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Flavio - Menschen in der Landwirtschaft, 2018
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Ein neuer Weg nach dem Abitur
Ist die Lage so gut? Hallo, ich bin Flavio. Und ich bin gerade einen Monat auf dem Dottenfelderhof in Bad Vilbel. Ich mache meinen Januarkurs 2018. Ursprünglich komme ich aus Darmstadt. Und habe ganz normal, das ist schon normal, aber ich habe einfach ein Gymnasium besucht. Mit dem Ziel, Abitur zu machen. Und vielleicht mit dem Ziel der Gesellschaft, du musst studieren. Du musst Geld verdienen. Und du musst erfolgreich sein.
Der Wunsch nach Sinnhaftigkeit
Und dann hatte ich mein Abitur in der Tasche. Und es war klar für mich, dass ich raus möchte in die Natur. Und ich wollte ein freiwilliges, ökologisches Jahr machen. Freiwillig, weil man das nicht muss. Und ökologisch, weil ich Lust hatte, draußen zu sein. Warum, kann ich auch jetzt eigentlich gar nicht erklären. Mir war es wichtig, dass ich etwas Sinnvolles tue. Was vielleicht nicht sinnvoll ist für meine Mitmenschen, aber eben einfach sinnvoll für mich.
Der Weg zum Bundesfreiwilligendienst
Und dann habe ich mich beworben und beworben. Ich habe mir Dinge angeschaut und habe Dinge auf mich wirken lassen. Und ohne zu hinterfragen, was ich im Monat verdiene. Ohne zu hinterfragen, wo ich wohnen werde. Ohne zu hinterfragen, mit was für Mitmenschen ich an dem Ort sein werde. Habe ich mich entschieden, ein Jahr lang meinen Bundesfreiwilligendienst auf dem Bauhof in Amelinghausen zu machen. Ein Demeter-Betrieb mit Milchkühen. Gut, wir stellen uns einfach vor, ein alter Demeter-Betrieb. Was das ist, kann man vielleicht an der anderen Seite erläutern. Also ein idyllisch gelegener Bauernhof in der Lüneburger Heide. Ich packe meine Sachen und fahre da einfach hin. Ich beginne etwas Neues, etwas vollkommen anderes, als ich bisher davor gemacht habe.
Leben und Arbeiten in Gemeinschaft
Ich habe dann erfahren, dass ich einen geringen Betrag im Monat verdienen werde. Ich habe erfahren, in was für einem kleinen Zimmer ich schlafen werde. Das waren alles Dinge, die mich überhaupt nicht interessiert haben. Die Menschen, die dort vor Ort waren, waren quasi mein Motor. Sie haben mich tagtäglich angetrieben, einen Alltag zu bestreiten, der eben vollkommen anders war, als ich ihn vorher aus der Schule gewöhnt war. Begleitet wurde das Ganze durch Seminare von den Freunden der Erziehungskunst Rudolf Steiners. Das klingt ziemlich geschwollen, wenn man das sagt. Einfach ein Verein. Wir wurden motiviert, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, mit denen man sich vorher nicht auseinandergesetzt hat. Dieses Leben auf dem Hof in Gemeinschaft und tagtäglich dort die Verbindung schaffen zwischen Leben und Arbeiten, ist etwas fast nicht Greifbares für Menschen, die das nicht gewohnt sind. Aus der Welt, aus der ich komme, ist es ganz klar, man hat einen Job, einen Beruf und geht arbeiten, hat Geld und mit dem Geld kann man sich ein Leben finanzieren. Aber ich glaube, dass die Zukunft, und das habe ich dort gespürt, diese Verbindung schafft, mich bereichert, mich motiviert, jeden Tag aufzustehen.
Vielseitige Erfahrungen und neue Perspektiven
An dem Ort ist man nicht nur für seine Arbeit, über die Arbeit hinaus gibt man dem Ort auch was mit, einen Charakter. Und so war ich eben ein Jahr auf diesem Hof und habe alle Bereiche des Hofes kennenlernen dürfen. Und diese Bereiche sind sehr, sehr vielseitig und nach dem Jahr war mir irgendwie klar, dass ich auch durch die Erfahrungen mit Waldorfschulklassen, die dort ihr landwirtschaftliches Praktikum gemacht haben, dass ich diese Verbindung schaffen möchte zwischen sozialer Arbeit, sozialem Mitmenschen und Gefüge und eben dieser tagtäglichen, kräftigen Arbeit auf dem Bauernhof.
