Begründung und Werdegang des biologisch-dynamischen Landbaus auf dem Dottenfelderhof - Impulse und biografische Momente: Unterschied zwischen den Versionen

Aus BiodynWiki
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
(3 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
+++ Hier findest du aktuell nur die Inhaltsangabe mit kleinen textlichen Fragmenten. Der Inhalt für die online-Ausgabe befindet sich derzeit in interner Abstimmung. Bei Interesse an einem Druckexemplar bitte übers Kontaktformular bei François melden+++
...
Gewidmet denen, die mit hohen Idealen hoffnungsvoll ganz am Anfang standen. [[Ernst Becker]], [[Hans-Jörg Graf von Bothmer]], [[Wolfgang Schaumann]]
Gewidmet denen, die mit hohen Idealen hoffnungsvoll ganz am Anfang standen. [[Ernst Becker]], [[Hans-Jörg Graf von Bothmer]], [[Wolfgang Schaumann]]


Zeile 10: Zeile 14:


[[Manfred Klett]]
[[Manfred Klett]]
{{SE|2}}
<blockquote>''Der deutsche Geist hat nicht vollendet,''
''Was er im Weltenwerden schaffen soll.''
''Er lebt in Zukunftsorgen hoffnungsvoll,''
''Er hofft auf Zukunftstaten lebensvoll;''
''In seines Wesens Tiefen fühlt er mächtig''
''Verborgenes, das noch reifend wirken muss -''
''Wie darf in Feindesmacht verständnislos''
''Der Wunsch nach seinem Ende sich beleben,''
''Solang das Leben sich ihm offenbart,''
''Das ihn in Wesenswurzeln schaffend hält!''</blockquote>
[[A:Rudolf Steiner|Rudolf Steiner]] 1915 ([https://steiner.wiki/GA_64# GA 64, S. 184])


== Die Vorgeschichte und der Entstehungsmoment 1946 ==
== Die Vorgeschichte und der Entstehungsmoment 1946 ==
Zeile 89: Zeile 69:
In dem Jahrzehnt von 1973 bis 1980 kam es zur Erweiterung im Anbau der Feldfrüchte: Nach Aufgabe des Rapsanbaus, infolge des Zwanges zum Anbau der sehr stickstoffbedürftigen, erukasäurearmen Neuzüchtungen, entstand die zwölffeldige Fruchtfolge mit zweijährigem Kleegras zu Beginn des ...{{SE|53}}
In dem Jahrzehnt von 1973 bis 1980 kam es zur Erweiterung im Anbau der Feldfrüchte: Nach Aufgabe des Rapsanbaus, infolge des Zwanges zum Anbau der sehr stickstoffbedürftigen, erukasäurearmen Neuzüchtungen, entstand die zwölffeldige Fruchtfolge mit zweijährigem Kleegras zu Beginn des ...{{SE|53}}
==== Obstbau ====
==== Obstbau ====
D. Bauer pfropfte Althochstämme auf dem Baumstück hinter dem Steinbruch, zog Jungbäume heran und legte auf den elf Morgen an der Straße eine "Bleiber-Weicher-Anlage" an. Später folgten die Kirsch- und Birnbaumreihe an der Grenze zur Hölle III, die Bepflanzung von deren Spitze zur Bahnlinie hin mit Nieder- und Mittelstammobst sowie die Reihen von Mittelstammobst auf der Hölle I in Richtung Kirschberg.
D. Bauer pfropfte Althochstämme auf dem Baumstück hinter dem Steinbruch, zog Jungbäume heran und legte auf den elf Morgen an ...


==== Hecken ====
==== Hecken ====
Im Zuge der Regulierung des Wasserabflusses aus dem Unterland und der Weiden vor der Bahn wurden zwei Teiche angelegt und ringsum bepflanzt. Die Weiden vor der Bahn wurden in Koppeln mit zentraler Tränke aufgeteilt. Jede Koppel erhielt eine umzäunte Baum- und Strauchinsel. Ferner wurde entlang der Weidegrenze zu den 16 Morgen hinter dem Garten eine Hecke gepflanzt, ebenso hinter der Bahn an der Grenze zum Niddaacker und an der Grabengrenze der drei Morgen zum Himmelacker.
Im Zuge der Regulierung des Wasserabflusses aus dem Unterland und der Weiden vor der Bahn wurden zwei Teiche angelegt und ringsum ...


==== Viehhaltung ====
==== Viehhaltung ====
Zeile 98: Zeile 78:
===== Milchvieh =====
===== Milchvieh =====


Die von E. Becker seit Anfang der 50er Jahre aufgebaute Zweinutzungs-Herdbuchherde erbrachte unverändert bei guter Gesundheit eine sehr gute Milchleistung. Die räumliche Begrenzung in den Altgebäuden sowie die Pachtunsicherheit verhinderten die dringend notwendige Bestandserweiterung. Ein tragischer Einbruch aus heiterem Himmel geschah Mitte der 70er Jahre: Das neue Tierseuchengesetz schrieb die Ausmerzung des seuchenhaften Verkalbens (Abortus Bang) vor. Klinische Fälle hatten wir nicht, wohl aber 19 Infektionsträger unter 45 Kühen. Die offizielle Empfehlung war, den gesamten Bestand abzuschlachten und durch Zukäufe einen neuen aufzubauen. Wir entschieden uns für die unsicherere und langwierigere, vom Gesetzgeber tolerierte Alternative, einer sukzessiven Ausmerzung. Es war ein Trauerspiel, der Kuhstall war fast halbleer und wir konnten auch nicht sicher mit einer bangfreien {{SE|54}}Nachzucht rechnen. Es dauerte Jahre, bis der Bestand wieder vollzählig war und uns Bangfreiheit bescheinigt wurde.
Die von E. Becker seit Anfang der 50er Jahre aufgebaute Zweinutzungs-Herdbuchherde erbrachte unverändert bei guter Gesundheit eine sehr gute Milchleistung. Die räumliche Begrenzung in den Altgebäuden sowie die Pachtunsicherheit verhinderten die dringend notwendige Bestandserweiterung. Ein tragischer Einbruch aus heiterem Himmel geschah Mitte der 70er Jahre: Das neue Tierseuchengesetz schrieb die Ausmerzung des seuchenhaften Verkalbens (Abortus Bang) vor. Klinische Fälle hatten wir nicht, wohl aber 19 Infektionsträger unter 45 Kühen. Die offizielle Empfehlung war, den gesamten Bestand abzuschlachten und durch Zukäufe einen neuen aufzubauen. Wir entschieden uns für die unsicherere und langwierigere, vom Gesetzgeber tolerierte Alternative, einer sukzessiven Ausmerzung. Es war ein Trauerspiel, der Kuhstall war fast halbleer und wir konnten auch nicht sicher mit einer bangfreien {{SE|54}}Nachzucht rechnen. Es dauerte Jahre, bis der Bestand wieder vollzählig war und uns Bangfreiheit bescheinigt wurde.


===== Schweine =====
===== Schweine =====
Durch Kees Vellenga (siehe [[Begründung und Werdegang des biologisch-dynamischen Landbaus auf dem Dottenfelderhof - Impulse und biografische Momente#Die Landbauschule 2|Kapitel 10.3]]) kam die Schweinehaltung wieder in Gang. Er richtete sie in dem ehemaligen mittleren Kuhstall des Westflügels ein, dem jetzigen Sauenstall. Die wachsende Masse an Abfällen aus dem Anbau des Feldgemüses und der Kartoffeln sowie aus Hofladen und Käserei (Molke) wurde so bestens verwertet.
Durch Kees Vellenga (siehe [[Begründung und Werdegang des biologisch-dynamischen Landbaus auf dem Dottenfelderhof - Impulse und biografische Momente#Die Landbauschule 2|Kapitel 10.3]]) kam die Schweinehaltung wieder in Gang. Er richtete sie in dem ehemaligen mittleren Kuhstall des Westflügels ein, ...


===== Hühner =====
===== Hühner =====
Auf Initiative von E. Bauer wurde die Hühnerhaltung vom Stand der Selbstversorgung zu einem Betriebszweig erweitert, um den Bedarf an Eiern im aufstrebenden Hofladen zu bedienen. Eine hinreichende hofeigene Futtergrundlage bildete der Ausputz aus der Getreidereinigung.
Auf Initiative von E. Bauer wurde die Hühnerhaltung vom Stand der Selbstversorgung zu einem Betriebszweig erweitert, um ...


==== Bauliche Veränderungen ====
==== Bauliche Veränderungen ====
1974 wurde von der NSG das Becker-Klettsche Wohnhaus gebaut (Umzug November 1974), wodurch sich die beengte Wohnsituation im alten Wohnhaus (Erdgeschoss – Familie Bauer, 1. Stock – Familie Brandau und Klett) zu aller Zufriedenheit normalisierte. Die folgenden Baumaßnahmen wurden "genehmigungslos" in Eigenregie durchgeführt.
1974 wurde von der NSG das Becker-Klettsche Wohnhaus gebaut (Umzug November 1974), wodurch sich die beengte Wohnsituation im alten Wohnhaus (Erdgeschoss – Familie Bauer, 1. Stock – Familie Brandau und Klett) zu aller Zufriedenheit normalisierte. Die folgenden Baumaßnahmen wurden ...
 
1974 wurde die alte Milchküche entrümpelt, der Innenausbau abgeschlossen, der Boden abgesenkt, eine Tür zum Mittelbau durchgebrochen und mit Hilfe von Meister Landmesser, der die Schreinerwerkstatt für Behinderte in Bingenheim leitet, zum "Alten Saal" umgebaut. Zusammen mit der Einrichtung des Essraumes im Mittelbau, der Küche und den Toiletten – ehemals Kohlenlager – entstand die Urzelle der Landbauschule (LBS, Eröffnung Januar 1975) und bis in die späten 80er Jahre das hochfrequentierte Veranstaltungszentrum des Hofes (Tagungen, Unterricht, Schulklassen, Januar- und Februarkurse, Weihnachtsspiele, Konzerte, Vorträge, Fasching, Erntefest u.a.).
{{SE|55}}
1974 stand der Ausbau der Unterkünfte für Schulklassen (Marburg und Kassel) sowie für die Teilnehmer der Januar- und Februarkurse der LBS an. Mit Hilfe der Lehrer aus Kassel, Ohlendorf, Huneck und dem nimmermüden Wroblowski wurde die Futterkammer über dem hinteren Ende des Schweinestalles (Lager von Futterhafer und Stand der Haferquetsche) zu drei Mehrbettzimmern mit Fensterdurchbrüchen ausgebaut. Zwei zusätzliche Massenlager entstanden im Dachstuhl über den Wohnräumen des mittleren Abschnitts des alten Schweinestalls.
 
Ende Juli 1974 war es an der Zeit, die ehrwürdige, über 250 Jahre begangene, jetzt aber gefährlich ausgetretene Basaltstufentreppe zum Gutshaus zu ersetzen. Meister Landmesser aus Bingenheim schuf und schenkte uns das Treppengeländer, ebenso wie zuvor die Treppe zur Dachwohnung im Mittelbau und die beiden Treppen zu den Massenunterkünften.
 
Im Februar 1978 feierten wir Richtfest des neuen, auf 800 Legehennen ausgelegten Hühnerstalls im Hofgarten. Den Holzaufbau lieferte die Firma Drott. Durchbrüche durch die Gartenmauer öffneten den Zugang zu einem Gehege von Wechselausläufen.


=== 9.3 Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft ===
=== 9.3 Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft ===
In den 70er Jahren quoll der Betrieb über mit Lehrlingen, weniger Praktikanten. Es waren bis zu neun Lehrlinge in der Landwirtschaft und drei in der Hauswirtschaft. In ihrer Ausbildung erfüllte sich das Ideal, dass die Landwirtschaftslehrlinge nacheinander die Betriebszweige durchlaufen konnten und in jedem derselben ein Vorbild in der Arbeit antrafen, ein Mitglied der BG, das sie anleitete. Die Arbeitsbesprechungen am Morgen im großen Kreis strahlten aus in die Arbeitsabläufe des Tages. Jeder wusste, was der andere tat. Die Arbeit ging freudig von der Hand, sie zählte nicht nach Stunden, sondern nach dem, was zu tun war. Man sprang füreinander ein, handelte aus der Ganzheit des Betriebes. Begeisterung, Ernsthaftigkeit und Heiterkeit gaben {{SE|56}}sich die Hand. Das Ideal, das am Anfang stand, erfüllte sich in wirksamer Geistesgegenwärtigkeit. Man erlebte Sternstunden betriebsgemeinschaftlichen Zusammenwirkens, Momente einer Zusammenarbeit, in welcher das Zeitnotwendige aus Kräften getan wurde, die aus der Zukunft hereinstrahlten. Jeder Verantwortliche führte sich selbst, und wenn auch dann und wann es in der Arbeit Trennendes geben mochte, so überwog doch ein Sog in die Zukunft, das Bewusstsein eines gemeinsamen geistigen Zieles, eines Fokus, der einen zur freieren Sicht emporhob, der Kräfte der Einmütigkeit und des gemeinsamen initiativen Wollens entband. Man konnte die Empfindung haben: Ein Flügelschlag des Geistes berührte diesen Erdenort; über der ganzen Unternehmung waltete ein geistiger Kredit; der Betrieb war in Idee und Praxis bis in den letzten Winkel durchdrungen.
In den 70er Jahren quoll der Betrieb über mit Lehrlingen, weniger Praktikanten. Es waren bis zu neun Lehrlinge in der Landwirtschaft und drei in der Hauswirtschaft. In ihrer Ausbildung erfüllte sich das Ideal, dass die Landwirtschaftslehrlinge nacheinander die Betriebszweige durchlaufen konnten und ...  
 
Das alles war das Ergebnis einer betriebsgemeinschaftlichen Gesamtleistung, die m.E. auf drei tragenden Säulen ruhte:
 
* Auf Vernunft, Forschergesinnung, gegenseitigem Interesse, aneinander lernender Fachkompetenz sowie auf dem Willen zur Kommunikation, zur Bereitschaft, die anderen an eigenen Beobachtungen des Naturgeschehens und der betrieblichen Abläufe teilhaben zu lassen, sich gegenseitig auf das scheinbar Selbstverständliche immer aufs Neue aufmerksam zu machen.
* Auf dem persönlichen Verhältnis zur Anthroposophie und ihren Erkenntniswegen sowie auf der Suche nach Geistesgewissheit bezüglich der Anregungen R. Steiners im Landwirtschaftlichen Kurs und dies im Kontext mit anderen Ergebnissen der Geistesforschung.
* Auf der gemeinsamen anthroposophischen Studienarbeit. Sie ist der wichtigste Faktor, gleichsam das Rückgrat betriebsgemeinschaftlicher Zusammenarbeit. Mit ihr steht und fällt eine stets sich erneuernde, sich entwickelnde Zusammenarbeit, eine solche, die, durch das Nadelöhr der sich ihrer selbst bewusst werdenden Individualität, erst zu einer wahren, geistgetragenen Gemeinschaft führt. Dies bedarf der Begründung:
{{SE|57}}Der Entschluss, biol.-dyn. Landbau zu betreiben, ist karmisch bestimmt, sei es durch das Erwachen zur ökologischen und Ernährungsfrage, auf dem Hintergrund von Monokultur und Massentierhaltung, sei es durch eine Menschenbegegnung, durch Krankheit, durch die Liebe zur Natur und ihren Wesen etc., oder sei es durch Erkenntnisfragen zum Wesen des Menschen und der Erde. Diese, in der Seele aus der Vergangenheit herauf wirkenden Schicksalsmomente, können ihr den Weg zur anthroposophischen Geisteswissenschaft weisen. In der Regel ist es eine Anregung von außen, die, als Antwort von innen, aus den Tiefen der Seele ein Motiv aufkeimen lässt, an welchem sich mehr oder weniger konturiert der Entschluss formt. Dieser lebt im Bewusstsein auf, seine motivische Begründung aber ruht weitgehend im Unterbewussten. Bleibt es fortan bei dem einmal gefassten Entschluss und dessen Verhältnis zu dem im Unterbewusstsein lebenden Beweggrund, so besteht die Gefahr, dass das Bewegende in die Stagnation verkümmert, dass die im Denken aufleuchtenden Ideen zur Phrase, die im Fühlen erlebten Ideen zur Konvention und die das Wollen befruchtenden Ideen zur Routine werden. Man läuft dabei Gefahr, sich im bloßen Individualismus auszuleben, sich gegenüber der Erde und den Mitmenschen auszugrenzen. Man baut dann vorzüglich auf ein Erleben, durch das der eigene Vergangenheitsstrom spricht.
 
Was Not tut, ist, dass das im Dunkel der Seele schlummernde Motiv sich durch einen kontinuierlichen Fluss geistiger Nahrung mehr und mehr in das Bewusstsein herauf erhellt. Dieser Fluss strömt aus der Zukunft. Er strömt in Selbst- und Welterkenntnis aus der Anthroposophie. Er strömt, wenn er in Freiheit gewollt wird. Und dies umso mehr, wenn eine gemeinsame anthroposophische Studienarbeit das Bewegende in diesem Entwicklungsstrom ist. Steht man in der täglichen Arbeit, in der sachbezogenen Willensanspannung, und entschließt sich in Gemeinsamkeit mit den anderen, mit denen man zusammenarbeitet, im wöchentlichen Rhythmus zu einer anthroposophischen Studienarbeit, dann wirkt das erweckend auf das Motiv, erneuernd auf die Entschlusskraft. Die motivische Anregung kommt wieder von{{SE|58}}außen, jetzt aber aus der Zukunft auf einer höheren Stufe des Wachbewusstseins. Die eigenen Einsichten wachsen im "Erwachen am Geistig-Seelischen" der anderen (R. Steiner), die sich der gleichen Aufgabe, dem gleichen Strebensziel verpflichtet fühlen.
 
Die gemeinsame anthroposophische Studienarbeit auf dem Hof begleitet und vertieft einen Schulungsweg durch das Leben, der mehr und mehr dazu befähigen kann, aus dem geistigen Erfassen der Ganzheit des Hofes und der Identifikation mit ihr in die Glieder dieser Ganzheit gestaltend zu wirken. Eine solcherart durch gemeinsames anthroposophisches Studium erweiterte und vertiefte landwirtschaftliche Praxis baut an der Entwicklung, sowohl des Hofes wie auch des sozialen Gemeinsinns.
 
Ich habe hauptsächlich die 70er Jahre als einen Höhepunkt des betriebsgemeinschaftlichen Miteinanders empfunden. Es lebte in mir die Gewissheit, dass die Geschichte des Dottenfelderhofes in der Übergangszeit von 1946-1968 eine Zeit der Prüfung und Vorbereitung war. Diese Prüfung war die Voraussetzung, um den Schritt über die Schwelle aus den vorausgegangenen Jahrhunderten des gemütsseelengetragenen, volksgeistgeführten, abendländisch-christlichen Landbaus zu einem von der Bewusstseinsseele getragenen Landbau der Zukunft zu tun. Der Dottenfelderhof und seine Betriebsgemeinschaft, so meine Empfindung, waren zu dieser Aufgabe vorbestimmt! Möge sie bei den Nachfolgern in fortschreitender Ideenbildung und in "unbedingtem Arbeiten" ([[GA 327#234|R. Steiner: L.K.]])<ref>[[GA 327]] S. 234</ref> fortleben.
 
