Nationalsozialismus

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Die biologisch-dynamische Landwirtschaft zur Zeit des Nationalsozialismus

Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise konnte sich in der Zeit des Nationalsozialismus längere Zeit behaupten und zunächst einem Verbot entgehen, was einerseits durch Zugeständnisse von Seiten der Vertreter der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise, andererseits durch das Interesse einzelner Personen des nationalsozailsitischen Regimes möglich war. Das Interesse an der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise schloss jedoch durchgehend die Anthroposophie aus und beschränkte sich auf die Zielsetzung einer nachhaltigen Landbauweise.[1]

Trotz des Verbots der Anthroposophischen Gesellschaft im November 1935 und der Ablehnung der Anthroposophie durch das NS-Regime konnten einzelne Organisationen aus dem Bereich der Anthroposophie bestehen bleiben. So entging der Reichsverband für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise zunächst einem Verbot. Der Versuchsring anthroposophischer Landwirte nannte sich 1936 in Versuchsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise um. Zu den Zugeständnissen an das Regime gehörte die weniger häufige Erwähnung des anthroposophischen Hintergrundes. Einige Jahre verhinderte die Fürsprache von Rudolf Heß ein vollständiges Verbot der biologisch-dynamischen Organisationen. Laut Alwin Seifert war er der Schirmherr der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise. Hess drängte auch auf vergleichende Versuche, um das Leistungspotential der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise feststellen zu können. Auf seine Initiative ging ein Betriebsvergleich durch die Landwirtschaftliche Betriebsprüfungsstelle zurück. Allerdings war sein Engagement in der NS-Führung umstritten und rief heftigen Widerspruch hervor. Sein Stellvertreter Martin Bormann lehnte die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise ebenso ab wie Hermann Göring und Reinhard Heydrich. Ab der Jahreswende 1939/1940 erfuhr die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise vorübergehend Unterstützung durch Walther Darré, der sich vom ökologischen Landbau die Schonung der Bodenfruchtbarkeit erhoffte. Darré gefiel die Betonung einer nachhaltigen Bewirtschaftung des Bodens und die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel. Er lehnte auch Mineraldünger und Pestizide ab. Sein Ziel war die Entwicklung eines ökologischen Landbausystems, einer lebensgesetzlichen Landbauweise, das naturwissenschaftlich fundiert sein sollte und auf die anthroposophischen Grundlagen verzichtet. Darré hatte jedoch zuvor im Laufe der 1930er Jahre kein Interesse für ökologische Landwirtschaft gezeigt und trat erst nach seiner faktischen Entmachtung als Minister 1939 im Juni 1940 erstmals öffentlich für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise ein.[2]

Endgültig verboten wurden der Reichsverband für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise im Zuge der Aktion gegen Geheimlehren und sogenannte Geheimwissenschaften im Juni 1941, zudem wurde anthroposophische Literatur beschlagnahmt und einzelne Mitglieder des Reichsverbands zeitweise inhaftiert. Heinrich Himmler, der wie Darré die chemisch-technische Intensivierung der Landwirtschaft skeptisch sah, ordnete im Juni 1941 an, Düngeversuche auch mit einer biologisch-dynamischen Variante durchzuführen. Die Versuche wurden auf landwirtschaftlichen Gütern der Deutschen Versuchsanstalt für Ernährung und Verpflegung durchgeführt, die der SS zugeordnet und 1939 gegründet worden war. Zur Versuchsanstalt gehörte auch die Heilkräuterplantage des Konzentrationslagers Dachau.[3]

  1. Gunter Vogt: Entstehung und Entwicklung des ökologischen Landbaus im deutschsprachigen Raum. Bad Dürkheim 2000, S. 133-145
  2. Gunter Vogt: Entstehung und Entwicklung des ökologischen Landbaus im deutschsprachigen Raum. Bad Dürkheim 2000, S. 133-145
  3. Gunter Vogt: Entstehung und Entwicklung des ökologischen Landbaus im deutschsprachigen Raum. Bad Dürkheim 2000, S. 133-145