Therese - Menschen in der Landwirtschaft, 2021

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Die Auszubildende Therese im 2. Lehrjahr, Interview am Dottenfelderhof am 31. Januar 2021

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Ich bin Therese und ich komme aus dem Erzgebirge. Zumindest würde ich sagen, dass ich daherkomme. Also, da habe ich die meiste Zeit bisher in meinem Leben verbracht.

Aber da bin ich gar nicht mehr. Jetzt wohne ich in Brandenburg und ich glaube, da werde ich eine noch längere Zeit meines Lebens verbringen. Ja, warum? Warum werde ich die nächste Zeit, die noch längere Zeit in Brandenburg leben? Da sehe ich für mich eine Perspektive, da habe ich Lust, was aufzubauen, was Neues anzufangen, mein Leben aufzubauen.

Und nicht nur meins, sondern auch zusammen mit meinem Partner und ja, was auch immer noch für Menschen zu uns finden, mit denen wir zusammen was machen wollen. Das ist alles noch sehr vage. Jetzt bin ich erst mal hier in der Ausbildung, im zweiten Lehrjahr und ich habe noch zwei Jahre vor mir und kann deswegen noch gar nicht sagen, was alles noch kommt, was entsteht.

Ja, ich bin jetzt schon im zweiten Lehrjahr und habe schon zwei Jahre geschafft und das muss noch zwei Jahre durchhalten. Das klingt ja voll bescheuert, aber es ist keine leichte Zeit. Und vorher habe ich total viele verschiedene Sachen gemacht, ganz viele verschiedene Sachen ausprobiert, weil es so schwer ist heraus zu finden, was ist das, was mich trägt? Was ist das, was Sinn für mich macht? Und auch nicht nur für mich, sondern auch hier in unserer Welt gerade eine Aufgabe ist, die Sinn macht.

Und das war schon immer meine Frage, das habe ich mich schon in der Schule gefragt. Auch die Schule erschien mir nicht so sinnvoll und wollte mich davon total lösen, um herauszufinden, was meins ist. Also ich war auf Reisen, habe viele Menschen beobachtet.

Oh, ich habe so einen rauen Hals. Da kommt das Sprichwort her, da bleibt mir die Spucke weg. Das habe ich noch nie so erlebt.

Also ich war für ein halbes Jahr auf Reisen und habe total viele verschiedene Menschen dabei kennengelernt und ganz viele verschiedene Arten, wie Menschen leben, wie sie ihr Leben gestaltet haben. Ich kannte nur das von meiner Familie, von den Menschen drumherum und habe immer wieder gemerkt, nein, ich will so nicht leben. Das erfüllt mich irgendwie nicht.

Das ist, als würde ich in irgendein Schema treten. Und das war das erste Mal, wo ich gesehen habe auf der Reise, wie Menschen einfach auch aus ihrer Freiheit heraus ihr Leben gestimmt haben. Und ich habe natürlich dann auch gemerkt, was dockt an in mir und wo will ich schnell wieder weiterreisen.

Und nach einem halben Jahr hatte ich dann genug davon und dachte, jetzt muss ich zurück, jetzt muss ich ankommen. Jetzt will ich das mitnehmen, was ich eingesammelt habe und gucken, was ich daraus mache. Und dann kam ich erst mal in eine große Stadt, Dresden.

Ich kenne ja so viele Menschen, die Stadt. Und da habe ich dann drei oder vier Jahre gelebt und irgendwann gemerkt, ich kann da gar nicht leben. Das ist kein Lebensraum.

Das ist einfach nur toter Asphalt und das ist Lärm, Dreck, total viel Bewegung, Überreizung. Dort habe ich auch eine Ausbildung gemacht zur Körpertherapeutin. Also das war eine spezielle Massageart, die wir gelernt haben, die sehr tief in das Gewebe reingeht. Das heißt Tiefengehebsmassage. Da kommen so viele Prozesse in Gang, seelische Prozesse. Ich war die Jüngste in der Ausbildung dort. Alle anderen waren über 40 oder Anfang 40 und ich war knapp über 20 und merkte da das erste Mal so ganz intensiv, ich stehe nicht auf meinen Füßen. Die anderen, die können das schon machen, die stehen schon im Leben. Die stehen auf beiden Füßen, die sind verwurzelt, die können anderen Menschen zuhören, die können andere Menschen begleiten, die können denen was mitgeben. Und ich, ich stehe noch nicht. Ich habe die Verbindung noch nicht. Ich brauche da noch was.

Und dann sind ganz viele Zufälle passiert, dass ich herausgefunden habe, dass es eine Ausbildung gibt, die nicht so ist wie die Schule, die ich kenne. So als Lernart, Lernort, was ich so verabscheut habe. Und habe dann einfach gesagt, ja, das mache ich jetzt.

