Eine freie Initiative von Menschen bei ![]() ![]() ![]() ![]() mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ... |
Use Google Translate for a raw translation of our pages into more than 100 languages. Please note that some mistranslations can occur due to machine translation. |
Freies Saatgut - eine Podiumsdiskussion mit Hartmut Spieß und Christian Göldenboog, Dottenfelderhof, 2018
Einleitung und persönliche Vorstellung
My name is Göldenboog, ich habe dieses Buch geschrieben, ich habe mehrere Bücher geschrieben, unter anderem über Wein, Philosophie der Biologie. Auf dieses Thema bin ich hier gekommen, ich habe hier immer in der Wetterau gewohnt, mal eine Zeit lang, 15 Jahre, und da gab es einen kleinen Laden in der alten Stadt, und die haben bio-biodynamische Produkte verkauft, und da gab es unter anderem eine Dame, die den Laden gemacht hat. Hat sie mir gesagt: „Wir haben hier einen Rosenkohl, das ist der beste Rosenkohl, den es gibt“, und das war in der Tat der beste Rosenkohl, den es gab – den hatte sie in ihrem eigenen Garten –, und dann hat sie mir gesagt: „Diesen Rosenkohl hat Herr Spies gemacht“, und so sind wir dann quasi – ja, das ist so, es ist kein Witz –; der Rosenkohl, das muss ich sagen, der war schon sehr speziell. Man musste ihn auch nur ganz kurz ins Wasser tun, 4, 5 Minuten, und dann war er durch, und er war auch dann knackig und hatte so einen nussigen, cremigen Geschmack.
Buchidee, Erscheinungsdatum und Vortragsankündigung
Eine der Ideen, warum ich dieses Buch geschrieben habe – das ist jetzt vor zwei Monaten erschienen bei Beck –, ich habe hier einiges, ich signiere es Ihnen auch gerne, es kostet 14,95 Euro, und ich werde kurz etwas vorlesen zum Thema Züchtung, für die zu spät gekommen – ich habe gerade gesagt, es ist ein bisschen schlecht, die Reklame –, man hätte eigentlich sagen müssen, was machen wir gegen Monsanto, weil Züchtung ist halt Monsanto, Bayer, Saatgut, das große Thema, und Herr Spies ist quasi jemand, der da Paroli bietet, der ganzen Veranstaltung. Also, das kleine Kapitel heißt: Es gibt hier ein längeres Kapitel über den Dottenfelderhof, es gibt auch ein Kapitel über Stickstoffdüngung, es gibt ein längeres Kapitel über Wein. Biodynamie ist jetzt mit Wein sehr aktuell; das Buch heißt Die Weisheit des Misthaufens, einfach deshalb als Alternative zur konventionellen Stickstoffdüngung. Gehen Sie da vorne auf den Misthaufen, wo der vier Meter hoch ist und wo die Kühe in dem Mist liegen – dann sehen Sie einfach, welche Wichtigkeit die Kühe, welche Wichtigkeit der Dünger hat, der dann hier auf die Erde kommt. Das Buch sollte ursprünglich – warum haben Kühe Hörner heißen – auch eine wichtige Sache beinhalten, aber wir haben dann gesagt: Die Weisheit des Misthaufens, Expedition in die biodynamische Landwirtschaft. Und eine Expedition geht über Hybride. Es ist Juni, die Mittagssonne brennt auf die Wetterau, wir stehen am Rande eines ein Hektar großen Versuchsfeldes, auf dem Winterweizen in die Höhe schießt, Hartmut Spies trägt einen Sonnenhut, auf dem Feld arbeiten einige Frauen mit ungewöhnlichen Auftragen; sie zählen sämtliche Halme, die Ehrentrage. Tausende von Pflanzen stehen auf dem Feld, eine Vielzahl an unterschiedlichen Weizen- und Gerstensorten – aufgestellt in 6er oder 8er Reihen –, allein an Winterweizen sind über 600 Sorten angebaut; das ist hier vorne.
Suche nach der optimalen Öko-Winterweizensorte und EU-Richtlinien
Spies ist auf der Suche nach einer optimalen Öko-Winterweizensorte, eines der grundlegenden Probleme. So, Spies, sei der adäquate Anbau von Pflanzen- und Gemüsesorten – laut EU-Richtlinie darf im Ökolandbau nur Saatgut verwendet werden, das mindestens ein Jahr auf ökologischer Grundlage vermehrt wurde.