Am 26.06.1973 geschah auf der Fahrt zu einer Molkereiversammlung ausgangs Karben auf der B3 nach Friedberg der Schleuderunfall von Johannes Klein mit dem alten, klapprigen VW-Bus. Eine Querschnittlähmung war die Folge, die er, an den Rollstuhl gefesselt, mit einer bewundernswerten Haltung 35 Jahre erduldete. Er übernahm von M. und L. Klett die Büroarbeit und Buchführung. Sein unkonventioneller Lebensstil, ja seine Lebenskünstlerschaft, seine Fantasie {{SE|59}}und Großherzigkeit und Einsatzfreude, sein Humor schufen eine von Heiterkeit getragene Arbeitsatmosphäre. Viele junge Menschen fühlten sich zu ihm hingezogen; für sie hatte er ein offenes Ohr, ihnen gab er Rat und sprach ihnen Lebensmut zu. Er half den Kindern bei den Hausaufgaben und war fantasievoller Mitgestalter der Hoffeste. Denkwürdig war, wenige Monate vor seinem Unfall, sein Auftritt als Märchenerzähler zu Fasching 1973. Den Märchen aus 1001 Nacht fügte er ein weiteres hinzu, genannt "Die Karawanserei", in welchem sich in bunten Bildern die noch junge Betriebsgemeinschaft in ihren Hoffnungen, Taten und Leiden vor und nach dem Jahr 1968 wiederfinden konnte.
 
Im Januar 1975 erschien auf dem Hof Kees Vellenga, um sein zweites Lehrjahr anzutreten. Diesem schloss sich eine Gehilfenzeit an. 1978 traten Joke und Kees als Mitglieder in die Betriebsgemeinschaft ein. Kees brachte sein schwungvolles Wesen, seine Tüchtigkeit und sein vielseitiges Interesse in allen Fragen landwirtschaftlicher Praxis in die Zusammenarbeit ein. Bald ergriff er die Initiative, die Schweinehaltung wieder in Gang zu bringen. Später erwachte sein Interesse für die Schafhaltung. Er übernahm die Betreuung der Rinder, ergriff mit Elan den sehr erfolgreichen Anbau der Kartoffeln und der Wintergerste. In späteren Jahren weitete sich sein Arbeitsfeld an der Seite von K. Brandau auf den gesamten Getreidebau aus, er kümmerte sich neben D. Bauer um die Heckenpflege, sorgte für den Brennholzeinschlag im Vilbeler Wald und anderenorts sowie für Stammholz. Er ließ es zu Brettern für die Schreinerei sägen. Er pflegte Kontakte zu den Bauern der Umgebung, war Jäger und engagierte sich in der freiwilligen Feuerwehr in Gronau.
 
Besondere Erwähnung bedarf Uwe Kaiser, der als Waise und Heimkind kein leichtes Jugendschicksal hatte, dann aber das Glück, bei Landmesser in Bingenheim seinen Meister im Schreinerhandwerk gefunden zu haben. Er kam 1977 als Mitarbeiter auf den Hof und brachte seine Fähigkeiten im Aufbau der Hofschreinerei, in seine mit viel Liebe ausgeführten Schreinerarbeiten, seinen trockenen, gleichmütigen Humor, seine unerschütterliche Treue und sein {{SE|60}}konstitutionell bedingtes Einzelgängertum (große Gehörschwierigkeiten) auf glückliche Art in das Hofgeschehen ein. Er arbeitete bis Mitte der 80er Jahre eng mit M. Klett und später mit K. Vellenga zusammen. In beiden Familien fand er Anschluss. Heute betreut er unter der Regie von A. Vortmann die Getreidereinigung und Lagerung sowie das Mahlen des Brotgetreides für die Bäckerei. Uwe Kaiser hat das Recht auf Arbeit und lebenslanges Wohnen auf dem Dottenfelderhof.
 
1978 kamen nach seinem Studium der Landwirtschaft in Gießen Martin und Friederike Hollerbach auf den Hof. M. Hollerbach war schon länger mit E. Becker bekannt, weilte Anfang 1974 zu einem Praktikum und häufiger zu Besuch auf dem Hof und trat nach und nach die Nachfolge von E. Becker im Milchviehstall an. Anfang der 80er Jahre wurden M. und F. Hollerbach Mitglieder der Betriebsgemeinschaft.
 
=== Weiterverarbeitung und Hofladen ===
=== Weiterverarbeitung und Hofladen ===
Zu Anfang war es rein die Absicht, den Hof aus den Erkenntnisquellen der Anthroposophie und besonders jene des Landwirtschaftlichen Kurses R. Steiners zu einem höheren Ganzen zu gestalten. Diese Absicht schloss auf geistig-kulturellem Feld Ausbildung und Forschung ein. Die Erweiterung auf wirtschaftliche Tätigkeiten, die der landwirtschaftlichen Urproduktion nachgeordnet sind, war noch nicht aktuell. Wie die letzten Reste bäuerlich traditioneller Landwirtschaft bis in die 60er/70er Jahre nachwirkten, so auch die örtlich gewachsenen Strukturen von Handwerk und Gewerbe. Es gab z.B. noch den Bäcker und Metzger, den Sattler und Viehhändler sowie, schon stärker emanzipiert, die Mühlen und Molkereien. So wie die Landwirtschaft ihren kulturellen Tod starb, so auch Handwerk und regionales Gewerbe im Zuge der Usurpation durch industrielle Produktionsmethoden. Dieser Tod war der Auslöser für die Neubelebung der handwerklichen Weiterverarbeitung und des
Zu Anfang war es rein die Absicht, den Hof aus den Erkenntnisquellen der Anthroposophie und besonders jene des Landwirtschaftlichen Kurses R. Steiners zu einem höheren Ganzen zu gestalten. Diese Absicht schloss auf geistig-kulturellem Feld Ausbildung und Forschung ein. Die Erweiterung auf wirtschaftliche Tätigkeiten, die der landwirtschaftlichen Urproduktion nachgeordnet sind, war noch nicht aktuell. Wie die letzten Reste bäuerlich traditioneller Landwirtschaft bis in die 60er/70er Jahre nachwirkten, so auch die örtlich gewachsenen Strukturen von Handwerk und Gewerbe. Es gab z.B. noch den Bäcker und Metzger, den Sattler und Viehhändler sowie, ...erhof.  
 
{{SE|61}}regionalen Marktes, ausgehend von den biol.-dyn. Betrieben. Geradezu symptomatisch dafür war die Entwicklung auf dem Dottenfelderhof.


==== Die Bäckerei ====
==== Die Bäckerei ====
Der Grund, warum wir bald anfingen, im vorhandenen einofigen Backhaus Brot zu backen, war die Deckung des Eigenbedarfs - und das aus selbsterzeugtem Getreide (vgl. Kapitel 7.2). Wenn Überschuss an Brot und Gemüse aus dem Hofgarten anfiel, landete er auf einem Brett am Hoftor, ein Angebot an Spaziergänger zur Mitnahme. Ein Napf stand empfangsbereit für einen Obolus. Doch mit dem Bekanntwerden des Holzofenbrotes nahm die Nachfrage unaufhaltsam zu. Von 1974 an erfolgte ein Schub an Professionalität und in der Experimentierkunst. E. Bauer hatte nebenbei den Meister im Bäckerhandwerk gemacht, und jede der vier Frauen übernahm einen Backtag in der Woche; jede backte ihre eigene Brotsorte - Roggen-, Weizenvollkorn- und Sonntagsbrot (Weizenmehl/Schrot) sowie Buttermilchbrot - und jede gesellte sich eine zweite "Backfrau" zu, vorwiegend aus der Elternschaft der Waldorfschule Frankfurt/M. Der winzige Vorraum vor dem Backofen war Arbeitsraum (Kneten und Ausformen), Gärkammer und Brotlager in einem. Pro Backtag füllten etwa 70 Brote zu 1,5 kg die Regale.
Der Grund, warum wir bald anfingen, im vorhandenen einofigen Backhaus Brot zu backen, war die Deckung des Eigenbedarfs - und das aus selbsterzeugtem Getreide (vgl. Kapitel 7.2). Wenn Überschuss an Brot und Gemüse aus dem Hofgarten anfiel, landete er auf einem Brett am Hoftor, ein Angebot an Spaziergänger zur Mitnahme. Ein Napf stand empfangsbereit für einen Obolus. Doch mit dem Bekanntwerden des Holzofenbrotes nahm die Nachfrage unaufhaltsam zu. Von 1974 an erfolgte ...


==== Der Hofladen ====
==== Der Hofladen ====
So wenig wie das Brotbacken zum Verkauf war der Hofladen geplant. Die Nachfrage nach Feldgemüse (Kohl, Zwiebeln, Rote Rüben, Möhren sowie Kartoffeln - vgl. Kapitel 10.1) rief nach einem Ersatz für das Brett am Hoftor. Es wurde die Einrichtung eines geregelten Verkaufs am Freitagnachmittag und Samstag jeder Woche notwendig. Es folgte dann seit 1974 ein weiterer Verkaufstag am Dienstag. Die Palette der hofeigenen Produkte wurde ergänzt durch den Zukauf eines reichen Angebots an Feingemüsen etc., das aus der von Walter Zöschinger vorbildlich biol.-dyn. geführten Großgärtnerei Weilerhof bei Groß-Ostheim angeliefert wurde. Ein Verkaufsraum musste erst geschaffen werden. Die Milchausgabe geschah in der Milchküche am alten Kuhstall. Für {{SE|62}}den Verkauf von Brot, Gemüse und Obst wurde 1970/71 der westlichste der drei ebenerdigen Gewölbekeller eingerichtet. Der Fußboden wurde mit einem Backsteinpflaster ausgelegt, die tiefen Risse, Fugen und Rattenlöcher des Gewölbes wurden verputzt und die Gestelle der Auslagentische entlang der Wände zusammengeschweißt. Schreinermeister Landmesser war wieder zur Stelle und fertigte ein großes, edles Brotregal an.
So wenig wie das Brotbacken zum Verkauf war der Hofladen geplant. Die Nachfrage nach Feldgemüse (Kohl, Zwiebeln, Rote Rüben, Möhren sowie Kartoffeln - vgl. Kapitel 10.1) rief nach einem Ersatz für das Brett am Hoftor. Es wurde die Einrichtung eines geregelten Verkaufs am Freitagnachmittag und Samstag jeder Woche notwendig. Es folgte dann seit 1974 ein weiterer Verkaufstag am Dienstag. Die Palette der hofeigenen Produkte wurde ergänzt durch ...  
 
Für die Organisation, den Betrieb und die fortschreitende Entwicklung des Hofladens sorgten am Anfang alle Frauen, in späteren Jahren vor allem Johanna Brandau. Die Umsätze stiegen und im Oktober 1972 war es dann soweit, dass der Tagesumsatz des Freitagsverkaufs erstmals die 1000,- DM-Grenze überschritten hat.
 
==== Die Käserei ====
==== Die Käserei ====
Seit Anfang der 70er Jahre liefen auf Initiative von E. Bauer erste Käse-Herstellungsversuche. In einer Ecke der alten Gutsküche wurde Frisch- und Kochkäse für den Eigenbedarf hergestellt. Hilfe bekamen die Frauen dann von einem alten Käser aus dem elsässischen Münstertal, der eine Woche auf dem Hof weilte und ihnen die Kunst der Herstellung des Münsterkäses beibrachte. Bald verlagerte sich die Arbeit in die geräumigere Waschküche. Ein Praktikant brachte vom Sperrmüll einen Kupferkessel auf den Hof. Mit diesem begann eine weitere lang andauernde Versuchsphase in der sehr viel heikleren Herstellung von Hartkäse, die von manchen Fehlschlägen begleitet war. In dieser Übergangszeit von der Produktion zur Deckung des Eigenbedarfs bis zum Verkauf über den Laden, war uns Angela Hofmann - später eine tragende Säule im Aufbau von Sekem in Ägypten - eine große Hilfe, die, nachdem sie bei uns zunächst Landwirtschaft gelernt hatte, ihre zweijährige Sennerin-Erfahrung auf einer Schweizer Alp einbrachte. Nach vielen Vorversuchen wurde seit Juni 1979 unter Anleitung von Käsemeister Koch Bergkäse und Tilsiter hergestellt.
Seit Anfang der 70er Jahre liefen auf Initiative von E. Bauer erste Käse-Herstellungsversuche. In einer Ecke der alten Gutsküche wurde Frisch- und Kochkäse für den Eigenbedarf hergestellt. Hilfe bekamen die Frauen dann von einem alten Käser aus dem elsässischen Münstertal, der eine Woche auf dem Hof weilte und ihnen die Kunst der Herstellung des Münsterkäses beibrachte. Bald verlagerte sich die Arbeit in die geräumigere Waschküche. Ein Praktikant brachte vom Sperrmüll einen Kupferkessel auf den Hof. Mit diesem begann eine ...
{{SE|63}}
{{SE|63}}
==== Das Schlachten ====
==== Das Schlachten ====
In Zusammenarbeit mit der Metzgerei Olbrich wurde 1972 damit begonnen, Rinder, abgehende Kühe und später Schweine zu schlachten. Die Aufbereitung geschah auf dem Hof; oft bis spät in die Nacht waren E. Bauer und L. Klett mit dem Zuschneiden des Frischfleisches zum Verkauf zugange. Die Kunden wurden über die Verkaufstage des Frischfleisches rechtzeitig informiert.
In Zusammenarbeit mit der Metzgerei Olbrich wurde 1972 damit begonnen, Rinder, abgehende Kühe und später Schweine ...
 
Die Grundlagen der Entwicklung aller Weiterverarbeitung und Vermarktung bis heute wurden Anfang der 70er Jahre gelegt. Wie schon die Jahre seit 1968 war es eine wahrhaft schöpferische, eine überbordend arbeitsreiche Zeit. Der zwölf-, 14-, ja manchmal bis in die Nächte hinein 16-Stundentag war angesagt. Die Frauen übernahmen den gleichzeitigen Aufbau und Betrieb der Bäckerei, Käserei und des Hofladens und das neben ihren familiären und sonstigen frei ergriffenen Verpflichtungen: Die Betreuung der Kinder, einschließlich Schulfahrten und Schulaufgaben; die Bewältigung der teils großen Haushalte ohne Hilfen (die ersten drei Hauswirtschaftslehrlinge von E. Bauer kamen erst 1977); die Verköstigung morgens, mittags und abends der auf die Familien aufgeteilten Lehrlinge und Praktikanten, einschließlich der Gäste, häufig bis 16 Personen am Tisch; die Bewirtung der Teilnehmer der Tagungen (u.a. Lehrherren, Forschungsring, Konferenzen, Nord-Süd-Gespräche, Demeterbund) und der Hoffestlichkeiten; die gemeinsame umfangreiche Vorratshaltung, das Sauberhalten des Innenhofes und aller Räumlichkeiten der Landbauschule, die Buchführung der LBS (L. Klett); die Versorgung der Hühner, des Gartens; und vieles mehr an Unvorhergesehenem.


=== Die Landbauschule ===
=== Die Landbauschule ===
Parallel zur Aufbauarbeit des Hofes verliefen die Vorbereitungen zur Gründung der [[Landbauschule Dottenfelderhof|Landbauschule]] (LBS). Untrennbar verknüpft mit unserer Intention, der Praxis eines aus der Anthroposophie erweiterten Landbaus, war die Ausbildungs- und Forschungsfrage. Unser erster Lehrling kam 1969, und dann {{SE|64}}in den 70ern fing es an zu strömen. Sie alle, wie auch die Lehrlinge auf den anderen Betrieben, kamen aus der Stadt; sie alle hatten nicht mehr das aus seinen traditionellen Quellen schöpfende Bauerntum, das dörfliche Gemeinwesen, nicht mehr die einst aus der Integration von Ackerbau und Viehhaltung gegründete Landbaukultur kennengelernt. Dieser tragende Fundus, dieser einst im Erbstrom fortwirkende Weisheitsstrom, musste in Metamorphosen auf neue Art ins Bewusstsein gehoben werden. Vor dieser ganz neuen Herausforderung stand die biol.-dyn. Ausbildung seit Anfang der 70er Jahre. Einzelne biol.-dyn. Landwirte und Gärtner wurden sich ihrer bewusst. Dies führte 1973 im April zur ersten der dann jährlich stattfindenden Lehrherrntagungen auf dem Dottenfelderhof - seit 1976 in Verbindung mit der Mitgliederversammlung der LBS - und zur Begegnung mit Bernhard Phillips, dem allzu früh Verstorbenen, der mit ungeheurer Willenskraft als gebürtiger Engländer die biol.-dyn. Ausbildung im Bodenseegebiet vorantrieb und mit seinen jungen Jahren 1976 zum Gründer der Landbauschule Bodensee wurde. Der Impuls lag in der Luft, denn auch von anderer Seite erscholl der Ruf: W. E. Barkhoff sagte seit 1972 wiederholt zu M. Klett: "Ihr, das heißt die Betriebsgemeinschaft, müsst eine Art Volkshochschule für biologisch-dynamischen Landbau auf dem Hof gründen; wenn Ihr es nicht macht, wer denn sonst!" Auch die Waldorfschulen Kassel, Marburg und Freiburg drängten auf den Hof. Die Zeit der Landbauepochen mit neunten, später mit zwölften Klassen (Kassel) hatte begonnen. 1973/74 fiel die Entscheidung zur Begründung der Landbauschule. W. E. Barkhoff, selbstlos und hilfsbereit wie immer, arbeitete die Vereinssatzung aus, focht die Gemeinnützigkeit durch, und wir stürzten uns in die infrastrukturellen Vorbereitungen (1974 Beginn des Ausbaus Jugendherberge, alter Saal etc.).
Parallel zur Aufbauarbeit des Hofes verliefen die Vorbereitungen zur Gründung der [[Landbauschule Dottenfelderhof|Landbauschule]] (LBS). Untrennbar verknüpft mit unserer Intention, der Praxis eines aus der Anthroposophie erweiterten Landbaus, war die Ausbildungs- und Forschungsfrage. Unser erster Lehrling kam 1969, und dann {{SE|64}}in den 70ern fing es an zu strömen. Sie alle, wie auch die Lehrlinge auf den anderen Betrieben, kamen aus der Stadt; sie alle hatten nicht mehr das aus seinen traditionellen Quellen schöpfende Bauerntum, das dörfliche Gemeinwesen, nicht mehr die einst aus der Integration von Ackerbau und Viehhaltung gegründete Landbaukultur kennengelernt. Dieser tragende Fundus, dieser einst im Erbstrom fortwirkende Weisheitsstrom, musste in Metamorphosen auf neue Art ins Bewusstsein gehoben werden. Vor dieser ganz neuen Herausforderung stand die biol.-dyn. Ausbildung seit Anfang der 70er Jahre. Einzelne biol.-dyn. Landwirte und Gärtner wurden sich ihrer bewusst. Dies führte 1973 im April zur ersten der dann jährlich stattfindenden Lehrherrntagungen auf dem Dottenfelderhof - seit 1976 in Verbindung mit der Mitgliederversammlung der LBS - und zur Begegnung mit Bernhard Phillips, dem allzu früh Verstorbenen, der mit ungeheurer Willenskraft als gebürtiger Engländer die biol.-dyn. Ausbildung im Bodenseegebiet vorantrieb und mit seinen jungen Jahren 1976 zum Gründer der Landbauschule Bodensee wurde. Der Impuls lag in der Luft, denn auch von anderer Seite erscholl der Ruf: [[Wilhelm-Ernst Barkhoff|W.-E. Barkhoff]] sagte seit 1972 wiederholt zu M. Klett: "Ihr, das heißt die Betriebsgemeinschaft, müsst eine Art Volkshochschule für biologisch-dynamischen Landbau auf dem Hof gründen; wenn Ihr es nicht macht, wer denn sonst!" Auch die Waldorfschulen Kassel, Marburg und Freiburg drängten auf den Hof. Die Zeit der Landbauepochen mit neunten, später mit zwölften Klassen (Kassel) hatte begonnen. 1973/74 fiel die Entscheidung zur Begründung der Landbauschule. W. E. Barkhoff, selbstlos und hilfsbereit wie immer, arbeitete die Vereinssatzung aus, focht die Gemeinnützigkeit durch, und wir stürzten uns in die infrastrukturellen Vorbereitungen (1974 Beginn des Ausbaus Jugendherberge, alter Saal etc.).