Soziale Arbeit in der Heilpädagogik
Und somit habe ich mich entschieden, nach der krassen Erfahrung im Tun und draußen auf dem Acker und so, eben dieses Soziale nochmal mehr aufzuholen, oder wie sagt man das besser, mehr in mein Leben kommen zu lassen. Und somit war ich noch ein Jahr lang an einer heilpädagogischen Schule auf anthroposophischer Grundlage. Also eine Schule, die seelenbedürftige Menschen aufnimmt und diese Menschen als volles Wesen ansehen. Und ich habe vorher gedacht, na gut, jetzt war ich in der Landwirtschaft und ich kann so schnell nichts mehr umhauen, was die Müdigkeit und die Anstrengung und die Härte angeht. Und bin mit einer ziemlichen Leichtigkeit an diesen Job, an diese neue Erfahrung herangestoßen. Und ziemlich schnell wurde mir klar, dass das einfach was völlig anderes ist.
Die Herausforderungen der Denkarbeit
Eben was eher im Kopf passiert und wo viele Denkprozesse vorher stattfinden müssen, bevor man einem Kind sagt, was er vielleicht nicht mehr darf oder was jetzt nicht so gut war. Was vorher einfach aus einem rausgespudelt ist, es war klar, man schnappt sich die Hacke und hackt das Unkraut weg. Das war irgendwie gar kein Prozess, das war einfach ein Tun so. Und in diesem Denken wurde man ziemlich müde. Und es war fast für mich schlimmer, von der Anstrengung her, zu Hause zu wohnen und tagtäglich da mit dem Fahrrad hinzufahren, aber dort quasi nicht sein Leben zu verbringen. Und dann auch immer im Hinterkopf zu haben, du hast dich jetzt so ein bisschen kennengelernt vielleicht näher, aber irgendwann musst du ja auch mal irgendwas Sinnvolles machen.
Der Weg zur Schreinerei
Und ich hatte ja schon erwähnt, dass Landwirtschaft für mich das Sinnvollste ist, was es gibt. Aber ich wollte was mit den Händen machen, ich wollte was Praktisches machen und habe durch viele Gespräche offensichtlich herausgefunden, dass ich gerne Schreiner werden möchte. Weil ich gedacht habe, ich bin da gut aufgehoben, ich bin einfach erstmal irgendwie noch im Tun, aber auch im Denken, weil du dir die Pläne machen musst. Du musst auch sitzende Arbeit machen, du bist aber auch draußen, du hast diesen Naturwerkstoff, du bist da irgendwie ganz viel mit vielem verbunden. Und das ist eine Grundlage für dein Leben. So habe ich das für mich begründet und auch für mich als richtig.
Die Ernüchterung und Rückbesinnung
Das ist schon richtig. Und ich habe mir dann verschiedene Schreinereien angeschaut und festgestellt, dass der Schwerpunkt der Schreinereien, die ich mir angeschaut habe, eben auf dem Produzieren von Möbeln besteht, die aus Platten bestehen. Und nicht eben irgendwie, wir holen uns einen Baum und wir fangen damit an. Das war so meine Vorstellung und das wurde eben durch die Schreinereien, die ich mir angeschaut habe, vollkommen zerstoßen.
Erkenntnis und Neuorientierung
Und wie in so einer Sinneswandlung, ich bin wie eines Morgens aufgewacht, war mir klar, also Landwirt, wenn das nicht die Grundlage des Lebens ist, die ich mir jetzt gebe, was soll es denn sonst sein? Also ich erzeuge Lebensmittel und ich erzeuge einen Raum, das kann ich mit einer Schreinereiausbildung nicht. Da kann ich einen Tisch bauen und an dem Tisch kann ich essen, wenn ich denn Lebensmittel hätte.