Ich mache, ich will Gärtner lernen. Das ist das allergrundlegendste überhaupt, weil irgendwas essen brauche ich. Also alles andere.

Ich wollte Schneiderin werden. Ich wollte irgendwie malen oder Kunst machen, Kunst studieren vielleicht auch. Oder ich wollte in die soziale Richtung gehen.

Ich habe auch mal in FSJ angefangen und merkte irgendwie, nein, also merkte immer wieder, nein, das ist es nicht, sondern ich will etwas mit meinen Händen machen, was im Leben dran ist und wovon ich, also erst mal nur von mir selber betrachtet, wovon ich auch leben kann, die Grundlage. Und wie war es? Also Ernährung, alle brauchen das. Und um etwas Gutes machen zu können, brauche ich gutes Essen.

Und auch dieser Aspekt, der taucht dann auch für mich auf, nämlich dieses Verbundensein mit dem Boden, also den Kontakt zum Boden, wo ich ja merkte, den habe ich nicht. Ich stehe nicht auf meinen Füßen in der Welt. Das tauchte dann auch auf.

Diese große Sehnsucht nach Verbundenheit, Verwurzelung. Auch mit den Jahreszeiten, mit Rhythmen. In der Stadt ist ein ganz anderer Rhythmus als eigentlich in der Natur.

Und man kann sich dem Stadtrhythmus schwer entziehen. Es ist wie eine große Flut, wie eine Welle, wo man einfach mitgerissen wird und wo es viel Kraft braucht, immer wieder herauszutreten, sich hinzustellen und durchzuatmen und zu gucken, wo stehe ich eigentlich. Das ist ganz schwer.

Das waren meine ersten Ideen, die mich dann dazu gebracht haben, mehr zu lernen über das Gärtnern, über die Biodynamik. Von der Anthroposophie habe ich da noch gar nichts gewusst zu dem Punkt. Nachdem für mich dann total klar war, ich muss diese Ausbildung anfangen, war es aber gerade dieser Zeitpunkt, wo eigentlich die Ausbildung schon angefangen hat für das Jahr.

Es war schon März, da fängt das an und ich hatte keine Zeit mehr, irgendeinen Hof zu finden. Mir war klar, ich muss sofort jetzt meine Sachen packen und irgendwo neu anfangen. Ich habe nur drei Höfe gefunden, die mich noch nehmen konnten.

Ich habe die sofort alle besucht und hatte daher keine große Auswahl. Ich wollte eigentlich gar nicht so weit weg, aber dann bin ich einfach von Sachsen nach Brandenburg gegangen und war dann jetzt zwei Jahre auf einer Gärtnerei. Da gab es keine Tiere.

Es war auch nicht so ein typischer Hof, wie man es so kennt, mit den verschiedenen Organismen, mit Tierhaltung, Acker und Gemüse, was so zusammenläuft, sondern es gab nur das Gemüse. Jetzt steht für mich ein Hofwechsel an und ich hoffe, ich muss nicht so weit weg wechseln. Eigentlich lebe ich gerade in zwei Höfen gleichzeitig.

Einerseits arbeite ich auf dem Hof gerade, wo ich jetzt gerade so noch bin und andererseits bin ich aber schon dabei, selber etwas aufzubauen. Ich habe einen Menschen kennengelernt, mit dem ich jetzt zusammen lebe. Der hat einen ganz kleinen Hof und ich bin da jetzt mit dazugezogen.

Der ist gleich in der Nähe von dem, wo ich meine Ausbildung mache. Eigentlich tue ich gerade beides. Ich lerne auf dem Hof der Ausbildung, das ist ja dieser Gemüsebetrieb, wie es geht und kann gleichzeitig schon die Sachen direkt mitnehmen und schon dort in dem Umfeld, in unserem Garten ausprobieren und schon einbringen.

Es sind eigentlich zwei Welten und ich weiß, dass ich auf dem kleinen Hof, wo ich jetzt lebe, bleiben werde, auch wenn ich jetzt einen Hofwechsel vornehme. Das ist jetzt mein Zuhause. Ich bin angekommen, endlich, nach Jahren von Suchen und ich habe einen Ort, wo ich etwas aufbauen möchte, wo ich bleiben will und der viele Möglichkeiten bereitet.

Ja, so einen Ort gefunden zu haben, das ist ein Riesengeschenk. Ich denke, dass ganz viele Menschen gar nicht die Möglichkeit haben, ihren Ort so intensiv zu suchen und ich habe ihn einfach gefunden, ganz zufällig. Also nicht zufällig, glaube ich.