Zeile 169: Zeile 112:
Am 5. Januar 1975 fand die Eröffnung des ersten Januarkurses mit zwölf Teilnehmern im soeben geräumten Wohnzimmer Klett statt. Kletts waren, dem Auszug Beckers ins neue Haus folgend, ein Stockwerk höher in deren vorherige Wohnung gezogen. Gekocht wurde für den Kurs in der alten Küche von Kletts. {{SE|65}}1976 fand der Januarkurs dann sein Domizil bis Ende der 80er Jahre im alten, in neuem Glanz erstrahlenden Kreuzgewölbe-Saal, dem ältesten, aus den Zeiten noch weit vor dem 30-jährigen Krieg stammenden Gebäudeteil des Hofes.
Am 5. Januar 1975 fand die Eröffnung des ersten Januarkurses mit zwölf Teilnehmern im soeben geräumten Wohnzimmer Klett statt. Kletts waren, dem Auszug Beckers ins neue Haus folgend, ein Stockwerk höher in deren vorherige Wohnung gezogen. Gekocht wurde für den Kurs in der alten Küche von Kletts. {{SE|65}}1976 fand der Januarkurs dann sein Domizil bis Ende der 80er Jahre im alten, in neuem Glanz erstrahlenden Kreuzgewölbe-Saal, dem ältesten, aus den Zeiten noch weit vor dem 30-jährigen Krieg stammenden Gebäudeteil des Hofes.


Der vierwöchige Kurs sollte in das Gesamtpanorama des biol.-dyn. Landbaus einführen: in die Prinzipien der Gestaltung des Hofes zu einem möglichst in sich geschlossenen Organismus, sich gliedernd in Acker-, Garten-, Obst- und Heckenbau sowie Viehhaltung mit Wiesen- und Weidewirtschaft. Der Ausbildungsplan beinhaltet ferner Fragen bewusstseinsgeschichtlicher Zusammenhänge in der Entwicklung der Landwirtschaft, der Sozialgestaltung, der goetheanistischen Art der Naturbetrachtung etc. sowie Fragen nach dem Wesen des Menschen, der Erde und des Kosmos. Dieses gedrängte Konzept hat im Wesentlichen Bestand bis heute. Der Kurs wurde inhaltlich getragen von den Mitgliedern der BG, sowie extern von Dr. W. Schaumann († 2008), [[Georg Glöckler|G. Glöckler]] (bis heute), G. Krauch († 2014) und W. E. Barkhoff († 1994). Zu speziellen Themen der Praxis wurden erfahrene Landwirte und Gärtner, zu Fragen der Konstellationsforschung anfangs Marie Thun und später Dr. H. Spieß hinzugezogen.
Der vierwöchige Kurs sollte in das Gesamtpanorama des biol.-dyn. Landbaus einführen: in die Prinzipien der Gestaltung des Hofes zu einem möglichst in sich geschlossenen Organismus, sich gliedernd in Acker-, Garten-, Obst- und Heckenbau sowie Viehhaltung mit Wiesen- und Weidewirtschaft. Der Ausbildungsplan beinhaltet ferner Fragen bewusstseinsgeschichtlicher Zusammenhänge in der Entwicklung der Landwirtschaft, der Sozialgestaltung, der goetheanistischen Art der Naturbetrachtung etc. sowie Fragen nach dem Wesen des Menschen, der Erde und des Kosmos. Dieses gedrängte Konzept hat im Wesentlichen Bestand bis heute. Der Kurs wurde inhaltlich getragen von den Mitgliedern der BG, sowie extern von Dr. W. Schaumann († 2008), [[Georg Glöckler|G. Glöckler]] (bis heute), G. Krauch († 2014) und [[Wilhelm-Ernst Barkhoff|W. E. Barkhoff]] († 1994). Zu speziellen Themen der Praxis wurden erfahrene Landwirte und Gärtner, zu Fragen der Konstellationsforschung anfangs Marie Thun und später Dr. H. Spieß hinzugezogen.


Die große Zusammenschau biol.-dyn. Zusammenhänge des Januarkurses bedeutete für viele der Teilnehmer einen biografischen Ruck, einen Impuls, die Ausbildung selber bewusster in die Hand zu nehmen und Ideen zu denken, die zur Arbeit begeistern, die sie "durchfreuen" (R. Steiner).
Die große Zusammenschau biol.-dyn. Zusammenhänge des Januarkurses bedeutete für viele der Teilnehmer einen biografischen Ruck, einen Impuls, die Ausbildung selber bewusster in die Hand zu nehmen und Ideen zu denken, die zur Arbeit begeistern, die sie "durchfreuen" (R. Steiner).
Zeile 185: Zeile 128:


== Die Jahre von 1980 - 1988 mit Streiflichtern bis 2014 ==
== Die Jahre von 1980 - 1988 mit Streiflichtern bis 2014 ==
Der Kauf des Kernbetriebes durch die Landbauschule und der Abschluss eines 18-jährigen Pachtvertrages mit der Domänenkammer des Landes Hessen leitete einen in seiner Tragweite ähnlich bedeutsamen Entwicklungsschritt ein wie der von 1968. Jetzt endlich waren wir frei und ungebunden bezüglich unserer Planungen und Investitionen in die Zukunft. Das mit erworbene umliegende Land von 19,5 ha war in seinen Grenzen so gewählt, dass wenigstens ein Stück weit dem Expansionsdrang der Stadt Bad Vilbel Einhalt geboten war. Der Druck seitens der HLG war vom Hof genommen; die übrigen Ländereien waren als Domänenstreubesitz nicht mehr unmittelbar der Gefahr der Bodenspekulation ausgesetzt. Es waren die Jahre reger Bautätigkeit und weitreichender Entscheidungen in sozialer Hinsicht.
Der Kauf des Kernbetriebes durch die Landbauschule und der Abschluss eines 18-jährigen Pachtvertrages ...{{SE|69}}
 
=== Die Landwirtschaft ===
In den Jahren von 1980-90 erhielt der Hof weitestgehend den Bestand an neuen Wirtschaftsgebäuden, wie er heute besteht: Kuh- und Rinderstall, Hofladen, Backhaus und Käserei sowie, nach dem Brand der alten Feldscheune im Mai 1989, Werkstatt, Maschinenremisen, Gemüsekühl- und Kartoffellager, Aufbereitungsraum sowie Heu-Trocknungs- und Lagerhalle. Spätere Ergänzungen sind: Gemüsewaschanlage, Erweiterung der Einrichtungen zur Getreideaufarbeitung, neue Wasserversorgung, neue Käserei mit Reiferäumen, nochmalige Erweiterung des Backhauses, zentrale Holzheizungsanlage. Diese umfangreichen Neuerungen vereinfachten bzw. erleichterten sämtliche Arbeitsverfahren.
{{SE|69}}
==== Pflanzenbau ====
==== Pflanzenbau ====
Nach Beendigung der Zusammenarbeit mit der Firma Eden in den 70er Jahren wurde die Anbaufläche von Möhren und Rote Rüben auf das Maß des Bedarfs über die Ab-Hof-Vermarktung reduziert und umgekehrt diejenige von Runkelrüben und Kartoffeln erweitert. Durch die steigende Viehzahl nach 1983 musste auch der Feldfutterbau intensiviert sowie der Anbau der Wintergerste zu Kraftfutterzwecken ausgeweitet werden.  
Nach Beendigung der Zusammenarbeit mit der Firma Eden in den 70er Jahren wurde die Anbaufläche von Möhren und Rote Rüben auf das Maß des Bedarfs über die Ab-Hof-Vermarktung reduziert und umgekehrt diejenige von Runkelrüben und Kartoffeln erweitert. Durch die steigende Viehzahl nach 1983 musste auch der Feldfutterbau intensiviert sowie der Anbau der Wintergerste zu Kraftfutterzwecken ausgeweitet werden.  
Zeile 216: Zeile 155:


=== Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft ===
=== Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft ===
Anfang der 80er Jahre löste sich E. Becker aus der Verantwortung und praktischen Arbeit des Stallbereiches heraus. Er wirkte aber, solange es seine Gesundheit erlaubte, aktiv an der gemeinsamen anthroposophischen Studienarbeit und den Entscheidungsprozessen in den Arbeitsbesprechungen mit. E. Becker hatte einen hohen Realitätssinn im Praktischen wie im Spirituellen. Er dachte aus der Ganzheit des Hofes heraus und, so sehr er als freier Geist seinen Lebensstil darlebte, so sehr achtete er die Freiheit des anderen. Mit dieser Haltung und seinem souveränen, vorausschauenden Denken trug er wesentlich zum inneren Zusammenhalt, zur Zukunftsorientierung und damit zur Entwicklung der BG bei.  
Anfang der 80er Jahre löste sich E. Becker aus der Verantwortung und praktischen Arbeit des Stallbereiches heraus. Er wirkte aber, solange es seine Gesundheit erlaubte, aktiv an der gemeinsamen anthroposophischen Studienarbeit und den Entscheidungsprozessen in den Arbeitsbesprechungen mit. E. Becker hatte einen hohen Realitätssinn im Praktischen wie im Spirituellen. Er dachte aus der Ganzheit des Hofes heraus und, so sehr er als freier Geist ... das Glück blieb ihnen bis heute hold.  
 
M. Hollerbach übernahm die Verantwortung für den Kuhstall. Er und seine Frau Friederike wurden Mitglieder der BG und schufen sich ihr eigenes Reich in einem Anbau an das Becker-Klein'sche Wohnhaus. Das Richtfest fand am 14.10.1982 statt.
 
Ein für M. Klett schwerer Entschluss stand seit der Landwirtschaftlichen Tagung in Dornach 1986 an. Er betraf die Übernahme der Leitung der landwirtschaftlichen Abteilung der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum aus den Händen von Prof. Dr. Herbert Koepf. Dieser Entschluss fiel nach vielen Gesprächen und eigenem Nachforschen bezüglich der Frage, {{SE|73}}was im Kontext der "Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum" die praktische und vor allem spirituelle Aufgabe der Sektionsarbeit sei (Siehe dazu: Manfred Klett: Zur Aufgabe der Sektionen der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum - Ein Rückblick. Hrsg.: Sektion für Landwirtschaft, 2014).
 
Welche Umstände waren diesem Entschluss vorausgegangen? Dazu einige persönliche Worte: Seit 1970 war ich fast 20 Jahre Mitglied im Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Treuhandstelle Bochum, von Mitte der 70er bis in die 80er Jahre Teilnehmer an den Zweigvertreterversammlungen der Anthroposophischen Gesellschaft des Arbeitszentrums Frankfurt/M., seit 1970 Mitglied im Vertreterkreis der landwirtschaftlichen Abteilung der Naturwissenschaftlichen Sektion, seit Ende der 70er Jahre Mitglied im Sektionskreis der Naturwissenschaftlichen Sektion und seit 1980 Mitglied im Arbeitskollegium der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland. Außerdem weilte ich von 1980 bis in die 90er Jahre regelmäßig in der Zeit zwischen den Jahren in England. Es oblag mir dort, zusammen mit anderen, die inhaltliche Gestaltung der "english speaking international bio-dynamic conference". Der Mitarbeit in all diesen Gremien verdankte ich eine gewaltige Erweiterung und Vertiefung meines Blickfeldes innerhalb des Geistesstromes der "anthroposophischen Bewegung" und bezüglich der Aufgaben der anthroposophischen Gesellschaft. Daraus formte sich für mich ein Gesamtbild, in welchem der biol.-dyn. Bewegung und in ihr besonders dem Dottenfelderhof eine, auf die Zukunft gerichtete, bedeutende Gestaltungsaufgabe zukam.
 
Die tiefe Verbundenheit mit dem Dottenfelderhof, mit seinen Ursprungsimpulsen und Zukunftsaufgaben, war auch der Grund, warum ich seit 1980 der mir in jährlicher Wiederkehr immer dringlicher gestellten Frage von Prof. Dr. Koepf, die Sektionsleitung in Dornach zu übernehmen, mit den Worten "mein Platz ist auf dem Dottenfelderhof" verneinen musste. 1986 war dann der Bann gebrochen. Ich fühlte mich plötzlich in eigenartiger Weise wie freigelassen zu dieser {{SE|74}}schwerwiegenden Entscheidung. Mag sein, dass auch betriebsgemeinschaftlich interne Gründe eine Rolle spielten: Mein Engagement, zuletzt für den Bau des Kuhstalls und der Landbauschule, kam mit deren Fertigstellung zu Ende. Ich hätte mich einvernehmlich im Betrieb neu positionieren müssen. Die damit verbundenen Fragen waren für meine Entscheidung nicht ausschlaggebend. Sie blieben eine Randerscheinung. Die Entscheidung war eben reif geworden, trotz der noch offenen Fragen, die ich zur Sektionsverantwortung hatte. Die Schicksalsfäden spannten sich wie auf einen Punkt gerichtet zusammen. So fing meine Dornacher Zeit mit der selbstständigen Ausrichtung der landwirtschaftlichen Februartagung 1988 an, nachdem ich schon seit 1970 mit Prof. Koepf in enger Zusammenarbeit stand und er mir das Sektionsfeld wohlbestellt hinterlassen hatte. Ich fand in ihm einen freilassenden, unbestechlichen und im Zusammenklang von Denken und Tun unablässig strebenden Lehrmeister.
 
So pendelte ich mit zunehmender Verkürzung der Intervalle von 1987 bis 1992, dem Jahr des Umzugs von L. Klett nach Dornach, zwischen dem Goetheanum und dem Dottenfelderhof hin und her. Für L. Klett war die Entscheidung, den Dottenfelderhof mit Dornach zu tauschen, ungleich viel schwerer als für mich. Auf dem Hof konnte sie in der Fülle der Aufgaben, vor allem für die LBS, ihre ganze Initiativkraft entfalten; sie dachte an alle und alles, repräsentierte das ausgleichende soziale Maß und, was folgte in Dornach? Es folgten Jahre des stillen Verzichts. Sie half mir in der Sektionsarbeit, betreute die vielen Gäste, daneben aber baute sie ihr eigenes Reich auf: Sie brachte den Garten in seltener Pracht zum Blühen, gestaltete mit in der Zweigarbeit am Goetheanum, wurde Goetheanum-Führerin, rief den Förderkreis zur Finanzierung des Modellbaus 1:20 des Ersten Goetheanums ins Leben, baute einen Freundeskreis auf und gestaltete mit ihm Leseabende. Als wir Mitte 2010 aus Dornach wieder auf den Dottenfelderhof zurückkehrten, hinterließ sie ein ihr vertraut gewordenes, reiches, tätigkeiterfülltes Netz menschlicher Beziehungen. {{SE|75}}Und zurückkehrend, wie anders war das Leben und Treiben auf dem Hof geworden, das wir seinerzeit verließen und jetzt antrafen?
 
Nach 25 Jahren Mitgliedschaft in der BG verließ 2004 Familie Kees und Joke Vellenga den Hof. Fünf Kinder waren hier geboren und aufgewachsen, der Jüngste blieb bis zum Ende seiner Schulzeit auf dem Hof wohnen. Die Mitarbeit von Kees hatte einen besonderen Charakter. Er war mit Leib und Seele Landwirt, hatte eine glückliche Hand und große Freude an der Arbeit, scheute sich vor nichts und arbeitete den Lehrlingen voran. Im Sozialen wirkte er ins Ganze, in der Arbeit lebte ein starker Eigenwille. In der Zusammenarbeit mit seinen Kollegen entstand schließlich ein düsterer Schicksalsknoten. Er löste sich auf glückliche Art. Das Schicksal führte Kees und Joke Vellenga auf den Hof Endeholz der Stiftung Berneburg, wo sie eine wie auf sie zugeschnittene Aufgabe erwartete. Dort fanden sie zu ihrer vollen Schaffenskraft zurück, und das Glück blieb ihnen bis heute hold.


Ende des Jahres 2014 bilden folgende Mitglieder die Betriebsgemeinschaft:
Ende des Jahres 2014 bilden folgende Mitglieder die Betriebsgemeinschaft:
Zeile 252: Zeile 179:


=== Die Landwirtschaftsgemeinschaft ===
=== Die Landwirtschaftsgemeinschaft ===
Die Idee zur Gründung von Landwirtschaftsgemeinschaften geht auf W. E. Barkhoff zurück. Sie fußt auf einem Hinweis R. Steiners in einer Fragen-Beantwortung nach einem Vortrag in Stuttgart am 16. Juni 1920: „Die Konsequenzen der Dreigliederung für Grund und Boden“ (siehe Roman Boos: Landwirtschaft und Industrie, Wortlaute R. Steiners zu „Neuordnung des Bodenrechts als soziale Forderung der Gegenwart“, Hrsg.: Forschungsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, Darmstadt). Zusammengefasst lautet dieser Hinweis in meinen Worten: Jeder Mensch erlangt kraft Geburt ein Anrecht auf ein Stück Grund und Boden – das gilt ideal-real –, das herauskommt, wenn man ein bestimmtes Territorium teilt durch die Zahl der Einwohner dieses Gebietes.
Die Idee zur Gründung von Landwirtschaftsgemeinschaften geht auf [[Wilhelm-Ernst Barkhoff|W. E. Barkhoff]] zurück. Sie fußt auf einem Hinweis R. Steiners in einer Fragen-Beantwortung nach einem Vortrag in Stuttgart am 16. Juni 1920: „Die Konsequenzen der Dreigliederung für Grund und Boden“ (siehe Roman Boos: Landwirtschaft und Industrie, Wortlaute R. Steiners zu „Neuordnung des Bodenrechts als soziale Forderung der Gegenwart“, Hrsg.: Forschungsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, Darmstadt). Zusammengefasst lautet dieser Hinweis in meinen Worten: Jeder Mensch erlangt kraft Geburt ein Anrecht auf ein Stück Grund und Boden – das gilt ideal-real –, das herauskommt, wenn man ein bestimmtes Territorium teilt durch die Zahl der Einwohner dieses Gebietes.
 