Hybridzüchtung versus konventionelle Züchtung
Die Sorten aus konventioneller Züchtung, sagt Spies, liefern unter ökologischen Anbaubedingungen meist hohe Erträge, aber geringere Qualitäten ab – schließlich sind diese Sorten auf den Einsatz von synthetischem Stickstoff und Pflanzenschutzmitteln gezüchtet worden. Den Anthroposophen ist die Hybridzüchtung ein besonderer Dorn im Auge. Die moderne Hybridzüchtung begann in den USA zu Beginn des letzten Jahrhunderts.
Beobachtungen zur Hybridzüchtung
George Harrison Schall, ein Genetiker, gutgläubig, enthusiastisch und aus einer Pharma-Familie stammender Genetiker, beobachtete bei Sonnenblumen Erstaunliches. Kreuzte er eine westliche mit einer russischen Sorte – beide knapp einen Meter hoch –, erhielt er in der nächsten Generation doppelt so hohe Pflanzen. Den gleichen Effekt entdeckte man bei Mais.
Auswirkungen der Inzucht und Hybridzüchtung
Das bedeutet, bei der Inzucht zweier sehr unterschiedlicher Maissorten über mehrere Generationen hinweg mit anschließender Kreuzung, erhielt man in der folgenden Generation extrem großwüchsige Pflanzen. Hybridzüchtung führe zu Pflanzen, so hört man auf dem Dottenfelderhof, die durch Inzucht geschwächt seien, die an einen hohen Kunstdüngereinsatz gewöhnt wurden, und deren Früchte auch nicht mehr richtig ausreifen. All dies lässt sich geschmacklich nachvollziehen.
Effekte an Hybridmöhren und Abhängigkeit der Landwirte
Hybridmöhren etwa wachsen schnell, dies verheißt einen hohen Wassergehalt. Außerdem verschärfe die Hybridzüchtung vor allem die Abhängigkeit. Der Landwirt als ausführendes Organ der Industrie muss jedes Jahr Hybridsaat gut kaufen.
Inzuchtzüchtung und Wechsel des Mikrofons
Die Inzuchtzüchtung führt dazu, dass die Samen zwar nachbaubar, aber nicht mehr leistungsfähig sind. So, das ist im Grunde eine Geschichte, die jetzt ganz wichtig ist. Ich wechsle jetzt mal das Mikrofon hier für die Züchtung auf dem Dottenfelderhof, über die man eigentlich in der Presse häufig etwas liest, aber auch nicht so richtig viel.
[Sprecher 1]: Forschung, Züchtung und Sortenentwicklung
[Sprecher 1]
Wir haben eigentlich auf dem Dottenfelderhof vor 40 Jahren – letztes Jahr hatten wir 40-jähriges Jubiläum – Forschung und Züchtung mit Forschungsfragen angefangen, also zur Bodenfruchtbarkeit, zur Frage der Nährstoffversorgung, zu vielen Fragen, die sozusagen die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in den verschiedenen Verfahren unterstützen sollen. Und eines war eben, dass der Dottenfelderhof Sorten hatte, Getreidesorten, die er seit 25 Jahren nachgebaut hat.
Freiheit des Saatguts und Monsanto
Wir wollen – und das ist ein Grundanliegen, und das betrifft eben auch die Hybridzüchtung, die ja kein fruchtbares Saatgut liefert – die Freiheit des Landwirts bewahren, Saatgut verfügbar zu haben. Und wenn Herr Göldenboog sprach, man hätte vielleicht draußen dran schreiben müssen: „Die Frage Monsanto, wie sieht es mit dem Saatgut aus?“
Kontrolle des Saatguts und Abhängigkeit
In der großen Richtung geht es ja dahin, das Saatgut zu kontrollieren, weil mit dem Saatgut die ganze Kette der Ernährung sozusagen abgesichert wird. Wer das Saatgut hat, verfügt über die Ernährung, und damit wäre der Mensch – nicht nur der Mensch, sondern auch das Tier – in absoluter Abhängigkeit. Das war sozusagen der erste Grund.
