auch heute noch anerkannt. Und da gab es einen weisen Arzt jener Zeit, den ich auch noch erwähnen will, der eine große Bedeutung für die ganzen Entwicklungsgedanken hat, also für die Geologie. Das ist Nicolaus Steno, aber der hieß eigentlich Niels Stensen. Das war ein dänischer Arzt, und der lebte von 1638 bis 1686. Also das ist der Vertreter des 17. Jahrhunderts. Was hat dieser Steno gemacht? Der hat auch als Arzt Forschungen getrieben und hat dann Messungen vorgenommen in der mineralischen Welt und hat dann Kristalle vermessen und festgestellt, dass bei einem solchen Kristall, also das in Kalk war hier, das ist ein typischer Homoedrus. Man unterscheidet in Kubus, das ist ein Kubus hier in diesem Kubus, und wenn ein Kubus gekippt ist, dann Raum, voilà. Da hat er die Kristallflächen vermessen und festgestellt, dass dieser Winkel hier wie dieser Winkel hier zwischen diesen beiden Kristallflächen, dass der bei gleicher mineralischer Zusammensetzung konstant ist. Die Winkelkonstanz der Kristalle gleicher Zusammensetzung. Und das war der, der die Grundlage der Mineralogie legte.

[00:42:19] Also sehen Sie, dazu muss man den Kristall in die Hand nehmen und muss dann gucken. Ich stehe hier und da ist der Kristall, habe ich Fragen, und jetzt fange ich an zu messen und messe die Winkel und stelle plötzlich fest: Dieser Kristall hat dessen Winkel. Alle Winkel sind konstant bei gleicher Zusammensetzung. Oder ein anderes Beispiel, da sind hier also Pyramiden. Und man kann ja nur staunen, wenn man so etwas sieht. Also ohne Staunen geht sowieso nichts. Und hier, hier sind diese Würfel. Also da sieht man auch die Winkelkonstanz beträgt hier 90 Grad, die Winkelkonstanz beim Würfel beträgt 90 Grad. Hier beim Feldspat sind es entsprechend weniger. Ich weiß jetzt nicht auswendig, aber das sind über 45 Grad, irgendwo dazwischen. Und beim Feldspat dieses Außenrum, wo eher, wie wir noch sehen werden, viel später. Die haben sich ein bisschen in anderen Winkeln, aber konstant. Alle Feldspate haben den gleichen leichten Winkel. Die Karlsbader Zwillinge sind ein anderes Beispiel. Und so haben alle Kristalle ganz charakteristische, von der Zusammensetzung abhängige Winkel. Kristallwinkel spielen in der Mineralogie eine ganz große Rolle. Also auch wieder ein Mensch, der auf etwas aufmerksam geworden ist, ein Arzt. Meistens waren es Ärzte und wurden dann zum Begründer einer Wissenschaft, der Mineralogie. Steno. Ja, und dann treten wir ein ins 18. Jahrhundert. Das 18. Jahrhundert ist dadurch charakterisiert, dass die Menschen fast besessen geworden sind in Bezug auf das, was die Natur eigentlich an Geheimnissen birgt. Da ist jeder, der nur ein bisschen auf sich gehalten hat, also alle Dorfschullehrer und Pfarrer, rausgerannt auf die Äcker und in den Wald und überall haben Pflanzen gesammelt, Herbarien angelegt, die Tierwelt studiert, Schmetterlingsarten oder die Insekten erforscht. Also Sammlungen unvorstellbarer Art, die vielfach heute in den Museen zu sehen sind. Man hat gesammelt, gesammelt, gesammelt. Das 18. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Aufklärung. Die Menschheit hat sich aufgeklärt, sozusagen, nicht über sich selbst, sondern über das, was die Natur alles an Fülle von Erscheinungen birgt.