Im Zusammenhang mit der Freigabe aller Vermögenswerte an lebendem und totem Inventar durch die BG wurde der Entschluss zur Begründung der Landwirtschaftsgemeinschaft Dottenfelderhof (LWG) gefasst. Die Gründungsversammlung fand am 14.02.1981 statt. Die Rechnung über die produktive Landfläche, auf die jeder Einwohner der damaligen Bundesrepublik Deutschland einen ideal-realen Rechtsanspruch hatte, belief sich auf knapp 1/4 ha. Der damals 150 ha große Dottenfelderhof bot so 600 Menschen an, ihren ideal-realen Rechtsanspruch mit der Mitgliedschaft in der LWG zu realisieren. Bis Ende der 80er Jahre näherte sich die Mitgliederzahl der LWG 150. Sie hat sich seit dieser Zeit auf den heutigen Stand 2014 von 140 Mitgliedern eingependelt. Die rechtlichen Grundlagen der LWG bilden eine Vereinbarung und ein Kooperationsvertrag. Letzterer enthält Regelungen, die nicht verpflichten, sondern sich auf die freie Initiative jedes Einzelnen, auf die gemeinsame Zielsetzung und das gegenseitige Vertrauen gründen. Eine der Regelungen ist z.B. das Recht auf einen Vorabgewinn, einer Art Grundrente also, von jährlich einem Doppelzentner (dt) Brotgetreide oder dessen Gegenwert in anderen Naturalien. Dieses Entnahmerecht wurde von etlichen{{SE|78}}Mitgliedern über viele Jahre wahrgenommen. Die Regelung ist heute noch in Kraft, nicht aber mehr die Praxis.
 
Die LWG wurde als Unternehmergemeinschaft konzipiert, d.h. jedes Mitglied trägt auf Grund des ihm zukommenden Stückes Erde Mitverantwortung für die Kultivierung des Hofes und seines sozialen Umfeldes in geistiger, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Dieser ideelle, in umfassenden Zusammenhängen so gedachte und gewollte Unternehmerbegriff trat u.a. real in Erscheinung in der nominellen Verteilung des steuerbaren Gewinns auf die Zahl der LWG-Mitglieder, die, ohne Anspruch auf Auszahlung, diesen Gewinnanteil aus der Mitunternehmerschaft versteuern. Gleichsam ungewollt entstand daraus als Nebenprodukt eine Steuerentlastung der BG. Die Vertreter des heutigen Staatswesens und seiner Exekutivorgane, sprich Finanzamt, sehen im Begriff des Unternehmers eine bloß wirtschaftliche, eine auf persönliches Gewinnstreben angelegte Kategorie. Nach einer Betriebsprüfung 1985 war dies der Grund für das Finanzamt, die Mitunternehmerschaft der LWG-Mitglieder nicht anzuerkennen. Die Folge waren Auflagen und die Forderung einer Steuernachzahlung an die BG. Die Auflagen wurden in Übereinstimmung mit der LWG u.a. mit der Einrichtung eines Kapitalkontos für jedes LWG-Mitglied behoben. Jahrelange Verhandlungen mit den Finanzbehörden folgten. Wir baten wiederholt vergeblich um eine eindeutige Stellungnahme seitens des Finanzamtes zur Frage, ob wir mit den getroffenen Regelungen zuversichtlich in die Zukunft arbeiten können. Stattdessen wurde in einer zweiten Betriebsprüfung 1993/94 mit derselben Messlatte wie zuvor gemessen, mit dem Ergebnis der grundsätzlichen Ablehnung der Mitunternehmerschaft der LWG-Mitglieder. So wurde 1994/95 für die Mitglieder der BG eine Steuernachzahlung von über 300.000,- DM fällig; ein herber Rückschlag, der die BG in finanzielle Bedrängnis brachte. 16 Jahre lange Bemühungen der Erweiterung der BG in die LWG mit dem Ziel, den Dottenfelderhof in dem sozialen Umfeld zu verankern, waren fehlgeschlagen. Die BG – E. Becker (krank und 1999 verstorben) und M. Klett (seit 1987 am Goetheanum in Dornach tätig) {{SE|79}}waren nicht beteiligt – sah die Aussicht, auf dem eingeschlagenen Weg fortzuschreiten, unter Wahrung der Aufteilung des Betriebsgewinns nach Köpfen, in einer formal-rechtlichen Fusion von BG und LWG. So kam es am 1. Juli 1996 zur Auflösung der bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) der BG und zur Gründung der „Landwirtschaftsgemeinschaft Dottenfelderhof, Ernst Becker und Partner KG“, die am 17.05.1997 in Kraft trat. In der KG üben die Mitglieder der BG die Funktion der Komplementäre und alle übrigen LWG-Mitglieder die der Kommanditisten aus.
 
Mit dieser rechtlichen Fixierung hat sich die LWG ihres ursprünglichen Begründungsimpulses entfremdet und damit weitgehend ihre Entwicklungsdynamik eingebüßt. Die LWG-Kommanditisten sind formal Mitunternehmer; zu dem geistigen, rechtlichen und wirtschaftlichen Geschehen bestehen aber nur äußerliche Berührungspunkte. Die Ideen, die zur Begründung der LWG geführt haben, sind ideal-real unverändert gültig. Sie real mit der Lebenswirklichkeit des Dottenfelderhofes zu einer Einheit zusammenzuschließen und diese Einheit zum geistigen Träger eines neuen Entwicklungsimpulses zu machen, ist meines Erachtens gescheitert. Diese kann nur fruchtbar werden im gelebten, ideengetragenen Tun. Die LWG muss sich in neuer Sozialgestalt neu finden.
 
=== Bauliche Aktivitäten ===
 
Nach dem Erwerb des Kernbetriebes 1980 war der Weg für bauliche Investitionen frei. Vordringlich war der Bau eines neuen Kuhstalles. Der alte Stall, mit all seinen arbeitswirtschaftlichen und haltungsmäßigen Mängeln, fasste nur 45 Kühe, zu wenig, um die erforderliche Düngermenge für die 150 ha LN bereitzustellen und den für den Humusaufbau notwendigen Feldfutterbau zu erweitern. Außerdem wollte die BG der drohenden Milchkontingentierung (Stichtag 27.6.1985) mit der Erhöhung des Milchviehbestandes auf 80 Köpfe zuvorkommen. Die Finanzierung schien zunächst aussichtslos. Die Hoffnung, {{SE|80}}mit Hilfe der gerade begründeten LWG eine Leihgemeinschaft zur Kreditabsicherung bilden zu können, hat sich nicht erfüllt. E. Becker war zu dem Schluss gekommen, dass wir uns den Kuhstallbau vorläufig aus dem Kopf schlagen sollten! Es war eine verzweiflungsvolle Situation. Dann aber trat eine so nie für möglich gehaltene Wendung ein. Zu dieser erlaube ich mir einige persönliche Bemerkungen vorauszuschicken: 1978 und 1979 hatte ich anlässlich der Generalversammlungen des Heil- und Erziehungsinstitutes Bingenheim zwei Vorträge zu halten. Zu beider Gelegenheit sprach mich ein Herr an, Peter Schnell, damaliger Eigentümer der Software AG Darmstadt, dessen zwei seelenpflegebedürftige Söhne dort betreut wurden. Ich erwähnte die damals so unsichere Lage des Hofes und wie beiläufig bot er seine Hilfe an. Jetzt, wo wir der Hilfe bedurften, war mir nach den folgenden überaus turbulenten Jahren diese verheißungsvolle Episode aus dem Bewusstsein gerückt.
 
Zwischenzeitlich war der Geschäftsführer des Instituts Bingenheim, Herr Schmidt, Mitglied der LWG geworden, hörte von unserer Not und erwähnte bei Gelegenheit gegenüber Herrn P. Schnell unser Kuhstallprojekt. Wenig später, zur Sommersonnenwende 1981, erhielten L. und M. Klett überraschend einen Anruf von P. Schnell, der seinen Besuch auf den folgenden Tag mit den Worten ankündigte: Er wolle mal ein bisschen „Weihnachtsmann“ spielen. Das hochsommerliche Geschenk bestand dann in einer Zusage von 500.000,- DM. Nach einer Englandreise der Familie Klett, voller Beschwingtheit und Spannung, erfüllte sich dann tatsächlich die Zusage. Planung und Bau konnten beginnen. Architekt Klaus Rennert aus Kassel übernahm die Planung nach unseren Vorgaben des Standortes und der Erfordernisse der Haltung (Anbinde- und Rinderstall, Laufraum im Tiefstall, Jauchegrube, Milchküche mit angeschlossener Käserei). Die Haltungsbedingungen lehrten uns das Rhythmuswesen der Kuh, also das rechte Verhältnis von Ruhe und Bewegung, die Bedingungen zur Bildung eines Herdenorganismus und der verlustarmen Gewinnung sowie optimalen Pflege des Stalldüngers. An zweiter Stelle stand {{SE|81}}die Gewährleistung intensiver Tierbetreuung und -beobachtung im Hinblick vor allem auch auf die Ausbildung. Erst an dritter Stelle standen arbeitswirtschaftliche Überlegungen.
 
Vorab wurde der Scheunenteil am „Wassertor“, die heutige Einfahrt zum Kuhstall, abgerissen. Der Bau begann am 3. Mai 1982; am 27. April 1983 wurde das Richtfest mit über hundert Gästen gefeiert. Ein Drittel der anfallenden Arbeiten, einschließlich des Rinderstalles, wurde in Eigenleistung durchgezogen. Wir blieben damit mit ca. 500.000,- DM unter dem Kostenvoranschlag des Architekten von 1,7 Mio. DM. Die Devise lautete, in Abwandlung der Worte Goethes: „Was du geschenkt (ererbt) von deinen Mitmenschen (Vätern) hast, erwirb es, um es zu besitzen.“ Am Ende stand ein Bau da, der die biol.-dyn. Kriterien der Stallhaltung einer Milch- und Zuchtviehherde mit Weidegang erfüllt, sich gefällig in das Ensemble der Hofgebäude und in das Landschaftsbild einfügt und voll umfänglich von Herrn P. Schnell finanziert wurde. Diese Tat eines einzelnen Menschen hat der BG und mit ihr dem Dottenfelderhof einen gewaltigen Aufschwung gegeben. Diese Tat ist es, auf die die BG mit tiefem Dank zurückschaut und die – so darf man hoffen – im historischen Gewissen der Nachfolgenden lebendig fortlebt.
 
Der alte Kuhstall mit aufsitzender Scheune war leer, das hässliche, verbeulte und verbogene Stallvordach überflüssig, die Tätigkeit der Landbauschule und auch des Hofladens expandierte, was also lag näher, als dem Gebäude schleunigst eine neue Bestimmung zu geben. P. Schnell war auch hier der große Helfer. Nicht nur finanzierte er in Gänze den Bau, einschließlich des Ausbaus des alten Schweinestalls für die Forschung, sondern besorgte den Architekten, Herrn Bollmann aus Wetzlar, beteiligte sich lebhaft an der Planung und verfolgte mit großem Interesse den Baufortschritt. Es war eine unsagbare Hilfe, die der Entwicklung des Gesamtprojektes Dottenfelderhof mit BG, Landbauschule und Forschung abermals einen gewaltigen Vorschub leistete. Wieder war es das Anliegen, das Unsere an Eigenleistung zu erbringen, um uns dieser großen Hilfe würdig zu erweisen. So waren sämtliche Abrissarbeiten (Beginn März 1984) im {{SE|82}}Kuhstallgebäude und alten Schweinestall zu leisten sowie Fenster- und Türdurchbrüche (Bühnenöffnungen Neuer Saal), Kanalisation, Maurer- und Dachdeckerarbeiten, das Einziehen von Stahlträgern als Ersatz von gusseisernen Stützen. Eine unschätzbare Hilfe waren uns hierbei an den Wochenenden Gaetano Barbarto und seine italienischen Kollegen. Die umfangreichen Zimmerarbeiten (Beginn Juni 1984, Baugenehmigung erst Januar 1985) lagen in der Hand von Christian Wickelmann und seiner Truppe, die über die Bauzeit auf dem Hof logierten. Klaus Marheinike schlug seine Schreinerwerkstatt im Rohbau auf und schuf mit großer Hingabe und in vollendeter handwerklicher Kunst sämtliche Vollholztüren und -rahmen für den Innenausbau.
 
Wieder war es gelungen, erheblich unter dem Kostenvoranschlag des Architekten zu bleiben. Das Richtfest fand am 26.6.1985 statt. Noch aber waren die Dächer zu decken, Böden zu verlegen und für die Innenausstattung zu sorgen etc., bis dann am 4. November 1988 das erste Studienjahr mit neun Teilnehmern in den noch unfertigen Bau einziehen konnte.
 
Die Teilnehmer der ersten beiden Studienjahre saßen noch am Klett'schen Familientisch. Als die Landbauschulküche endlich fertig war, konnte L. Klett den Kochlöffel an die tüchtige Conny Diehl weiterreichen, die bei uns ländliche Hauswirtschaft gelernt hatte.
 
Die restlichen Bauarbeiten in der LBS-Wohnung, im Treppenhaus, Saal und Bühne (Einweihung Michaeli 1988), dem Erdgeschoss mit LBS-Küche, Nebenräumen und Laden zogen sich bis Anfang 1987 hin; die des Forschungslabors im alten Schweinestall bis Ende 1988.
 
In der Übergangszeit zur Tätigkeit von M. Klett in der Sektion am Goetheanum bis 1992 vollzog sich 1988 noch der Ausbau der Wohnung im Dachstuhl über der Familie Barbarto und ebenso nahm das Wohnhaus von Hollerbachs als Anbau an das Becker/Klein’sche Gestalt an. {{SE|83}}Der Vollständigkeit halber sollen noch die Baumaßnahmen nach 1988 bis 2014 erwähnt werden: Am 30.5.1989 wurde die alte Feldscheune ein Raub der Flammen, einschließlich einiger Maschinen und Geräte sowie des Heustocks auf der neu eingerichteten Trocknungsanlage für Hochdruckballen. Der Wiederaufbau 1990/91 lag in Händen von Architekt Waltjen und der Firma Stahlbau Müller, Dortelweil. Der Neubau auf dem Gelände der Brandstätte umfasst eine Aufbereitungshalle und drei große Kühllager für Gemüse und Kartoffeln sowie Maschinenremisen und die aus dem Innenhof ausgelagerte Werkstatt. Ein davon separater Bau beherbergt die Lose-Heutrocknung sowie ein Heuballenlager. Die Finanzierung der doppelschaligen Ausführung des Dachs zwecks Ansaugung erwärmter Luft für die Heutrocknung ist der Verleihung eines Ökopreises seitens der Schweißfurth-Stiftung zu danken.
 
Im Juli 1991 fand das erste Gespräch der BG mit Frau Gohré (Schwester von Frau I. Becker) und Architekt Waltjen über Planung und Bau eines Seniorenhauses statt. Frau Gohré war auf dem Dottenfelderhof geboren und aufgewachsen; sie suchte hier ihren Alterssitz und war bereit, sich an den Kosten wesentlich zu beteiligen. Der Bau begann im Herbst 1995 mit zwei Wohnungen und im Untergeschoss mit Büroräumen und war im Sommer 1997 bezugsfertig. Ungefähr 100.000,- DM der Baukosten wurden von der BG erbracht.
 
Parallel dazu (Beginn 1994) entstand, nach Abriss des Öllager- und Geräteschuppens und der alten Schmiede, das Käsereigebäude mit kellergeschossigen Technik-, Lager- und Reiferäumen mit Anbindung an die drei Gewölbekeller des Haupthauses sowie erdgeschossig die Käserei mit Käseladen. Wohnungen entstanden im Ober- und Dachgeschoss. Der Umzug des Käseladens wurde 1997, der Umzug in die neue Käserei 1998 vollzogen. Die Kosten des Baus, einschließlich eines kleinen Hofcafés, finanzierte die BG aus dem laufenden Haushalt.
{{SE|84}}
Ebenfalls in den 90er Jahren wurden die Wohnräume im ersten Stock des Haupthauses teils umgebaut, teils grundlegend renoviert, das Dachgeschoss mit zwei Wohnungen und Einzelgauben neu ausgebaut sowie das Dach neu eingedeckt und die Fassaden verputzt.
 
Daneben fanden weitere Baumaßnahmen statt: ein großer Beregnungsteich auf der Weide zur Bahn, ein neuer Brunnen für die Hof-Wasserversorgung, ein zweiter für die Beregnung im Gemüsebau, zwei Foliengewächshäuser, die Erweiterung des Backhauses und des Hofladens, eine Gemüsewaschanlage, die zentrale mit Holz betriebene Heizungsanlage und anderes.
 
Nach Planungen seit 2009 mit Architekt Männle, Darmstadt, konnte im April 2011, dank einer großen finanziellen Hilfe der Software AG-Stiftung (P. Schnell) und weiterer Stiftungen sowie Spenden, mit dem Erweiterungsbau der Landbauschule begonnen werden. Das alte Schweinestallgebäude wurde im ersten Stock entkernt, ein zweites Geschoss aufgestockt sowie ein Drittel der westlichen Hofscheune im ersten und im Dachgeschoss ausgebaut. Der Bau war mit hohen Auflagen und während der dreieinhalbjährigen Bauzeit bis Ende 2014 mit nicht geringen Problemen in Planung, Umplanung und Ausführung in der überalterten Bausubstanz belastet.
 
Nach dem Weggang von K. Vellenga, der die Schweinehaltung wieder aufgebaut und bis 2004 betreut hat, kam diese zum Erliegen und wurde 2010/11 auf Initiative von M. von Mackensen mit dem Ausbau des Schweinestalls in einen Sauenstall mit Auslauf und dem Neubau eines Mastschweinestalls neu ergriffen.  


