Die Anfänge der biologisch-dynamischen Landwirtschaft - Ein Videobeitrag von Dr. Michael Birnthaler

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Die Anfänge der biologisch-dynamischen Landwirtschaft

Ich freue mich, dass du heute wieder mit dabei bist in der Serie "Rudolf Steiner und die Gemeinschaft". Heute hören wir von der verabschiedenden Fügung, die es ermöglicht hatte, dass zu Pfingsten 1924 der landwirtschaftliche Kurs stattgefunden hatte. Trotz der verschiedenen misslungenen Versuche im Vorfeld ist dieser landwirtschaftliche Kurs ja dann auch die Geburtsstunde der Kulturoasen-Bewegung geworden.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg hatte Carl von Keyserling den Impuls, spezielle Orte zu schaffen. Einer, der sich daran erinnerte, war Kalanick. Er war damals ein junger Wandervogel und angehender Landwirt. Kalanick erinnerte sich: Nun, schon 1918 bat er Carl von Keyserling den Doktor. Er wolle Orte schaffen, wo Mensch, Tier und Pflanze frei vom Materialismus leben können. Da begann der Doktor mit ihm, Koberwitz zu erlangen. Mustergültig lebte er uns vor, wie man Frieden und tiefe Liebe auch im weiteren Kreise gemeinsam neben den Menschen halten könne. Insofern kann behauptet werden, dass schon mit dem Ende des Ersten Weltkrieges der Impuls zur Gründung von Kulturoasen entstanden war.

Die Wurzeln des Koberwitzer Impulses

Vom Neffen Alexander von Keyserling erfahren wir Wissenswertes über die Wurzeln dieses Koberwitzer Impulses. Es war uns allen bei einem Einzug ins Schloss Koberwitz klar, dass die Zukunftsaussichten für den Ackerboden, die Nutzpflanzen und auch für Mensch und Tier durch die chemische Düngung immer düsterer werden mussten. Auch wenn zu Anfang hohe Erträge über das wahre Ergebnis hinwegtäuschen. Durch die Vermehrung der Nematoden konnte man schon immer weniger Zuckerrüben anbauen. Und da gab es kein Mittel dagegen.

Ernst Stegemanns Einfluss

Als wir bei Stegemann sahen, wie gut Rudolf Steiner darüber Bescheid wusste, wollten wir mehr erfahren. Mit Onkel Karl war ich einige Male bei Stegemann, und dort wurde besprochen, dass Rudolf Steiner gebeten werden soll, für die Landwirte eine Tagung abzuhalten. Stegemann arbeitete damals schon nach Rudolf Steiners Richtlinien. Präparate hatten sie aber noch nicht. Ernst Stegemann war es dann auch, der zeitgleich mit Koberwitz begann, die Landwirtschaft umzustellen.

Steiners erste Besuche und Anweisungen

1920 wurde Rudolf Steiner von einem Anthroposophen und Landwirt auf dem Kloster Marienstein bei Göttingen, Ernst Stegemann, nach der Entwicklung neuer Kulturpflanzen gefragt. Darauf hatte Rudolf Steiner Hinweise gegeben, wie sich aus Gräsern neue Getreidesorten ziehen lassen. Damals schon verkündete Rudolf Steiner, dass mit Ablauf des Kali Yuga alle unsere Kulturpflanzen sich erschöpfen würden.

Die ersten Präparate

Im Januar 1922 besuchte Rudolf Steiner dann zum ersten Mal Schloss Koberwitz. Im August 1922 wurde Steiner von zwei auf dem Koberwitzer Gut arbeitenden Landwirten, Bartsch und Immanuel Vögele, gebeten, einen Kurs zu halten. 1923 und im Frühjahr 1924 stellten Gunter Wachsmuth, Mitglied des Vorstandes der Anthroposophischen Gesellschaft, und Ehrenfried Pfeiffer unter Steiners Aufsicht die ersten Präparate her. Günter Wachsmuth schien damals sehr verwundert gewesen zu sein. So erinnere ich mich noch lebhaft jener starken ersten Verblüffung, als Rudolf Steiner den Rat gab, zum Beispiel Kuhhörner zu beschaffen, diese mit bestimmten Substanzen zu füllen, sie dann irgendwo in der Nähe in die Erde zu graben und dort unter den Erdboden überwintern zu lassen.

