Immanuel Voegele

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Immanuel Voegele, *11.12.1897, Schorndorf/Württemberg (Deutschland), ✟16.11.1959, Hamborn bei Paderborn/Westfalen (Deutschland), gehört zu den wichtigsten Pionieren der biologisch-dynamischen Bewegung.[1]

Er setzte sich dafür ein, dass Rudolf Steiner über einzelne Beratungen hinaus einen umfassenden Landwirtschaftlichen Kurs (GA 327) hielt. Als Praktiker und Betriebsleiter pflegte er eine intensive Versuchsarbeit, die durch ein ständiges Bemühen um spirituelle Vertiefung des biologisch-dynamischen Impulses gekennzeichnet war.[1]

Am 11. Dezember 1897 wurde Immanuel Voegele als Sohn eines Notars im schwäbischen Schorndorf geboren. Mit sechs Brüdern und vier Schwestern wuchs er in einer strenggläubigen pietistischen Familie auf. Er berichtete später öfter über seine Sehnsucht nach der Heimat, die ein besonderes Gepräge gehabt hatte. Im Ersten Weltkrieg zog Voegele als Freiwilliger ins Feld und erlitt beim ersten Sturmangriff eine Beinverletzung, die ihm lebenslänglich große Schmerzen bereitete. Durch seinen Bruder Theo und seine Schwester Maria, die in Stuttgart bei Molts tätig war, hörte er von Rudolf Steiner und der Anthroposophie. Aus dem Krieg zurückgekehrt, besuchte er zahlreiche Vorträge Steiners. Die Anthroposophie begeisterte ihn so, dass er den Wunsch hatte, in der anthroposophischen Bewegung tätig zu werden. Zunächst setzte sich Voegele für die Dreigliederungsbewegung ein. Parallel dazu studierte er an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Stuttgart-Hohenheim, leitete deren Versuchsbetrieb und schloss das Studium als Diplomlandwirt ab. Er begann seine berufliche Laufbahn als Betriebsleiter auf dem zum „Kommenden Tag‟ gehörenden Hof Guldesmühle bei Dischingen. Die von ihm betreute Kompostwirtschaft wurde von Rudolf Steiner während einer Betriebsbesichtigung besonders hervorgehoben. Voegele blieb jedoch nur kurze Zeit in Dischingen, da ihn Carl Graf von Keyserlingk als Betriebsleiter auf eines der von ihm verwalteten Güter nach Schlesien holte. 1922 gehörte Voegele zu dem Kreis junger Landwirte, die sich regelmäßig im Hause von Moritz Bartsch in Breslau trafen, um anthroposophisch zu arbeiten. Noch im selben Jahr richteten Voegele und Erhard Bartsch einen ersten Aufruf an interessierte Landwirte, sie wollten Rudolf Steiner für einen Kurs über Landwirtschaft gewinnen. Es bedurfte dazu aber auch der Bemühungen älterer Landwirte, wie beispielsweise des Grafen Carl von Keyserlingk, Ernst Stegemanns und anderer, bis Rudolf Steiner für Pfingsten 1924 einen Kurs in Koberwitz bei Breslau zusagte. Die jungen Landwirte des Breslauer Kreises waren für die Vorbereitung des landwirtschaftlichen Kurses tätig.[1]

Im Januar 1924 schreibt Voegele diesen Brief an Rudolf Steiner:

"Sehr geehrter Herr Dr. Steiner!

Sollte es von mir vermessen sein, nach allen bisher zerschlagenen Hoffnungen, die in der Richtung gehegt wurden, von Ihnen sehr geehrter Herr Dr. Mitteilung für die Landwirtschaft zu erhalten, - noch einmal einen diesbezüglichen Wunsch bittend vorzubringen, so bitte ich sehr höflich um Entschuldigung.

Solange aber die Möglichkeit eines landwirtschaftlichen Kurses nach geisteswissenschaftlichen Richtlinien besteht, glaube ich diese Bitte nicht unversucht lassen zu dürfen, weil ich von ihrer Erfüllung erhoffen kann, geist- u. wirklichkeitsgemäß als ganzer Mensch mich in meine berufliche Tätigkeit hineinstellen zu können.

Je mehr ich durch die Geisteswissenschaft auf die Zusammenhänge alles Seins u. auf Dinge über welche die physischen Sinne nichts zu sagen vermögen, aufmerksam gemacht werde, desto mehr empfinde ich die Routine, die sog. Tüchtigkeit in der modernen Landwirtschaft als unnatürlich u. als ein Vergehen der Natur gegenüber, das ich nicht mitmachen darf, weil ich es nicht verantworten zu können meine.