Im Zusammenhang mit der Freigabe aller Vermögenswerte an lebendem und totem Inventar durch die BG wurde der Entschluss zur Begründung der Landwirtschaftsgemeinschaft Dottenfelderhof (LWG) gefasst. Die Gründungsversammlung fand am 14.02.1981 statt. Die Rechnung über die produktive Landfläche, auf die jeder Einwohner ...
=== Die Landbauschule ===
=== Die Landbauschule ===
Zu dem vierwöchigen Einführungskurs seit 1975, dem bald nachfolgenden Fortbildungskurs im Februar und einzelnen Fachkursen, kam 1988 das landwirtschaftliche Studienjahr hinzu. Es erwies sich als immer dringlicher, von {{SE|85}}biol.-dyn. Seite, eine mit dem Leben eines Hofes verbundene schulische Ausbildung anzubieten, nachdem der Entwicklungsfaden der traditionellen Landwirtschaft abgerissen und diese in die Sackgasse des Agrarindustrialismus geraten war. So ist das Anliegen des Studienjahres:
Zu dem vierwöchigen Einführungskurs seit 1975, dem bald nachfolgenden Fortbildungskurs im Februar und einzelnen Fachkursen, kam 1988 das landwirtschaftliche Studienjahr hinzu. Es erwies sich als immer dringlicher, von {{SE|85}}biol.-dyn. Seite, eine mit dem Leben eines Hofes verbundene schulische Ausbildung anzubieten, nachdem der Entwicklungsfaden der traditionellen Landwirtschaft abgerissen und diese in die Sackgasse des Agrarindustrialismus geraten war. So ist das Anliegen des Studienjahres:
Zeile 325: Zeile 217:


==== Die Bäckerei ====
==== Die Bäckerei ====
Die wachsende Nachfrage nach Brot gab Veranlassung, das Backhaus um einen zweiten Steinofen, eine Mehlkammer mit Mehlsichter und, unter dem neuen Satteldach, mit der Aufstellung einer Südtiroler Steinmühle zu erweitern sowie den Arbeitsraum zu vergrößern. Es war ein Spontanentschluss. Ohne offizielle Planung wurde um die noch stehenden Zwetschgenbäume herum durch Abschreiten der Grundriss festgelegt und die Fundamente von Schülern ausgehoben. Der Rohbau stand bis Ende Juli 1980; die Einweihung des neuen Backofens fand am 16.10.1980 statt. Mit dieser Erweiterung wurde die Führung der Bäckerei einem dafür verantwortlichen Mitarbeiter übergeben. Ihm standen {{SE|89}}die Lehrlinge der Hauswirtschaft helfend zur Seite. Damit endete nach zwölf Jahren eine der Mehrfachbelastungen der BG-Frauen. Im Hintergrund dirigierte aber weiterhin die innovationsfreudige Hand der Bäckermeisterin E. Bauer.
Die wachsende Nachfrage nach Brot gab Veranlassung, das Backhaus um einen zweiten Steinofen, eine Mehlkammer mit ...  
 
Die Deckung des wachsenden Bedarfs an Stückholz für die Befeuerung der Backöfen besorgte K. Vellenga, der im Einvernehmen mit dem Förster das Holz selber im Vilbeler Wald einschlug.
 
Das Brotangebot erweiterte sich von den anfangs vier Brotsorten bis 2014 auf ein variantenreiches Sortiment von 33 Sorten. Brötchen werden seit 1980 gebacken. Inzwischen umfasst das Sortiment Roggen-, Weizen- und Dinkelbrötchen in, je nach Zutaten, 13 Variationen.
 
Wiederum war es die Nachfrage, die 2001 einen dritten Entwicklungsschritt einleitete: die Einrichtung des Hofcafés und der Konditorei. Letztere erforderte eine abermalige Erweiterung des Backhauses. Es gab nun Platz für einen dritten, einen Drei-Etagen-Holz/Gasbackofen und einen Elektroofen für Brötchen, Kuchen und Feingebäck. Daneben entstanden weitere Arbeits-, Kühl- und Lagerräume. Die Steinmühle wurde auf den ehemaligen Getreidespeicher verlagert und durch zwei weitere Mahlstühle ergänzt.
 
In der Bäckerei und Konditorei sind zwölf Mitarbeiter tätig. Das Brot wird über den Laden und auf Wochenmärkten verkauft. Der Umsatz beträgt 2014 eine knappe Million Euro. Neben Zukäufen an Demeter-Mehl werden aus der Brotgetreideerzeugung des Hofes 80-100 Tonnen verarbeitet.
 
Bäckerei und Konditorei sind Lehrbetriebe; mehrere Lehrlinge haben ihr Handwerk erfolgreich abgeschlossen, drei Meister sind aus der Backwerkstatt hervorgegangen.
 
==== Die Käserei ====
==== Die Käserei ====
In den ersten zehn Jahren beschränkte sich die Verkäsung noch auf einen geringen Teil des täglichen Gemelkes. Küchenecken und die alte Waschküche {{SE|90}}waren Experimentier- und Produktionsstandort. Zusammen mit dem Bau des neuen Kuhstalls, 1982/83, entstand im ehemaligen Pferdestall ein professionelleres Zuhause. Diese „erste Käserei“ teilte sich den Raum mit der neuen Milchküche und dem Milchtanklager; die Anlage für die holzbefeuerte Heißdampferzeugung stand im angrenzenden Schweinestall. Für die Milch war es daher nur ein kurzer Weg zum Käsekessel und für die anfallende Molke ein ebenso kurzer in den Schweinetrog. 1982 wurde die Produktion aufgenommen und die verarbeitete Milchmenge auf täglich 400 Liter erweitert. Bis zum Umzug in den neuen Stall, 1983, musste der Milchtank von Hand durch den Innenhof über holpriges Kopfsteinpflaster geschoben werden. Erst mit dem Ausbau von zwei der drei Gewölbekeller unter dem alten Haupthaus (1984) war genügend Reife- und Lagerraum gegeben, um die Milchmenge von maximal täglich 1300 Litern zu verarbeiten; im Schnitt 400.000 Liter pro Jahr.
In den ersten zehn Jahren beschränkte sich die Verkäsung noch auf einen geringen Teil des täglichen Gemelkes. Küchenecken und die alte Waschküche {{SE|90}}waren Experimentier- und Produktionsstandort. Zusammen mit dem Bau des neuen Kuhstalls, 1982/83, entstand im ehemaligen Pferdestall ein professionelleres Zuhause. Diese „erste Käserei“ teilte sich den Raum mit der neuen Milchküche und dem Milchtanklager; die Anlage für die holzbefeuerte Heißdampferzeugung stand ...
 
Dieser kühne Schritt, sich ganz von der Molkerei unabhängig zu machen, konnte nach jahrelanger Einübung und dank der Tatsache getan werden, dass E. Bauer sich 1980 in der Schweiz zur Sennerin ausbilden ließ und nun täglich in der Käserei mit viel Erfindungsgeist das Zepter führte und dieses dann 1983 an Siegfried Baßner abgab, der 1983 kam und seitdem mit großer handwerklicher Könnerschaft und Initiativkraft die Käserei führt.
 
Aus Gründen der räumlichen Enge und der Absicht, auch Milch benachbarter Demeterbetriebe zu verarbeiten, entschloss sich die BG zu einem Neubau, der „zweiten Käserei“, mit Unterkellerung für Technik und Lagerraum sowie direktem Zugang zu jetzt drei Reifekellern unter dem Haupthaus. Als Standort bot sich die seit alten Zeiten bestehende Gerümpelecke des Innenhofes an, mit Öllager, Geräte- und Ersatzteilkammer sowie mit der ins Dunkel der Geschichte zurückreichenden, denkwürdigen Hof- und Hufschmiede. Der Neubau wurde 1994 begonnen; mit dem Käseverkauf dort konnte aber erst 1997, mit der Milchverarbeitung 1998 begonnen werden. Über den Kellerräumen beherbergt das Gebäude im Erdgeschoss einen großen Verkaufsraum sowie die Käserei {{SE|91}}selbst, die in ihrer Produktionskapazität nicht ausgelastet ist, weil die geplante Milchzulieferung sich aus verschiedenen Gründen nicht realisieren ließ.
 
In der zweiten Käserei erst waren, im Hinblick auf eine gleichmäßige Qualität, die hygienischen sowie die Bedingungen zur Standardisierung der Herstellungsverfahren geschaffen.
 
Die Käserei hat fünf Mitarbeiter. Neben Joghurt, Früchtejoghurt, Quark und zuweilen Butter werden 2014 15 Käsesorten hergestellt, darunter das „Möhrenlaibchen“, das als hofeigene Erfindung Gebrauchsmusterschutz genießt. Die Produkte werden im Käseladen des Hofes und via Verkaufswagen auf Wochenmärkten verkauft. Der jährliche Umsatz beträgt zurzeit 650.000 Euro.


==== Der Hofladen ====
==== Der Hofladen ====
Der Verkauf im Keller des Innenhofes platzte schon bald aus allen Nähten. Das Angebot beschränkte sich noch auf die Feld- und Gartenerzeugnisse des Hofes, Produkte aus Bäckerei, Käserei und in beschränktem Umfange auf Metzgereierzeugnisse sowie den Zukauf von Feingemüse vom Weilerhof / Groß-Ostheim. Organisation und Verkauf lagen in Händen der Frauen, ab Ende der 70er Jahre vor allem in Händen von Johanna Brandau. Das war mit sechs Verkaufstagen in der Woche nur leistbar durch Mithilfe der Lehrlinge aus der Hauswirtschaft sowie treuen Helfern aus der LWG; allen voran ist hier Angelika Herrmann zu nennen, die mit großer Umsicht und Tatkraft über 15 Jahre im Laden tätig war und auch sonst manche Lücken füllte. 1984-1988 übernahm dann Herr Tschenett, seit 1993 unterstützt durch Herrn Arnold, die Geschäftsführung des Ladens. An seine Stelle trat 1998 Ursula Buchholz, die 2002 ihre Tätigkeit beendete; Herr Arnold schied 2003 aus. In dieser Übergangszeit gelangte die Ladenführung wieder zurück in die Hände der BG. M. Hollerbach übernahm 2002/03 die Geschäfte. Er gestaltete den Laden um und erweiterte kontinuierlich das Sortiment, später zusammen mit seinem Sohn{{SE|92}}Peter Hollerbach, der 2013/14 selbst geschäftsführender Mitgesellschafter wurde.
Der Verkauf im Keller des Innenhofes platzte schon bald aus allen Nähten. Das Angebot beschränkte sich noch auf die Feld- und Gartenerzeugnisse des Hofes, Produkte aus Bäckerei, Käserei und in beschränktem Umfange auf Metzgereierzeugnisse sowie den Zukauf von Feingemüse vom Weilerhof / Groß-Ostheim. Organisation und Verkauf lagen in Händen der Frauen, ab Ende der 70er Jahre vor allem in Händen von Johanna Brandau. Das war mit sechs Verkaufstagen in der Woche nur leistbar durch ...
 
1986/87 konnte der Laden endlich aus dem Gewölbekeller in einen neuen, lichten Raum im östlichen Teil des alten Kuhstalles umziehen. Doch Erweiterungen waren bald geboten: 1997 wurde der Käseverkauf in einen Raum (100 m²) angrenzend an die neue Käserei ausgelagert; ein Glasanbau 2002/03, auf der Südseite des alten Kuhstalles, erlaubte eine rationellere Ladenführung; es folgten später die Einbeziehung des angrenzenden Gemüseaufbereitungs- und Lagerraumes und zwei weiterer Räume, die zuvor vom Betrieb und der Landbauschule genutzt wurden. Nach Auszug des Käseverkaufs aus dem Ladeneingangsraum, ehemals alte Milchküche und vorher zum Pferdestall gehörig, wurde, nach Entfernung der Treppe ins Obergeschoss, zusätzlicher Raum für den Fleisch- und Wurstwarenverkauf gewonnen. Mit der Erschließung der angrenzenden Räume wuchs die Verkaufsfläche auf insgesamt 460 m². Eine weitere Expansion in dem Altgebäude ist jetzt nicht mehr möglich. Der überfällige Neubau des Ladens ist seit Jahren geplant, die Genehmigung aber ist im Gestrüpp amtlicher Auflagen und Einwände hängen geblieben. Das Warenangebot mit über 3000 Produkten drängt sich auf engstem Raum. Es umfasst einen Großteil der Hofproduktion an Gemüse aus Garten- und Feldanbau, Obst und weiterverarbeiteter Erzeugnisse sowie ein breites Sortiment an zugekauften Produkten. Der Laden kauft einen Großteil der direkt vermarktbaren Produkte des Hofes sowie die Produkte der weiterverarbeitenden Betriebe zu Preisen, die intern zwischen den einzelnen Betrieben vereinbart werden - der Gesichtspunkt dabei ist das Gedeihen aller zu einem Ganzen - und die extern sich an den Preisen der Biomärkte orientieren.
 
 
 
Der Laden OHG ist unter der selbstständigen Führung von S. Baßner. Der Verkauf der Hoferzeugnisse auf Wochenmärkten und ein Hofcafé sind angegliedert. 20 Mitarbeiter, teils in Minijobs, bedienen mit drei Demeter-Verkaufswägen, teils zweimal die Woche, sechs Wochenmärkte von der Konstablerwache im {{SE|93}}Zentrum Frankfurt/M. bis nördlich Bad Homburg, östlich Bad Nauheim und südlich Mühlheim am Main sowie die nähergelegenen Wochenmärkte in Massenheim und Bad Vilbel. Der jährliche Umsatz beträgt 1,5 Mio. Euro. Das Hofcafé wird, unterstützt durch Hilfskräfte des Hofes, von zwei Mitarbeitern betrieben; es erzielte in seiner Öffnungszeit 2014 von Anfang März bis Ende Oktober einen Umsatz von 185.000 Euro.
 
Die Gesamtzahl der im Vermarktungsbereich Laden, Wochenmärkte, Hofcafé tätigen Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit beträgt 70 bis 75 bei einem Umsatz von 6,5 Mio. Euro.
 
== Die Verwaltung ==
== Die Verwaltung ==
Die betriebliche Buchführung, Korrespondenz etc. lag in den Jahren von 1968-75 in den Händen von L. und M. Klett, anfänglich mit Unterstützung von E. Becker. Das Büro war das Wohnzimmer der Kletts. Anschließend übernahm J. Klein, an den Rollstuhl gefesselt, bis ca. 1986 die Büroarbeit. Seine lebenskünstlerische Art belebte das dürre Zahlenwerk und bescherte dem Büro Tage und Nächte der offenen Tür. Das Büro war seit 1974 benachbart zur Kleinschen Wohnung im "neuen Haus" untergebracht.
Die betriebliche Buchführung, Korrespondenz etc. lag in den Jahren von 1968-75 in den Händen von L. und M. Klett, anfänglich mit Unterstützung von E. Becker. Das Büro war das Wohnzimmer der Kletts. Anschließend übernahm J. Klein, an den Rollstuhl gefesselt, bis ca. 1986 die Büroarbeit. Seine lebenskünstlerische Art belebte das dürre Zahlenwerk und bescherte dem Büro Tage und Nächte der offenen Tür. Das Büro war seit 1974 benachbart zur Kleinschen Wohnung im "neuen Haus" untergebracht.
Zeile 364: Zeile 229:
Spätestens seit 1984 bis zu seinem Tod 1986 stand Herr Hollerbach Senior J. Klein zur Seite und übernahm sehr bald die Buchführung. In den folgenden Jahren zeichnete M. Hollerbach bis 2002 für die Büroarbeit verantwortlich, teils unterstützt von Angelika Herrmann und zuletzt von Leila Schmidt und, für die Lohnbuchhaltung, Sebastian Bauer. Die Betriebsbuchhaltung wurde in dieser Zeit an die landwirtschaftliche Buchstelle, LUB - Kassel, vergeben. 2002 kam Roland Wagner, übernahm die Leitung der immer komplexer gewordenen Gesamtverwaltung des Hofes und seiner assoziierten Unternehmungen und wurde Mitglied der BG. Ihm und seinen vier Mitarbeitern im Büro arbeiten zu: A. Voßmann für den Bereich Backwerkstatt, M. und P. Hollerbach für den Laden - {{SE|94}}beides rechtlich selbstständige Unternehmungen - sowie S. Baßner für Käserei und Hofcafé.
Spätestens seit 1984 bis zu seinem Tod 1986 stand Herr Hollerbach Senior J. Klein zur Seite und übernahm sehr bald die Buchführung. In den folgenden Jahren zeichnete M. Hollerbach bis 2002 für die Büroarbeit verantwortlich, teils unterstützt von Angelika Herrmann und zuletzt von Leila Schmidt und, für die Lohnbuchhaltung, Sebastian Bauer. Die Betriebsbuchhaltung wurde in dieser Zeit an die landwirtschaftliche Buchstelle, LUB - Kassel, vergeben. 2002 kam Roland Wagner, übernahm die Leitung der immer komplexer gewordenen Gesamtverwaltung des Hofes und seiner assoziierten Unternehmungen und wurde Mitglied der BG. Ihm und seinen vier Mitarbeitern im Büro arbeiten zu: A. Voßmann für den Bereich Backwerkstatt, M. und P. Hollerbach für den Laden - {{SE|94}}beides rechtlich selbstständige Unternehmungen - sowie S. Baßner für Käserei und Hofcafé.


Das Gesamtunternehmen Dottenfelderhof hat 150-170 Teil- und Vollzeitbeschäftigte, umgerechnet 70-80 AK. Hinzu kommen acht Mitglieder der BG.
Das Gesamtunternehmen Dottenfelderhof hat 150-170 Teil- und Vollzeitbeschäftigte, umgerechnet 70-80 AK. Hinzu kommen ...
 
Das Ideal, eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden, ohne dauerhaft weisungsgebundene Mitarbeiter (Lohnarbeitskräfte), das bis in die 80er Jahre weitgehend verwirklicht war, ist u.a. durch die rasante Erweiterung von Weiterverarbeitung und Einzelhandel in den Hintergrund getreten.


== Erwartungen an zukünftige Entwicklungsschritte ==
== Erwartungen an zukünftige Entwicklungsschritte ==
Aus der Entwicklungsphase von 1988-2014 konnte ich nicht aus eigenem Erleben berichten, sondern nur einzelne Tatsachen aufgrund meiner Außenwahrnehmungen nachzeichnen. Infolgedessen bleibt für diese Zeitspanne alles das unausgesprochen, was gewollt, erstrebt, was die Sprache des Schicksals war, was die Folgen des Generationswechsels, der Differenzierung der Motive und Andersartigkeit der Fähigkeiten betrifft sowie der KG-Gründung und damit der Formalisierung des Verhältnisses von BG und LWG und der vielfältigen Einflüsse der sich rasant verändernden Bewusstseinsformen und Sozialstrukturen des digitalen Zeitalters. Die mittlerweile entstandene Diskrepanz zwischen dem Kernanliegen des biologisch-dynamischen Landbaus und dem zivilisatorischen Wettlauf um Wachstum und irdische Glückseligkeit im Weltmaßstab könnte kaum noch größer sein. Diese Tatsache erzeugt aus den Seelenuntergründen ein ständig wachsendes Maß an Unsicherheit, und das im Zwischenmenschlichen ebenso, wie im wirklichkeitsgemäßen Erfassen der Aufgaben. Dies führt zu einem sich selbst ein- und ausgrenzenden Individualismus. Das soll nicht heißen, dass es nicht vielerlei Beziehungen gibt, sich bewusst aus den Fesseln dieser zwanghaften {{SE|95}}Verselbständigung zu befreien. Jeder biologisch-dynamische Betrieb, jede aus der Anthroposophie heraus wirkende Einrichtung sucht diese entwicklungshemmende, leibgebundene Selbstsüchtigkeit aus eben dem Geiste heraus zu überwinden, welcher zu ihrer Begründung geführt hat. Es gilt also, sich dieses fortdauernden Geistesstromes in jedem Schritt des Zeitenganges aufs Neue bewusst zu werden. Das heißt, als erstes sich in Gedanken in den Ursprungsimpuls versetzen oder mit den Worten R. Steiners im Grundsteinspruch (GA 260), „übe Geisterinnern“; als zweites den Zusammenhang des eigenen Impulses mit dem Zeitgeist aufsuchen, „übe Geistbesinnen“ und als drittes, zu „freiem Wollen“ eintauchen in das, was man sich selbst und zusammen mit anderen an Arbeitszielen aus dem Geist erarbeitet hat, „übe Geisterschauen“.
Aus der Entwicklungsphase von 1988-2014 konnte ich nicht aus eigenem Erleben berichten, sondern nur einzelne Tatsachen aufgrund meiner Außenwahrnehmungen nachzeichnen. Infolgedessen bleibt für diese Zeitspanne alles das unausgesprochen, was gewollt, erstrebt, was die Sprache des Schicksals war, was die Folgen des Generationswechsels, der Differenzierung der Motive und Andersartigkeit der Fähigkeiten betrifft sowie der KG-Gründung und damit ...n kann. {{SE|99}}
 
Die BG muss sich als vorbildschaffende, tätige Gemeinschaft ihres geistigen Impulses neu versichern. Sie muss die in eine ferne Zukunft weisenden Entwicklungsziele des Hofes im weitesten Sinne im Denken in Bildgestalt zu erfassen suchen. Dieses Gedankenbild erhellt den eigenen Beweggrund, aus welchem die Geistesgegenwart erwächst, in jedem Augenblick das Wesentliche im Fühlen präsent zu haben und zur Direktive des eigenen und gemeinsamen Handelns zu machen. In dieser Art des Handelns lebt Zukunft auf; man arbeitet aus dem Ganzen in die Glieder. An die Stelle der Routine tritt ein vorausschauender, schöpferischer Gestaltungswille. Die Grundlage dafür, dass dies geschehen kann, ist das Gespräch, der Austausch, die Kommunikation auf allen Ebenen. Man wird sich täglich sagen müssen, „Das Einzelurteil im Sozialen ist immer falsch“ (R. Steiner). Das gilt allgemein und speziell im Wirtschaften. Hier ist das „Gemeinschaftsurteil“ gefragt. Aus diesem erst erwächst eine gedeihliche, gestaltungskräftige Zusammenarbeit.
 