Der Weg zur Landwirtschaftsausbildung
Und somit war für mich klar, ich mache jetzt einfach, losgelöst von allen äußeren Einflüssen, die kannst du nur und ist es so haben, losgelöst von all dem, habe ich mich ziemlich spät im Jahr beworben für eine Ausbildung als Landwirt. Und über Landwirtschaftskammern und nette Gespräche bin ich auf einen Hof gestoßen, der selbst in der Not war, keinen Auszubildenden für dieses Jahr zu haben. Und ich muss das kurz erzählen, weil das ist irgendwie das, was uns auch verbindet.
Eine glückliche Fügung
Er hat morgens bei der Landwirtschaftskammer angerufen und hat gesagt, hey, ich habe irgendwie kein Azubi, gibt es da nicht irgendwie ein Programm von euch, wo ihr irgendwie so eine Vermittlung macht? Und nachmittags habe ich dann bei der Kammer angerufen und die Frau hat gesagt, ja, da hat heute Morgen so ein Landwirt angerufen, der sucht noch einen Auszubildenden. Es ist aber so ein Demeter-Hof und da war für mich irgendwie eins zu eins klar, voll gut, warum, also das war ja das, was ich gesucht habe, eben nicht die Landwirtschaft, die unsere Welt zerstört, wenn man es mal ein bisschen überspitzt sagen darf, sondern irgendwie von Grund auf, von der Pike auf lernen, wie ist es eigentlich.
Der erste Eindruck vom Hof
Dann habe ich da angerufen und in den ersten Begegnungen war klar, das ist ein Demeter-Hof, der aber einen anderen Charakter aufweist von den Höfen, die ich eben durch meinen Bundesfreiwilligendienst und durch die Seminare kennengelernt habe. Es ist ein Hof, der Wert legt auch ein bisschen auf das äußere Erscheinungsbild, weil oft bin ich Höfen begegnet, die nach außen hin so eine Art schmuddeligen Eindruck erwecken. Und wo vielleicht dann für die Gesellschaft, die sowieso, Demeter, ein bisschen im Zwiespalt steht, einfach nochmal skeptischer wird durch das Äußere. Und ich bin da hingefahren und habe mir das angeschaut und das war für mich irgendwie klar, dass hier einfach ganz anders mit dem äußeren Erscheinungsbild und aber auch mit der Wertigkeit von Maschinen, von, ja, es ist einfach ein Unterschied, ob ein Besen einen Halter hat oder ob er einfach jahrelang sinnlos in der Ecke rumgammelt.
Die Entscheidung für die Ausbildung
Und somit war für mich klar, ich möchte dahin und ich möchte das machen und ich möchte dort leben. Und da schließt sich jetzt so ein bisschen auch wieder der Kreis, also dieses Leben auf einem Hof, Verbindung mit einer Ausbildung und da könnte man jetzt so diese zweite Schiene nochmal aufziehen, dass es ja auch unterschiedliche Ausbildungsarten gibt.
Ausbildungsarten in der Landwirtschaft
Staatliche vs. Freie Ausbildung
Also die staatliche Ausbildung, die unterstützt wird durch eine Berufsschule zum Abschluss, der gesellschaftlich anerkannt ist und eine Ausbildung, die aus diesem Freiheitsgedanken, dieser Freiwilligkeit, aus dem stammt, weil ich das machen möchte. Und das ist eben die freie Ausbildung des Demeter-Vereins in Deutschland. Also wenn man sich entscheidet, Landwirt werden zu wollen, dann gibt es Ausbildungen, wie man das so vielleicht auch kennt. Es gibt die staatliche Ausbildung mit einer Gehilfenprüfung am Ende und einer Abschlussnote und mit der Möglichkeit weiterzumachen und unterstützt, das nennt sich dann duales System, durch Berufsschule und Ausbildung im Betrieb und überbetriebliche Ausbildung an der Deutschen Lehranstalt für Agrar. Deuler, also die Technik Lehrgänge und an Viehbetrieben, die nennen sich auch ganz schön Versuchungsanstalt, wo man diese ganze Tierseite kennenlernt. Und dieser staatlichen Ausbildung steht die freie Ausbildung gegenüber. Eine Ausbildungsform, die dem Gedanken, wie auf Demeterhöfen gelebt wird und gearbeitet wird, eher entspricht oder entsprechen sollte als die staatliche Ausbildung.
