Begründung und Werdegang des biologisch-dynamischen Landbaus auf dem Dottenfelderhof - Impulse und biografische Momente

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Gewidmet denen, die mit hohen Idealen hoffnungsvoll ganz am Anfang standen. Ernst Becker, Hans-Jörg Graf von Bothmer, Wolfgang Schaumann

Vorwort

Seit 58 Jahren bin ich mit dem Dottenfelderhof verbunden, mal in unmittelbarer Mitarbeit, mal aus großer Ferne. Mir war schon sehr bald, Ende der 50er Jahre, klar, dass dieser Hof mit seiner weit ins Mittelalter zurückreichenden Geschichte eine Aufgabe in der Wegbereitung der biologisch-dynamischen Bewegung in die kommenden Zeiten hinein hat. Seit der ersten Umstellung des Hofes auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise 1946 waren bis 1980 tiefe Einbrüche und große, ungeahnte Widerstände zu überwinden, aus welchen sich erst im vollen Umfang das Bewusstsein für diese Aufgabe heranbildete; ja, jedem dieser Bollwerke, die gegen die Absicht aufgerichtet wurden, dem Hof eine neue, eine biologisch-dynamische Zukunft zu geben, war es zu danken, dass sich die Einsicht und der Wille befestigten und die Flügeltore sich schließlich öffneten, um die Aufgabe in Gemeinschaft ergreifen zu können. Der rote Faden, der sich da über viele Jahre wob, hat sich erst nach und nach in dem Maße enthüllt, als die Schicksalsschritte durchlebt waren. So möchte ich versuchen, aus meinem eigenen Erleben und, gestützt auf die treu geführten Tagebuchaufzeichnungen von L. Klett, diesen roten Faden ein Stück weit auf meine Art nachzuzeichnen. Möge diese Rückschau in das Vergangene im Gegenwärtigen das Bewusstsein schärfen und erhellen für das, was dem Dottenfelderhof in Fortführung des Begonnenen obliegt.

Ich bitte zu entschuldigen, falls Wesentliches zur Sache unerwähnt blieb und einzelne Sachverhalte der Korrektur bedürfen.

Dottenfelderhof im Dezember 2014

Manfred Klett

Die Vorgeschichte und der Entstehungsmoment 1946

Nach seiner über 1000-jährigen Geschichte im Dienste und aus dem Geiste des abendländisch-christlichen Landbaus wurde im Zuge von dessen Niedergang der Dottenfelderhof 1946 von Ernst Becker (1923-1999) auf die biologisch-dynamische (biol.-dyn.) Wirtschaftsweise umgestellt. Es war dies eine ...

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Die erste Phase von 1946 - 1957 in den 30-jährigen Auseinandersetzungen von 1950 - 1980 um den Fortbestand des Hofes und die Sicherung der biologisch-dynamischen Bewirtschaftung

E. Becker trat 1946 an die Stelle seines verstorbenen Schwiegervaters und schloss zusammen mit seiner Schwiegermutter einen neuen Pachtvertrag mit dem Landgraf von Hessen-Kassel. Dieser aber musste in den Folgejahren im Zuge der Bodenreform, ...

Die Interimsphase von 1957/58 bis 1968: Drohender Untergang des Dottenfelderhofes

Ernst Becker trat einen schweren Weg an. Er blieb zwar Mitpächter; dieses Recht konnte ihm nicht genommen werden. Er wurde aber zum ausführenden Organ degradiert und ...

Schritte zur Rückgewinnung des Hofes im zweiten Teil der Interimsphase von 1964 - 1968

Seitdem ich 1957 mein Studium in Stuttgart-Hohenheim begann, blieb ich weiter mit E. Becker in Kontakt. Jedes Jahr besuchte ich ihn auf dem Hof und meine stets erste, stereotype Frage lautete: Können wir bezüglich des Hofes etwas unternehmen? Die Antwort war ...

Die Verhandlungen mit dem Landwirtschaftsministerium und der NSG von 1964 - 1968

Auf den erwähnten Brief an Dr. Tröscher und sein Antwortschreiben begann, über die Köpfe der NSG und ...

Der Pachtvertrag

Nachdem Herr Minister Dr. Tröscher den von ihm bereits unterschriebenen Brief von ...

Die Betriebsgemeinschaft

Auf Verlangen der NSG und des Ministeriums waren wir ... Die Gründungsmitglieder der BG waren:

  • Dieter Bauer (geb. 1938), Gartenbauingenieur, Ebba Bauer (geb. 1940), Gartenbauingenieurin, Hauswirtschaftsmeisterin;
  • Ernst Becker (1923 - 1999), Diplomlandwirt und Landwirtschaftsmeister, Irmgard Becker (1920-2009), Diplomlandwirtin;
  • Knud Brandau (1931), Agraringenieur, Johanna Brandau (1931-2014), Krankenschwester;
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  • Johannes Klein (1931-2008), Diplomlandwirt, geschieden;

Die fünf Männer der Betriebsgemeinschaft

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Die Frauen der Betriebsgemeinschaft

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Wie die Männer mit den großen Strukturschwächen der Böden (Stauwasserflächen), dem schlechten Zustand der Wirtschaftsgebäude und der Maschinen, traten auch die Frauen mit den ...

Das Mitarbeiter- und Wohnrechterbe

Mit der Pacht übernahm die BG die Weiterbeschäftigung von älteren Mitarbeitern von Frau G. Albert. Es waren die beiden Schwestern Marie Lehnert und Frau Schuster, treue ...

Die Handhabe der Einkommen

In den ersten zwölf Jahren waren die Familien der BG arm wie die Kirchenmäuse. Alle realisierbaren Privatvermögen waren in die Betriebsmasse eingegangen. Es herrschte eine vorbildliche Ausgabendisziplin. Die Bedürfnisse waren ja auch ...

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Die Betriebsfinanzen

Die BG lebte in den ersten Jahren von der Hand in den Mund. Die prekäre Finanzlage ergab sich aus den relativ geringen, jährlich aus den Felderträgen Einkünften, monatlich aus Milchgeld der Molkereigenossenschaft Frankfurt/M., dem Schlachtvieh (Schlachthof Frankfurt/M.) sowie aus den hohen Ausgaben an Pachtzins an die NSG, aus den ...