Aus anthroposophischer Weltanschauung glaube ich entnehmen zu müssen, daß es des Landwirts Aufgabe ist, durch seine Tätigkeit, den geheimen Naturkräften, die in Mineral- Pflanzen- u. Tierreich wirken, Bedingungen zu schaffen, durch welche es diesen Kräften möglich ist, sich in einer Art auszuwirken, wie es ohne sein Zutun nicht möglich wäre u. wobei die Ergebnisse gleichzeitig die Bedingungen abgeben, die von Seiten der Landwirtschaft zu einer wirklichkeitsgemäßen Entwicklung der Menschheit notwendig sind.

Dem Landwirt, der das Vorhandensein eines bestimmten notwendigen Verhältnisses zwischen Mensch u. den Naturreichen, der das Zusammen- u. Durcheinanderwirken der Kräfte der Erde, der Sonne, der Sterne, der Elementar- u. aller übrigen Naturgeister ahnt, u. aus diesem Zusammen- und Durcheinanderwirken Mineral-, Pflanzen-, Tierreich u. den Menschen entstehen sieht, stürmen bei jeder beruflichen Tätigkeit eine Summe Fragen entgegen, auf die ihm sein heutiges Wissen keine Antwort gibt, die ihn als ungelöste Fragen quälen.

Er spürt die Tatsache dieses Kräftewirkens, aber weiß nichts von der Art u. Weise u. nichts vom Wesen derselben. Weil ihm Plan u. Richtung des Weges der zu einem Ziele führen kann fehlt, ist Schwanken u. Unsicherheit in seinem Tun die Folge. Dem anderen Landwirt, der Weg und Ziel in scharf umgrenzter Form vor sich hat, steht er mit leeren Händen u. einem zunächst nur schönen Ideal gegenüber.

Es ist nun meine Bitte, die ich an Sie sehr geehrter Herr Dr. mir zu richten erlaube u. die sich mit allem Wünschen u. Sehnen derjenigen Landwirte vereinen möchte, die aus ähnlichen Empfindungen von der Geisteswissenschaft Aufschluß und Hilfe erhoffen, aus solcher Unsicherheit herauszuhelfen und ein wenig den Weg zu beleuchten u.

Richtung zu weisen nach welcher der Landwirt suchen muß. Sollten dem Landwirt heute schon Dinge aus der Geisteswissenschaft gesagt werden können, mit deren Hilfe er seiner Arbeit nach den Gesetzen, die in der Welt bestehen und darin Ausdruck finden sollen, orientieren kann u. sollten Anforderungen zu erfüllen sein, die zu solchen Mitteilungen nötig sind, so wag ich um diesbezügliche Auskunft und wenn es möglich sein sollte um Zusage zur Abhaltung des landwirtschaftlichen Kurses sehr höflich zu bitten.

In tiefer Verehrung u. Hochachtung

I. Voegel, 24. Januar 1924"[2]

Voegele blieb bis 1925 in Koberwitz, war anschließend für kurze Zeit bei Ernst Stegemann auf dessen Pachtgut Marienstein bei Göttingen tätig und übernahm dann die Leitung des Betriebes Pilgramshain bei Striegau, Kreis Schweidnitz, in Schlesien. Dieses Gut gehörte damals der Familie von Jeetze, wurde aber nach dem Verkauf größerer Ländereien in eine GmbH eingebracht, deren Gesellschafter u.a. Martin Schmidt und Immanuel Voegele wurden. Im Jahre 1928 wurde das Schloss für eine heilpädagogische Initiative zur Verfügung gestellt. Zwischen Immanuel Voegele und Mitarbeitern des Instituts, dem Heilpädagogen Albrecht Strohschein, dem Arzt Karl König und dem Maler Hermann Kirchner, entstand bald eine weit gespannte Zusammenarbeit auf den Gebieten der Naturwissenschaft, Pädagogik, Medizin und Kunst, wobei Voegeles Enthusiasmus für die Zusammenarbeit das Unternehmen wesentlich förderte. Die Auskunftsstelle für biologisch-dynamische Landwirtschaft, von Kurt Theodor Willmann geführt, befand sich ebenfalls auf Gut Pilgramshain.[1]

Einzelnachweise