[00:45:15] Und dann entstanden auch die großen Gesteinssammlungen, die das, was sie auf den Äckern gefunden haben, in Steinbrüchen, die überall natürlich waren. Man hat gesucht und gesucht und man hat das einfach nur gesammelt und nebeneinander gestellt. Und da gibt es jetzt wieder eine Gestalt, das ist Carl von Linné. Linné, an diesem 1707 geboren, 1778 gestorben. Er ist bekannt als der große, systematische Naturforscher. Der hat nämlich, der hat ja alles, was man da an Fülle plötzlich gesammelt und dessen man sich bewusst geworden ist, systematisiert. Und zwar eine Wissenschaft fängt immer dann an, wenn man etwas systematisiert. Und er hat es systematisiert nach den Blüten, nach dem Aufbau der Blüten. Die ganze Pflanzensystematik baut auf dem Bau der Blüten auf. Und das hat er gemacht. Er war Professor in Uppsala, in Schweden. Mit einer unglaublichen Lebensleistung hat er die gesamte Pflanzenwelt weitgehend, soweit sie bekannt war, zu seiner Zeit systematisiert, sie im lateinischen Namen versehen und so auch die Tierwelt. Goethe, wenn er auf Reisen war, hatte in seiner Tasche, in seiner Reisetasche, immer das Kompendium von Linné stecken. Pflanzen studierte und so. Dann hat er immer Linné herausgezogen und hat gesagt: Wie, was sehen wir? Diese Pflanzenart systematisch einzuordnen. Das ist also der Punkt, quasi das ganze 17. Jahrhundert. Aber jetzt rein durch eine Systematik der Blüten, Unterschiede der Pflanzen. Und dann, wie gesagt, in der Zeit wurden auch die großen Gesteinssammlungen angelegt, sodass die Geologie jetzt so langsam das Bewusstsein der Menschen ergriff. Die Gesteinswelt hat man festgestellt, die ist ja mindestens so vielfältig wie die Pflanzenwelt selbst.