Die Betriebsgemeinschaft Dottenfelderhof ist angetreten, um eine zeitgeschichtliche Aufgabe in landwirtschaftlicher und sozialer Hinsicht aufzugreifen. Sie hat einen Weg eröffnet, der von Wegmarke zu Wegmarke weit in die Zukunft führt. Weiß man sich auf diesem Weg, so leuchtet das Zukunftsziel jedem der Schritte voran. Daraus erwächst auf immer neue Art die {{SE|96}}Substanz des Vertrauens; man erwacht zur Geistesgewissheit über die Ideen, die aus der anthroposophischen Geistesforschung der biologisch-dynamischen Arbeit die Richtung weisen und die impulsgebend sind für eine sich immer wieder neu findende Zusammenarbeit.
 
So real, wie es für den einzelnen Menschen eine geistige Führung gibt, ein Engelwesen, das ihn durch das Leben und die höheren Seinswelten geleitet, so real gibt es höhere, der Hierarchie der Erzengel angehörige Wesen, die den Werdegang von Gemeinschaften begleiten. Diese Wesen werden vor allem dann tätig und ebnen Zukunftswege des Gelingens, wenn ihnen gleichsam von unten mit Ideen entgegengearbeitet wird, die ihnen wesensverwandt sind. Solche Ideen liegen als Ergebnisse der anthroposophischen Geistesforschung vor. Werden sie durch das Tor des Denkens Seeleninhalt, verleihen sie die Macht zur Selbstführung. In dieser liegt der Quell der Freiheit, des Sich-Herauslösen-Könnens aus den weisheitsvoll wirkenden Instinkten der einstigen Volksgeistführung. In einem Kreis von Menschen, in welchem die Zusammenarbeit sich aus geistiger Selbstbestimmung nährt, lebt der Freiheitsimpuls auf. Ein solcher Kreis erwürdigt sich zu einer neuen Art geistiger Führung. Durch die in ihm waltende, im Miteinander errungene Gesinnung und Ideenvorausschau erweckt ein solcher Kreis ein Wesen aus der Hierarchie der Erzengel, das sich ihm helfend neigt und das den Freiheitsweg achtet, den die Gemeinschaft geht, wenn sie in der Zusammenarbeit von der Initiativkraft aller getragen wird.
 
Die BG Dottenfelderhof hat die Anlage, diesen Freiheitsweg gehen zu können. Sie kann darauf vertrauen, dass, wenn sie diesen Weg vor sich sieht und mit unverbrüchlichem Willen geht, ihr der geistige Kredit zum Gelingen ihres Strebens zufließt.
 
Wie der BG zu Anfang eine Vorreiterrolle zukam, in ihrem Wollen aus dem Geiste und ihrer darauf sich gründenden Sozialgestalt, die Wende von der alten zu einer neuen Landbaukultur zu vollziehen, so muss sie jetzt auf eine
 
{{SE|97}}Vorreiterrolle hinarbeiten, in der sie sich allseits der Bedingungen bewusst wird und sie in "unbedingtem Arbeiten" (R. Steiner, L.K.) vorlebt, durch die erst eine organismische Ganzheit des Hofes entstehen kann und, aus ihr herauswachsend, eine Sozialgestalt, die sich einer geistigen Führung erwürdigt.
 
Diese aus dem biol.-dyn. Streben hervorgehende Sozialgestalt berührt auch die Zukunft der LWG. Diese muss sich m.E. aus der formalrechtlichen Bindung in die Rechtsform der KG lösen und sich, je nach Interesse und Fähigkeiten ihrer Mitglieder
 
* erstens initiativ "in freiem Wollen" in die geistigen Impulse des anthroposophisch orientierten Landbaus auf dem Dottenfelderhof einleben und mit der BG weiterentwickeln (Forschung, Ausbildung, Mitarbeit);
* zweitens, die rechtlichen Verhältnisse in einem "Fühlen in Gleichheit" aus dem formalen in ein transparent gelebtes Recht verwandeln (Boden, Kapital, Einkommen etc.);
* drittens, dazu beitragen, die aus der Urproduktion des Hofes hervorgehenden wirtschaftlichen Tätigkeiten zu einem nach außen offenen assoziativen Verbund zusammenzuschließen. Dieser kann sich nur auf der Basis eines Denkens in Gemeinschaft entwickeln, das in den wirtschaftlichen Beziehungen das rechte Maß setzt.
 
Die Ausgestaltung der drei Glieder des sozialen Organismus konnte sich im sozialen Chaos nach dem Ersten Weltkrieg nur wenige Jahre halten. Was unter der "weisenden Hand" des Zeitgeistes durch R. Steiner in der Arbeit des "Kommenden Tages" veranlagt war, musste auf Grund widrigster Umstände schon 1922 wieder storniert werden. Der Impuls aber, der dem Zeitalter der Bewusstseinsseele von Anfang an innewohnt, wirkt weiter und wartet auf die Umstände, auf den Moment, in welchem er sich evolutiv in den historischen Zeitenstrom hereinbilden kann. Diese Umstände und dieser Moment sind in der Entwicklung des anthroposophisch erweiterten biol.-dyn. Landbaus spätestens {{SE|98}}seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts gegeben. Dies in seiner vollen Tragweite zu erkennen und daraus die gestalterischen Folgerungen zu ziehen, ist dem geschichtlichen Werdegang der BG Dottenfelderhof eingeschrieben. In den geistigen Untergründen lebt in dieser Hinsicht eine Erwartung, deren Lebenserfüllung, im Sinne des eingangs zitierten Spruches, "den deutschen Geist ... hoffend und sorgend ... in Wesenswurzeln schaffend hält".
 
"Der deutsche Geist" ist ein herein- und herausschwingender (R. Steiner). Er impulsiert, hilft und zieht sich wieder zurück. Seinem Wesen zutiefst verwandt ist der Geistgehalt der Ideen der Anthroposophie. Lebt dieser Geistgehalt im Auflösen seiner Form in Herzenserkenntnis auf und erblüht er in zielgerichteter Zusammenarbeit, dann ist dieser gemeinschaftsbildende Wille der Wesensgrund, dem sich der "deutsche Geist" hereinschwingend zu immer neuen "Schaffen" verbinden kann.
{{SE|99}}
== Abkürzungsverzeichnis ==
== Abkürzungsverzeichnis ==



Version vom 2. Juni 2024, 22:04 Uhr

+++ Hier findest du aktuell nur die Inhaltsangabe mit kleinen textlichen Fragmenten. Der Inhalt für die online-Ausgabe befindet sich derzeit in interner Abstimmung. Bei Interesse an einem Druckexemplar bitte übers Kontaktformular bei François melden+++

...

Gewidmet denen, die mit hohen Idealen hoffnungsvoll ganz am Anfang standen. Ernst Becker, Hans-Jörg Graf von Bothmer, Wolfgang Schaumann

Vorwort

Seit 58 Jahren bin ich mit dem Dottenfelderhof verbunden, mal in unmittelbarer Mitarbeit, mal aus großer Ferne. Mir war schon sehr bald, Ende der 50er Jahre, klar, dass dieser Hof mit seiner weit ins Mittelalter zurückreichenden Geschichte eine Aufgabe in der Wegbereitung der biologisch-dynamischen Bewegung in die kommenden Zeiten hinein hat. Seit der ersten Umstellung des Hofes auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise 1946 waren bis 1980 tiefe Einbrüche und große, ungeahnte Widerstände zu überwinden, aus welchen sich erst im vollen Umfang das Bewusstsein für diese Aufgabe heranbildete; ja, jedem dieser Bollwerke, die gegen die Absicht aufgerichtet wurden, dem Hof eine neue, eine biologisch-dynamische Zukunft zu geben, war es zu danken, dass sich die Einsicht und der Wille befestigten und die Flügeltore sich schließlich öffneten, um die Aufgabe in Gemeinschaft ergreifen zu können. Der rote Faden, der sich da über viele Jahre wob, hat sich erst nach und nach in dem Maße enthüllt, als die Schicksalsschritte durchlebt waren. So möchte ich versuchen, aus meinem eigenen Erleben und, gestützt auf die treu geführten Tagebuchaufzeichnungen von L. Klett, diesen roten Faden ein Stück weit auf meine Art nachzuzeichnen. Möge diese Rückschau in das Vergangene im Gegenwärtigen das Bewusstsein schärfen und erhellen für das, was dem Dottenfelderhof in Fortführung des Begonnenen obliegt.

Ich bitte zu entschuldigen, falls Wesentliches zur Sache unerwähnt blieb und einzelne Sachverhalte der Korrektur bedürfen.

Dottenfelderhof im Dezember 2014

Manfred Klett

Die Vorgeschichte und der Entstehungsmoment 1946

Nach seiner über 1000-jährigen Geschichte im Dienste und aus dem Geiste des abendländisch-christlichen Landbaus wurde im Zuge von dessen Niedergang der Dottenfelderhof 1946 von Ernst Becker (1923-1999) auf die biologisch-dynamische (biol.-dyn.) Wirtschaftsweise umgestellt. Es war dies eine ...

7

Die erste Phase von 1946 - 1957 in den 30-jährigen Auseinandersetzungen von 1950 - 1980 um den Fortbestand des Hofes und die Sicherung der biologisch-dynamischen Bewirtschaftung

E. Becker trat 1946 an die Stelle seines verstorbenen Schwiegervaters und schloss zusammen mit seiner Schwiegermutter einen neuen Pachtvertrag mit dem Landgraf von Hessen-Kassel. Dieser aber musste in den Folgejahren im Zuge der Bodenreform, ...

Die Interimsphase von 1957/58 bis 1968: Drohender Untergang des Dottenfelderhofes

Ernst Becker trat einen schweren Weg an. Er blieb zwar Mitpächter; dieses Recht konnte ihm nicht genommen werden. Er wurde aber zum ausführenden Organ degradiert und ...

Schritte zur Rückgewinnung des Hofes im zweiten Teil der Interimsphase von 1964 - 1968

Seitdem ich 1957 mein Studium in Stuttgart-Hohenheim begann, blieb ich weiter mit E. Becker in Kontakt. Jedes Jahr besuchte ich ihn auf dem Hof und meine stets erste, stereotype Frage lautete: Können wir bezüglich des Hofes etwas unternehmen? Die Antwort war ...

Die Verhandlungen mit dem Landwirtschaftsministerium und der NSG von 1964 - 1968

Auf den erwähnten Brief an Dr. Tröscher und sein Antwortschreiben begann, über die Köpfe der NSG und ...

Der Pachtvertrag

Nachdem Herr Minister Dr. Tröscher den von ihm bereits unterschriebenen Brief von ...

Die Betriebsgemeinschaft

Auf Verlangen der NSG und des Ministeriums waren wir ... Die Gründungsmitglieder der BG waren:

  • Dieter Bauer (geb. 1938), Gartenbauingenieur, Ebba Bauer (geb. 1940), Gartenbauingenieurin, Hauswirtschaftsmeisterin;
  • Ernst Becker (1923 - 1999), Diplomlandwirt und Landwirtschaftsmeister, Irmgard Becker (1920-2009), Diplomlandwirtin;
  • Knud Brandau (1931), Agraringenieur, Johanna Brandau (1931-2014), Krankenschwester;
26
  • Johannes Klein (1931-2008), Diplomlandwirt, geschieden;

Die fünf Männer der Betriebsgemeinschaft

+++Bild einfügen+++

29

Die Frauen der Betriebsgemeinschaft

+++Bild einfügen+++

Wie die Männer mit den großen Strukturschwächen der Böden (Stauwasserflächen), dem schlechten Zustand der Wirtschaftsgebäude und der Maschinen, traten auch die Frauen mit den ...

Das Mitarbeiter- und Wohnrechterbe

Mit der Pacht übernahm die BG die Weiterbeschäftigung von älteren Mitarbeitern von Frau G. Albert. Es waren die beiden Schwestern Marie Lehnert und Frau Schuster, treue ...

Die Handhabe der Einkommen

In den ersten zwölf Jahren waren die Familien der BG arm wie die Kirchenmäuse. Alle realisierbaren Privatvermögen waren in die Betriebsmasse eingegangen. Es herrschte eine vorbildliche Ausgabendisziplin. Die Bedürfnisse waren ja auch ...

34

Die Betriebsfinanzen

Die BG lebte in den ersten Jahren von der Hand in den Mund. Die prekäre Finanzlage ergab sich aus den relativ geringen, jährlich aus den Felderträgen Einkünften, monatlich aus Milchgeld der Molkereigenossenschaft Frankfurt/M., dem Schlachtvieh (Schlachthof Frankfurt/M.) sowie aus den hohen Ausgaben an Pachtzins an die NSG, aus den ...

Die Jahre von 1968 - 1973

Die betriebliche Entwicklung

Mit großem Feuereifer und einem unerschütterlichen Vertrauen auf eine uns gnädige Zukunft stürzten wir uns den widrigen Bedingungen zum Trotz in die Arbeit. Fast nichts, was wir an totem Inventar übernommen hatten, entsprach den gängigen arbeitswirtschaftlichen Erfordernissen und ...

Die Auseinandersetzungen mit der NSG

Von den in Kapitel 6 erwähnten Grundbedingungen des Pachtvertrages war die unter d) genannte, "keine überwiegenden öffentlichen Interessen ... entgegenstehen", die für uns gefährlichste, weil ...

Die Jahre von 1973 - 1980

Ein neuer Pachtvertrag und noch einer!

Die Auseinandersetzungen mit der HLG nahmen kein Ende, ja spitzten sich zu. Seit Ende März 1973 befanden wir uns in einem pachtlosen Zustand. April, Mai, es wurde Juni, wir waren am Verzweifeln und erwogen eine ...

52

Die Landwirtschaft

Ackerbau

In dem Jahrzehnt von 1973 bis 1980 kam es zur Erweiterung im Anbau der Feldfrüchte: Nach Aufgabe des Rapsanbaus, infolge des Zwanges zum Anbau der sehr stickstoffbedürftigen, erukasäurearmen Neuzüchtungen, entstand die zwölffeldige Fruchtfolge mit zweijährigem Kleegras zu Beginn des ...

53

Obstbau

D. Bauer pfropfte Althochstämme auf dem Baumstück hinter dem Steinbruch, zog Jungbäume heran und legte auf den elf Morgen an ...

Hecken

Im Zuge der Regulierung des Wasserabflusses aus dem Unterland und der Weiden vor der Bahn wurden zwei Teiche angelegt und ringsum ...

Viehhaltung

Milchvieh

Die von E. Becker seit Anfang der 50er Jahre aufgebaute Zweinutzungs-Herdbuchherde erbrachte unverändert bei guter Gesundheit eine sehr gute Milchleistung. Die räumliche Begrenzung in den Altgebäuden sowie die Pachtunsicherheit verhinderten die dringend notwendige Bestandserweiterung. Ein tragischer Einbruch aus heiterem Himmel geschah Mitte der 70er Jahre: Das neue Tierseuchengesetz schrieb die Ausmerzung des seuchenhaften Verkalbens (Abortus Bang) vor. Klinische Fälle hatten wir nicht, wohl aber 19 Infektionsträger unter 45 Kühen. Die offizielle Empfehlung war, den gesamten Bestand abzuschlachten und durch Zukäufe einen neuen aufzubauen. Wir entschieden uns für die unsicherere und langwierigere, vom Gesetzgeber tolerierte Alternative, einer sukzessiven Ausmerzung. Es war ein Trauerspiel, der Kuhstall war fast halbleer und wir konnten auch nicht sicher mit einer bangfreien

54

Nachzucht rechnen. Es dauerte Jahre, bis der Bestand wieder vollzählig war und uns Bangfreiheit bescheinigt wurde.

Schweine

Durch Kees Vellenga (siehe Kapitel 10.3) kam die Schweinehaltung wieder in Gang. Er richtete sie in dem ehemaligen mittleren Kuhstall des Westflügels ein, ...

Hühner

Auf Initiative von E. Bauer wurde die Hühnerhaltung vom Stand der Selbstversorgung zu einem Betriebszweig erweitert, um ...

Bauliche Veränderungen

1974 wurde von der NSG das Becker-Klettsche Wohnhaus gebaut (Umzug November 1974), wodurch sich die beengte Wohnsituation im alten Wohnhaus (Erdgeschoss – Familie Bauer, 1. Stock – Familie Brandau und Klett) zu aller Zufriedenheit normalisierte. Die folgenden Baumaßnahmen wurden ...

9.3 Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft

In den 70er Jahren quoll der Betrieb über mit Lehrlingen, weniger Praktikanten. Es waren bis zu neun Lehrlinge in der Landwirtschaft und drei in der Hauswirtschaft. In ihrer Ausbildung erfüllte sich das Ideal, dass die Landwirtschaftslehrlinge nacheinander die Betriebszweige durchlaufen konnten und ...