Die Philosophie der freien Ausbildung
Dieser Gedanke der freien Ausbildung wird von dem Betrieb getragen, wird von vielen Betrieben getragen und wird unterstützt von verschiedenen Sponsoren, die diesen Gedanken unterstützen wollen. Und frei, weil es eben völlig losgelöst von Berufsschulen ist. Der Inhalt entsteht quasi aus dem Wille der einzelnen Menschen, die dort vor Ort sind, wo sie herkommen, was sie wollen, was sie vielleicht auch schon irgendwie gemacht haben.
Unterschiede in der Ausbildungsdauer und Bezeichnung
Und als ganz, ganz breite Grundlage vom Leben letzten Endes, weil alleine wenn man sich nur anschaut, wie lange, man lernt ja nie aus, aber staatlich darf man sich nach drei Jahren und mit Abitur sogar schon nach zwei Jahren Geselle nennen oder Gehilfe. Und in der freien Ausbildung dehnt man das einfach aus und sagt vier Jahre. Und wie nennt man sich dann eigentlich? Warum muss man das dann in einen Begriff packen? Ist man dann Gehilfe? Weil man jetzt Demeter-Landwirt und hat sich vielleicht in seiner Ausbildung auch viel spezialisiert und ist vielleicht breiter aufgestellt.
Die Bedeutung der individuellen Entscheidung
Und schon sind wir wieder in diesen Werten. Was ist eigentlich besser? Und ich glaube, da muss man ganz arg nach sich gucken. Was ist gut für mich? Und was passt vielleicht an dieser Stelle zu dem Betrieb, wo ich bin? Was passt an dieser Stelle zu vielleicht dem Standort des Betriebes, wo ich bin? Und wie ist überhaupt die Berufsschule? Und wie ist überhaupt die freie Ausbildung? Ich glaube, über einen Kamm scheren kann man das nicht.
Bewusstsein und Balance zwischen den Ausbildungsformen
Ich denke, wichtig bei der ganzen Geschichte ist, dass man ein Stück weit ein Bewusstsein hat und dass einen nicht mit dem anderen aufwiegt. Dass man vielleicht da schon beginnt, diese zwei Welten, die sich ja einfach klar aufgetan haben, konventionelle Landwirtschaft, biologisch-biologisch-dynamische Landwirtschaft, dass man da schon beginnt zu sagen, ich bin als Demeter-Landwirt in einer staatlichen Schule, ich lerne hier etwas und ich nehme das mit, was ich brauche. Aber ich habe auch ein Stück weit die Absicherung gegenüber Dritten, letzten Endes ja auch nur für mich.
Die persönliche Entscheidung für die staatliche Ausbildung
Der Wert eines anerkannten Zertifikats
Ich habe später ein Zertifikat, was gesellschaftlich anerkannt ist. Und ich glaube, wenn man aus einer Welt kommt, wo das seit Generationen an Wichtigkeit bekommen hat oder wo es einfach wichtig ist, dass man etwas hat, dann ist es schwierig zu sagen, ich mache freie Ausbildung, mir ist das eigentlich egal. Ich bin halt frei und was ich später habe, ist erstmal gar nicht so wichtig. Ich bin ja ich und nicht das Papier bin ich.
Der Umzug für die Ausbildung
Ich habe mich für die staatliche Ausbildung auf einem Demeter-Betrieb entschieden. Ich bin für diese Ausbildung von Darmstadt an die Loreley gezogen, in das Dorf Niederwalmenach, ein 400-Einwohner-Dorf, wo vielleicht nach außen hin nicht die Traumlage eines jungen Menschen.
