Mia und Florian - Menschen in der Landwirtschaft, 2023

Aus BiodynWiki
Mia und Florian am 21. Januar 2023 am Dottenfelderhof. Hier klicken zum Video

| zurück zu Menschen in der Landwirtschaft |

+++ Es handelt sich um eine automatische Transkription welche noch von Hand überarbeitet werden muss. Du kannst hier gerne MitTun - melde dich über das Kontaktformular +++

Ich bin Mia und wir befinden uns hier gerade auf dem Dortenfelder Hof zum Januarkurs im Rahmen des ersten Lehrjahres der Demeter-Biodynamischen Ausbildung. Mein Name ist Florian, wir sind gemeinsam hier und sind jetzt seit unserem ersten Lehrjahr auf dem Luisenhof bei Hohenstern-Ernstthal und haben da gemeinsam die Ausbildung begonnen und haben uns schon vorher kennengelernt und uns als Paar dann gemeinsam einen Ausbildungshof gesucht. Ja, es kam dann ja die Corona-Zeit und der Lockdown, ich war dann noch in der Schule und auf einmal saß man zu Hause rum und hat ganz viel Online-Unterricht gehabt und es war alles irgendwie trist und langweilig und ich hatte das große Glück, einen Garten zu haben mit meiner Mutter.

Der war direkt hinter dem Haus, wir hatten den neu und hatten plötzlich ganz viel Zeit, dort rum zu sein und das war für mich so ein entscheidender Punkt. Als ich dann dort im Frühjahr in der Sonne saß auf den Sandsteinmauern und das ganze Gemüse gesehen habe und dort auch gearbeitet habe, wo mir das Herz aufgegangen ist und wo ich dann gemerkt habe, ja, was Schöneres gibt es eigentlich gar nicht. Und das Gefühl, das hatte ich dann glaube ich in dem Moment noch gar nicht so konkret gefasst, aber als ich dann wieder in die Schule zurück bin nach dem Lockdown und mir dann auch die Frage gestellt habe, ob ich Abitur mache, ob ich studieren will, habe ich gemerkt, dass es alles nicht vergleichbar mit diesem Gefühl, draußen zu sein in der Sonne und bei den Pflanzen zu sein und Gemüse anzubauen, das dann auch, das eigene Gemüse zu essen.

Und so war dann die Entscheidung sehr schnell gefallen, dass ich dann gemeint habe, ja, das will ich weiterverfolgen, das will ich machen. Und so bin ich jetzt hier und es ist auf jeden Fall auch nicht immer rosig. Im Winter ist es auch einfach sehr kalt und man muss trotzdem raus und das ist auch Überwindung.

Aber trotzdem bleibt dieses warme Gefühl in mir dazu. Und das verbunden mit dieser Sinnhaftigkeit des Tuns, das macht es einfach wunderbar. Und dass es jetzt die biodynamische Ausbildung geworden ist, das hängt damit zusammen, dass ich sowieso aus dem Waldorfumfeld komme und das Gefühl habe, dass die Menschen, die biodynamisch arbeiten, menschlicher sind als andere und ich mich wohler bei ihnen fühle.

Und auch in dieser Ausbildung Raum ist, um hinter die Dinge zu schauen. Und sich mit dem Wesen, der Pflanze und des Bodens und auch des Menschen zu beschäftigen. Ja, du hast gesagt, menschlicher.

In dem Sinne, dass da Ideale verfolgt werden, dass man nicht versucht, nur dass die Kasse am Ende stimmt und dass man da möglichst hohen Ertrag hat und aus dem Boden das Maximale herausholt. Und die Erde und das Lebendige nur als Produktionsfaktor sieht, sondern dass man versucht, das allumfassend zu betrachten und nicht nur materialistisch vom Stoff her, sondern danach strebt, zu schauen, was ist das eigentlich, mit dem wir uns hier befassen, mit der Erde, mit dem Lebendigen, mit den Tieren und den Pflanzen. Und dieser Ansatz, das war mein Grund, die biodynamische Ausbildung zu beginnen und mich mit dieser Art und dieser Weise von Landwirtschaft zu befassen und das lernen zu wollen.