Weiterverarbeitung und Hofladen

Zu Anfang war es rein die Absicht, den Hof aus den Erkenntnisquellen der Anthroposophie und besonders jene des Landwirtschaftlichen Kurses R. Steiners zu einem höheren Ganzen zu gestalten. Diese Absicht schloss auf geistig-kulturellem Feld Ausbildung und Forschung ein. Die Erweiterung auf wirtschaftliche Tätigkeiten, die der landwirtschaftlichen Urproduktion nachgeordnet sind, war noch nicht aktuell. Wie die letzten Reste bäuerlich traditioneller Landwirtschaft bis in die 60er/70er Jahre nachwirkten, so auch die örtlich gewachsenen Strukturen von Handwerk und Gewerbe. Es gab z.B. noch den Bäcker und Metzger, den Sattler und Viehhändler sowie, ...erhof.

Die Bäckerei

Der Grund, warum wir bald anfingen, im vorhandenen einofigen Backhaus Brot zu backen, war die Deckung des Eigenbedarfs - und das aus selbsterzeugtem Getreide (vgl. Kapitel 7.2). Wenn Überschuss an Brot und Gemüse aus dem Hofgarten anfiel, landete er auf einem Brett am Hoftor, ein Angebot an Spaziergänger zur Mitnahme. Ein Napf stand empfangsbereit für einen Obolus. Doch mit dem Bekanntwerden des Holzofenbrotes nahm die Nachfrage unaufhaltsam zu. Von 1974 an erfolgte ...

Der Hofladen

So wenig wie das Brotbacken zum Verkauf war der Hofladen geplant. Die Nachfrage nach Feldgemüse (Kohl, Zwiebeln, Rote Rüben, Möhren sowie Kartoffeln - vgl. Kapitel 10.1) rief nach einem Ersatz für das Brett am Hoftor. Es wurde die Einrichtung eines geregelten Verkaufs am Freitagnachmittag und Samstag jeder Woche notwendig. Es folgte dann seit 1974 ein weiterer Verkaufstag am Dienstag. Die Palette der hofeigenen Produkte wurde ergänzt durch ...

Die Käserei

Seit Anfang der 70er Jahre liefen auf Initiative von E. Bauer erste Käse-Herstellungsversuche. In einer Ecke der alten Gutsküche wurde Frisch- und Kochkäse für den Eigenbedarf hergestellt. Hilfe bekamen die Frauen dann von einem alten Käser aus dem elsässischen Münstertal, der eine Woche auf dem Hof weilte und ihnen die Kunst der Herstellung des Münsterkäses beibrachte. Bald verlagerte sich die Arbeit in die geräumigere Waschküche. Ein Praktikant brachte vom Sperrmüll einen Kupferkessel auf den Hof. Mit diesem begann eine ...

63

Das Schlachten

In Zusammenarbeit mit der Metzgerei Olbrich wurde 1972 damit begonnen, Rinder, abgehende Kühe und später Schweine ...

Die Landbauschule

Parallel zur Aufbauarbeit des Hofes verliefen die Vorbereitungen zur Gründung der Landbauschule (LBS). Untrennbar verknüpft mit unserer Intention, der Praxis eines aus der Anthroposophie erweiterten Landbaus, war die Ausbildungs- und Forschungsfrage. Unser erster Lehrling kam 1969, und dann

64

in den 70ern fing es an zu strömen. Sie alle, wie auch die Lehrlinge auf den anderen Betrieben, kamen aus der Stadt; sie alle hatten nicht mehr das aus seinen traditionellen Quellen schöpfende Bauerntum, das dörfliche Gemeinwesen, nicht mehr die einst aus der Integration von Ackerbau und Viehhaltung gegründete Landbaukultur kennengelernt. Dieser tragende Fundus, dieser einst im Erbstrom fortwirkende Weisheitsstrom, musste in Metamorphosen auf neue Art ins Bewusstsein gehoben werden. Vor dieser ganz neuen Herausforderung stand die biol.-dyn. Ausbildung seit Anfang der 70er Jahre. Einzelne biol.-dyn. Landwirte und Gärtner wurden sich ihrer bewusst. Dies führte 1973 im April zur ersten der dann jährlich stattfindenden Lehrherrntagungen auf dem Dottenfelderhof - seit 1976 in Verbindung mit der Mitgliederversammlung der LBS - und zur Begegnung mit Bernhard Phillips, dem allzu früh Verstorbenen, der mit ungeheurer Willenskraft als gebürtiger Engländer die biol.-dyn. Ausbildung im Bodenseegebiet vorantrieb und mit seinen jungen Jahren 1976 zum Gründer der Landbauschule Bodensee wurde. Der Impuls lag in der Luft, denn auch von anderer Seite erscholl der Ruf: W.-E. Barkhoff sagte seit 1972 wiederholt zu M. Klett: "Ihr, das heißt die Betriebsgemeinschaft, müsst eine Art Volkshochschule für biologisch-dynamischen Landbau auf dem Hof gründen; wenn Ihr es nicht macht, wer denn sonst!" Auch die Waldorfschulen Kassel, Marburg und Freiburg drängten auf den Hof. Die Zeit der Landbauepochen mit neunten, später mit zwölften Klassen (Kassel) hatte begonnen. 1973/74 fiel die Entscheidung zur Begründung der Landbauschule. W. E. Barkhoff, selbstlos und hilfsbereit wie immer, arbeitete die Vereinssatzung aus, focht die Gemeinnützigkeit durch, und wir stürzten uns in die infrastrukturellen Vorbereitungen (1974 Beginn des Ausbaus Jugendherberge, alter Saal etc.).


Am 5. Januar 1975 fand die Eröffnung des ersten Januarkurses mit zwölf Teilnehmern im soeben geräumten Wohnzimmer Klett statt. Kletts waren, dem Auszug Beckers ins neue Haus folgend, ein Stockwerk höher in deren vorherige Wohnung gezogen. Gekocht wurde für den Kurs in der alten Küche von Kletts.

65

1976 fand der Januarkurs dann sein Domizil bis Ende der 80er Jahre im alten, in neuem Glanz erstrahlenden Kreuzgewölbe-Saal, dem ältesten, aus den Zeiten noch weit vor dem 30-jährigen Krieg stammenden Gebäudeteil des Hofes.

Der vierwöchige Kurs sollte in das Gesamtpanorama des biol.-dyn. Landbaus einführen: in die Prinzipien der Gestaltung des Hofes zu einem möglichst in sich geschlossenen Organismus, sich gliedernd in Acker-, Garten-, Obst- und Heckenbau sowie Viehhaltung mit Wiesen- und Weidewirtschaft. Der Ausbildungsplan beinhaltet ferner Fragen bewusstseinsgeschichtlicher Zusammenhänge in der Entwicklung der Landwirtschaft, der Sozialgestaltung, der goetheanistischen Art der Naturbetrachtung etc. sowie Fragen nach dem Wesen des Menschen, der Erde und des Kosmos. Dieses gedrängte Konzept hat im Wesentlichen Bestand bis heute. Der Kurs wurde inhaltlich getragen von den Mitgliedern der BG, sowie extern von Dr. W. Schaumann († 2008), G. Glöckler (bis heute), G. Krauch († 2014) und W. E. Barkhoff († 1994). Zu speziellen Themen der Praxis wurden erfahrene Landwirte und Gärtner, zu Fragen der Konstellationsforschung anfangs Marie Thun und später Dr. H. Spieß hinzugezogen.

Die große Zusammenschau biol.-dyn. Zusammenhänge des Januarkurses bedeutete für viele der Teilnehmer einen biografischen Ruck, einen Impuls, die Ausbildung selber bewusster in die Hand zu nehmen und Ideen zu denken, die zur Arbeit begeistern, die sie "durchfreuen" (R. Steiner).

Schon bald war klar, dass der Januarkurs nur ein Anfang sein konnte. Es artikulierte sich das Bedürfnis nach einer Weiterbildung nach Abschluss der Lehrzeit, insbesondere nach einer Vertiefung anthroposophischer Inhalte. So wurde, wiederum über vier Wochen gehend, der Februarkurs eingerichtet. Der erste begann am 30. Januar 1978. Das Curriculum erstreckt sich bis heute über zwei Jahre. Das heißt, in dem Kurs des einen Jahres werden die Vorträge 1-4 des Landwirtschaftlichen Kurses R. Steiners studiert und damit zusammenhängend Themen, die allgemein das Zusammenwirken von Erde

66

und Kosmos, den Acker- und Pflanzenbau (u.a. Geologie, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Düngung, Pflanzenzüchtung) ferner phänomenologische Grundlagen der Chemie und Physik (Wärme) betreffen sowie der Lehre von den Elementen und Äthern. In dem Kurs des folgenden Jahres werden die Vorträge 5-8 studiert sowie Themen, die neben kosmologischen Betrachtungen allgemein auf das Wesen der Tierwelt eingehen sowie speziell zu Fragen bezüglich Anatomie, Physiologie, Haltung, Fütterung, Pflege und Züchtung der Haustiere.

Auch in diesem Kurs steht die Bemühung im Vordergrund, die Fruchtbarkeit der Anthroposophie für die Praxis erkennbar und erlebbar zu machen sowie des sich Übens in "anschauender Urteilskraft" im Sinne Goethes.

Die Initiative der Landbauschule wuchs aus dem Hof heraus und bildet über die Jahre mit diesem eine ungetrennte Einheit. Die Überfülle der Veranstaltungen, wie u.a. Tagungen, Nord-Süd-Gespräche, zunehmender Strom von Besuchergruppen aus aller Welt, Koch-, Korbflecht- und Pflanzenfärbekurse, Konzerte spielten sich unter diesem gemeinsamen Dach ab. Die Organisation der Innenwirtschaft nahm damit solche Ausmaße an, dass im September 1978 auf Initiative von E. Bauer die wöchentliche Frauenarbeitsbesprechung eingeführt wurde.

Die Forschung

Sechs Mitglieder der BG - vier der Männer sowie zwei der Frauen (E. Bauer und L. Klett) - waren zuvor am Institut für biol.-dyn. Forschung tätig. Die Beteiligten fassten den Umzug auf den Hof nicht als einen Bruch mit der Vergangenheit auf, sondern als einen Wechsel der Forschung am Labortisch zu einer solchen unter freiem Himmel. Die methodischen Konsequenzen dieses Wechsels waren uns allerdings zunächst nicht klar. Wir gingen in der Arbeit unter, das heißt, an ein experimentelles Arbeiten wie zuvor war gar nicht zu denken. Wir tauchten aber, jeder auf seine Art, mit eigener forschender Gesinnung in das Meer an physischer Arbeit ein. Die Ideen, die uns zu und in

67

dieser Arbeit leiteten, blieben nicht mehr bloß denkend im Ungefähren, sondern nahmen ihren Leidensweg der Prüfung im täglichen Tun. Zum Beispiel ist die "Auffassung (Idee) der Landwirtschaft als eine Art Individualität und ihre möglichst organismische Geschlossenheit" (frei nach R. Steiners zweitem Vortrag L.K.) das Eine, das Andere ist, was davon in der konkreten Gestaltung des Hofes sichtbar und erlebbar wird. Der Forschungsweg, der durch die ideengeleitete Arbeit hindurch führt, ist die Suche danach, wie sich die Ganzheit des Hofes an der leiblichen, seelischen und geistigen Ganzheit des Menschen misst. Natürlich ergaben sich auch spezielle Forschungsfragen, wie die nach der Praxis der Insekten- und Unkrautveraschung (D. Bauer, später H. Spieß), nach der Methodik der Pflanzenzüchtung (D. Bauer, J. Klein), die experimentell angegangen wurden. Grundsätzlich aber stand und steht vor der BG die Frage: Wie wird man sich des eigenen Tuns bewusst, wie erlangt man durch das Tun Geistesgewissheit bezüglich der geisteswissenschaftlichen Anregungen R. Steiners? Damit ist ein Forschungsweg in der Landwirtschaft gekennzeichnet, der in hohem Grad individuelle Züge trägt, der aber zugleich dazu verhilft, die Erfahrung aus der Praxis zur subjektiv-objektiven Geistesgewissheit aufzuhellen. 1977 entstand mit Dr. Hartmut Spieß die Zweigstelle des Instituts für biol.-dyn. Forschung in Darmstadt auf dem Dottenfelderhof. Die ersten Forschungsjahre bis 1981 waren ausschließlich - parallel zu anderen Forschungsfragen bis 1994 - der Bestätigung der Ergebnisse der Konstellationsversuche Maria Thuns (Mond-Tierkreis) gewidmet. Unter Mithilfe seiner Frau Regine Spieß hat er statistisch verwertbare Exaktversuche mit breiter Variation der Versuchsanstellung durchgeführt. Trotz aller Akribie, seinem großen Fleiß, seiner nie versiegenden Geduld und Hingabe und seiner anfänglich festen Überzeugung, dass es nur etwas bereits Feststehendes zu verifizieren gäbe, fand er keine eindeutige Bestätigung der Thun'schen kalendarischen Aussagen. Seine Forschungsergebnisse fasste H. Spieß in seinem 1994 erschienenen Buch zusammen: "Chronobiologische Untersuchungen mit

68

besonderer Berücksichtigung lunarer Rhythmen im biologisch-dynamischen Pflanzenbau".

Die Jahre von 1980 - 1988 mit Streiflichtern bis 2014

Der Kauf des Kernbetriebes durch die Landbauschule und der Abschluss eines 18-jährigen Pachtvertrages ...

69

Pflanzenbau

Nach Beendigung der Zusammenarbeit mit der Firma Eden in den 70er Jahren wurde die Anbaufläche von Möhren und Rote Rüben auf das Maß des Bedarfs über die Ab-Hof-Vermarktung reduziert und umgekehrt diejenige von Runkelrüben und Kartoffeln erweitert. Durch die steigende Viehzahl nach 1983 musste auch der Feldfutterbau intensiviert sowie der Anbau der Wintergerste zu Kraftfutterzwecken ausgeweitet werden.

Wie es von Anfang an unser Anliegen war, das Saatgut für den Nachbau der Getreidesorten im Betrieb zu halten, so geschah dies auf Initiative von D. Bauer seit den 70er Jahren nach und nach auch für die Feldgemüsekulturen. Damit war von vornherein die Auswahl von geeignet erscheinenden Samenträgern verbunden. Was im Falle des Anbaus zugekauften, zertifizierten Saatgutes, z.B. einer neuen Getreidesorte zu beobachten war, nämlich die jahrelange Adaptionsdauer an den Standort und die veränderten Anbaubedingungen, das trat schlagartig und mit verheerenden Folgen im Anbaujahr 1980 mit zugekauftem Saatgut von Weißkohl auf. Weil das von D. Bauer herangezogene Saatgut nicht ausreichte, ergänzte er es durch Zukauf von Saatgut der gleichen Sorte. Der Aufwuchs des Letzteren verfaulte durch starken Befall der Raupen von Kohlweißlingen nahezu vollständig, während der Reihe an Reihe daneben stehende Bestand aus eigenem Nachbau einen, wenn auch reduzierten, Ertrag brachte. Diese Erfahrung läutete die Geburtsstunde der Gemüsezüchtung von D. Bauer auf dem Dottenfelderhof ein (vgl. Kapitel 10.6).

Ein Jahr später, 1981, begann H. Spieß mit der Erhaltungszüchtung der jahrzehntelang auf dem Hof nachgebauten Roggensorte "Pettkuser Normalstroh". Daraus erwuchs unter seiner Ägide das umfangreiche Programm der Erhaltungs- und Neuzüchtungen von Getreidesorten auf dem Dottenfelderhof und nicht zuletzt zu dessen Wohl (vgl. Kapitel 10.6).

Es waren Experimentierjahre bezüglich der Bodenbearbeitung. 1978 lernten wir Hans Kemink kennen, der uns sein einfaches, multifunktionales

70

Bodenbearbeitungsgerät vorführte. Sein Konzept geht über das Prinzip "tieflockern und flach mischen" hinaus. Es besteht darin, den Boden mit einem schmalen Meißelschar im Abstand von 50 cm in mehreren Arbeitsgängen bis auf eine Tiefe von maximal 40 cm zu durchfahren, ohne dass dabei die Kapillarität des dazwischen liegenden Bodenbalkens unterbrochen wird. In derselben Spur läuft ein Häufelschar, das den garen Oberboden bzw. die Getreidestoppel flach nach beiden Seiten auf die ungestörten Bodenbalken aufwirft. Die dabei entstehenden Dämme können durch Versetzen der Häufelkörper wieder in die Furchen zurückgeworfen und so der Acker zur Saat eingeebnet werden. Dieses Konzept wirkte sehr überzeugend und wurde von K. Vellenga mit großem Eifer über Jahre praktiziert. Es forderte zum genauen Beobachten auf und, darauf aufbauend, zum Abstimmen der aufeinanderfolgenden Arbeitsgänge. Es erhob die bloße Technik der Bodenbearbeitung wieder zur Kunst. Dem Vorteil des geringeren Zugkraftbedarfs und demzufolge geringeren Bodendrucks stand der große Nachteil der Häufigkeit der Arbeitsgänge - also kaum eine Energieersparnis - sowie der höhere Zeitaufwand gegenüber. So mussten wir uns nach und nach von dem bemerkenswerten Kemink'schen System verabschieden bzw. es modifizieren.

Der Dünger

Der Dünger aus dem alten Kuhstall lagerte bis 1984 als Stapelmist auf der Betonplatte im westlichen Teil des Innenhofes, mit Jauche- und Regenwasserabfluss in die angrenzende Jauchegrube. Im Stapel wurde er mit den Präparaten versorgt. Der Rindermist fiel über Winter in den drei Laufställen des nördlichen Scheunenflügels an. Ohne zwischenzeitlich ausmisten zu müssen, lagerte er dort und wurde zusammen mit dem Stapelmist im August/September auf die Hackfruchtschläge des kommenden Jahres (300 dt/ha) bzw., soweit hinreichend vorhanden, zum Hafer als abtragendes Fruchtfolgeglied (100 dt) ausgebracht.

71

Im neuen Kuhstall fällt der Mist im Laufstall an, einschließlich des am Stand der Kühe anfallenden Mistes, der von Hand durch Klappen in den Laufraum befördert und dort verteilt wird. Die Präparation findet mehrmals durch das Jahr statt. Auf diesem Weg entsteht seit 1984 bei minimalen Verlusten ein Dünger von sonst unerreichter Qualität. Es ist ein Dünger, der der Dynamik der ackerbaulichen Bodenprozesse wie zugemessen ist.

Feldgemüse und Obstbau

Im Feldgemüse- und Obstbau traten keine großen Veränderungen ein. Die Auspflanzung der Lücken in den Reihen der Hochstämme des Baumstücks an der Straße misslang, wegen Virusbefalls der Jungbäume. Eine Nachpflanzung geschah seither nicht.

In der Tierhaltung geschah der größte Entwicklungsschritt dieser Jahre mit der Erweiterung der Milchviehherde auf 80 Tiere und der Nachzucht im Zuge des Neubaus des Kuh- und Rinderstalls. Am 14.10.1983 wurde bei 29 Kühen Q-Fieber (Queensland-Fieber) nachgewiesen, eine meldepflichtige Seuche, die uns noch bis 1984 in Atem hielt.

Der Bestand blieb durch die folgenden Jahre stabil. 2014 waren es neben den 80 Milchkühen, 36 Rinder und 18 Kälber zur Nachzucht sowie zwölf Mastkälber.