[00:48:00] Und so weiter. Und dann gab es nun in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen neuen Aufbruch. Da taucht jetzt so eine Gestalt auf wie Abraham Gottlob Werner. Der steht heute noch nicht mal in den Lexika, dieser Mensch, sondern der Begründer der Geologie vom empirischen Standpunkt aus gesehen. Er lebte von 1749 bis 1817. Dieser Werner, der war Professor in Freiberg im Harz, also an der dortigen Bergbau-Schule, und ein unglaublicher Kenner der Gesteinswelt, empirisch, das heißt rein durch die Sinnesanschauen. Er hat sozusagen die ungeheure Fülle an verschiedenen Mineralien und Gesteinen studiert und war befreundet mit Goethe. Goethe war ja nun an allem interessiert, so eben auch an der Geologie, und man könnte sagen: Den Geologen in Goethe muss man entdecken. Goethe hat sich Zeit seines Lebens mit Geologie befasst, intensiv, also mit allen Zeitgenossen, die auf diesem Felde etwas zu sagen hatten, so insbesondere Werner. Er hat korrespondiert, sich mit ihnen auseinandergesetzt, mit den Theorien, mit allem. Goethe selbst hat eine Gesteinssammlung besessen von 18.000 Stücken. 18.000 Stücke, nennt man, ein typisches Exemplar einer bestimmten Gesteinsbildung, also nicht irgendwo von einem und demselben. So und dasselbe noch mal, sondern Stücke, ganz spezifische Fundstücke, und zwar von der ganzen Welt. Er hat noch 1832, in seinem Todesjahr, eine Bestellung aufgegeben für eine spezifische Mineralprobe aus Cornwall in England, die er für seine Sammlung dringend brauchte. Er hatte verschiedene Interessen, vor allen Dingen auch die Herkünfte. Wo kommen diese Gesteine her, wo findet sich diese besondere Ausprägung? Er hatte alle studiert, sie in Schubladen aufbewahrt. Da finden sich wohlgeordnet diese Gesteine. [00:51:01] Also ich nenne, schreibe nur noch mal Goethe hin, Johann Wolfgang Goethe. Der ist aus der Geologie gar nicht wegzudenken. 1749 wie Werner, 1832. So, dieser Goethe, der hat sich diese ganze... er war auch stark empirisch orientiert, also hat geguckt, wo findet sich was, wie hat sich hier der Fels ausgestaltet, wie dort und so weiter. Es ging immer darum, um den Zusammenhang, in dem ein Gestein erscheint. Und er hatte ja auch die riesigen Exkursionen gemacht, auch mit Gesteinskundigen im Fichtelgebirge, im heutigen Tschechien, also in Karlsbad, auch in Italien, wo er hinkam, hat er die Steine aufgelesen und angeguckt, wie der Leonardo. Aber er hat sich schon intensiver sozusagen in einen Entwicklungszusammenhang gebracht. Und man kann ja, vielleicht sage ich das noch zuerst: Das 18. Jahrhundert war geprägt von zwei Theorien, der Theorie der Neptunisten. Der gehörte auch Gottlieb Werner an, der war der Begründer, der Begründer der Neptunisten. Die haben gesagt, alles ist aus dem Wasser entstanden und haben sich auf Thales berufen, den griechischen Philosophen und Vorsokratiker, also das sechste vorchristliche Jahrhundert. Thales, alles aus dem Wasser entstanden. Und dem gegenüber standen die Plutonisten. Die haben gesagt, alles ist aus dem Feuer entstanden, und die haben sich berufen auf Heraklit, den großen Geist, der in Ephesus lebte. Ein feuriger Geist war das auch, und auf den haben sie sich berufen, und das waren richtige Streitereien, eine kräftige wissenschaftliche Auseinandersetzung, weil plötzlich in dieser Zeit der Mitte des 18. Jahrhunderts in allen Menschen so etwas wie der Entwicklungsgedanke aufkam. Sie fragten: Wie ist das entstanden? Wo kommt es her? Aus dem Wasser? Aus dem Feuer? Die kommen doch nicht aus der Erde. Einfach nur so, da muss doch irgendwas vorausgegangen sein. Und der Francesco Redi hat gesagt, sie entstehen aus dem Schlamm, wie Aristoteles es formuliert. [00:53:52] Also, man merkt, überall regte sich etwas. Und Goethe war nun der Mittelpunkt, in gewissem Sinne, in Bezug auf das, was da aufbrach. Man könnte da viele andere Geister nennen, zum Beispiel Lessing. Also muss man sich einfach mal mit dem deutschen Idealismus befassen, um dahinter zu leuchten, was eigentlich menschheitsgeschichtlich so vor sich gegangen ist. Lessing, Gotthold Ephraim Lessing, der hat am Ende seines Lebens einen Aufsatz geschrieben, der heißt „Die Erziehung des Menschengeschlechts“. Den muss man einfach mal gelesen haben. Das ist ein Stück Weltliteratur. Und da schildert er nun ganz zuletzt den Gedanken, dass der Mensch notwendigerweise – er leitet das ab, also naturwissenschaftlich – dass der Mensch gar nicht nur einmal auf der Erde sein kann, sondern dass er in wiederholten Malen auf Erden lebt. Wie es der Begründer der entsprechenden Gedanken in dieser Form ist, Lessing. Aber es gab noch andere, die in diese Richtung gingen, und Goethe ganz und gar. Nun, das hat Goethe in seinen Schriften verborgen, aber nehmen Sie mal das Gedicht „Der Gesang der Geister über den Wassern“ von Goethe. Da formuliert er den revolutionären Gedanken, also wunderbar, einzigartig, „Der Gesang der Geister über den Wassern“. Also Goethe neigte jetzt in gewissem Sinne zum Neptunismus. Und also Gottlieb Werner, der Begründer des Neptunismus. Aber er hatte dann doch wieder Vorbehalte. Und so etwa immer irgendwo abwägen: Sind es mehr die Protagonisten? Sind es mehr die Neptunisten? Er ist dann selber sozusagen der große geologische Forscher geworden. Und ich wollte Ihnen mal etwas vorlesen, nämlich: Er schreibt nämlich einmal an die Frau von Stein von Ilmenau. Er hat ja in Ilmenau das Bergwerk wieder neu in Gang gesetzt, damals als Minister in Weimar.