Ja, und ganz individuell ist halt die Beschäftigung mit der Erde, mit dem Lebendigen, mit dem, was ich gerade schon gesagt habe, meine Motivation gewesen, in die Landwirtschaft zu gehen. Und gleichzeitig ist das auch eine sehr vielfältige Arbeit, gerade was man im Rahmen der biodynamischen Ausbildung lernt, wo wir als Gemüsegärtner und Landwirte zusammen sind, wir auch mal ein Tagesseminar über Bienenhaltung haben oder Ähnliches, um eben so einen Gesamteindruck zu bekommen und um überhaupt die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Bereichen des Hoforganismus kennenzulernen. Das finde ich sehr wertvoll.

Im Vergleich zum Beispiel zu einer staatlichen Ausbildung, wo ich mich mit jemandem unterhalten habe, einem Bekannten, der einen Viehwirt lernt und mit dem Ackerbau gar nichts zu tun hat und da nur am Rande was mitbekommt, das finde ich dann recht schade. Ja, wir kriegen so einen großen Gesamteindruck hier vermittelt, was es bedeutet, einen Hof zu haben und was da alles hineinspielt. Und das empfinde ich auch als sehr wertvoll.

Eben auch, dass wir Impulse kriegen in Richtung Astronomie zum Beispiel. Ja, wie Bienenhaltung, muttergebundene Kälberhaltung. Und so können wir als junge Menschen, die ja meistens noch nicht so einen Plan haben, wo es hingehen soll, nochmal ganz neu schauen, auch in der Ausbildung.

Was ist denn vielleicht mein Bereich, wo ich mich später sehe? Ich habe mit Gemüse angefangen und ich habe auch das Gefühl, das ist das, was ich wirklich machen will, aber ich könnte jetzt auch sagen, ich werde Imker. Mich hat auch bewogen, überhaupt in die Landwirtschaft zu gehen, abgesehen von meinem persönlichen Interesse, der Fakt, dass Landwirtschaft ja die Grundlage allen Wirtschaftens überhaupt ist. Und wenn man sich die aktuelle Welt anschaut, mit ihren vielen Krisen an den verschiedensten Faktoren, und die sind in der Landwirtschaft auch sehr massiv, da habe ich dort den Punkt gesehen, wo ich mir dachte, da könnte man anfangen.

Und im eigenen Rahmen, in seinem eigenen Wirkungskreis, wieder was auf gesunde Beine zu stellen, so wie man es halt vermag. Und mit dem Bestreben, das wirklich richtig zu tun. Nicht mit dem Anspruch, aber mit dem Bemühen, die Wahrheit zu erfassen.

Oder wie könnte man das ausdrücken? Dass man Landwirtschaft betreibt, mit dem Bemühen, das gesund zu machen. Gesund für den Boden, für die gesamte Natur und auch für den Menschen, für die Kultur und die Kulturlandschaft. Und wenn man einen gesunden Hoforganismus schaffen kann, wenn einem das gelingt, dann können auch andere Bereiche der Gesellschaft damit anknüpfen.

Gerade viele biodynamische Höfe sind in Kontakt mit Schulen oder mit anderen Bildungseinrichtungen. Vielleicht kann da auch gewisses Handwerk oder können Seminare oder anderes da anknüpfen. Also wenn man da eine gesunde Basis schafft, kann da auch ein Wirtschaftsleben oder ein Kulturleben entstehen, was frei ist und im wirtschaftlichen Bereich ein gesundes Miteinander hat.

Und nicht in der Art und Weise, wie es halt häufig in unserer Gesellschaft ist, nach dem Ellenbogenprinzip versucht irgendwie durchzukommen. Landwirtschaft ist ja auch die Grundlage, wo Menschen mit ganz wenig, ganz viel Neues schaffen können. Nur mit dem Boden kann man dort dann einen Wald etablieren oder eine Gemüsekultur oder was auch immer, einen Lebensort für Menschen.

Und das, finde ich, macht die Landwirtschaft auch so besonders. Man kann da auf so besondere Art künstlerisch und kreativ arbeiten. Das hat auch für mich und ich glaube auch für viele junge Menschen macht es so reizvoll, dass man nichts hat und komplett nach seinen Vorstellungen und Ideen was Neues kreieren kann.