Die Ausbildung auf dem Jochimshof
Ich bin für die Ausbildung dahin gezogen auf den Jochimshof und habe dort gar nicht die Wahl gehabt zu sagen, ich mache die freie Ausbildung oder ich mache die staatliche Ausbildung. In diesem Betrieb ist der Gedanke, sich frei zu bewegen, in der Welt noch nicht so fortgedrungen, sodass die Idee, sich andersweitig fortzubilden, noch gar nicht so in den Menschen ist. Dadurch, dass mein Chef dort aufgewachsen ist und selbst die Berufsschule besucht hat und von dieser staatlichen Seite auf das Demeter schaut, ist klar, wie du, du gehst auch nach Limburg in die Berufsschule und machst die ganz normalen Lehrgänge über betriebliche Ausbildung, technische Ausbildung mit und bist dadurch gut aufgestellt.
Die Berufsschule als Sicherheit
Ich fand das total in Ordnung, für mich war das wie eine Art Sicherheit, ich bin in der Berufsschule und ich weiß, dass ich eine Lehre mache. Das kriegt man oft, wenn man auf dem Betrieb ist, gar nicht mehr so mit, dass man in der Ausbildung ist. Ab einem gewissen Punkt ist man in so vielen Dingen so gut gedanklich drin und weiß, wo der Hase langläuft und weiß, mit Maschinen umzugehen und wo Sachen hinkommen.
Die Erfahrung in der Berufsschule
Da ist man, ich sag jetzt nicht schnell ein Mitarbeiter, aber man ist schnell jemand, der viel machen kann und gerade auch, wenn man fähig ist, wenn man nicht zwei linke Hände hat und wenn man interessiert ist, neue Dinge auch kennenzulernen und aber auch dadurch oft an seine Grenzen kommt. Deswegen war es für mich auch wie eine Art schön zu wissen, jeden Dienstag fahre ich in die Berufsschule und sehe andere Menschen, wo ich aber auch klar gemerkt habe, die kommen von was anderem. Die denken an, die fühlen, keine Ahnung, ich habe gemerkt, das ist ein anderer Menschenschlag.
Der Umgang mit Unterschieden
Für mich war das aber nicht weiter schlimm, ich habe das mitgenommen, was ich mitnehmen wollte. Auf der anderen Seite, dadurch, dass ich nicht der schlechteste Schüler war in der Berufsschule, ist aber auch ein permanenter, immens ruhiger Neid aufgetan. Wieso kann ein biologisch dynamischer Lehrling, der da irgendwas anders macht und noch nicht mal düngt und noch nicht mal spritzt, wieso kann der schlauer sein als wir? Wir sind doch die Bauern der Zukunft.
Der persönliche Erfolg
Unerwarteter Triumph
Ich weiß nicht, ob unterbewusst da in mir was hochgekocht ist, dass ich es denen jetzt mal so richtig zeigen muss, aber zumindest war, ich darf ja von mir erzählen, ich war letzten Endes der beste Auszubildende Rheinland-Pfalz. Ich habe einen Abschluss gemacht und darauf kann ich jetzt stolz sein. Zusätzlich, ich mache jetzt einfach zwei Wege auf, in welche Richtung man noch schauen kann. Das eine ist, wie geht das Staatliche damit um und das andere, welche Merkmale des Demeter-Gedanken habe ich in meiner Ausbildung nicht erfahren.
Der Berufswettbewerb
Dieser Neidfaktor, der wurde zufälligerweise unterstützt von außen, dass es klar war, dass es einen Berufswettbewerb gibt, das heißt, die grünen Berufe, zu denen eben der Landwirt zählt, die messen sich. Und man filtriert so ein bisschen und kriegt so ein bisschen raus, wo eigentlich die Eliten Deutschlands herkommen. Nein, also so krass ist es gar nicht. Aber in drei Auswahlverfahren wurde eben erst auf Kreisebene, sprich in der Berufsschule, ein Wettbewerb gemacht und ins Leben gerufen von der Landjugend. Und da ging es um Theoriefragen, ganz allgemeine Dinge, Allgemeinwissen.
Vielfältige Herausforderungen
Es ging um handwerkliche Fähigkeiten, also wie geht man mit dem Werkstoff Holz um. Es ging um die Gabe, Sachen zu erkennen, sprich welche Pflanze steht vor dir oder was ist das für ein Futter, weil eben durch den globalen Markt andere Futtermittel Einzug gehalten haben, die eben nicht ursprünglich von hier stammen oder eben Nebenprodukte, die man zukauft. Und es ging darum, seinen Betrieb zu präsentieren in einer PowerPoint oder in einer Präsentation.