Backweizen, Sortenqualität und Unkrautunterdrückung
Der zweite war – das haben Sie auch schon vorgelesen –, wir haben ein Backhaus schon immer, nicht in der Größe wie jetzt, und die Bäckerei, sondern das war alles noch im ganz kleinen Stil – aber die Bäcker haben immer gemeckert, dass wir keinen guten Backweizen erzeugen. Und das lag an den Sorten. Die Sorten müssen sozusagen den Stickstoff im Boden finden, damit sie das Eiweiß bilden, den Kleber, damit sie hinterher gut backfähig sind.
Und wir setzen keine Herbizide, also Unkrautvernichtungsmittel, ein. Die Sorten müssen das Unkraut unterdrücken können. Das heißt, wir brauchen standfeste, lange Sorten mit waagerechten Blatthaltungen, damit sie sozusagen dem Unkraut das Licht entziehen.
Gemüse- und Getreidezüchtung
Ich habe jetzt keinen direkt im Blick, wer vorhin mitgefahren ist. Wir haben ja vorhin eine Getreidezüchtungsbesichtigung gemacht, und der Weizen sieht also fast unkrautlos aus. Angefangen habe ich aber mit dem Gemüse – und warum, können Sie alle nachvollziehen.
Erinnerungen an alte Sorten
Die Älteren können es besser als die Jüngeren. Solche Tomaten, wie ich sie als Kind gegessen habe, konnte man in den 70er, 80er Jahren nicht essen. Dasselbe schreibt Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs.
Solche Kartoffeln, wie er – das war 1924, als er als Kind gegessen hat – solche Kartoffeln kann man heute nicht mehr essen. Und das heißt, wenn ich etwas esse, spüre ich ja nicht nur den Geschmack, sondern ich spüre, wie mir das Essen bekommt, wie leistungsfähig ich hinterher bin, wie klar ich denken kann. Und ich sage immer: Sie brauchen nur mal ein konventionelles Huhnessen – also gebraten – und daneben ein Bio.
Eigene Züchtung und Sortenvielfalt
Diesen Unterschied schmeckt jeder. Also, das war für mich der Gesichtspunkt: Wir müssen eine eigene Züchtung anfangen, und die war auch beim Kollegen Dieter Bauer, der hier die Gemüsezüchtung von Anfang an gemacht hat. Von dem stammt die Rhodelica, also eine Möhre, die richtig süß ist, die schmeckt, die zwar nicht den Ertrag bringt, aber das ist sozusagen, wie der Rosenkohl, „Idema“ heißt, der jetzt im Handel ist.
Also, wir haben auch angefangen, Tomaten gegen Krautfäule zu züchten, und unser neuster Erfolg ist, dass wir eine Kartoffel gezüchtet haben, die gut schmeckt, die ist vielleicht kein absoluter Überflieger, die schmeckt sehr gut, und sie ist resistent gegen die Krautfäule und ist resistent gegenüber Abbau durch Virosen, also Viruserkrankungen – wie wir eine Erkältung kriegen, die kriegt auch die Kartoffel, aber das dann bleibend –, und die wird dann so geschädigt, dass man sie nicht mehr nachbauen kann.
Getreidesorten und ihre Bedeutung
Also, das sind die Hauptgesichtspunkte, und inzwischen haben wir viele Winterweizen, wir haben Sommerweizen, wir haben Hafersorten. Jeder hat in seinem Müsli – also, jeder isst, vorausgesetzt, jeder isst Müsli, aber die meisten morgens nicht – aber wer Müsli isst, da ist Hafer drin. Und Hafer hat eine der besten Ernährungsqualitäten auf der einen Seite und ist eine Gesundungsfrucht in der Fruchtfolge innerhalb des Getreides, also die Pflanzen wachsen dann viel besser.
Verfügbarkeit der Zuchtsorten
Und wir sind ja nun, Gott sei Dank, nicht der einzige Ökozüchter, sondern Kollege Karl-Josef Müller im Wendland, Hitzacker in der Gegend, der für ärmere Standorte züchtet – für die Bedingungen ärmere Standorte. Peter Kunz in der Schweiz, und dann gibt es noch einen am Bodensee, einen Kollegen Bertolt Heiden und Getreidezüchtung – Peter Kunz steckt ja der Name drin. Die Sorten sind aber auch nahezu alle über die Bierlandhandelsgesellschaft verfügbar, und in der Diskussion vorher hatten wir dieses Thema: Wie kommen denn die Sorten an die Bauern?