Die erste Anwendung der Präparate

Natürlich stellten wir nach dem Abklingen des ersten Staunens gleich zahlreiche praktische Fragen. Zum Beispiel, ob die einzelnen gefüllten Hörner oben abzudichten seien mit Leinen oder Wachs usw., wie lang die Überwinterungsperiode dauern solle, wie tief einzugraben sei usw. Alle diese Fragen wurden sofort von ihm konkret beantwortet und genau beschrieben, was zu tun und zu lassen sei. Wir beließen es darum bei den tierischen und pflanzlichen Stoffen und gingen nun sofort ans Werk, die seltsamen neuen Präparate herzustellen und unweit des Goetheanum in die Erde zu versenken.

Humoristische Episode beim Präparateeingraben

Auch ein mehr humoristisches Detail sei erwähnt. Wir hatten nämlich beim Eingraben der Präparate in einer Wiese im ersten Eifer vergessen, die Stelle genau zu markieren, sodass wir diese im nächsten Frühjahr, als Rudolf Steiner persönlich zur Wieder-Ausgrabung erschien, zunächst nicht finden konnten. Er hat dieses Erlebnis im Koberwitzer Kurs 1924 selbst erzählt. Freundlich lächelnd sah er uns am Graben und Suchen in Angst und Schweiß zu. Denn wir wollten ihn ja unbedingt dabei haben, wenn die ersten Präparate den Erdboden verließen. Als wir schon ein großes Stück verzweifelt umgegraben hatten und er bereits wieder das Auto besteigen wollte, stieß der Spaten glücklich auf die vergrabenen Hörner, die nun ans Tageslicht geholt und durch ihn genau untersucht wurden. Dann ordnete er an, Eimer mit Wasser bringen zu lassen, in dem er die überwinterten Substanzen hineinschüttete und in Wirbelbewegung heftig im Wasser zu verrühren begann.

Die Bedeutung der Präparate

Landwirte in allen Ländern haben seither diesen recht anstrengenden Rührprozess alljährlich durchgeführt. Doch war es ein ganz besonderes Erlebnis, dass hier der über 61-jährige Schöpfer dieser Methode zum ersten Mal mit kräftiger Hand und unermüdlich den Rührstock in der Flüssigkeit rhythmisch hin und her bewegte und dadurch das erste Präparat der biologisch-dynamischen Landwirtschaftsmethode eigenständig herstellte. Wir wechselten dann im Rührprozess miteinander ab, und er erklärte uns dabei eingehend, wie lange und in welcher Art das Mischen und Rühren durchzuführen sei. Er gab nun gleich auch die nächsten Richtlinien für die Herstellung anderer Präparate und weitere Versuche.

Meditation und Herstellung

Koberwitz wurde Rudolf Steiner dann gefragt, ob es einen Unterschied mache, wer die Präparate anrühren würde. Seine wundersame Antwort war: Es ist gut, wenn derjenige, der das Präparat rührt, auch meditieren kann. Es spielte also eine Rolle, wer die Präparate rührt und auch mit welcher Einstellung es getan wird.

Das Ziel der Präparate

Welche enorme Bedeutung die Präparate spielen würden, machte er auf eine andere Frage hin klar. Das Wichtigste ist, die Vorteile unserer landwirtschaftlichen Präparate den größtmöglichen Flächen über die gesamte Welt zur Verfügung zu stellen, damit die Erde geheilt und die Nährstoffqualität ihrer Produkte in jeder Hinsicht verbessert werden kann. Das sollte unser erstes Ziel sein. Nach den Versuchen mit den Präparaten in Dornach wurde die Bedeutung einer Erneuerung der Landwirtschaft als immer dringlicher erlebt. Endlich wurde dann der Plan geschmiedet, Rudolf Steiner mit Nachdruck um einen Kurs dafür anzufragen.