Die Jahre von 1968 - 1973

Die betriebliche Entwicklung

Mit großem Feuereifer und einem unerschütterlichen Vertrauen auf eine uns gnädige Zukunft stürzten wir uns den widrigen Bedingungen zum Trotz in die Arbeit. Fast nichts, was wir an totem Inventar übernommen hatten, entsprach den gängigen arbeitswirtschaftlichen Erfordernissen und ...

Die Auseinandersetzungen mit der NSG

Von den in Kapitel 6 erwähnten Grundbedingungen des Pachtvertrages war die unter d) genannte, "keine überwiegenden öffentlichen Interessen ... entgegenstehen", die für uns gefährlichste, weil ...

Die Jahre von 1973 - 1980

Ein neuer Pachtvertrag und noch einer!

Die Auseinandersetzungen mit der HLG nahmen kein Ende, ja spitzten sich zu. Seit Ende März 1973 befanden wir uns in einem pachtlosen Zustand. April, Mai, es wurde Juni, wir waren am Verzweifeln und erwogen eine ...

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Die Landwirtschaft

Ackerbau

In dem Jahrzehnt von 1973 bis 1980 kam es zur Erweiterung im Anbau der Feldfrüchte: Nach Aufgabe des Rapsanbaus, infolge des Zwanges zum Anbau der sehr stickstoffbedürftigen, erukasäurearmen Neuzüchtungen, entstand die zwölffeldige Fruchtfolge mit zweijährigem Kleegras zu Beginn des ...

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Obstbau

D. Bauer pfropfte Althochstämme auf dem Baumstück hinter dem Steinbruch, zog Jungbäume heran und legte auf den elf Morgen an ...

Hecken

Im Zuge der Regulierung des Wasserabflusses aus dem Unterland und der Weiden vor der Bahn wurden zwei Teiche angelegt und ringsum ...

Viehhaltung

Milchvieh

Die von E. Becker seit Anfang der 50er Jahre aufgebaute Zweinutzungs-Herdbuchherde erbrachte unverändert bei guter Gesundheit eine sehr gute Milchleistung. Die räumliche Begrenzung in den Altgebäuden sowie die Pachtunsicherheit verhinderten die dringend notwendige Bestandserweiterung. Ein tragischer Einbruch aus heiterem Himmel geschah Mitte der 70er Jahre: Das neue Tierseuchengesetz schrieb die Ausmerzung des seuchenhaften Verkalbens (Abortus Bang) vor. Klinische Fälle hatten wir nicht, wohl aber 19 Infektionsträger unter 45 Kühen. Die offizielle Empfehlung war, den gesamten Bestand abzuschlachten und durch Zukäufe einen neuen aufzubauen. Wir entschieden uns für die unsicherere und langwierigere, vom Gesetzgeber tolerierte Alternative, einer sukzessiven Ausmerzung. Es war ein Trauerspiel, der Kuhstall war fast halbleer und wir konnten auch nicht sicher mit einer bangfreien

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Nachzucht rechnen. Es dauerte Jahre, bis der Bestand wieder vollzählig war und uns Bangfreiheit bescheinigt wurde.

Schweine

Durch Kees Vellenga (siehe Kapitel 10.3) kam die Schweinehaltung wieder in Gang. Er richtete sie in dem ehemaligen mittleren Kuhstall des Westflügels ein, ...

Hühner

Auf Initiative von E. Bauer wurde die Hühnerhaltung vom Stand der Selbstversorgung zu einem Betriebszweig erweitert, um ...

Bauliche Veränderungen

1974 wurde von der NSG das Becker-Klettsche Wohnhaus gebaut (Umzug November 1974), wodurch sich die beengte Wohnsituation im alten Wohnhaus (Erdgeschoss – Familie Bauer, 1. Stock – Familie Brandau und Klett) zu aller Zufriedenheit normalisierte. Die folgenden Baumaßnahmen wurden ...

9.3 Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft

In den 70er Jahren quoll der Betrieb über mit Lehrlingen, weniger Praktikanten. Es waren bis zu neun Lehrlinge in der Landwirtschaft und drei in der Hauswirtschaft. In ihrer Ausbildung erfüllte sich das Ideal, dass die Landwirtschaftslehrlinge nacheinander die Betriebszweige durchlaufen konnten und ...

Weiterverarbeitung und Hofladen

Zu Anfang war es rein die Absicht, den Hof aus den Erkenntnisquellen der Anthroposophie und besonders jene des Landwirtschaftlichen Kurses R. Steiners zu einem höheren Ganzen zu gestalten. Diese Absicht schloss auf geistig-kulturellem Feld Ausbildung und Forschung ein. Die Erweiterung auf wirtschaftliche Tätigkeiten, die der landwirtschaftlichen Urproduktion nachgeordnet sind, war noch nicht aktuell. Wie die letzten Reste bäuerlich traditioneller Landwirtschaft bis in die 60er/70er Jahre nachwirkten, so auch die örtlich gewachsenen Strukturen von Handwerk und Gewerbe. Es gab z.B. noch den Bäcker und Metzger, den Sattler und Viehhändler sowie, ...erhof.

Die Bäckerei

Der Grund, warum wir bald anfingen, im vorhandenen einofigen Backhaus Brot zu backen, war die Deckung des Eigenbedarfs - und das aus selbsterzeugtem Getreide (vgl. Kapitel 7.2). Wenn Überschuss an Brot und Gemüse aus dem Hofgarten anfiel, landete er auf einem Brett am Hoftor, ein Angebot an Spaziergänger zur Mitnahme. Ein Napf stand empfangsbereit für einen Obolus. Doch mit dem Bekanntwerden des Holzofenbrotes nahm die Nachfrage unaufhaltsam zu. Von 1974 an erfolgte ...

Der Hofladen

So wenig wie das Brotbacken zum Verkauf war der Hofladen geplant. Die Nachfrage nach Feldgemüse (Kohl, Zwiebeln, Rote Rüben, Möhren sowie Kartoffeln - vgl. Kapitel 10.1) rief nach einem Ersatz für das Brett am Hoftor. Es wurde die Einrichtung eines geregelten Verkaufs am Freitagnachmittag und Samstag jeder Woche notwendig. Es folgte dann seit 1974 ein weiterer Verkaufstag am Dienstag. Die Palette der hofeigenen Produkte wurde ergänzt durch ...