Und ich denke, das ist auch das, was da in der sozialen Dreigliederung das so ausmacht mit der Landwirtschaft, dass man da so neu schöpfen kann und auch die Gesellschaft von Grund auf verändern kann. Um da etwas gestalten zu können, ist ein solides Grundlagenwissen ganz entscheidend. Also nur mit guten Vorstellungen oder mit gutem Willen, aber mit wenig Fachkenntnis da herein zu gehen, funktioniert langfristig nicht.

Da hilft uns die Ausbildung sehr. Auch wenn ich glaube, dass wir nach der Ausbildung immer noch leiden sind, weil es ist so ein riesengroßes Thema und die Prozesse, die passieren in der Natur, sind so wunderschön und komplex. Ich glaube, da ist man ewig lernend.

Mir fällt noch ein, wie ich als Kind zum ersten Mal Kontakt zum Garten bekommen habe. In meinem Elternhaus hatten wir am Haus einen Garten. Und mein Nachbar hat jedes Jahr seine Tomaten selbst angezogen.

Und da habe ich bei ihm mal mitgemacht und habe meine eigenen Tomatenpflänzchen angezogen. Das habe ich so zwei, drei Jahre gemacht. Dann später nicht mehr.

Ich weiß gar nicht warum. Und habe mich dann, ja, gegen Ende meiner Schulzeit, so 11., 12. Klasse, damit nochmal befasst.

Und habe das wieder angefangen. Habe Tomatensamen ausgesät in einer Anzuchtschale. Die standen bei mir im Zimmer.

Und ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass aus so einem kleinen Korn, das ich in die Erde setze, dass da irgendwie was rauskommt. Und ich war so fasziniert, als dieser grüne Keim dann überall durchkam. Und aus dem Nichts eine Pflanze gewachsen ist.

Dieses Gefühl hatte ich nur beim ersten Mal. Im Jahr drauf war es für mich schon normal und selbstverständlich geworden. Und ich glaube, so geht man dann im Beruf ganz häufig wie selbstverständlich damit um.

Aber diese Faszination von den Lebenskräften, die da in der Pflanze erwachsen sind, die allein durch Physik, also durch physische Prozesse nicht erklärbar sind, sondern wo da was Lebendiges dahinter sein muss. Eine Kraft, dass da was nach oben wachsen kann. Obwohl auch die Schwerkraft eigentlich nach unten drückt.

Das war ganz faszinierend. Ja, und ich habe mich dann nach der Schule erst mal studiert. Und war erst mal sehr theoretisch unterwegs, was ja auch in unserem Bildungssystem leider auch der Schwerpunkt ist.

Dass man sich eigentlich mit köpfigen, verstandesmäßigen Dingen beschäftigt. Es war auch nicht schlecht, diese Zeit. Aber ich habe gemerkt, dass ich so als Motiv in meinem Seelenleben eigentlich nur zufrieden sein kann, wenn ich irgendetwas Physisches auf die Erde bringe mit meinen Kräften, meinen Möglichkeiten.

Und in der Landwirtschaft oder im Gartenbau macht man sich halt zunächst einen Plan. Man hat eine Vorstellung, wie etwas geschehen soll. Und dann setzt man sich daran, das umzusetzen mit all dem, was da dran hängt.

Und diesen gesamten Prozess einmal durchs Jahr und dann wieder von vorne, aber doch wieder anders und weiterentwickelt, das ist meine ganz persönliche Freude, die ich an dieser Berufung habe. Ich habe gemerkt, dass die Arbeit in der Landwirtschaft auch was ganz Pures hat, wenn man eben mit seinen Händen im Dreck wühlt. Und das hat mich auch mehr verbunden nochmal mit dem Leben, weil ich auch mein ganzes Leben dann anders und intensiver anpacken kann, wenn ich da keine Scheu mehr vorhabe, einen Regenwurm aus der Erde zu holen oder so.

Und all das zu tun, was ja erstmal eklig ist, auch für Jugendliche, die einfach nur auf der Schulbank sitzen, das ist einfach so. Und da diesen Schritt zu gehen, das zu überwinden, das war auch für mich was ganz Besonderes. Und dann Schnecken anfassen zu können und Würmer anfassen zu können und faulige Sachen und so.

Und das ist alles nicht mehr schlimm, weil es gehört zum Leben dazu. So habe ich gelernt oder lerne immer noch sehr, meine Hände zu gebrauchen. Und das fühlt sich sehr, sehr schön an.