Die Planung des Kurses

Dieses Mal wurde aber der Jungspund Alexander von Keyserling nach Dornach abgesandt. Wie sich dies in Dornach dann zutrug, erfahren wir direkt aus erster Hand von Alexander von Keyserling. In Dornach angekommen, ging ich gleich in die Schreinerei und fragte Frau Marie Steiner, ich würde gern Herrn Doktor sprechen. Ich wartete kurz, und da kam er schon heraus, und ich richtete meinen Auftrag aus. Er sagte sogleich: "Ja, ich komme nach Breslau und werde dort Vorträge über Landwirtschaft halten." Ich sagte: "Aber Herr Doktor, das genügt mir nicht. Ich soll nicht fragen, ob Sie kommen, sondern wann Sie kommen." Angeblich habe Alexander sogar damit gedroht, sich so lange vor Rudolf Steiners Türe zu setzen, bis er einen Termin habe. Da lächelte der Doktor, nahm sein Notizbuch heraus, blätterte darin herum und sagte dann: "Richten Sie Ihrem Onkel aus, dass ich zu Pfingsten zu Ihnen kommen werde."

Die Vorbereitung auf den Kurs

Sein Onkel, Graf Carl von Keyserling, hatte ihm wohl vor seiner Abreise nach Dornach angekündigt, dass er Alexander ohne genauen Termin nicht bei ihm in Koberwitz wieder zurückkehren dürfe. Aber eine halbe Stunde später hatten andere Besucher erstaunt beobachtet, wie der junge Graf erhobenen Hauptes und freudig erregt die Schreinerei wieder verließ. Von diesem verblüffenden Erfolg besonders berührt wurde Graf Lerchenfeld, der in Bayern einige große Güter besaß und in Dornach lebte. Graf Lerchenfeld stand in Dornach in enger Verbindung mit Ehrenfried Pfeiffer, der im Auftrag Rudolf Steiners die ersten biologisch-dynamischen Präparate herstellte.

Die Ankunft in Koberwitz

Endlich hielt ihr Zug dann am 6. Juni im Hauptbahnhof in Breslau ein. Karl von Keyserling und eine kleine Eskorte ließen es sich nicht nehmen, die Ehrengäste dort persönlich abzuholen. Es dunkelte bereits, als die Limousine schließlich in der Einfahrt von Schloss Koberwitz vorfuhr. Eine kleine Gruppe von Freunden stand im Vestibül des Schlosses bereit, um die Gäste nach langer Reise festlich in Empfang zu nehmen. Besonders aufgeregt war in diesem Augenblick natürlich die Gräfin von Keyserling selbst. Weil sie wusste, dass Rudolf Steiner Koberwitz besuchen würde, kam sie nicht mehr zur Ruhe. Fortan gab sie alles, um mit Fleiß und Hingabe das Gut Koberwitz schön herzurichten. Sie ließ das Schloss schmücken, legte sogar Gärten an und einen blühenden Park mit einem eigenen See. Umso mehr freute sie sich also, Rudolf Steiner wiederzusehen.

Steiners Gesundheit und Sicherheitsvorkehrungen

Als Rudolf Steiner aber aus dem Wagen ausstieg, erschrak sie fürchterlich. Denn Rudolf Steiner sah leider verändert und elend aus. Er zog trotz des warmen Sommerwetters einen Wintermantel, eine am Griff seiner schweren Aktentasche befestigte Tragschnur über die Schulter geworfen, schnitt tief in den dunklen Stoff des Mantels ein. Kurt von Mistinghausen, der Jüngste des Aufgebots, wollte ihm die Tasche bei seiner Ankunft abnehmen. Steiner wehrte aber mit der Bemerkung ab: "Angewachsen, leider angewachsen." Rudolf Steiner taute etwas auf, als Johanna von Keyserling ihn gut gelaunt fragte: "Ist es nicht schön bei uns geworden?" Dabei blitzte bei ihm ein verstehendes Lachen in seinen Augen auf.