Nach zwischenzeitlicher Unterbrechung der Schweinehaltung nach dem Weggang von K. Vellenga (2004-2010) wurde 2008/09 damit begonnen, den Stall im Altgebäude für die Sauenhaltung umzubauen und in sechs Boxen für Einzel- und Gruppenhaltung aufzugliedern, mit Ausläufen nach der Hof- und Niddaseite. Hinzu kam 2009/10 der Neubau eines Maststalles mit fünf Abteilungen zu je 15 Mastschweinen. Jede Abteilung hat eine geschützte Liegebox, eine Lauffläche und, anschließend im Offenstall, einen Futtertrog mit eingestreutem Wühlraum.

Anfangs wurde mit einer Kreuzung der Rassen Duroc und New Hampshire gearbeitet, in die seit 2013 vermehrt das Deutsche Landschwein mit Pietrain-

72

Anteil eingekreuzt wird. 2014 umfasste der Bestand einen Eber, sechs Sauen, 48 Mastschweine und 26 Ferkel.

Im Jahre 2005 wurde die bestehende Hühnerhaltung mit 800 Legehennen im Wechselauslauf mit der Einrichtung eines Hühnermobils um weitere 650 aufgestockt. Das Hühnermobil rotiert auf der "Johannesweide", auf dem Luzerneschlag innerhalb der Gemüsefruchtfolge. Die insgesamt 1450 Legehennen sind eine "Lohmann-Brown+"-Züchtung.

Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft

Anfang der 80er Jahre löste sich E. Becker aus der Verantwortung und praktischen Arbeit des Stallbereiches heraus. Er wirkte aber, solange es seine Gesundheit erlaubte, aktiv an der gemeinsamen anthroposophischen Studienarbeit und den Entscheidungsprozessen in den Arbeitsbesprechungen mit. E. Becker hatte einen hohen Realitätssinn im Praktischen wie im Spirituellen. Er dachte aus der Ganzheit des Hofes heraus und, so sehr er als freier Geist ... das Glück blieb ihnen bis heute hold.

Ende des Jahres 2014 bilden folgende Mitglieder die Betriebsgemeinschaft:

  • Martin und Friederike Hollerbach; er ehemals für den Kuhstall, seit 2002 für den Hofladen zuständig, sie als Hauswirtschaftsmeisterin für die Hof- und Landbauschulküche zuständig.
  • Martin und Beate von Mackensen; er ehemals für Kuh- und Schweinestall zuständig. Seit 2001 hauptamtlich Leiter der LBS, sie ehemals in der Hauswirtschaft mit großem Mittagstisch für Lehrlinge und Praktikanten, Leitung von Workshops, Gästebetreuung bei vielen auf dem Hof stattfindenden Veranstaltungen, seit 2014 Klassenlehrerin an der Freien Waldorfschule Frankfurt/M.
  • Albrecht und Barbara Denneler; er für Garten- und Obstbau zuständig, sie als Gärtnerin, Hauswirtschaftsmeisterin mit vielerlei Aufgaben in der Innenwirtschaft (u.a. Köchin für das Hofcafé und für vielerlei Veranstaltungen) und seit 2014 mit der Leitung der Hof- und Landbauschulküche betraut.
76
  • Ansgar Vortmann; zuständig für den Ackerbau, die Hühnerhaltung, Getreideaufbereitung und -müllerei sowie für die Geschäftsführung der Backwerkstatt.
  • Roland Wagner; zuständig für die Gesamtverwaltung.
  • Die Senioren Dieter Bauer und Knud Brandau sind aus der aktiven Mitarbeit der BG ausgeschieden, nehmen aber noch an den Beratungen teil.

Außerhalb der BG stehend, tragen folgende Mitarbeiter Verantwortung für einzelne Sachbereiche:

  • Jeanette Klöss; zuständig für den Kuhstall
  • Margarethe Hinterlang; zuständig für den Schulbauernhof und Öffentlichkeitsarbeit
  • Siegfried Baßner; zuständig für Käserei, Marktwägen und Wochenmärkte sowie Hofcafé
  • Irina Vortmann; zuständig für Aufgaben im Hofcafé und Laden.
  • Matthias König; zuständig für den Ackerbau und die Präparatewirtschaft.

Die kollegiale Zusammenarbeit und Betriebsführung im Sinne einer BG, herausgewachsen aus der zu bewältigenden Vielfalt an Aufgaben in einem biol.-dyn. Betrieb, fand bei den Lehrlingen vor allem in den 70er/80er Jahren lebhaftes Interesse. Diese waren es, die in der Folgezeit neue derartige Pflanzstätten gründeten, wie Mahlitzsch, Gut Rothenhausen, Schepershof, Hundsrückhöfe u.v.m. Das Prinzip der BG hat manche Wandlung, auch Rückschläge und Differenzierungen durchlebt; Letzteres in der CSA-Bewegung (gemeinschaftsgestützte Landwirtschaft). Das Prinzip der innerbetrieblichen Arbeitsteilung bei gleichzeitiger flexibler Zusammenarbeit im Hinblick auf die Durchgestaltung des Hofes zu einer organismischen Ganzheit, ist aus der biol.-dyn. Bewegung nicht mehr wegzudenken.

77

Die Landwirtschaftsgemeinschaft

Die Idee zur Gründung von Landwirtschaftsgemeinschaften geht auf W. E. Barkhoff zurück. Sie fußt auf einem Hinweis R. Steiners in einer Fragen-Beantwortung nach einem Vortrag in Stuttgart am 16. Juni 1920: „Die Konsequenzen der Dreigliederung für Grund und Boden“ (siehe Roman Boos: Landwirtschaft und Industrie, Wortlaute R. Steiners zu „Neuordnung des Bodenrechts als soziale Forderung der Gegenwart“, Hrsg.: Forschungsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, Darmstadt). Zusammengefasst lautet dieser Hinweis in meinen Worten: Jeder Mensch erlangt kraft Geburt ein Anrecht auf ein Stück Grund und Boden – das gilt ideal-real –, das herauskommt, wenn man ein bestimmtes Territorium teilt durch die Zahl der Einwohner dieses Gebietes.

Im Zusammenhang mit der Freigabe aller Vermögenswerte an lebendem und totem Inventar durch die BG wurde der Entschluss zur Begründung der Landwirtschaftsgemeinschaft Dottenfelderhof (LWG) gefasst. Die Gründungsversammlung fand am 14.02.1981 statt. Die Rechnung über die produktive Landfläche, auf die jeder Einwohner ...

Die Landbauschule

Zu dem vierwöchigen Einführungskurs seit 1975, dem bald nachfolgenden Fortbildungskurs im Februar und einzelnen Fachkursen, kam 1988 das landwirtschaftliche Studienjahr hinzu. Es erwies sich als immer dringlicher, von

85

biol.-dyn. Seite, eine mit dem Leben eines Hofes verbundene schulische Ausbildung anzubieten, nachdem der Entwicklungsfaden der traditionellen Landwirtschaft abgerissen und diese in die Sackgasse des Agrarindustrialismus geraten war. So ist das Anliegen des Studienjahres:

  • Das gegliederte Ganze des biol.-dyn. geführten Hofes im Gedankenbild zu erfassen und daraus zu gestalten. Dabei muss die Aufmerksamkeit auf die geisteswissenschaftliche Anschauung der Individualität des Menschen gelenkt werden, die den leiblichen Organismus bildet, und auf die irdisch-kosmischen Bedingungen des Hofes, die es aus dieser Anschauung zu einem organismischen Ganzen zu formen gilt. Diese Herausforderung ist deshalb so groß, weil es nicht nur um die Ausbildung einer „anschauenden Urteilskraft“ (Goethe) geht, bezüglich des gegenseitig sich fördernden Wechselverhältnisses zwischen Boden, Pflanzen und Tieren, sondern darum, dass dieses Urteil zur befeuernden Initiativkraft in der Arbeit wird.
  • Die Anfertigung einer Jahresarbeit dient der methodischen Einübung im Hinblick auf das vorgenannte Ziel. Thematisch greift die Jahresarbeit in der Regel Forschungsfragen auf, die sich aus der betrieblichen Praxis und der fortlaufenden Forschung auf dem Hof ergeben.
  • Das reduktionistisch eingeengte Bild der Landwirtschaft durch anthroposophisch-geisteswissenschaftliche, kosmologische, naturkundliche, landschaftsgeschichtliche sowie sozialkundliche Studien zu erweitern, d.h. die Belebung der Landwirtschaftswissenschaft zur Landbaukunst. Dem dienen auch künstlerische Übungen.
  • Durchführung von Exkursionen, Teilnahme an überregionalen Tagungen und zeitweilige Mitarbeit im Betrieb. Hier geht es um die Vertiefung der Anschauung und um die Vermittlung lebenskundlicher Grundlagen.
  • Weckung des Bewusstseins für die soziale Frage in doppelter Hinsicht: erstens, nach welchen Kriterien strukturiert sich eine Gemeinschaft zusammenarbeitender Menschen im Innenverhältnis des Hofes;
86

zweitens, wie kann sich die geistige, rechtliche und wirtschaftliche Trägerschaft des Hofes in das soziale Umfeld erweitern?

In das Studienjahr konnten bis 2014 maximal zehn Studenten aufgenommen werden; nach Ausbau der LBS können es jetzt mehr werden. Das Studienjahr hat inhaltlich einen festen Rahmen, nimmt aber in der Wahl der Themen Rücksicht auf die Bedürfnisse der zunehmend international zusammengesetzten Gruppe. Die Landbauschüler haben Gelegenheit, an dem vielfältigen Leben des Hofes teilzunehmen. Neben Blockkursen, die zuweilen auch die Nachmittage füllen, sind diese offen für persönliche Studien, für die Bearbeitung des gewählten Themas der Jahresarbeiten in Feld- und Laborversuchen sowie für die Mitarbeit im Betrieb. Den Studienabschluss bildet die Vorstellung der Forschungsarbeiten. Seit 2009 hat der Abschluss zusätzlich mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung, unter schulbehördlicher Begleitung, einen offiziellen Status mit der Berufsbezeichnung „Fachkraft im biologisch-dynamischen Landbau“ erhalten.

Die Kurse werden überwiegend durch die Mitglieder der BG bzw. Mitarbeiter des Hofes und der Forschung bestritten. Die Betreuung der Jahresarbeiten liegt ebenfalls in deren Händen. Zu speziellen Themen, wie Chemie, Kosmologie, Ernährungslehre, Kunst etc. werden externe Kursleiter/innen herangezogen. Die Leitung in Organisation und Verwaltung teilten sich von 1974 bis 1992 neben den betrieblichen Aufgaben und der Öffentlichkeitsarbeit L. Klett und M. Klett.

Die Nachfolge in der Leitung der LBS übernahm D. Bauer und seit 2001 M. von Mackensen mit seinem Team.

Die Forschung

In den 80er Jahren erweiterte sich die praxisorientierte Forschung von Dr. H. Spieß und Mitarbeitern, über die Forschung der Saatgutversuche nach kosmischen Konstellationen hinaus, auf:

87
  • Die Bearbeitung von Fragen der Wirksamkeit, Anwendung und Optimierung der biol.-dyn. Präparate in Feld- und Gefäßversuchen. Im Vordergrund standen die Frage nach der Wirksamkeit verschiedener Arten von Kieselpräparaten (H. Spieß 1997) sowie Fragen zur Wechselwirkung zwischen Kieselpräparatanwendung und Sorte (H. Spieß 2002) und bei kosmischer Konstellation (H. Spieß 1994). Ein weiteres langjähriges Versuchsprogramm bezog sich auf Maßnahmen zur Verbesserung der Kaliumversorgung von Boden und Pflanze. Dabei wurden grundlegende Untersuchungen zum Einfluss des Schafgarbenpräparates (Ch. Matthes und H. Spieß 2001) sowie eines Extraktes aus Digitalis purpurea, Fingerhut, (H. Spieß et al. 2001) in Verbindung mit der Düngung von Kalimagnesia und Gesteinsmehlen (H. Spieß 1999, 2001) durchgeführt.
  • Den Aufbau einer Saatgutforschung und einer eigenen Pflanzenzüchtung, die in den folgenden 30 Jahren den Hauptumfang der Forschungsarbeit eingenommen hat. Es geht um Fragen der Sorteneignung, des Saatgutnachbaus, um die Erhaltung von älteren Sorten sowie um die Züchtung neuer Sorten durch Auslese und Kreuzung (D. Bauer 2001, H. Spieß 2001). Dabei betreuen D. Bauer und Ch. Matthes den Bereich der Gemüsezüchtung und Dr. H. Spieß den Schwerpunkt Getreidezüchtung. Das Augenmerk wird auf die Herausbildung von Hofsorten gelenkt, d.h. auf Sorten von hoher Bewirtschaftungseffizienz, Standortangepasstheit, Nachbaufähigkeit (samenfest), Gesundheit (Resistenzen), der Haltbarkeit und vor allem der Nahrungsqualität. Über die Jahre ist es gelungen, sowohl bei den Gemüsen wie bei den Getreiden Erhaltungssorten zugelassen sowie ein Sortenspektrum anerkannt und in die Sortenliste aufgenommen zu bekommen.
  • Die Stärkung der Pflanzengesundheit durch die Entwicklung von Methoden des biologischen Pflanzenschutzes. Im Hinblick auf die Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten laufen Resistenzzüchtungen; ...
88
  • ... gegenüber dem Weizensteinbrand hat Dr. H. Spieß das heute im Handel erhältliche Pflanzenstärkungsmittel „Jillecur“ entwickelt und in Versuchen erfolgreich geprüft.
  • Die Ausarbeitung praxisreifer Methoden zur Unkrautregulierung. Abgesehen von den bewährten Verfahren ausgefeilter mechanischer Unkrautbekämpfung, bestätigte sich eine erfolgreiche Bekämpfung der Ackerkratzdistel, wenn im Rahmen der Fruchtfolge ein mehrjähriger, bestandesdichter Leguminosenanbau gelingt. Langjährige Versuche hinsichtlich der Technik der Unkraut- und Insektenveraschung und der Anwendung dieser Aschen zur Regulierung der Ackerkratzdistel, des Löwenzahns u.a. brachten keine durchschlagenden Erfolge. Diese Rückschläge sollten nicht den Mut sinken lassen, immer neue Anstrengungen zu Versuchen in dieser Richtung zu unternehmen.
  • Eine Forschungsbegleitung der Projektarbeiten der Studenten des Studienjahres der LBS.

Die Forschung auf dem Dottenfelderhof steht interdisziplinär in vielfältiger Kooperation mit anderen Forschungsinstituten.

Weiterverarbeitung und Hofladen

Die Bäckerei

Die wachsende Nachfrage nach Brot gab Veranlassung, das Backhaus um einen zweiten Steinofen, eine Mehlkammer mit ...

Die Käserei

In den ersten zehn Jahren beschränkte sich die Verkäsung noch auf einen geringen Teil des täglichen Gemelkes. Küchenecken und die alte Waschküche

90

waren Experimentier- und Produktionsstandort. Zusammen mit dem Bau des neuen Kuhstalls, 1982/83, entstand im ehemaligen Pferdestall ein professionelleres Zuhause. Diese „erste Käserei“ teilte sich den Raum mit der neuen Milchküche und dem Milchtanklager; die Anlage für die holzbefeuerte Heißdampferzeugung stand ...

Der Hofladen

Der Verkauf im Keller des Innenhofes platzte schon bald aus allen Nähten. Das Angebot beschränkte sich noch auf die Feld- und Gartenerzeugnisse des Hofes, Produkte aus Bäckerei, Käserei und in beschränktem Umfange auf Metzgereierzeugnisse sowie den Zukauf von Feingemüse vom Weilerhof / Groß-Ostheim. Organisation und Verkauf lagen in Händen der Frauen, ab Ende der 70er Jahre vor allem in Händen von Johanna Brandau. Das war mit sechs Verkaufstagen in der Woche nur leistbar durch ...

Die Verwaltung

Die betriebliche Buchführung, Korrespondenz etc. lag in den Jahren von 1968-75 in den Händen von L. und M. Klett, anfänglich mit Unterstützung von E. Becker. Das Büro war das Wohnzimmer der Kletts. Anschließend übernahm J. Klein, an den Rollstuhl gefesselt, bis ca. 1986 die Büroarbeit. Seine lebenskünstlerische Art belebte das dürre Zahlenwerk und bescherte dem Büro Tage und Nächte der offenen Tür. Das Büro war seit 1974 benachbart zur Kleinschen Wohnung im "neuen Haus" untergebracht.

Spätestens seit 1984 bis zu seinem Tod 1986 stand Herr Hollerbach Senior J. Klein zur Seite und übernahm sehr bald die Buchführung. In den folgenden Jahren zeichnete M. Hollerbach bis 2002 für die Büroarbeit verantwortlich, teils unterstützt von Angelika Herrmann und zuletzt von Leila Schmidt und, für die Lohnbuchhaltung, Sebastian Bauer. Die Betriebsbuchhaltung wurde in dieser Zeit an die landwirtschaftliche Buchstelle, LUB - Kassel, vergeben. 2002 kam Roland Wagner, übernahm die Leitung der immer komplexer gewordenen Gesamtverwaltung des Hofes und seiner assoziierten Unternehmungen und wurde Mitglied der BG. Ihm und seinen vier Mitarbeitern im Büro arbeiten zu: A. Voßmann für den Bereich Backwerkstatt, M. und P. Hollerbach für den Laden -

94

beides rechtlich selbstständige Unternehmungen - sowie S. Baßner für Käserei und Hofcafé.

Das Gesamtunternehmen Dottenfelderhof hat 150-170 Teil- und Vollzeitbeschäftigte, umgerechnet 70-80 AK. Hinzu kommen ...

Erwartungen an zukünftige Entwicklungsschritte

Aus der Entwicklungsphase von 1988-2014 konnte ich nicht aus eigenem Erleben berichten, sondern nur einzelne Tatsachen aufgrund meiner Außenwahrnehmungen nachzeichnen. Infolgedessen bleibt für diese Zeitspanne alles das unausgesprochen, was gewollt, erstrebt, was die Sprache des Schicksals war, was die Folgen des Generationswechsels, der Differenzierung der Motive und Andersartigkeit der Fähigkeiten betrifft sowie der KG-Gründung und damit ...n kann.

99

Abkürzungsverzeichnis

  • BG Betriebsgemeinschaft
  • biol-dyn. biologisch-dynamisch
  • CSA Community Supported Agriculture/ gemeinschaftsgestützte Landwirtschaft
  • dt Dezitonne
  • GTS Gemeinnützige Treuhandstelle
  • ha Hektar
  • HLG Nachfolgegesellschaft HLG und nach der Auflösung der Domänenkammer des Landes Hessen mit deren Aufgaben betraut
  • LBS Landbauschule Dottenfelderhof e.V.
  • LK Landwirtschaftlicher Kurs von Rudolf Steiner
  • LWG Landwirtschaftsgemeinschaft; später "LWG - Ernst Becker und Partner, Kommanditgesellschaft"
  • t Tonne

Einzelnachweise