Die Käserei

Seit Anfang der 70er Jahre liefen auf Initiative von E. Bauer erste Käse-Herstellungsversuche. In einer Ecke der alten Gutsküche wurde Frisch- und Kochkäse für den Eigenbedarf hergestellt. Hilfe bekamen die Frauen dann von einem alten Käser aus dem elsässischen Münstertal, der eine Woche auf dem Hof weilte und ihnen die Kunst der Herstellung des Münsterkäses beibrachte. Bald verlagerte sich die Arbeit in die geräumigere Waschküche. Ein Praktikant brachte vom Sperrmüll einen Kupferkessel auf den Hof. Mit diesem begann eine ...

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Das Schlachten

In Zusammenarbeit mit der Metzgerei Olbrich wurde 1972 damit begonnen, Rinder, abgehende Kühe und später Schweine ...

Die Landbauschule

Parallel zur Aufbauarbeit des Hofes verliefen die Vorbereitungen zur Gründung der Landbauschule (LBS). Untrennbar verknüpft mit unserer Intention, der Praxis eines aus der Anthroposophie erweiterten Landbaus, war die Ausbildungs- und Forschungsfrage. Unser erster Lehrling kam 1969, und dann

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in den 70ern fing es an zu strömen. Sie alle, wie auch die Lehrlinge auf den anderen Betrieben, kamen aus der Stadt; sie alle hatten nicht mehr das aus seinen traditionellen Quellen schöpfende Bauerntum, das dörfliche Gemeinwesen, nicht mehr die einst aus der Integration von Ackerbau und Viehhaltung gegründete Landbaukultur kennengelernt. Dieser tragende Fundus, dieser einst im Erbstrom fortwirkende Weisheitsstrom, musste in Metamorphosen auf neue Art ins Bewusstsein gehoben werden. Vor dieser ganz neuen Herausforderung stand die biol.-dyn. Ausbildung seit Anfang der 70er Jahre. Einzelne biol.-dyn. Landwirte und Gärtner wurden sich ihrer bewusst. Dies führte 1973 im April zur ersten der dann jährlich stattfindenden Lehrherrntagungen auf dem Dottenfelderhof - seit 1976 in Verbindung mit der Mitgliederversammlung der LBS - und zur Begegnung mit Bernhard Phillips, dem allzu früh Verstorbenen, der mit ungeheurer Willenskraft als gebürtiger Engländer die biol.-dyn. Ausbildung im Bodenseegebiet vorantrieb und mit seinen jungen Jahren 1976 zum Gründer der Landbauschule Bodensee wurde. Der Impuls lag in der Luft, denn auch von anderer Seite erscholl der Ruf: W.-E. Barkhoff sagte seit 1972 wiederholt zu M. Klett: "Ihr, das heißt die Betriebsgemeinschaft, müsst eine Art Volkshochschule für biologisch-dynamischen Landbau auf dem Hof gründen; wenn Ihr es nicht macht, wer denn sonst!" Auch die Waldorfschulen Kassel, Marburg und Freiburg drängten auf den Hof. Die Zeit der Landbauepochen mit neunten, später mit zwölften Klassen (Kassel) hatte begonnen. 1973/74 fiel die Entscheidung zur Begründung der Landbauschule. W. E. Barkhoff, selbstlos und hilfsbereit wie immer, arbeitete die Vereinssatzung aus, focht die Gemeinnützigkeit durch, und wir stürzten uns in die infrastrukturellen Vorbereitungen (1974 Beginn des Ausbaus Jugendherberge, alter Saal etc.).


Am 5. Januar 1975 fand die Eröffnung des ersten Januarkurses mit zwölf Teilnehmern im soeben geräumten Wohnzimmer Klett statt. Kletts waren, dem Auszug Beckers ins neue Haus folgend, ein Stockwerk höher in deren vorherige Wohnung gezogen. Gekocht wurde für den Kurs in der alten Küche von Kletts.

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1976 fand der Januarkurs dann sein Domizil bis Ende der 80er Jahre im alten, in neuem Glanz erstrahlenden Kreuzgewölbe-Saal, dem ältesten, aus den Zeiten noch weit vor dem 30-jährigen Krieg stammenden Gebäudeteil des Hofes.

Der vierwöchige Kurs sollte in das Gesamtpanorama des biol.-dyn. Landbaus einführen: in die Prinzipien der Gestaltung des Hofes zu einem möglichst in sich geschlossenen Organismus, sich gliedernd in Acker-, Garten-, Obst- und Heckenbau sowie Viehhaltung mit Wiesen- und Weidewirtschaft. Der Ausbildungsplan beinhaltet ferner Fragen bewusstseinsgeschichtlicher Zusammenhänge in der Entwicklung der Landwirtschaft, der Sozialgestaltung, der goetheanistischen Art der Naturbetrachtung etc. sowie Fragen nach dem Wesen des Menschen, der Erde und des Kosmos. Dieses gedrängte Konzept hat im Wesentlichen Bestand bis heute. Der Kurs wurde inhaltlich getragen von den Mitgliedern der BG, sowie extern von Dr. W. Schaumann († 2008), G. Glöckler (bis heute), G. Krauch († 2014) und W. E. Barkhoff († 1994). Zu speziellen Themen der Praxis wurden erfahrene Landwirte und Gärtner, zu Fragen der Konstellationsforschung anfangs Marie Thun und später Dr. H. Spieß hinzugezogen.

Die große Zusammenschau biol.-dyn. Zusammenhänge des Januarkurses bedeutete für viele der Teilnehmer einen biografischen Ruck, einen Impuls, die Ausbildung selber bewusster in die Hand zu nehmen und Ideen zu denken, die zur Arbeit begeistern, die sie "durchfreuen" (R. Steiner).