Die Sicherheitsvorkehrungen

Aber auch Marie Steiner machte sich große Sorgen um ihren Gemahl, denn es hatte in den letzten Jahren mehrere Attentate auf ihn und sein Leben gegeben. Diese Angst steckte ihr noch in Mark und Bein. Seit 1922 verübten die Nazis mehrere Anschläge auf das Leben von Rudolf Steiner, denen er bislang aber stets entkommen konnte. Er stand noch immer unter den Top Ten der Schwarzen Liste, zusammen mit den führenden Politikern, die den Attentaten bereits zum Opfer gefallen sind. Offenkundig war die Hetze gegen ihn auch in Schlesien weitverbreitet. Ihr steckte wohl auch deswegen noch der Schreck in den Gliedern, da sie beim letzten Besuch in Koberwitz von Aufständischen gehindert wurde, mit der Bahn abzureisen. So war es ihre erste Tat, nach der Ankunft in Breslau Leibwächter zu organisieren und einen Wachdienst aufzustellen. Zu den Wächtern gehörten beispielsweise die Söhne von Johanna von Keyserling, auch Alexander Keyserling und die angereisten Freunde aus dem Wandervogel. Der junge Priester wurde von Ossietzky, wurde von ihr zum Kopf dieser Wächtertruppe bestellt. Unter ihnen war auch Karl Lang, der am Pädagogischen Jugendkurs teilnahm und sich sofort nach dem Brand des Goetheanum als Wächter anbot.

Die Kursteilnehmer und Organisation

Als Frau Lehmann, die Mitbewohnerin und Haushälterin in der Villa an der Sonnenbergstraße in Dornach, erfuhr, dass Karl Lang mitkomme, entfuhr ihr spontan: "Gott sei Dank findet sich noch jemand Männliches, der mit Dr. Wachsmuth zusammen den Doktor nach Koberwitz begleitet. Mit Wachsmuth kann das ja gar nicht alleine, den Doktor mit dem dortigen Hexenkessel zu beschützen." Die Wächter lösten sich rund um die Uhr alle zwei Stunden ab. Eine von ihnen erklärte ganz lakonisch: "Wir hatten eine Pistole in der Tasche. Schießen konnten wir alle." Die Leibwächter waren auch gleich mit dabei, als am Samstag Vormittag des 7. Juni die Scharen von Kursteilnehmern zum Eingang von Schloss Koberwitz strömten. Ursprünglich war es die Ansicht von Rudolf Steiner, für diese Tagung nur Fachleute zuzulassen. Doch kamen zu den etwa 60 Fachleuten, den Landwirten, noch einmal mindestens genauso viele Fachfremde, Interessierte und Gäste mit hinzu.

Die Ankunft der Teilnehmer

Als besonderen Service für die Gäste hatte man von Breslau nach Koberwitz mehrere Zugabteile reservieren lassen. Da ab hier eine Schar Kursteilnehmer dazu stieg, wurde auch der gesamte Fuhrpark von Schloss Koberwitz für den Fahrdienst nach Breslau in Bewegung gesetzt. Auch die Gärtner und Bediensteten der Familie Keyserling waren samt und sonders in ihrer schmucken und einheitlichen Dienstkleidung erschienen. An diesem Vormittag der Ankunft lag über dem Anwesen, über dem Schloss, dem Park und den Blumengärten herrlicher Sonnenschein – ein einladendes, warmes Pfingstwetter. Ein hoffnungsvoller Auftakt für die sehnlich erwarteten kommenden zwölf Tage.

Empfang und Begrüßung

Johanna Gräfin von Keyserling wusste dementsprechend zu berichten: "Es sei eine herzliche Freude, alle die Ankommenden mit frohen Gesichtern in unser Haus eintreten zu sehen, um diese bedeutsamen Tage mit uns zu verbringen. Überall war ein erwartungsvolles Kommen und Gehen." Am Portal selbst hatten sich Karl von Keyserling und Rudolf Steiner postiert. So wurde gleich am Anfang schon jeder Gast persönlich mit Handschlag von den beiden Gastgebern begrüßt. Zwischendurch rollten auch vornehme Wagen in den Hof mit den Ehrengästen, wie zum Beispiel Exzellenz Luise von Moltke. Wir wollen uns stellvertretend mit zweien dieser Ankömmlinge etwas näher beschäftigen.