Vielleicht ist es einfach notwendig für mich, dass ich da jetzt dann auch hingehe. Ja, aber noch habe ich ja noch zwei Jahre vor mir, noch zwei Jahre, wo ich nochmal Sachen in meinen großen Rucksack einpacke, also so sinnbildlich gesehen, neue Erfahrungen und mich noch ein bisschen weiterentwickeln kann. Das alles packe ich dann noch da rein, bevor ich dann zu diesem kleinen Hof, wo ich jetzt schon halb lebe, wirklich hingehen kann.

Und gerade ist so eine spannende Zeit. Ich habe nämlich noch keinen Hof, muss den aber jetzt schon wechseln und das ist total schwer für mich, einen Hof zu finden, an dem ich sein kann, weil ich habe jetzt schon viele Höfe gesehen und es ist unglaublich zerreißend für mich oft, auf einem Hof zu sein und wahrzunehmen, dass die alle in diesem Ding stecken von, wir haben unsere starke Ideologie, die leben wir hier auf dem Hof, da sind wir mit dem Herz dabei. Und auf der anderen Seite, und das ist der Markt und das ist, wo eigentlich gerade die Welt insgesamt steht.

Das wird erwartet und jeder Hof muss so ein Spagat machen, muss sich mal auf den Markt einlassen und der Markt ist nicht so wertschätzend und es gibt noch zu wenige Menschen, die verstehen, dass eine Möhre nicht nur ein paar Cent kosten kann, sondern dass da eben wirklich viel Arbeit daran steht, viel Arbeit damit zusammenhängt. Oder auch auf der politischen Ebene gesehen, dass da einfach viel zu wenig entgegenkommt noch und daher stehen diese Höfe in diesem unglaublichen Spagat, ihrer Ideologie zu folgen. Dafür bekommen sie häufig zu wenig Geld und müssen aber trotzdem als Hof funktionieren.

Und zwischen dem passiert dann ja der Arbeitsalltag. Also aus diesem Druck heraus zu überleben, zu bestehen, auch Stress. Und aus diesem Stress auch Konflikte miteinander, viele unbewusste Äußerungen.

Gerade auch, wenn Hierarchien auch auf einem Hof in so einer Stresssituation noch so richtig hervortreten. Ich stehe da ja ganz unten, rein hierarchisch gesehen als Auszubildende. Ja, das ist echt ein großes Spannungsfeld.

Es gibt diese Idylle und es gibt auch die Momente des totalen Einklangs, so im Miteinander mit den Menschen, auch mit der Arbeit. Ein totales Verbinden damit nach stundenlangen Jähren. Ein Finden zu sich, zu seinem Körper, zu der Bewegung, zu dem, wie mache ich das mit dem Messer am feinsten, am schnellsten.

Natürlich auch, aber das kommt auch auf diesen inneren Rhythmus drauf an. Wo ist mein Rhythmus, wie ist mein Tempo, das meine ich jetzt mit Schnelligkeit. Das wird dann, wenn man es drauf hat, von alleine zügig.

Aber ja, dieser innere Rhythmus, dann die Pflanze, immer mehr wie die Pflanze dort ist. Solche Momente gibt es natürlich auch. Das sind dann die nähernden Momente.

Aber jetzt zu meinem Punkt der Hofsuche. Finde ich unglaublich schwer, mich für einen Hof zu entscheiden, eben weil alle in diesem Spannungsfeld stehen und das unglaublich viel Kraft kostet und es auch unglaublich viel Arbeit ist. Ich muss mich jetzt entscheiden, wo ich als nächstes hingehe.

Dadurch ist es vielleicht gar kein Spannungsfeld unbedingt, was auf den Höfen da ist, also ein Spagat. Es ist vielleicht kein Spagat unbedingt zwischen dem Kampf um das Bestehen, um das Am-Markt-Bleiben und zwischen dem, das ist unsere Idee, für die stehen wir, sondern vielleicht ist es keine Spannung, sondern es ist ein Miteinander oder es ist beides wichtig, um auf dem Boden stehen zu bleiben. Nicht abzuheben in der Idee und aber auch nicht zu verbiegen für den Markt.

Also jeder Mensch darf so einen Tanz machen. Ein Tanz zwischen dem, ich tue etwas, was von mir erwartet wird, von der Welt, ohne dass ich das nicht tun könnte, was meine Idee ist, was meine Ideologie ist. Das ist wie ein Tanz und eigentlich machen wir alle Menschen den Tanz, ob auf einem Hof oder nicht.

Ja, es könnte einen zerreißen, aber es könnte auch ein Tanz sein. Das ist ein Bild. Vielleicht finde ich jetzt besser einen neuen Hof.