Schon bald war klar, dass der Januarkurs nur ein Anfang sein konnte. Es artikulierte sich das Bedürfnis nach einer Weiterbildung nach Abschluss der Lehrzeit, insbesondere nach einer Vertiefung anthroposophischer Inhalte. So wurde, wiederum über vier Wochen gehend, der Februarkurs eingerichtet. Der erste begann am 30. Januar 1978. Das Curriculum erstreckt sich bis heute über zwei Jahre. Das heißt, in dem Kurs des einen Jahres werden die Vorträge 1-4 des Landwirtschaftlichen Kurses R. Steiners studiert und damit zusammenhängend Themen, die allgemein das Zusammenwirken von Erde

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und Kosmos, den Acker- und Pflanzenbau (u.a. Geologie, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Düngung, Pflanzenzüchtung) ferner phänomenologische Grundlagen der Chemie und Physik (Wärme) betreffen sowie der Lehre von den Elementen und Äthern. In dem Kurs des folgenden Jahres werden die Vorträge 5-8 studiert sowie Themen, die neben kosmologischen Betrachtungen allgemein auf das Wesen der Tierwelt eingehen sowie speziell zu Fragen bezüglich Anatomie, Physiologie, Haltung, Fütterung, Pflege und Züchtung der Haustiere.

Auch in diesem Kurs steht die Bemühung im Vordergrund, die Fruchtbarkeit der Anthroposophie für die Praxis erkennbar und erlebbar zu machen sowie des sich Übens in "anschauender Urteilskraft" im Sinne Goethes.

Die Initiative der Landbauschule wuchs aus dem Hof heraus und bildet über die Jahre mit diesem eine ungetrennte Einheit. Die Überfülle der Veranstaltungen, wie u.a. Tagungen, Nord-Süd-Gespräche, zunehmender Strom von Besuchergruppen aus aller Welt, Koch-, Korbflecht- und Pflanzenfärbekurse, Konzerte spielten sich unter diesem gemeinsamen Dach ab. Die Organisation der Innenwirtschaft nahm damit solche Ausmaße an, dass im September 1978 auf Initiative von E. Bauer die wöchentliche Frauenarbeitsbesprechung eingeführt wurde.

Die Forschung

Sechs Mitglieder der BG - vier der Männer sowie zwei der Frauen (E. Bauer und L. Klett) - waren zuvor am Institut für biol.-dyn. Forschung tätig. Die Beteiligten fassten den Umzug auf den Hof nicht als einen Bruch mit der Vergangenheit auf, sondern als einen Wechsel der Forschung am Labortisch zu einer solchen unter freiem Himmel. Die methodischen Konsequenzen dieses Wechsels waren uns allerdings zunächst nicht klar. Wir gingen in der Arbeit unter, das heißt, an ein experimentelles Arbeiten wie zuvor war gar nicht zu denken. Wir tauchten aber, jeder auf seine Art, mit eigener forschender Gesinnung in das Meer an physischer Arbeit ein. Die Ideen, die uns zu und in

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dieser Arbeit leiteten, blieben nicht mehr bloß denkend im Ungefähren, sondern nahmen ihren Leidensweg der Prüfung im täglichen Tun. Zum Beispiel ist die "Auffassung (Idee) der Landwirtschaft als eine Art Individualität und ihre möglichst organismische Geschlossenheit" (frei nach R. Steiners zweitem Vortrag L.K.) das Eine, das Andere ist, was davon in der konkreten Gestaltung des Hofes sichtbar und erlebbar wird. Der Forschungsweg, der durch die ideengeleitete Arbeit hindurch führt, ist die Suche danach, wie sich die Ganzheit des Hofes an der leiblichen, seelischen und geistigen Ganzheit des Menschen misst. Natürlich ergaben sich auch spezielle Forschungsfragen, wie die nach der Praxis der Insekten- und Unkrautveraschung (D. Bauer, später H. Spieß), nach der Methodik der Pflanzenzüchtung (D. Bauer, J. Klein), die experimentell angegangen wurden. Grundsätzlich aber stand und steht vor der BG die Frage: Wie wird man sich des eigenen Tuns bewusst, wie erlangt man durch das Tun Geistesgewissheit bezüglich der geisteswissenschaftlichen Anregungen R. Steiners? Damit ist ein Forschungsweg in der Landwirtschaft gekennzeichnet, der in hohem Grad individuelle Züge trägt, der aber zugleich dazu verhilft, die Erfahrung aus der Praxis zur subjektiv-objektiven Geistesgewissheit aufzuhellen. 1977 entstand mit Dr. Hartmut Spieß die Zweigstelle des Instituts für biol.-dyn. Forschung in Darmstadt auf dem Dottenfelderhof. Die ersten Forschungsjahre bis 1981 waren ausschließlich - parallel zu anderen Forschungsfragen bis 1994 - der Bestätigung der Ergebnisse der Konstellationsversuche Maria Thuns (Mond-Tierkreis) gewidmet. Unter Mithilfe seiner Frau Regine Spieß hat er statistisch verwertbare Exaktversuche mit breiter Variation der Versuchsanstellung durchgeführt. Trotz aller Akribie, seinem großen Fleiß, seiner nie versiegenden Geduld und Hingabe und seiner anfänglich festen Überzeugung, dass es nur etwas bereits Feststehendes zu verifizieren gäbe, fand er keine eindeutige Bestätigung der Thun'schen kalendarischen Aussagen. Seine Forschungsergebnisse fasste H. Spieß in seinem 1994 erschienenen Buch zusammen: "Chronobiologische Untersuchungen mit

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besonderer Berücksichtigung lunarer Rhythmen im biologisch-dynamischen Pflanzenbau".

Die Jahre von 1980 - 1988 mit Streiflichtern bis 2014

Der Kauf des Kernbetriebes durch die Landbauschule und der Abschluss eines 18-jährigen Pachtvertrages ...

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Pflanzenbau

Nach Beendigung der Zusammenarbeit mit der Firma Eden in den 70er Jahren wurde die Anbaufläche von Möhren und Rote Rüben auf das Maß des Bedarfs über die Ab-Hof-Vermarktung reduziert und umgekehrt diejenige von Runkelrüben und Kartoffeln erweitert. Durch die steigende Viehzahl nach 1983 musste auch der Feldfutterbau intensiviert sowie der Anbau der Wintergerste zu Kraftfutterzwecken ausgeweitet werden.