[00:56:43] Goethe ist es also, und hatte die Aufgabe, diese Bergwerke wieder in Gang zu setzen, um die wirtschaftliche Lage des Herzogtums zu verbessern, und wurde dann dadurch eigentlich immer intensiver interessiert an der Gesteinswelt. Und da schreibt er nun auf einer halben Reise – oder ist es das? – es scheint von Ilmenau aus in einem Brief. Da möchte ich mal nur ein paar Zeilen vorlesen. Sagt er: „Wir sind auf die Gipfel gestiegen“, also auf ein Haus damals, das ist ein Granitkegel. „Wir sind auf die hohen Gipfel gestiegen und in die Tiefen der Erde gekrochen“, die Bergwerke und so weiter. Dann gab es eine große Bühne, die von Menschenhand entstanden ist, auch durch Abbau. „Und in die Tiefen der Erde gekrochen und möchten gar zu gern der großen, formenden Hand nächste Spuren entdecken.“ Der großen, formenden Hand nächste Spuren entdecken. „Es kommt gewiss noch ein Mensch, der darüber klar sieht. Wir wollen ihm vorarbeiten. Wir haben recht schöne, große Sachen entdeckt, die der Seele einen Schwung geben und sie in der Wahrheit ausweiten, dass es gewisse grüne Natur fordert.“ Es ging ihm nie darum, einfache Erkenntnisse intellektuell anzuhäufen. „Wie steht der Mensch seelisch-geistig zu dem, was er da wahrnimmt, was er da entdeckt? Denn wir sind auf die Höhen gestiegen, in die Tiefen der Erde eingebrochen.“ Das ist ein Motiv Goethes, dass er immer in dem Vergleich lebt, wie schön sich die Erde da auf einer Anhöhe zeigt, wo man so die Länder überblicken kann, und wie sie sich verengen, wenn man da ist, im Bergwerk unten drin. Da hat er nicht nur die Steinswelt angeschaut, sondern er hat es innerlich erlebt. Er hat den ganzen Zusammenhang innerlich erfasst.

[00:59:30] Und daraus haben sich überhaupt dann so seine tieferen Einsichten herauskristallisiert. Diesen Satz, den kann ich auswendig. Ich habe wahrscheinlich das Buch gelesen, weil es einfach so etwas Wunderbares ausdrückt, wie in Goethe der Entwicklungsgedanke auflebt. Nicht weil er sagt: „Gewiss wird jemand kommen, der da klar sieht, wir wollen ihm vorarbeiten.“ Das ist eine wissenschaftliche Haltung. Es ging ihm nicht darum, riesengroße Entdeckungen zu machen, um einen Namen zu haben. Er wollte einfach der Entwicklung des menschlichen Geistes vorarbeiten, dass da jemand auf dieser Grundlage zu einer noch tieferen Erkenntnis fortschreiten kann. Das war seine Grundhaltung. Nun ja, Goethe hat sich dann in diese Auseinandersetzungen eingelassen mit den Neptunisten und den Plutonisten und kam dann irgendwann mal dazu, dass das alles ein bisschen auch Unsinn ist. Die Art, wie die Sache behandelt wird, wie man das nur ursache-wirkungs-mäßig behandelt, das ganze Thema der Geologie. Und da schreibt er mal, wahrscheinlich war er da auch ein bisschen ärgerlich: „Die Sache mag sein, wie sie will, so muss geschrieben stehen, dass ich diese vermaledeite Folterkammer der neuen Weltschöpfung verfluche.“ Diese Folterkammer also, wo soeben die Geologie angefangen hat, Theorien zu entwickeln, wie das alles so entstanden ist. „In diese vermaledeite Folterkammer der neuen Weltschöpfung verfluche!“ Und es wird gewiss irgendein junger, geistreicher Mann hier auftauchen. Also aufstehen, der sich diesem allgemein verrückten Konsens zu widersetzen, den Mut hat, Ja zu sagen. Da spricht Goethe mal ganz eindeutig, nicht nur poetisch. Also, dass er sich als der Größere, der Böse, eigentlich der Mittelpunkt dieses ganzen 18. Jahrhunderts hingestellt hat, nicht nur, weil er ein großer Geologe war. Man muss wirklich sagen, unglaublich kenntnisreich, sondern auch Mineraloge.