Ja, wir können uns unsere Idee immer annähern. Also das ist unser Weg, unser Ziel oder unsere Kraft auch. Aber wir sind alle Menschen und nicht perfekt und wir leben jetzt auf der Welt in den Umständen, die eben hier vorfinden.

Und mit diesen können wir hantieren. Und indem wir uns abkapseln und unsere Ideologie verherrlichen, dann nützt eigentlich niemandem was davon, weil dann stehen wir nicht damit in der Welt und können das nicht an die Menschen weitergeben, also wie das Gemüse zum Beispiel. Sondern dann sind wir abgekapselt, isoliert.

Das ist auch nicht der Sinn. Was ist meine Mission? Darüber habe ich schon oft nachgedacht. Eigentlich steht ganz zentral immer wieder, da komme ich, wenn ich darüber nachdenke, immer wieder hin.

Meine Mission ist Wahrhaftigkeit, also mit der Wahrheit zu sein. Wenn ich mit meiner Wahrheit bin, dann habe ich gemerkt, dass Menschen um mich herum das spüren können. Ich möchte niemandem sagen, wie man leben kann, sondern ich möchte, dass die Wahrheit einfach strahlt.

Und wenn ich andere Menschen sehe, die etwas tun, was sie erfüllt, was für die ihre Wahrheit ist, dann ist das spürbar, das steckt an. Das gibt auch Kraft, miteinander sich darüber auszutauschen oder das einfach nur zu sehen und wahrzunehmen. Genau, also an der Wahrheit sein, die Wahrheit herausfinden.

Das ist, warum ich hier auf der Welt bin. Aber wie genau es aussehen wird, da bin ich im Prozess. Ich weiß noch nicht genau, was mein Weg ist.

Ich weiß noch nicht, was ich damit anfange, wenn ich die Ausbildung fertig habe. Klar, ich baue Gemüse an, das möchte ich erstmal selber essen. Aber wie groß wird unser Hof? Wie viele Menschen lassen wir daran teilhaben? Wie viele Kinder können da leben? Leben dort Kinder? Dürfen dort Kinder aufwachsen? Welche Menschen beziehen wir mit ein? Das sind alles noch Fragen, die müssen sich noch entwickeln, die muss sich noch in mir bewegen.

Das kann ich noch nicht sagen. Aber ich muss bei meiner Wahrheit bleiben, um das herauszufinden. Ja, aber ich merke schon, dass das ein guter Weg ist, den ich eingeschlagen habe.

Also, weil dieses Tun einfach so wahrhaftig ist. Wie soll ich das beschreiben, warum das so ist? Aber es erfüllt mich. Jetzt sind wir ja gerade hier, mein Lehrjahr, auf dem Dottenfelderhof zu der Winterschule und bekommen jeden Tag so viel geschenkt.

Wir können uns von früh bis Abend anhören und gezeigt bekommen, wie der Hof hier funktioniert. Aber auch noch viele andere Themen, auch über die Anthroposophie oder in andere anthroposophische Themen, werden hier hineingeführt. Und auch da merke ich, da steckt so viel Wahrheit drin.

Bei vielen Sachen, die mir hier einfach erzählt werden, spüre ich innerlich, das dockt an, das kenne ich irgendwie. Also, das ist mir irgendwie bekannt, das kann ich irgendwie nachempfinden. Und auch da ist es diese Ursprünglichkeit, die Ursprünglichkeit, wie wir als Menschen auf der Welt sind.

Wir sind verbunden mit dem Tierreich, mit dem Pflanzenreich und wir haben die gestalterische Kraft, weil wir ein Bewusstsein haben, uns einzubringen. Wir können das reflektieren. Genau, wir haben diese gestaltende Kraft.

Dieses Forschen, was sind wir Menschen? Wie haben wir uns entwickelt? Was steckt alles in uns? Das ist auch Wahrhaftigkeit. Und immer wieder bei den Gestaltungsmöglichkeiten, die wir haben, merke ich innerlich, ja, das will ich machen. Bienenhaltung, wie sinnvoll.

Da kann ich wirklich was tun, da kann ich gestalten. Ich kann Bienen Volk halten und kann in diese Aufgabe hineinwachsen. Und ich kann schöne Hecken pflanzen, die total viel nützen, die in Prozesse und Kreisläufe aufgehoben sind und wichtig sind.

Ich kann als Mensch gestalten. Ich glaube, das ist mir besonders in den letzten Tagen zusätzlich zu dem Ziel für mich, Wahrhaftigkeit zu leben, noch hinzugekommen, dieses, ich will gestalten.

François: Wow, das war aber schön. Kannst gut lügen.

Therese: Das ist nicht gelogen.

François: Das war ein Scherz.

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