Vom Kreisentscheid zum Bundesentscheid
So, dann hat sich da herauskristallisiert, dass ich da erfolgreich war und ursprünglich wollte ich daran gar nicht teilnehmen. Danach kam der Kreisentscheid, der Entscheid auf Bundeslandebene, sprich Rheinland-Pfalz. Und Rheinland-Pfalz hat verschiedene Schwerpunkte, eben Ackerbau und Grünland und das wird da irgendwie alles versucht, irgendwie auch in diesem Wettbewerb Einfluss zu geben. Also man ist dort auch auf den Acker gegangen, hat eine Schlagbeurteilung gemacht, hat auch Theorie teil, Allgemeinwissen und Fachwissen Landwirtschaft. Und man hat eine Kuh besprochen, also eine sogenannte Kuhbeschreibung oder eine Anpaarungsempfehlung, welchen Bullen würdest du nehmen. Und ich bin dann mit einer ganzen Gelassenheit eingestiegen, ohne jeglichen Druck da erfolgreich sein zu müssen und ich wurde Erster in ganz Rheinland-Pfalz.
Der Bundesentscheid
An dieses Rheinland-Pfalz knüpft sich dann eben der Bundesentscheid an, der ist dann immer deutschlandweit irgendwo, dieses Jahr in Mecklenburg-Vorpommern, in Güstrow oder letztes Jahr. Und von den Aufgaben wird es immer straffer und immer komplizierter. Es ging auch darum Schlagbeurteilen, aber eben ein bisschen tiefer. Es ging darum Unkräuter und Pflanzen zu bestimmen, aber eben ein bisschen mehr. Es ging darum eine Futterationsberechnung zu machen, aber eben ein bisschen mehr. Also da hängt einfach viel mehr dran.
Der zweite Platz und seine Bedeutung
Und es ging auch um Fachwissen, Allgemeinwissen, es ging um eine Präsentation. Und das ist jetzt ziemlich interessant, weil das kann auch wieder ein neues Thema aufmachen. Ausbildung in der Tasche, was nun war das Thema? Also was kommt eigentlich nach all dem, was du jetzt gemacht hast? Und schwuppdiwupp, nach fünf Tagen Berufswettkampf oder Berufswettbewerb und irgendwie gesellschaftliches Miteinander, habe ich den zweiten Platz auf Bundesebene als biologisch dynamischer Landwirt gemacht. Und das hat nochmal so ein bisschen aufgezeigt, dass biologisch dynamisch nicht heißt, man ist vielleicht zurückgeblieben oder man beschäftigt sich mit Dingen, die mit der Welt gar nichts zu tun haben, sondern es sind auch Dinge, aber man betrachtet sie eben ein wenig anders.
Der innere Zwiespalt
Zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und eigenen Überzeugungen
Und man muss dann eben dort lernen, dass man vielleicht eher schaut, was bringt jetzt hier diese Sache voran, als seine eigenen Denkmuster damit einspielen zu lassen. Und das ist eben auch ein großer Zwiespalt, dass man von der Gesellschaft dazu verdonnert wird, was zu sagen, was quasi aus deren Augen richtig ist, aber eigentlich denkt man vielleicht anders darüber.
Die Belohnung und ihre Herausforderungen
Ich würde gerne noch was erzählen über diesen Zwiespalt, der sich dann vielleicht auftut. Durch den Gewinn oder diese erfolgreiche Teilnahme an diesem Wettbewerb gibt es ein Dankeschön vom Deutschen Bauernverband. Dass man auf den Deutschen Bauerntag fährt, dass man eine Seminareinheit, dieses Jahr war es in Frankfurt, irgendwo in Deutschland, und dass man auf die internationale Grüne Woche fährt. Also quasi drei Veranstaltungen kriegt man als Dankeschön, wenn man dort erfolgreich teilgenommen hat.