[01:02:33] Er war auch ein Anatom, er war eben auch ein, ein zugleich ein unendlich künstlerischer Mensch. Nun kommen wir weiter ins 19. Jahrhundert. Also hier ist Goethe ganz zentral, das heißt, da gilt es ja... Ich möchte Ihnen wirklich sagen, er ist im eigentlichen Sinne der Schöpfer des Entwicklungsgedankens. Das hat sich alles vorbereitet durch die Jahrhunderte hindurch. Und jetzt plötzlich taucht er auf bei Lessing, bei Goethe, bei Schiller, bei Herder und bei Schelling und bei Fichte. Da taucht dieser Entwicklungsgedanke auf. Aber eben Goethe hat ihn gefasst als Idee, nicht als Folterkammer da unten, nicht als das, was man jetzt sinnlich wahrnimmt. Laut Einstein liegt eines neben dem anderen, und da ursächliche Verhältnisse zu suchen, sondern zu fragen, wie ist dieser Stein entstanden, wo kommt er her? Was ist hier? Welches sind die Kräfte, die diesen Stein haben entstehen lassen? Also überall im Hintergrund diese Frage nach der Entwicklung. Und ich möchte von mir aus nur sagen, der modernste Gedanke, den wir heute haben, das ist der Entwicklungsgedanke. Es gibt keinen moderneren als diesen. Wenn man sich den zu eigen macht, dann kann einen nichts mehr umschmeißen, weil man diesen Gedanken selber denken kann, aufgrund dessen, was man selber ist. Ich bin als Mensch in der Lage, den Gedanken zu erfassen an mir selbst durch Selbsterkenntnis. Jeder Mensch kann sich selbst erkennen. Er hat die Veranlagung dazu. Und indem er das tut, merkt er: Ich bin ein sich Entwickelnder. Sowohl im Leben, wie wir jetzt hier so stehen. Muss ich nicht morgen dasselbe sagen wie heute? Ich muss sozusagen immer wieder neue Stufen meines Erkenntnisweges gehen, muss mich selbst verwandeln lernen, Fehler erkennen und kompensieren. Und aber auch Menschheit durch den Reinkarnationsgedanken.

[01:05:22] Und jetzt kommen wir ins 19. Jahrhundert. Und da tritt, geologisch gesprochen, jetzt eine besondere Gestalt auf. Und das war ein Schotte, richtiger Schotte, Charles Lyell. 1797 bis 1875. Charles Lyell. Den kann man eigentlich im strengsten Sinne als den Begründer der Geologie als Wissenschaft nennen. Er war der große Standardträger. Der hat nämlich die Stratigraphie entwickelt, das heißt, die ganzen... Er hat beobachtet in Südengland, also in Notting Hill, der Mensch hat dann aber vor allen Dingen in Wales, hat er beobachtet, dass es Erdschichten gibt, die übereinander liegen. Das ist ihm früher schon groß aufgefallen, natürlich. Man hatte schon gewisse Vorkenntnisse, die hatte man. Aber jetzt hat er die studiert und kam dazu zu sagen, die oberste Schicht ist die jüngste, weil in normaler Lagerung die oberste Schicht die jüngste ist. Und je weiter man runtergeht, die Schichten sind jeweils die älteren, und ganz unten ist die älteste. Also er hat jetzt sozusagen den Entwicklungsgedanken eingefasst in die Zeit. Das ist jung. Die oberste Schicht und dann alle der darunter liegenden sind eben älter. Also da sind Epochen über die Erde gegangen, Entwicklungsepochen, die diese Ablagerungen bewirkt haben. Und dadurch wurde er der... Und der hat praktisch dadurch der Geologie ihr wissenschaftliches Fundament gegeben. Und noch durch ein anderes. Und zwar hat er es dadurch zur Wissenschaft gemacht, dass er eine Art Prämisse aufgestellt hat und die heute man, die man heute nicht mehr als Prämisse auffasst, sondern man hat sie einfach, und das ist ja auch eine Eigenart in der ganzen wissenschaftlichen Entwicklung, dass man in bestimmten Theorien oder Prämissen ausgeht. Und zuerst ist da noch ein Streit darüber, ob das so stimmt oder nicht stimmt. Und irgendwann ist das eine Selbstverständlichkeit und man denkt gar nicht mehr darüber nach.