Wie es von Anfang an unser Anliegen war, das Saatgut für den Nachbau der Getreidesorten im Betrieb zu halten, so geschah dies auf Initiative von D. Bauer seit den 70er Jahren nach und nach auch für die Feldgemüsekulturen. Damit war von vornherein die Auswahl von geeignet erscheinenden Samenträgern verbunden. Was im Falle des Anbaus zugekauften, zertifizierten Saatgutes, z.B. einer neuen Getreidesorte zu beobachten war, nämlich die jahrelange Adaptionsdauer an den Standort und die veränderten Anbaubedingungen, das trat schlagartig und mit verheerenden Folgen im Anbaujahr 1980 mit zugekauftem Saatgut von Weißkohl auf. Weil das von D. Bauer herangezogene Saatgut nicht ausreichte, ergänzte er es durch Zukauf von Saatgut der gleichen Sorte. Der Aufwuchs des Letzteren verfaulte durch starken Befall der Raupen von Kohlweißlingen nahezu vollständig, während der Reihe an Reihe daneben stehende Bestand aus eigenem Nachbau einen, wenn auch reduzierten, Ertrag brachte. Diese Erfahrung läutete die Geburtsstunde der Gemüsezüchtung von D. Bauer auf dem Dottenfelderhof ein (vgl. Kapitel 10.6).

Ein Jahr später, 1981, begann H. Spieß mit der Erhaltungszüchtung der jahrzehntelang auf dem Hof nachgebauten Roggensorte "Pettkuser Normalstroh". Daraus erwuchs unter seiner Ägide das umfangreiche Programm der Erhaltungs- und Neuzüchtungen von Getreidesorten auf dem Dottenfelderhof und nicht zuletzt zu dessen Wohl (vgl. Kapitel 10.6).

Es waren Experimentierjahre bezüglich der Bodenbearbeitung. 1978 lernten wir Hans Kemink kennen, der uns sein einfaches, multifunktionales

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Bodenbearbeitungsgerät vorführte. Sein Konzept geht über das Prinzip "tieflockern und flach mischen" hinaus. Es besteht darin, den Boden mit einem schmalen Meißelschar im Abstand von 50 cm in mehreren Arbeitsgängen bis auf eine Tiefe von maximal 40 cm zu durchfahren, ohne dass dabei die Kapillarität des dazwischen liegenden Bodenbalkens unterbrochen wird. In derselben Spur läuft ein Häufelschar, das den garen Oberboden bzw. die Getreidestoppel flach nach beiden Seiten auf die ungestörten Bodenbalken aufwirft. Die dabei entstehenden Dämme können durch Versetzen der Häufelkörper wieder in die Furchen zurückgeworfen und so der Acker zur Saat eingeebnet werden. Dieses Konzept wirkte sehr überzeugend und wurde von K. Vellenga mit großem Eifer über Jahre praktiziert. Es forderte zum genauen Beobachten auf und, darauf aufbauend, zum Abstimmen der aufeinanderfolgenden Arbeitsgänge. Es erhob die bloße Technik der Bodenbearbeitung wieder zur Kunst. Dem Vorteil des geringeren Zugkraftbedarfs und demzufolge geringeren Bodendrucks stand der große Nachteil der Häufigkeit der Arbeitsgänge - also kaum eine Energieersparnis - sowie der höhere Zeitaufwand gegenüber. So mussten wir uns nach und nach von dem bemerkenswerten Kemink'schen System verabschieden bzw. es modifizieren.

Der Dünger

Der Dünger aus dem alten Kuhstall lagerte bis 1984 als Stapelmist auf der Betonplatte im westlichen Teil des Innenhofes, mit Jauche- und Regenwasserabfluss in die angrenzende Jauchegrube. Im Stapel wurde er mit den Präparaten versorgt. Der Rindermist fiel über Winter in den drei Laufställen des nördlichen Scheunenflügels an. Ohne zwischenzeitlich ausmisten zu müssen, lagerte er dort und wurde zusammen mit dem Stapelmist im August/September auf die Hackfruchtschläge des kommenden Jahres (300 dt/ha) bzw., soweit hinreichend vorhanden, zum Hafer als abtragendes Fruchtfolgeglied (100 dt) ausgebracht.

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Im neuen Kuhstall fällt der Mist im Laufstall an, einschließlich des am Stand der Kühe anfallenden Mistes, der von Hand durch Klappen in den Laufraum befördert und dort verteilt wird. Die Präparation findet mehrmals durch das Jahr statt. Auf diesem Weg entsteht seit 1984 bei minimalen Verlusten ein Dünger von sonst unerreichter Qualität. Es ist ein Dünger, der der Dynamik der ackerbaulichen Bodenprozesse wie zugemessen ist.

Feldgemüse und Obstbau

Im Feldgemüse- und Obstbau traten keine großen Veränderungen ein. Die Auspflanzung der Lücken in den Reihen der Hochstämme des Baumstücks an der Straße misslang, wegen Virusbefalls der Jungbäume. Eine Nachpflanzung geschah seither nicht.

In der Tierhaltung geschah der größte Entwicklungsschritt dieser Jahre mit der Erweiterung der Milchviehherde auf 80 Tiere und der Nachzucht im Zuge des Neubaus des Kuh- und Rinderstalls. Am 14.10.1983 wurde bei 29 Kühen Q-Fieber (Queensland-Fieber) nachgewiesen, eine meldepflichtige Seuche, die uns noch bis 1984 in Atem hielt.

Der Bestand blieb durch die folgenden Jahre stabil. 2014 waren es neben den 80 Milchkühen, 36 Rinder und 18 Kälber zur Nachzucht sowie zwölf Mastkälber.

Nach zwischenzeitlicher Unterbrechung der Schweinehaltung nach dem Weggang von K. Vellenga (2004-2010) wurde 2008/09 damit begonnen, den Stall im Altgebäude für die Sauenhaltung umzubauen und in sechs Boxen für Einzel- und Gruppenhaltung aufzugliedern, mit Ausläufen nach der Hof- und Niddaseite. Hinzu kam 2009/10 der Neubau eines Maststalles mit fünf Abteilungen zu je 15 Mastschweinen. Jede Abteilung hat eine geschützte Liegebox, eine Lauffläche und, anschließend im Offenstall, einen Futtertrog mit eingestreutem Wühlraum.