Persönliche Konflikte bei Veranstaltungen
Und immer wieder innerlich war ich in diesem Zwiespalt. Hey, voll nett, vielen Dank, dass ich daran teilnehmen darf, aber will ich das überhaupt? Will ich mich in diese Welt begeben? Und da werden Dinge geäußert von Politiker, die dort sprechen dürfen, der ganze Saal jubelt, Thema Glyphosat, zu denen ich würde dann eher aufstehen und gehen.
Herausforderungen in der staatlichen Ausbildung
Aber man muss sich dieser Masse dann wieder beugen. Und parallel dazu kann ich noch ein Erlebnis aus meiner Ausbildung schildern, dass in der staatlichen Ausbildung gibt es eine sogenannte Ausbildungsberatung. Und hinter dieser Beratung steht eine Person, die soll dir eben helfen, wenn was im Betrieb nicht richtig läuft, wenn irgendwie Probleme auftreten.
Widerstand gegen Einschränkungen
Und die sagt klipp und klar, du musst eine konventionelle Abschlussprüfung machen, also musst du dich auch mit konventionellen Inhalten auseinandersetzen. Das kann ich erstmal mitleben. Der zweite Satz hieß, ja Flavio, du darfst nur ein Jahr auf dem Demeterhof lernen, du sollst bitte auch konventionelle Betriebe kennenlernen. Und da haben sich eben meine Nackenhaare hochgestellt und hab gesagt, das kann doch nicht sein, dass es noch nicht mal die Möglichkeit gibt, sich andersweitig fortzubilden im staatlichen System.
Entscheidung für den eigenen Weg
Und ich hab mich dann entschieden und auch in Absprache mit meinem Chef und auch er mit Absprache mit der Beraterin in bösen Worten. Der Flavio bleibt hier und macht hier seine Ausbildung das zweite Jahr auf einem biologisch-dynamischen Hof.
Erfahrungen in der konventionellen Landwirtschaft
Und ich hab mir dann eben mal angeschaut, wie ist es denn eigentlich, wie spritzt denn eigentlich ein konventioneller? Und ich bin auch Spritze gefahren und wollte es erleben. Und innerlich war aber dann trotzdem noch bei mir angekommen, dass ich muss das irgendwie loswerden. Ich muss loswerden, dass da jemand sagt, du kannst nicht auf dem Biohof zwei Jahre lernen und kannst da eine Abschlussprüfung machen.
Öffentliche Stellungnahme
Aber bei mir war ja die Bestätigung, ich hab auf dem Biohof gelernt und war noch erfolgreich. Also hab ich denen quasi doppelt aufgezeigt, dass es gehen kann. Und so hab ich mich einfach an meiner Gesellenbriefverleihung ans Mikrofon geschlichen und hab vor versammelter Mannschaft einfach einen Gruß ausgerichtet von meiner Seite an die Ausbildungsberaterin.
Reflexion über Vorurteile, Durchbrechen von Stereotypen
Und einfach freundlich erwähnt, dass ich jetzt neben dem besten Rheinland-Pfälzer und dem zweitbesten Deutschlands eben auch diese Jahre nur auf einem Biohof verbracht habe. Und es war so ein gewisses Aha-Erlebnis von mir. Also für mich war es wichtig, es muss raus, es soll nicht irgendwie bei mir bleiben. Und aber auch für den Saal war so ein bisschen die Sache, ah, okay, Bio heißt nicht unbedingt, dass da nur so Deppen rumlaufen. Und es ist ja auch immer eine Betrachtungsphase. Was ist ein Depp für dich? Und Depp ist vielleicht schon jemand, der anders mit Dingen umgeht. Und wir gehen anders mit Dingen um und deswegen sind wir vielleicht ein Depp, aber nicht für mich.
Metapher des Baumes
Ja, ich find's ziemlich interessant, dass wir jetzt neben diesem Baum hier stehen, der eben nicht mehr so ganz lebendig wirkt, auch wenn da oben noch ein Ästchen rauskommt. Aber vielleicht vermittelt dieser Baum auch ein Stück weit das Gefühl, wie ich mich nach meiner Ausbildung gefühlt habe. Zwar von der Gesellschaft, irgendwie angesehen durch die Erfolge, aber innerlich irgendwie quasi gar nicht vorbereitet auf das, was kommt.