Landessortenversuche und Beratung
Ganz genau, also das Wichtige ist, dass die Beratung die Sorten in die Landessortenversuche stellt, und da bin ich ganz stark hinterher. Die Sorten stehen in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen; da stellen wir schon ganz früh unsere Zuchtstämme rein, damit die Bauern, die sich schon länger angucken können und nicht erst, wenn das Saatgut verfügbar ist, sagen: „Die Sorte will ich gerne haben.“ Und das ist also wichtig, dass man im Vorfeld im Rahmen von Landessortenversuchen diese Sorten breit steuert.
Bio-Weizen-Anteile in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg haben wir einen Bio-Berater, der diese Versuche seit 20 Jahren macht. Dort haben wir bereits einen Anteil von 70 % Öko-Weizen am Gesamtweizen. Also, das heißt, es wird viel mehr Bio-Weizen auf Bio-Betrieben angebaut in Baden-Württemberg, und je weiter das in den Norden geht – Entwicklungsland.
Bedingungen der biodynamischen Züchtung
Also, der Hauptgesichtspunkt in unserer biodynamischen Züchtung ist, dass unter den Bedingungen, unter denen die Pflanze dann auch angebaut wird, sie entwickelt bzw. gezüchtet wird. Das heißt, wir machen auf dem Feld Kreuzung – das müssen wir beim Weizen, beim Hafer und bei der Gerste machen –, weil die sind genetisch reinerbig.
Züchtungsverfahren und Inzucht
Also, wenn sie da was rausdetektieren und sie meinen, sie hätten eine neue Sorte, dann stimmt das nicht, sondern die ist genauso wie die alte Sorte, weil sie reinerbig vererbt wird. Also, müssen sie eine Kastration machen, sie müssen die männlichen Anteren rausnehmen, und dann wird sie künstlich befruchtet. Die Nachkommenschaft ist die F1, und in der F2 spaltet sie sich nach Mendel auf, und dann gehen sie rein und suchen unter den Bedingungen des Ökolandbaus, unter keinen mineralischen Stickstoffdüngergaben, unter keinem chemischen Pflanzenschutz.
Selektion und Ertragsdepressionen
Und wenn sie manchmal auf Ökobetriebe kommen, blüht ihnen alles, und sie müssen dann den Weizen da drin noch suchen, weil so viel Mohn und Korn – ist ja alles schön –, aber wenn es zu viele sind, dann leiden die Kulturpflanzen darunter. Dann suchen wir die Pflanze raus, und wir haben 35 Kriterien, die wir beim Winterweizen berücksichtigen – 35. Ich frage mich manchmal, fragen Sie sich wahrscheinlich auch alle: Wie sieht es mit meinen positiven und mit meinen negativen Eigenschaften aus?
Fangen Sie mal an zu zählen bis 35 im Hinblick auf positive Eigenschaften. Ich komme bis 5, bei 6 frage ich ja, und bei 7 wird es schon schwierig. Negative Eigenschaften könnte ich natürlich auch aufzählen, aber wir wollen ja keine negativen – wir wollen positive Eigenschaften.
Unvollkommenheit der Sorten
Also, die Sorten sind nie vollkommen, wie es auch keinen vollkommenen Menschen gibt. Wenn er vollkommen wäre, dann müsste er nicht mehr auf die Erde runter – wäre auch langweilig. Wäre langweilig. Wäre langweilig. Und deswegen wäre noch eine ganz wichtige Frage, weil wir das jetzt ganz neu aufgegriffen haben, obwohl wir es schon 10 Jahre machen.
Problematik des Insekten- und Vogelrückgangs
Wenn Sie jetzt so einen Weizenschlag sehen, einen konventionellen, der nicht höher als so 60, 70 cm wird und dann vielleicht so am Stück 20 Hektar – keine Blütenpflanze –, warum haben wir diese Problematik mit dem Insektenrückgang und mit dem Vogelrückgang?
Weil eben Glyphosat eingesetzt wird, der alles wegmacht, und danach wird der Weizen gesät, oder die, die glyphosatresistente Pflanzen anbauen, die können dann spritzen, und die gentechnisch veränderte Pflanze bleibt stehen. Es gibt jetzt die Möglichkeit, beim Bundessortenamt Sorten anzumelden, die heterogen sind. Es gibt ein Saatgutverkehrsgesetz.