Anfangs wurde mit einer Kreuzung der Rassen Duroc und New Hampshire gearbeitet, in die seit 2013 vermehrt das Deutsche Landschwein mit Pietrain-

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Anteil eingekreuzt wird. 2014 umfasste der Bestand einen Eber, sechs Sauen, 48 Mastschweine und 26 Ferkel.

Im Jahre 2005 wurde die bestehende Hühnerhaltung mit 800 Legehennen im Wechselauslauf mit der Einrichtung eines Hühnermobils um weitere 650 aufgestockt. Das Hühnermobil rotiert auf der "Johannesweide", auf dem Luzerneschlag innerhalb der Gemüsefruchtfolge. Die insgesamt 1450 Legehennen sind eine "Lohmann-Brown+"-Züchtung.

Wirken und Wandel der Betriebsgemeinschaft

Anfang der 80er Jahre löste sich E. Becker aus der Verantwortung und praktischen Arbeit des Stallbereiches heraus. Er wirkte aber, solange es seine Gesundheit erlaubte, aktiv an der gemeinsamen anthroposophischen Studienarbeit und den Entscheidungsprozessen in den Arbeitsbesprechungen mit. E. Becker hatte einen hohen Realitätssinn im Praktischen wie im Spirituellen. Er dachte aus der Ganzheit des Hofes heraus und, so sehr er als freier Geist ... das Glück blieb ihnen bis heute hold.

Ende des Jahres 2014 bilden folgende Mitglieder die Betriebsgemeinschaft:

  • Martin und Friederike Hollerbach; er ehemals für den Kuhstall, seit 2002 für den Hofladen zuständig, sie als Hauswirtschaftsmeisterin für die Hof- und Landbauschulküche zuständig.
  • Martin und Beate von Mackensen; er ehemals für Kuh- und Schweinestall zuständig. Seit 2001 hauptamtlich Leiter der LBS, sie ehemals in der Hauswirtschaft mit großem Mittagstisch für Lehrlinge und Praktikanten, Leitung von Workshops, Gästebetreuung bei vielen auf dem Hof stattfindenden Veranstaltungen, seit 2014 Klassenlehrerin an der Freien Waldorfschule Frankfurt/M.
  • Albrecht und Barbara Denneler; er für Garten- und Obstbau zuständig, sie als Gärtnerin, Hauswirtschaftsmeisterin mit vielerlei Aufgaben in der Innenwirtschaft (u.a. Köchin für das Hofcafé und für vielerlei Veranstaltungen) und seit 2014 mit der Leitung der Hof- und Landbauschulküche betraut.
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  • Ansgar Vortmann; zuständig für den Ackerbau, die Hühnerhaltung, Getreideaufbereitung und -müllerei sowie für die Geschäftsführung der Backwerkstatt.
  • Roland Wagner; zuständig für die Gesamtverwaltung.
  • Die Senioren Dieter Bauer und Knud Brandau sind aus der aktiven Mitarbeit der BG ausgeschieden, nehmen aber noch an den Beratungen teil.

Außerhalb der BG stehend, tragen folgende Mitarbeiter Verantwortung für einzelne Sachbereiche:

  • Jeanette Klöss; zuständig für den Kuhstall
  • Margarethe Hinterlang; zuständig für den Schulbauernhof und Öffentlichkeitsarbeit
  • Siegfried Baßner; zuständig für Käserei, Marktwägen und Wochenmärkte sowie Hofcafé
  • Irina Vortmann; zuständig für Aufgaben im Hofcafé und Laden.
  • Matthias König; zuständig für den Ackerbau und die Präparatewirtschaft.

Die kollegiale Zusammenarbeit und Betriebsführung im Sinne einer BG, herausgewachsen aus der zu bewältigenden Vielfalt an Aufgaben in einem biol.-dyn. Betrieb, fand bei den Lehrlingen vor allem in den 70er/80er Jahren lebhaftes Interesse. Diese waren es, die in der Folgezeit neue derartige Pflanzstätten gründeten, wie Mahlitzsch, Gut Rothenhausen, Schepershof, Hundsrückhöfe u.v.m. Das Prinzip der BG hat manche Wandlung, auch Rückschläge und Differenzierungen durchlebt; Letzteres in der CSA-Bewegung (gemeinschaftsgestützte Landwirtschaft). Das Prinzip der innerbetrieblichen Arbeitsteilung bei gleichzeitiger flexibler Zusammenarbeit im Hinblick auf die Durchgestaltung des Hofes zu einer organismischen Ganzheit, ist aus der biol.-dyn. Bewegung nicht mehr wegzudenken.

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Die Landwirtschaftsgemeinschaft

Die Idee zur Gründung von Landwirtschaftsgemeinschaften geht auf W. E. Barkhoff zurück. Sie fußt auf einem Hinweis R. Steiners in einer Fragen-Beantwortung nach einem Vortrag in Stuttgart am 16. Juni 1920: „Die Konsequenzen der Dreigliederung für Grund und Boden“ (siehe Roman Boos: Landwirtschaft und Industrie, Wortlaute R. Steiners zu „Neuordnung des Bodenrechts als soziale Forderung der Gegenwart“, Hrsg.: Forschungsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, Darmstadt). Zusammengefasst lautet dieser Hinweis in meinen Worten: Jeder Mensch erlangt kraft Geburt ein Anrecht auf ein Stück Grund und Boden – das gilt ideal-real –, das herauskommt, wenn man ein bestimmtes Territorium teilt durch die Zahl der Einwohner dieses Gebietes.

Im Zusammenhang mit der Freigabe aller Vermögenswerte an lebendem und totem Inventar durch die BG wurde der Entschluss zur Begründung der Landwirtschaftsgemeinschaft Dottenfelderhof (LWG) gefasst. Die Gründungsversammlung fand am 14.02.1981 statt. Die Rechnung über die produktive Landfläche, auf die jeder Einwohner ...