[01:08:26] Und so hat er eben die Prämisse aufgestellt, das Aktualitätsprinzip. Aktualitätsprinzip, das ist so entscheidend. Damit hat er die Geologie zur Wissenschaft gemacht. Nur durch dieses Prinzip. Das heißt nämlich, dass die Gesetze, die heute in der Natur gelten, zu allen Zeiten der Entwicklung gegolten haben. Die Gesetze, physikalischen, chemischen, astronomischen Gesetze oder wie auch immer. Alles, was wir heute studiert haben, ist in Physik und Chemie, in klassischen Naturwissenschaften. Diese Gesetze haben zu allen Zeiten gegolten. Es ist das Aktualitätsprinzip. Eines muss man sich immer ganz klar machen, was dieses eigentlich bedeutet, welche Konsequenzen das auch hat. Aber damit hat er quasi einen wissenschaftlichen Boden geschaffen, auf dem man jetzt alles bezogen hat. Weil wir gesagt haben, wenn es damals sich so entwickelt hat, hat es aus denselben Gesetzen wie heute entwickelt. Das ist einfach eine Prämisse. Er hat gar nicht gesagt, es könnte auch anders gewesen sein. Es könnten ja auch andere... Die Gesetze müssen sich auch irgendwie entwickelt haben. Nein, es ist so wie heute, so schon zu allen Zeiten, das allgemeine Prinzip. Damit ist Lyell zum Begründer der Geologie als Wissenschaft geworden und hat die meisten Namensgebungen in Bezug auf die ganzen geologischen Schichten eingeführt. Die stammen von ihm. Kommen wir noch darauf zurück. Na ja, und dann taucht eine zweite Gestalt auf, da im 19. Jahrhundert, und die heißt Charles Darwin. Um 1809 bis 1882. Charles Darwin. Also ein Engländer, kein Schotte. Ja, und der wollte ja Pfarrer werden. Und am Ende seines Lebens ist er auch fast jeder geworden. Und dieser Charles Darwin, der war dann ein Biologe und ist dann auf seine Weltreise nach Südamerika, rund um die amerikanischen Galapagos-Inseln, und hat gesammelt, gesammelt, gesammelt. Alles auf sein Schiff gepackt, ist nach Hause gefahren und hat den Rest seines Lebens damit zugebracht, das zu ordnen und daraus sein System zu entwickeln.

[01:11:39] Und sein System bestand eben in der Begründung des Entwicklungsgedankens seiner äußeren Merkmale. Also worauf ich hinaus will, ist, wie der Entwicklungsgedanke sich durch die Jahrhunderte seit der Neuzeit entwickelt, im Bewusstsein sich einpflanzt der Menschen. Und so sucht Darwin nun mit all dem Material, was er da gesammelt hat, zu verfolgen, wie ein Organismus sich auseinanderentwickelt hat. Er leitet den Entwicklungsgedanken aus den Organismen ab, die er da studiert hat, gefunden hat und begründet dann seine berühmte Theorie 1859. Es ist also bei mir insofern auch eine Selektion, wie er das genannt hat, also die Entstehung der Arten aufgrund natürlicher Zuchtwahl. Das ist sein zentrales Werk, und das begründet den Darwinismus. Der Darwinismus besagt nichts anderes, als dass sich die ganze Entwicklung von primitiven, sehr primitiven Organismen herleitet, stufenweise voneinander ableitbar, wenn man sie genauer anatomisch verfolgt, bis hinauf zum Menschen. Der Mensch als das höchste Tier sozusagen, nur dass ihm leider bis zum Ende seines Lebens der endgültige Beweis gefehlt hat, nämlich der missing link zwischen Tier und Mensch. Dieser missing link, das hat ihn sozusagen zeit seines Lebens irritiert, dass er diesen letzten Übergang von den Primaten, also von den affenähnlichen Tieren, bis hinauf zum Menschen, doch nicht gefunden hat. Und diese Theorie hat sich natürlich unendlich verfeinert. Also im 19. Jahrhundert waren Kämpfe, Kämpfe in wissenschaftlichen Kreisen zwischen den Darwinisten und denjenigen, die mit aller Macht gegen diese Theorie opponiert haben. Und diese Kämpfe sind nie ausgefochten worden, also nie gelöst worden. Aber man ist darüber hinweggegangen. Heute ist das selbstverständlich, ähnlich wie das Aktualitätsprinzip von Lyell, wie selbstverständlich, dass das die Grundlage des Werdens der ganzen Schöpfung ist. Und da gibt es nur ein paar verrückte Leute in der Welt, die Kreationisten in Amerika und die, die sich streng an die Bibel halten und die Bibel interpretieren, rein naturalistisch und sagen: Die Welt ist vor 3500 Jahren vor Christus entstanden.