Zulassungsbestimmungen für Sorten
Das enthält Bestimmungen, die eingehalten sein müssen, wenn die Sorte zugelassen werden soll. Das heißt, die Sorte muss neu sein. Sie muss beständig sein.
Beständig. Sie darf sich nicht verändern. Hinreichend homogen.
Genehmigte Abweichler
Von 1000 Pflanzen werden drei Abweichler genehmigt. Drei – das ist nix.
Verkehrsfähiger Name und Sortenzulassungen
Sie muss einen verkehrsfähigen Namen haben. Das andere ist nicht so wichtig. Danach gibt es nur Sortenzulassungen für Sorten, die hinreichend homogen sind.
Viehliniensorten und Homogenitätswahnsinn
Also, eigentlich der Homogenitätswahnsinn. Und jetzt gibt es auch die Möglichkeit, Viehliniensorten beim Bundessortenamt anzumelden und zuzulassen. Diese werden nicht mal mehr geprüft.
EU-Richtlinie und Fristen
Das ist eine EU-Richtlinie. Sie gilt seit fünf Jahren, und 2018 endet das bereits.
Sortentyp und internationale Perspektiven
Wir sind jetzt dran, dass die EU diesen Versuch verlängert. Und wir haben eben diesen Sortentyp schon vor zehn Jahren begonnen zu entwickeln, weil die Entwicklungsländer diese Strategie verfolgen. Die haben ja kein Geld.
Bedarf an Landsorten
Die haben kein Geld, Stickstoff einzusetzen. Die haben kein Geld für die Sorten, die ja in der Regel von den großen Saatgutfirmen kommen, sondern sie brauchen eigentlich einen Typ Landsorte.
Sortentyp und ökologische Stabilität
Und durch die vielen Linien hat die Vielfalt die Natur erfunden als Gesetzmäßigkeit, um stabile Ökosysteme aufzubauen. Und wenn wir unser Ökosystem beeinträchtigen – durch welche Maßnahmen auch immer – dann gibt es Instabilität. Und jetzt haben wir einen Sortentyp, der aufgrund seiner Vielseitigkeit diese Stabilität im Hinblick auf Ertragsfähigkeit, im Hinblick auf Gesundheit und im Hinblick auf Nachbaufähigkeit erfüllt.
Sortenzulassungen und Klimawandel
Und wir haben zwei Sorten, die zugelassen sind – Winterweizen. Wir haben sechs Sommerweizen; sind bei einer Wintergasse dabei. Also, das ist für mich in Zeiten des Klimawandels – also, wem ist dieses Jahr wieder mal als extrem aufgefallen?
Ein kaltes, nasses, kalternasser Winter und ein ewig langes, kaltes Frühjahr. Unser Roggen ist zum Teil eingegangen, weil der das gar nicht mag. Und danach folgt im April und im Mai, ist der Mai kühl und nass, füllt es den Bauern scheuer und fast.
Extreme Klimabedingungen
Und wir hatten 30 Grad bis 35 Grad Hitze. Das heißt, eine Extremität von feucht, kalt auf Hitze, Trockenheit. Und eine Sorte alleine kann das natürlich nicht kompensieren.
Pflanzenkrankheiten und Sortenstabilität
Je nachdem, ob es jetzt ein Trockenheitstyp oder ein feuchter Typ ist, wird sie bestehen oder nicht. Genauso, 2014, als Landwirt – wissen Sie – gibt es Pflanzenkrankheiten wie den Gelbrost. Der macht so gelbe Pusteln in einer Reihe.
Kann man daher sehr leicht erkennen. Der ist 2014 bundesweit aufgetreten. Da sind manche Sorten rausgefallen, weil sie so anfällig waren – das ganze Blatt war ganz früh weg.
Gelbrostresistenz bei Winterweizen
Bei Winterweizen haben wir nie auf Gelbrostresistenz gezüchtet, und wir haben mit die besten Sorten. Warum?
Weil wir immer auf Blattgesundheit selektiert haben. Das heißt, da ist vieles an Krankheiten dabei gewesen, auch eben der Gelbrost, obwohl wir da nicht gezüchtet haben.
Gefahren bei massiver Krankheit und genetische Vielfalt
Und wenn jetzt so eine Krankheit massiv auftritt und Sie haben eine rein ärmliche Pflanze wie den Weizen, dann hat er es leicht. Jede Pflanze ist gleich anfällig. Das heißt, Ihr Feld ist innerhalb von kürzester Zeit mit Gelbrost übersät.