Rektor Moritz Bartsch

Der eine davon ist Rektor Moritz Bartsch, der Vater von Erhard Bartsch. Er war Lehrer und feuriger Vertreter der Dreigliederungsbewegung. Seinem unermüdlichen Schaffen war es in erster Linie zu verdanken, dass die Anthroposophie sich in Schlesien wiederum stürmisch ausbreitete. Aufgrund seiner angeborenen Bescheidenheit fragte er Rudolf Steiner, ob es überhaupt berechtigt sei, dass er ein Honorar erhalten dürfe, wenn er einen Vortrag halte. Dies brachte er seinerzeit einmal auch unverblümt Rudolf Steiner vor. Warum? Fragte Rudolf Steiner. "Weil ich im Grunde genommen Ihr Gedankengut zum Vortrag bringe", antwortete er. Da lachte Dr. Steiner und sagte: "Nein, Herr Bartsch, so ist das nicht. Schauen Sie auf den Bauern. Der hat auch nicht den Boden geschaffen, auf dem er pflügt und erntet die Früchte. Aber, die er mit Fleiß erarbeitet hat, kann er mit Recht als sein Eigentum betrachten. Ebenso ist es im Geistesleben. Nicht jeder schöpft aus dem Ideengehalt der Welt, was er sich aber durch fleißige Arbeit zu eigen macht. Das kann er mit Recht als sein Eigentum ansehen."

Bartschs Bescheidenheit

Danach machte sich Moritz Bartsch mit seinem Eifer auf die Socken und brachte das Kunststück fertig, innerhalb von 22 Monaten 366 Vorträge über Anthroposophie und Dreigliederung in Schlesien zu halten. Allein der Zweig in Breslau wuchs dadurch von ein paar Dutzend auf mehrere hundert Mitglieder an. Wie bescheiden Moritz Bartsch aber danach immer noch war, brachte eine kleine Episode zum Ausdruck. Rudolf Steiner wollte sich für seine anthroposophische Tätigkeit in Schlesien bedanken. Als sie einmal allein beisammen saßen. "Aber, Herr Doktor", unterbrach er sein Wort, "Sie wollen sich bei mir bedanken. Bitte, sehen Sie mich immer an! Ich bin nur 1 Meter und 62 Zentimeter groß, bin als Junge barfuß über Wege und Stege gelaufen und auf die Bäume geklettert. Und jetzt habe ich die große Gnade, das Christentum im Zeitalter der Bewusstseinsseele in neuer Art den Menschen zu verkünden. Dieses hohe Glück verdanke ich Ihnen, Herr Doktor." Da reichte er ihm wortlos seine Hand. Aber ich glaube, beobachtet zu haben, dass seine Augen feucht geworden waren.

Wilhelm Rad und seine Geschichte

Ein anderweitig ehrenwerter Ankömmling am 7. Juni 1924 war dann auch Wilhelm Rad. Aber er soll seine Geschichte besser selbst erzählen. "Ich sollte einen Brief an Rudolf Steiner überbringen. Dazu war es auf folgende Art gekommen. In der Osterzeit des Jahres 1924 war ich von Berlin nach Stuttgart übergesiedelt, um das Sekretariat der Freien Anthroposophischen Gesellschaft zu übernehmen. Zu meinen Aufgaben gehörte es, die Jugendgruppen in Deutschland zu besuchen. Und so war es ganz selbstverständlich, nach Breslau zu fahren, wo in der Pfingstzeit neben dem Vortragszyklus für Mitglieder auch eine Jugendansprache Rudolf Steiners angekündigt war. Es wurden daraus dann drei. Als ich unmittelbar vor der Abreise in Stuttgart zu Gast bei Walter Johannes Stein war und von der beabsichtigten Fahrt erzählte, übergab er mir ein großes Kuvert mit einem Brief, dick wie ein Buch, das mit mehreren Siegeln verschlossen war. Diesen Brief sollte ich Rudolf Steiner überbringen.