[01:15:02] Das sind die sogenannten Kreationisten, die halten sich ganz streng an die Bibel und interpretieren sie eben ebenso materialistisch wie der Francesco Redi den Aristoteles interpretiert hat. Also. Und dann gibt es natürlich jetzt den Erdogan da in der Türkei. Der verbietet jetzt auch die Entwicklungslehre des Westens. Die darf nicht mehr in den Schulen gelehrt werden. Das widerspricht einfach dem Islam. Und das Interessante ist, wenn wir den mal beobachten: Der Islam kennt den Entwicklungsgedanken nicht. Das ist die Tragik des Islam. Das ist eine unendliche Frage, seit 1623 den Marsch von Mekka nach Medina. Seit der Zeit hat sich gar nichts verändert, sondern sie berufen sich immer auf diesen absoluten Ursprung. Und das ist es, was ewig ist. Da ist nichts mehr zu verwandeln. Und wehe, wer sich erdreistet, dagegen anderer Meinung zu sein, der ist von vornherein vom Teufel, der muss bekämpft werden. Für diese nun ist Darwin also der Begründer des Entwicklungsgedankens vom naturwissenschaftlichen Standpunkt, indem er streng die Erscheinungsformen der Organismen durch alle Formen der Evolution der Erde verfolgt und mit einer gewissen Schlüssigkeit ableitet, wie ein Organismus sich aus dem anderen heraus entwickelt hat. Und man muss sehr aufpassen, dass man nicht diesem Gedankengut verfällt, also dass man das... also wenn man sich wirklich damit beschäftigt, muss man wirklich sagen, das ist... da ist doch ein hohes Maß an Schlüssigkeit in der ganzen Sache drin, wenn es auch dem missing link nicht gelungen ist. Und ich sage Ihnen: Rudolf Steiner, der hatte in seinen jungen Jahren vor der Jahrhundertwende mal in seinem Frühwerk, literarisches Frühwerk, findet sich ein Satz, dass man als moderner Mensch sämtliche Bilder von den Wänden hängen soll, diese alten Schinken von seinen Vorfahren in Bildern. Also soll man alle abhängen und soll zwei Bildnisse anhängen an die Wand, nämlich das von Darwin.

[01:17:51] Und von Haeckel. Der hat sich sehr beschäftigt mit dem Lyell und auch mit dem Darwin und dann später mit dem Haeckel, dass er selber diese Menschen geworden ist. Der hat sich so hineinversetzt in deren Gedankengänge, um zu prüfen, wo sind da eigentlich die Grenzen, die sie erreicht haben. Also er hat sie nicht einfach abgelehnt, weil sie einen anderen Ansatzpunkt hatten, sondern er hat davon ganz abgesehen und hat sich hineingedacht in diese Geister und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Nun folgte ja dem Charles Darwin... also ich sage noch mal, der Darwinismus hat eine ganz große Bedeutung. Aber in dem Augenblick, wo ich ihn auf das soziale Leben übertrage, da merke ich, wie katastrophal das ist, als solche Leute wie der Marx oder der Engels oder Lassalle oder wie sie alle hießen, im 19. Jahrhundert, die sozialen Theorien der großen Sozialhistoriker, die haben sich alle auf Darwin berufen. Und der Lenin? Ganz und gar. Stalin? Ganz und gar. Und die Ideologie war so stark, dass es gar keine Rolle spielte, wie viele Menschen hopps gehen, die über die Klinge springen müssen, nur damit diese Theorie stimmt. Also das ist dann nach wie vor natürlich ein großes Fragezeichen. Da gab es einen Huxley, das war der. Kann es Huxley gewesen sein? Ihr wisst es alle. Der hat Darwin fortgesetzt, weiterentwickelt in Deutschland. Der Name fällt mir gerade nicht ein. Aber es ist so schon. Der Huxley, genau. Der hat es in Deutschland weiterentwickelt, die Darwinsche Theorie, und dann gab es noch Ernst Haeckel, der den Darwinismus noch mal erweitert und vertieft und Verbreitung von Pflanzen... bei Pflanzen, die Verbreitung von Pflanzen untersucht hat. Der war ein großer Biologe, 1834 geboren und 1919 gestorben.