Und Sie haben 20 bis vielleicht 50 % Ertragsverlust. Trifft der Pilz aber auf eine Population mit 300 verschiedenen Genotypen – also verschiedenen Typen –, da ist eine resistent, die andere mittelanfällig, die andere geringanfällig, die andere resistent und die andere anfällig; das könnten Sie sich jetzt draußen alles angucken bei unserer Population.
Stabilität und Klimawandel
Wir kommen mit einer guten Stabilität im Hinblick auf Pflanzengesundheit, auch durch die Extreme. Und das ist das, was in der Landwirtschaft zunehmend bestimmend sein wird: Wie kann die Landwirtschaft bestehen aufgrund dieser Klima-Extreme, aufgrund des Klimawandels?
Klimapolitik und Landwirtschaft
Heute früh noch in den Nachrichten gehört, in der Talkrunde mit dem Schellenhuber, dem Klimapapst, der darunter leidet, dass er seit 30 Jahren predigt: „Ihr müsst entsprechende Strategien entwickeln gegen den Klimawandel“, und es passiert nicht genügend. Auch Deutschland wird seine Klimaziele nicht einhalten, und am meisten wird es die Landwirtschaft betreffen.
Kosten der Sortenentwicklung und Saatgutbeizung
Starkregenereignisse – der Acker schwimmt weg –, ja, vor allen Dingen bei den Maisbauern, die keine Leguminosen anbauen, wo zwei Jahre der Boden bedeckt ist. Deswegen – wir haben noch keine eigenen Klee- und Luzernesorten gezüchtet, weil die Entwicklung einer Sorte kostet, das dauert ja 15 Jahre, kostet zwischen 600.000 und eine Million – also, das heißt, wenn wir sechs Kulturpflanzen haben, brauchen wir pro Jahr mindestens 600.000 bis 700.000 Euro. Und das ist noch zu wenig. Die konventionellen Züchter beizen ihr Saatgut, und die konventionellen Bauern beizen ihr Saatgut grundsätzlich mit chemischen Mitteln, was wir im Ökolandbau nicht machen.
Ertragsverlust durch Befall
Also, wenn die Pflanzen befallen werden, bilden sie keine Körner, sondern sehen so aus. Wenn sie 20 % Befall haben, haben sie 20 % weniger Ertrag. Und es gibt keine resistenten Sorten.
Resistente Sorten und Backfähigkeit
Und wir sind die Ersten, die heute voll resistente Sorten mit hoher Backfähigkeit und mit befriedigenden Erträgen gezüchtet haben und die zugelassen sind. Also, das ist nochmal ein ganz anderer wichtiger Gesichtspunkt. Wenn das so befallen ist und so riecht, können Sie das auch nicht mehr verbacken.
Sporen und Giftigkeit
Außerdem sind die Sporen giftig. Also, das ist sozusagen das, was die Bio-Züchtung leistet. Das ist bei Plinius dem Älteren schon beschrieben, der Steinbrand.
Hat also da noch einen griechischen Namen. Also, Sie sehen: Wenn Biolandbau zukunftsfähig bleiben will, brauchen wir eine eigene Züchtung. Das betrifft natürlich auch die Tiere.
Notwendigkeit eigener Züchtung im Biolandbau
Also, jetzt werden nur noch genetisch hornlose Bullen gezüchtet, die die Hornlosigkeit vererben. Und ich weiß nicht, ich war in einer Diskussion: Es gibt die neuen gentechnischen Methoden, mit denen alles machbar sein soll.
Gentechnische Methoden und Hornlosigkeit
Die genetische Schere – nein –, in der Diskussion wurde gesagt, die genetisch hornlose Ziege – jetzt frage ich Sie: Können Sie sich eine Ziege ohne Hörner vorstellen? Ich meine, die ganzen Märchen mit den Ziegen, die sind ja da nicht selten.
Kritik an neuen gentechnischen Methoden
Und es hat aber bisher nicht geklappt, weil es mit üblicher Züchtung nicht geht. Und jetzt sind alle drauf aus, mit den neuen gentechnischen Methoden, CRISPR, Cas und Co., die Hornlosigkeit bei Ziegen zu erreichen. Den Wissenschaftlern, von den Züchtern, wird gesagt, ja, die neuen gentechnischen Methoden funktionieren eigentlich wie eine Mutation.