Die Landbauschule

Zu dem vierwöchigen Einführungskurs seit 1975, dem bald nachfolgenden Fortbildungskurs im Februar und einzelnen Fachkursen, kam 1988 das landwirtschaftliche Studienjahr hinzu. Es erwies sich als immer dringlicher, von

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biol.-dyn. Seite, eine mit dem Leben eines Hofes verbundene schulische Ausbildung anzubieten, nachdem der Entwicklungsfaden der traditionellen Landwirtschaft abgerissen und diese in die Sackgasse des Agrarindustrialismus geraten war. So ist das Anliegen des Studienjahres:

  • Das gegliederte Ganze des biol.-dyn. geführten Hofes im Gedankenbild zu erfassen und daraus zu gestalten. Dabei muss die Aufmerksamkeit auf die geisteswissenschaftliche Anschauung der Individualität des Menschen gelenkt werden, die den leiblichen Organismus bildet, und auf die irdisch-kosmischen Bedingungen des Hofes, die es aus dieser Anschauung zu einem organismischen Ganzen zu formen gilt. Diese Herausforderung ist deshalb so groß, weil es nicht nur um die Ausbildung einer „anschauenden Urteilskraft“ (Goethe) geht, bezüglich des gegenseitig sich fördernden Wechselverhältnisses zwischen Boden, Pflanzen und Tieren, sondern darum, dass dieses Urteil zur befeuernden Initiativkraft in der Arbeit wird.
  • Die Anfertigung einer Jahresarbeit dient der methodischen Einübung im Hinblick auf das vorgenannte Ziel. Thematisch greift die Jahresarbeit in der Regel Forschungsfragen auf, die sich aus der betrieblichen Praxis und der fortlaufenden Forschung auf dem Hof ergeben.
  • Das reduktionistisch eingeengte Bild der Landwirtschaft durch anthroposophisch-geisteswissenschaftliche, kosmologische, naturkundliche, landschaftsgeschichtliche sowie sozialkundliche Studien zu erweitern, d.h. die Belebung der Landwirtschaftswissenschaft zur Landbaukunst. Dem dienen auch künstlerische Übungen.
  • Durchführung von Exkursionen, Teilnahme an überregionalen Tagungen und zeitweilige Mitarbeit im Betrieb. Hier geht es um die Vertiefung der Anschauung und um die Vermittlung lebenskundlicher Grundlagen.
  • Weckung des Bewusstseins für die soziale Frage in doppelter Hinsicht: erstens, nach welchen Kriterien strukturiert sich eine Gemeinschaft zusammenarbeitender Menschen im Innenverhältnis des Hofes;
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zweitens, wie kann sich die geistige, rechtliche und wirtschaftliche Trägerschaft des Hofes in das soziale Umfeld erweitern?

In das Studienjahr konnten bis 2014 maximal zehn Studenten aufgenommen werden; nach Ausbau der LBS können es jetzt mehr werden. Das Studienjahr hat inhaltlich einen festen Rahmen, nimmt aber in der Wahl der Themen Rücksicht auf die Bedürfnisse der zunehmend international zusammengesetzten Gruppe. Die Landbauschüler haben Gelegenheit, an dem vielfältigen Leben des Hofes teilzunehmen. Neben Blockkursen, die zuweilen auch die Nachmittage füllen, sind diese offen für persönliche Studien, für die Bearbeitung des gewählten Themas der Jahresarbeiten in Feld- und Laborversuchen sowie für die Mitarbeit im Betrieb. Den Studienabschluss bildet die Vorstellung der Forschungsarbeiten. Seit 2009 hat der Abschluss zusätzlich mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung, unter schulbehördlicher Begleitung, einen offiziellen Status mit der Berufsbezeichnung „Fachkraft im biologisch-dynamischen Landbau“ erhalten.

Die Kurse werden überwiegend durch die Mitglieder der BG bzw. Mitarbeiter des Hofes und der Forschung bestritten. Die Betreuung der Jahresarbeiten liegt ebenfalls in deren Händen. Zu speziellen Themen, wie Chemie, Kosmologie, Ernährungslehre, Kunst etc. werden externe Kursleiter/innen herangezogen. Die Leitung in Organisation und Verwaltung teilten sich von 1974 bis 1992 neben den betrieblichen Aufgaben und der Öffentlichkeitsarbeit L. Klett und M. Klett.

Die Nachfolge in der Leitung der LBS übernahm D. Bauer und seit 2001 M. von Mackensen mit seinem Team.

Die Forschung

In den 80er Jahren erweiterte sich die praxisorientierte Forschung von Dr. H. Spieß und Mitarbeitern, über die Forschung der Saatgutversuche nach kosmischen Konstellationen hinaus, auf:

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  • Die Bearbeitung von Fragen der Wirksamkeit, Anwendung und Optimierung der biol.-dyn. Präparate in Feld- und Gefäßversuchen. Im Vordergrund standen die Frage nach der Wirksamkeit verschiedener Arten von Kieselpräparaten (H. Spieß 1997) sowie Fragen zur Wechselwirkung zwischen Kieselpräparatanwendung und Sorte (H. Spieß 2002) und bei kosmischer Konstellation (H. Spieß 1994). Ein weiteres langjähriges Versuchsprogramm bezog sich auf Maßnahmen zur Verbesserung der Kaliumversorgung von Boden und Pflanze. Dabei wurden grundlegende Untersuchungen zum Einfluss des Schafgarbenpräparates (Ch. Matthes und H. Spieß 2001) sowie eines Extraktes aus Digitalis purpurea, Fingerhut, (H. Spieß et al. 2001) in Verbindung mit der Düngung von Kalimagnesia und Gesteinsmehlen (H. Spieß 1999, 2001) durchgeführt.
  • Den Aufbau einer Saatgutforschung und einer eigenen Pflanzenzüchtung, die in den folgenden 30 Jahren den Hauptumfang der Forschungsarbeit eingenommen hat. Es geht um Fragen der Sorteneignung, des Saatgutnachbaus, um die Erhaltung von älteren Sorten sowie um die Züchtung neuer Sorten durch Auslese und Kreuzung (D. Bauer 2001, H. Spieß 2001). Dabei betreuen D. Bauer und Ch. Matthes den Bereich der Gemüsezüchtung und Dr. H. Spieß den Schwerpunkt Getreidezüchtung. Das Augenmerk wird auf die Herausbildung von Hofsorten gelenkt, d.h. auf Sorten von hoher Bewirtschaftungseffizienz, Standortangepasstheit, Nachbaufähigkeit (samenfest), Gesundheit (Resistenzen), der Haltbarkeit und vor allem der Nahrungsqualität. Über die Jahre ist es gelungen, sowohl bei den Gemüsen wie bei den Getreiden Erhaltungssorten zugelassen sowie ein Sortenspektrum anerkannt und in die Sortenliste aufgenommen zu bekommen.
  • Die Stärkung der Pflanzengesundheit durch die Entwicklung von Methoden des biologischen Pflanzenschutzes. Im Hinblick auf die Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten laufen Resistenzzüchtungen; ...
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  • ... gegenüber dem Weizensteinbrand hat Dr. H. Spieß das heute im Handel erhältliche Pflanzenstärkungsmittel „Jillecur“ entwickelt und in Versuchen erfolgreich geprüft.
  • Die Ausarbeitung praxisreifer Methoden zur Unkrautregulierung. Abgesehen von den bewährten Verfahren ausgefeilter mechanischer Unkrautbekämpfung, bestätigte sich eine erfolgreiche Bekämpfung der Ackerkratzdistel, wenn im Rahmen der Fruchtfolge ein mehrjähriger, bestandesdichter Leguminosenanbau gelingt. Langjährige Versuche hinsichtlich der Technik der Unkraut- und Insektenveraschung und der Anwendung dieser Aschen zur Regulierung der Ackerkratzdistel, des Löwenzahns u.a. brachten keine durchschlagenden Erfolge. Diese Rückschläge sollten nicht den Mut sinken lassen, immer neue Anstrengungen zu Versuchen in dieser Richtung zu unternehmen.
  • Eine Forschungsbegleitung der Projektarbeiten der Studenten des Studienjahres der LBS.