Nach der Ausbildung - Was nun?
Und zwar ja auch in dieser Präsentation, die ich eben gehalten habe über das Thema Ausbildung in der Tasche, was nun? Wurde das schon so ein bisschen angekitzelt? Also es gibt irgendwie, du hast eine Ausbildung, aber es gibt was danach. Und was kommt eigentlich danach? Was ist von staatlicher Seite vorgesehen, was du danach machen sollst? Oder aber was gibt's denn eigentlich noch?
Entdeckung des Januarkurses
Und da wurde mir irgendwie klar, dadurch, dass ich zwei Jahre meine Ausbildung auf dem Demeterhof gemacht habe und davor ein Jahr Bufdi auf dem Demeterhof und irgendwie noch in dieser Schule war, dass es da von dieser Demeter-Seite doch irgendwas geben muss, was auch ein Stück weit fortbildet. Und durch Gespräche mit anderen Menschen, durch die Möglichkeit, das Internet zu benutzen und irgendwie durch Zeitschriften wurde mir aufgezeigt, dass es eben einen Januarkurs des Dottenfelderhofes gibt, wo ganz grundlegend was erzählt wird zum Thema, was ist eigentlich Demeter oder was steckt hinter biologisch-dynamisch, was ist eigentlich das? Und wie möchte man da arbeiten oder welche Werte sind da anders als irgendwie staatlich?
Erfahrungen aus beiden Welten
Und dann habe ich mich da angemeldet und habe den Kurs quasi jetzt hinter mir und mir wurde ziemlich viel klar, was vielleicht hinter dem Gedanken steht. Was mir allerdings ganz wichtig ist, zu erwähnen und zu sagen, ich habe quasi durch meine praktische Erfahrung auf Demeterhöfen und die theoretische Grundlage des Januarkurses die eine Seite kennengelernt und durch meine Berufsschule und durch meine Ausbildung und den Kontakt mit den Mitmenschen, die eben diese Ausbildung auch gemacht haben, die andere Seite. Und mir ist quasi stets bewusst, wo auch vielleicht ein Stück weit die Motive der gewissen Lager liegen, aber vielleicht auch die Zwänge und vielleicht auch die Ängste.
Kein Gut und Schlecht - Jeder findet seinen Weg
Und ich möchte aber einfach erwähnen, dass es quasi kein Gut und Schlecht gibt, sondern jeder muss für sich eben seinen Weg finden. So wie er den Weg finden muss, welche Ausbildung er macht, muss er auch eben den Weg finden, welcher Landwirtschaft er sich angehörig fühlt und welchen Gedanken er auch tragen und irgendwie auch weitergeben möchte. Und der konventionelle Gedanke ist aus meiner jetzigen Perspektive einfach ein sehr junger Gedanke, der eigentlich durch den Einsatz erst der Stickstoffe und der Herbizide so richtig aufgeblüht ist.
Die Tiefe der Landwirtschaft
Und das ist ja aus der Wahrnehmung, die ich habe, einfach die Grundlage dieses Gedankens. Und für mich ist aber einfach klar, hinter Landwirtschaft steht eben mehr als nur Ackern im Sinne von Arbeiten. Sondern hinter Landwirtschaft stehen Menschen, die das tun, stehen Menschen, die eben den Gedanken dahinter irgendwie versuchen greifbar zu machen.
Ausblick in die Zukunft
Und jede Seite für sich hat heutzutage noch die Existenz. Und vielleicht kommt irgendwann der Punkt, wo es ein Umdenken gibt. Aber damit macht man jetzt natürlich einfach einen riesen Fass wieder auf.
Abschließende Gedanken
Mir war es einfach nur klar oder mir ist der Gedanke eben einfach gekommen, dass es mir wichtig ist zu erwähnen, dass ich jetzt hier keinen Menschen oder keine Richtung irgendwie in den Pranger stellen möchte. Und die Armeen gegeneinander aufbauen. Weil ich glaube nicht, dass wir die Waffen haben uns gerecht oder dass wir die Waffen haben gerecht miteinander zu kämpfen.