Das Genom als Einheit
Also, es ist eigentlich nur eine Mutation. Und wir argumentieren natürlich dagegen: Das Genom ist eine Einheit. Es hat Einstein gesagt: Jedes Atom in der Welt weiß von jedem anderen Atom in der Welt.
Und jedes Gen im Genom weiß von jedem anderen Gen. Sodass, wenn Sie auch nur eins verändern oder rausschneiden oder stilllegen, reagieren die anderen darauf. Das heißt, es wird jetzt darauf ankommen, ob die EU sagt, das wird als übliche Züchtungsmethode eingeordnet, oder – was wir verlangen – es muss wie die klassischen gentechnischen Methoden eingeordnet werden.
Prüfung und Ökopapst Urs Nikli
Und dann gehört sich eine ordentliche Prüfung, um zu verfolgen, was noch verändert wird. Also garantiert ändert sich nicht nur diese eigene Eigenschaft. Aber wie gesagt, wir haben einen Ökopapst, Urs Nikli, der offiziell sagt, die neuen gentechnischen Methoden wären eine Möglichkeit für den Ökolandbau, damit wir die Welt ernähren können.
Historische Saatgutkultur
Also, die Frage ist ja – eingangs habe ich das ja auch geschildert – die Frage ist: Wie kann der Landwirt über das Saatgut verfügen? Und auf der anderen Seite, man muss sagen: Gerade mal seit 150 Jahren gibt es eine klassische Leistungszucht. Vor 150 Jahren hat eigentlich jeder Landwirt sein Saatgut nachgebaut, ausgelesen und an die nächsten Generationen weitergegeben.
Im Dreißigjährigen Krieg, wo Deutschland entvölkert war, wo die Menschen verhungert sind, hat der Landwirt auf seinem Saatgut – das hat er mit ins Bett genommen – damit er überhaupt Saatgut hat, damit man im nächsten Jahr was zu essen hat. Also, das stellt man sich heute nicht mehr richtig vor. Und die Hybridzüchtung – ja –, und deswegen ist auch unser Hauptgesichtspunkt: Wir wollen eigentlich eine regionale Eignung für einen bestimmten Bereich, aber dafür können wir jetzt nicht 25.000 Euro ausgeben für die Zulassung beim Bundessortenamt.
Frei verfügbares Saatgut und Lizenzsystem
Also, nochmal zur Frage des frei verfügbaren Saatguts: Die Züchtung, die sich seit den letzten 150 Jahren herausgebildet hat, haben wir sozusagen als Erwerb herausgebildet. Und sie leben von den Lizenzen, die der Landwirt für die Nutzung des Saatguts zurückfließen lässt; wird auch über eine bestimmte Organisation – wird der Landwirt jedes Jahr angeschrieben, er muss zurückzahlen, sonst wird er angezeigt.
Hybridzüchtung und Heteroseffekt
Und deswegen hat man eben in erster Linie die Hybridzüchtung, die man ja entdeckt hat aufgrund des Heteroseffektes, der wirkt: Wenn Sie zwei weit entfernte Linien miteinander kreuzen, dann ist eben die Nachkommenschaft besonders leistungsfähig. Und mit solchen Fremdbefruchtern – wo das gut geht, die Kreuzung – hat man das gemacht, die aber durch die Selbstbefruchtung degenerieren, wie Mais, wie Sonnenblume. Also, es sind dann mitunter solche kleinen Pflanzen, die dann hinterher solche riesengroßen Pflanzen mit sehr großen Kolben ergeben.
F1-Saatgut und Patente
Aber der Witz ist: Das Saatgut aus der ersten Generation, das sogenannte F1-Saatgut, kann der Landwirt anbauen, und kann es aber nicht mehr nachbauen, weil im Nachbau dieses Saatgut in diese kleinen Pflanzen, in mittlere – also die ganze Breite – aufspaltet. Also, der muss jedes Jahr das Saatgut neu kaufen. Deswegen machen die auch die Gentechnik, um das Saatgut zu patentieren, und patentiertes Saatgut muss eben auch – da muss man bezahlen.