Die Forschung auf dem Dottenfelderhof steht interdisziplinär in vielfältiger Kooperation mit anderen Forschungsinstituten.

Weiterverarbeitung und Hofladen

Die Bäckerei

Die wachsende Nachfrage nach Brot gab Veranlassung, das Backhaus um einen zweiten Steinofen, eine Mehlkammer mit ...

Die Käserei

In den ersten zehn Jahren beschränkte sich die Verkäsung noch auf einen geringen Teil des täglichen Gemelkes. Küchenecken und die alte Waschküche

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waren Experimentier- und Produktionsstandort. Zusammen mit dem Bau des neuen Kuhstalls, 1982/83, entstand im ehemaligen Pferdestall ein professionelleres Zuhause. Diese „erste Käserei“ teilte sich den Raum mit der neuen Milchküche und dem Milchtanklager; die Anlage für die holzbefeuerte Heißdampferzeugung stand ...

Der Hofladen

Der Verkauf im Keller des Innenhofes platzte schon bald aus allen Nähten. Das Angebot beschränkte sich noch auf die Feld- und Gartenerzeugnisse des Hofes, Produkte aus Bäckerei, Käserei und in beschränktem Umfange auf Metzgereierzeugnisse sowie den Zukauf von Feingemüse vom Weilerhof / Groß-Ostheim. Organisation und Verkauf lagen in Händen der Frauen, ab Ende der 70er Jahre vor allem in Händen von Johanna Brandau. Das war mit sechs Verkaufstagen in der Woche nur leistbar durch ...

Die Verwaltung

Die betriebliche Buchführung, Korrespondenz etc. lag in den Jahren von 1968-75 in den Händen von L. und M. Klett, anfänglich mit Unterstützung von E. Becker. Das Büro war das Wohnzimmer der Kletts. Anschließend übernahm J. Klein, an den Rollstuhl gefesselt, bis ca. 1986 die Büroarbeit. Seine lebenskünstlerische Art belebte das dürre Zahlenwerk und bescherte dem Büro Tage und Nächte der offenen Tür. Das Büro war seit 1974 benachbart zur Kleinschen Wohnung im "neuen Haus" untergebracht.

Spätestens seit 1984 bis zu seinem Tod 1986 stand Herr Hollerbach Senior J. Klein zur Seite und übernahm sehr bald die Buchführung. In den folgenden Jahren zeichnete M. Hollerbach bis 2002 für die Büroarbeit verantwortlich, teils unterstützt von Angelika Herrmann und zuletzt von Leila Schmidt und, für die Lohnbuchhaltung, Sebastian Bauer. Die Betriebsbuchhaltung wurde in dieser Zeit an die landwirtschaftliche Buchstelle, LUB - Kassel, vergeben. 2002 kam Roland Wagner, übernahm die Leitung der immer komplexer gewordenen Gesamtverwaltung des Hofes und seiner assoziierten Unternehmungen und wurde Mitglied der BG. Ihm und seinen vier Mitarbeitern im Büro arbeiten zu: A. Voßmann für den Bereich Backwerkstatt, M. und P. Hollerbach für den Laden -

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beides rechtlich selbstständige Unternehmungen - sowie S. Baßner für Käserei und Hofcafé.

Das Gesamtunternehmen Dottenfelderhof hat 150-170 Teil- und Vollzeitbeschäftigte, umgerechnet 70-80 AK. Hinzu kommen ...

Erwartungen an zukünftige Entwicklungsschritte

Aus der Entwicklungsphase von 1988-2014 konnte ich nicht aus eigenem Erleben berichten, sondern nur einzelne Tatsachen aufgrund meiner Außenwahrnehmungen nachzeichnen. Infolgedessen bleibt für diese Zeitspanne alles das unausgesprochen, was gewollt, erstrebt, was die Sprache des Schicksals war, was die Folgen des Generationswechsels, der Differenzierung der Motive und Andersartigkeit der Fähigkeiten betrifft sowie der KG-Gründung und damit ...n kann.

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Abkürzungsverzeichnis

  • BG Betriebsgemeinschaft
  • biol-dyn. biologisch-dynamisch
  • CSA Community Supported Agriculture/ gemeinschaftsgestützte Landwirtschaft
  • dt Dezitonne
  • GTS Gemeinnützige Treuhandstelle
  • ha Hektar
  • HLG Nachfolgegesellschaft HLG und nach der Auflösung der Domänenkammer des Landes Hessen mit deren Aufgaben betraut
  • LBS Landbauschule Dottenfelderhof e.V.
  • LK Landwirtschaftlicher Kurs von Rudolf Steiner
  • LWG Landwirtschaftsgemeinschaft; später "LWG - Ernst Becker und Partner, Kommanditgesellschaft"
  • t Tonne

Einzelnachweise