[01:20:38] Ernst Haeckel. Ernst Haeckel. Und er hat noch gelebt zu Rudolf Steiners Zeiten. Und der war... Der hat die Naturwissenschaft, und dafür hat ihn Rudolf Steiner hochgeschätzt. Er war der extremste Materialist, den man sich vorstellen kann, und zwar deswegen, weil er den Materialismus zu seiner Weltanschauung gemacht hat, ganz bewusst. Er war Monist. Monismus heißt: Ich stehe zu dem, was ich denke. Wenn ich materialistisch denke, dann stehe ich auch dazu. Ich bin also mit meinem vollen Menschsein. Verstehe ich mich in diesem Sinne, wie ich denke. Das hat ganz große Konsequenzen, und das hat Rudolf Steiner an Haeckel anerkannt, die Konsequenz, die er aus seiner eigenen Erkenntnis gezogen hat. Und trotzdem, Haeckel war ein ganz großer Biologe und hat formuliert schon in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts das sogenannte biogenetische Grundgesetz. Und das ist genial: Biogenetisches Grundgesetz, das heißt: Die Individualentwicklung ist die Wiederholung der Stammesentwicklung. Kann man das verstehen? Die Individualentwicklung ist die Wiederholung der Stammesentwicklung. Das heißt so viel wie: Als individuelles Wesen, das ich jetzt hier und jetzt bin, muss ich in dieser Ausgestaltung die gesamte Evolution noch einmal wiederholen. Und das hat er geprüft und untersucht, haarklein in der Embryologie. Die Haeckelsche Embryologie ist klassisch. Der hat wirklich alle Entwicklungsstufen, also von den Zellen, erstens die Vermehrung, durch alle Stufen hindurch verfolgt und gesagt: Das ist ja nichts anderes als die Wiederholung der gesamten Entwicklung der Menschheit bzw. der ganzen Naturreiche. Also jeder Organismus wiederholt die ganze Stammesentwicklung in seiner Embryologie.

[01:23:47] Und das ist natürlich der Gipfel, möchte man sagen, des Entwicklungsgedankens, dass man das... Er hat es mit Darwin einfach weitergeführt, dass er gesagt hat, kein Organismus ist primär schon einfach da, sondern er muss erst mal in seiner Embryonalentwicklung alle Vorstufen der Evolution noch einmal durchlaufen. Und Haeckel war auch ein großer Künstler. Er hat nämlich gemalt, gezeichnet, gemalt. Die ganze niedere Tierwelt gibt es, also ganze Kartonblätter mit einer solchen Präzision. Keine Fotografien von Protozoen, von, also nicht gerade die Nummuliten, sondern alle möglichen. Es gibt ja einen unglaublichen Variationsreichtum an diesen Protozoen. Und mit Fortsetzung so künstlerisch. Also die Natur hat da sozusagen mit einer Phantasie gearbeitet im Zusammenhang mit der Entwicklung der Protozoen oder dann die Radiolarien, das sind ja, wir haben die Kieselschale mit Kieselstacheln. Und so weiter. Die hat er gemalt. Es war so absolut beispielhaft in der ganzen Entwicklung der Naturwissenschaft, dass er einmal quasi die niedere Natur porträtiert hat. Das ist Ernst Haeckel und Rudolf Steiner hat in Berlin, wo Ernst Haeckel nun einmal die Koryphäe schlechthin war, also der Naturwissenschaftler. Und wo dann Jubiläen waren und Geburtstage gefeiert wurden von Haeckel, hat er mehrere Vorträge gehalten bei diesen Versammlungen, indem er den Ernst Haeckel in höchste Höhen erhoben hat in Bezug auf seine wissenschaftlichen Leistungen. Und er hat ja mal, er hat ja mal geschrieben... Rudolf Steiner hat einmal die Bemerkung gemacht, dass er die „Geheimwissenschaft im Umriss“ schreiben konnte, 1910 schreiben konnte, weil durch das Studium der „Welträtsel“ von Ernst Haeckel, des großen materialistischen Monisten. Durch das Studium. Der hat sich so hineingedacht in dieses Werk von Haeckel, dass er dazu die Möglichkeit gefunden hat, überhaupt aus der Geisteswissenschaft heraus, die „Geheimwissenschaft im Umriss“ zu schreiben.

[01:26:44] Und dasselbe gilt, das muss ich noch ganz kurz sagen. Dasselbe gilt für die Anthroposophie insgesamt. Rudolf Steiner machte die Bemerkung: Ich konnte überhaupt erst die Anthroposophie als Geisteswissenschaft entwickeln durch drei Menschen des 19. Jahrhunderts.

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