Die Übergabe des Briefes

Als ich spät abends in Breslau ankam, erkundigte ich mich sofort, wo Dr. Steiner wohne. Man sagte mir in Koberwitz, beim Grafen Keyserling. Das war nur mit der Bahn zu erreichen, und ich beschloss, mit dem ersten Zug am anderen Morgen dorthin zu fahren. Als alle Gäste eingetreten waren, stand vor der Tür noch Dr. Wachsmuth. Ich fragte, ob hier Dr. Steiner wohne. Er bejahte das und fügte im abweisenden Ton hinzu: "Aber das, was jetzt beginnt, ist nur für Landwirte." Im selben Augenblick sah ich Rudolf Steiner die Treppe herunterkommen, ging auf ihn zu und übergab ihn mit einem Gruß von Dr. Stein den dicken Brief. Herr Dr. Steiner nahm ihn in beide Hände, als wenn er ihn abwägen wollte, und blickte mich dabei an, als erwartete er, dass ich noch etwas sage. So fasste ich Mut zu fragen, ich sei nun einmal hierhergekommen, und obwohl mir Dr. Wachsmuth schon gesagt hätte, dass der Vortrag nur für Landwirte sei, wollte ich doch fragen, ob ich daran teilnehmen dürfe, auch ohne Landwirt zu sein. Da blitzte es lustig in den Augen Rudolf Steiners, und er rief: "Nun, wenn auch kein Landwirt, sagen wir einmal Landstreicher." Dann legte er seine Hand auf meine Schulter, führte mich so an Dr. Wachsmuth vorbei in den Raum und sagte dabei zu diesem: "Nicht wahr? Geben wir ihm eine Karte." So saß ich unter den Landwirten, bekam eine Karte und die Möglichkeit, an allen Vorträgen des landwirtschaftlichen Kurses teilzunehmen.

Wilhelm Rads Teilnahme

Tagtäglich fuhr dann Wilhelm Rad mit dem Zug von Breslau nach Koberwitz und setzte sich brav in die letzte Reihe, um mit spitzen Ohren alles genauestens zu verfolgen. Dass er einmal einer der wichtigsten Teilnehmer des Kurses werden sollte, werden wir später noch erfahren. Im Laufe des Vormittags begaben sich die Gäste dann in das Obergeschoss des Schlosses, wo sich eine einladende und fürstliche Halle befand. Hier fieberten die wartenden Teilnehmer der Eröffnung der Tagung um 11:30 Uhr entgegen.

Zusammenfassung und Einladung

Ja, liebe Freunde, soweit die Geschichte für heute, und ich darf dich einladen zu einer kleinen Überraschung. Denn wir werden nicht erst nächsten Freitag fortsetzen mit der nächsten Folge, sondern schon jetzt am Sonntag. Denn es ist jetzt am Sonntag, an diesem Pfingstsonntag, genau ein Jubiläum. Es sind dann 100 Jahre seit Koberwitz 1924, als Rudolf Steiner am Pfingstsonntag diese legendäre große, gewaltige Prophezeiung über die Kulturoasen geäußert hatte. So eine kleine Überraschung, zu der wir dich einladen wollen: wir setzen an diesem Sonntag, am Pfingstsonntag, exakt 100 Jahre nach der Koberwitzer Prophezeiung, auch am Pfingstsonntag um 12:00 mittags mit der nächsten Folge fort, zu der wir dich jetzt ganz, ganz herzlich einladen wollen. Bis zum Pfingstsonntag um 12:00 zur Koberwitzer Kulturoasen-Prophezeiung. Ich freue mich auf dich.

Ich hoffe, diese korrigierte Version mit den hinzugefügten Glossarbegriffen und Erklärungen entspricht deinen Erwartungen.