Patentstreit und unabhängiges Saatgut
Monsanto hat ja einen Landwirt verklagt, das ging durch die Welt. Selbst wenn Sie als Landwirt jetzt einen Raps anbauen, der gentechnisch verändert ist, und Sie sind Biobauer als Nachbar – die Pollen fliegen, und die Sorte kreuzt sich ein, und der Züchter weiß das, untersucht das, da ist sein Gen drin – werden Sie verklagt, die Sorte gehört Ihnen nicht mehr. Wir züchten nur Saatgut, das nicht patentiert wird.
Eigentum und Verantwortung in der Züchtung
Alle unsere Sorten sind im Eigentum der Landbarschule Dottenfelderhof e.V. Also, sie sind kein persönliches Eigentum, es ist gewährleistet, dass sie jederzeit auf alle Zeit frei verfügbar sind. Alle öko-pionierenden Züchtungen sind so – in meinem Alter um 70, drüber oder drunter – und es ist eine sehr schöne Aufgabe, aber man muss natürlich eine gewisse Durchhaltekraft haben. Wenn man eine Kreuzung anfängt, muss man wissen: Die nächsten 10 Jahre muss ich dabei bleiben, und ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich nicht nur meinen Spieltrieb im Rahmen meines Zuchtgartens fröne, sondern hinterher muss auch eine Sorte rauskommen, die der Bauer gerne anbaut.
Ausbildung und Nachwuchsförderung
Also, die Ausbildung ist ganz wichtig – Nachwuchs, wissen wir alle. Landwirtschaft studieren, Züchtung in Hohenheim Master machen, promovieren möglichst noch. Wir haben jedes Jahr Angebote, dass Studenten ihr Praktikum hier machen können oder eben auch in der Landbarschule das Ausbildungsjahr machen können, aber wir nehmen sehr gerne Praktikanten, Praktikantinnen von den Unis, dass sie hier rein schnuppern in die Züchtung und sich dafür begeistern.
Saatgutnachbau und Kosten
Also, es gibt genaue Zahlen: Zwischen 50 und 60 % der Landwirte bauen das Saatgut nach, um Geld zu sparen, weil zertifiziertes Saatgut kostet mehr. Machen Biobauern, machen konventionelle Bauern. Konventionelle Bauern kaufen spätestens nach zwei Jahren neues Saatgut, und vor allen Dingen die ganz Großen wahrscheinlich jährlich.
Biodynamische Bauern und alte Sorten
Es gibt ganz wenige biodynamische Bauern, die sozusagen eine alte Sorte auf dem Hof noch haben und die wieder weiter vermehren. Das sind aber – die Sorten sind nicht mehr die besten. Also, man braucht dann einen kleinen Kundenstamm, damit das funktioniert.
Selektion und Ertragsdepressionen
Sozusagen übernehmen wir Öko-Züchter die Arbeit des Bauern, weil eine Züchtung sehr anspruchsvoll ist und es auch eine Selektion ist – man muss wissen, wie man die pflegt. Also, wenn man jetzt aus dem Roggen ein paar Halme rausnimmt und anpflanzt, dann haben sie vielleicht – wenn sie Zehenehren haben – nicht die gesamte genetische Variationsbreite von einem Roggen, der fremdbefruchtet ist. Dann kriegen sie ganz schnell Ertragsdepressionen, weil sie einfach die Vielfalt eingeengt haben.
Langfristige Sortennachbildung
Also, es gibt ganz wenig Leute, die das noch machen. Aber, wie gesagt, das Bewusstsein ist bei den Biobauern am größten, auch Sorten nachzubauen, und die wissen dann ganz genau: Wenn die Sorte vermischt ist, dann kaufen die wieder neues Saatgut. Aber wir wollen, dass unsere Sorten 30 Jahre nachgebaut werden können, ohne Ertragsverlust.
Anpassungsfähigkeit und neue Krankheiten
Und dann ist eben die Frage: Gibt es neue Pilzkrankheiten? Also, die Rassen ändern sich schnell, dann muss man vielleicht auch mal wieder eine neue Sorte nehmen, mit neuen, aufgefrischten Eigenschaften. Also, so wie der Mensch jedes Jahr Kinder kriegt und seine Generation verjugendlicht, erneuert – die sich auch anpassen können.
Epigenetik bei der Nachwuchsentwicklung
Heute werden ja die Kinder alle mit so einem PC-Gen geboren, beobachte ich jedenfalls bei unseren Jüngsten. Also, die wissen, so eine Apparatur zu handhaben, was ich heute immer noch nicht kapiere. Aber die bringen das mit; das fällt unter Epigenetik.