Und hat auch seinen Anfang genommen in dem Garten in Dresden, wo es natürlich erstmal zaghaft war. Und ich habe dann immer, wenn Regenwurm da war, mit der Schippe gearbeitet und so. Und jetzt ist das alles so, sind die irgendwie auch meine Freunde und ich freue mich an denen.

Ja, was das mit mir selber macht, wenn ich da in der Landwirtschaft, in der Natur draußen arbeite oder im Stall, was ja auch eher drin ist. Ja, ich habe gemerkt, dass ich robuster und bodenständiger durch diese Arbeit werde. Wir hatten jetzt im Dezember einen sehr frostigen Wintereinbruch mit minus 10, minus 15 Grad.

Und da steht man früh um sieben im Stall oder geht zum Stall. Und das ist ja der kälteste Augenblick am Tag, eigentlich kurz vor Sonnenaufgang. Und ich habe gemerkt, wie mein Temperaturempfinden um 10 Grad unempfindlicher geworden ist, so wie zuvor, als wir angefangen hatten.

Zum Glück war der Winter relativ mild, war gut zum Eingewöhnen. Und jetzt habe ich im Grunde die gleichen Klamotten angehabt, ob das nur 0 Grad waren oder minus 10 Grad. Und das war völlig in Ordnung.

Und diese eigene Widerstandskraft, die man da aufbaut, die überträgt sich auch auf andere Bereiche des Lebens, dass man da besser durchgehen kann, dass man einfach robuster ist. Gesundheitlich im physischen Bereich, aber auch im emotionalen Bereich hat mir das sehr weitergeholfen. Und da entwickle ich mich immer noch weiter dran.

Und ich glaube, das ist eine sehr gesunde Entwicklung. Ja, wo die Reise für mich oder für uns hingeht nach der Ausbildung. Unser Bild, unsere Vision ist, dass wir gemeinsam in der Landwirtschaft auf einem Gärtnerhof tätig sein können.

Und Leben und Beruf gar nicht mal so sehr voneinander trennen müssen. Sondern an einem Ort, wo wir gesund zusammenleben. Also wenn der eigene Beruf wirklich das ist, was einen erfüllt, dann braucht man keine Stunden aufschreiben und abrechnen.

Dann macht man das aus einer inneren Erfüllung heraus. Und das ist eine ganz andere Lebensqualität, die man auch nicht mit Geld aufwiegen kann. Ich habe auch Lust, nach der Ausbildung eben einen Raum zu haben, wo ich ganz selbst kreativ werden kann.

Und mich mit den Dingen weiter beschäftigen kann, die mich wirklich daran interessieren. Die ich erfahren möchte, aber auch wo ich das Gefühl habe, ich kann der Natur da was geben. Also mich interessiert Bodenfruchtbarkeit total.

Und ich habe Lust dann wirklich einen Flecken zu haben, den ich versuche oder den wir versuchen dann wieder fruchtbar zu machen. Auch mit Kühen und mit verschiedenen anderen Sachen, die es da so gibt. E.M. zum Beispiel.

Und da einfach so einen künstlerischen Raum zu haben, wo wir ganz machen können, was wir wollen und was wir für richtig halten. Aber natürlich auch nicht nur unsere Hirngespinste da verwirklichen. Sondern mir ist es da ein ganz großes Anliegen, dass es auch irgendwie Realitätsbezug hat.

Und wirklich auch in einem größeren Zusammenhang sinnvoll ist. Ja, wenn man heute sich selbstständig machen möchte oder einen Hof übernehmen oder wie auch immer, wenn man das nicht in einem sehr großen Stil beginnen möchte, dann bleibt in der heutigen Zeit eigentlich nur die solidarische Landwirtschaft als Möglichkeit, dass man wirtschaftlich bestehen kann. Und ich finde, das ist ein Zukunftsmodell, was einen Schritt in die richtige Richtung gemacht hat.

Nämlich eines Miteinander-Wirtschaftens, wo die Abnehmer und die Produzenten zusammenkommen und man sich darüber austauscht, was denn überhaupt gewünscht ist, dass man konsumorientiert produziert. Dass die Art und Weise, wie man produziert, abgesprochen wird. Und ich denke, da gibt es auch noch viel Potenzial, das weiterzuentwickeln.

Sowas kann auch in einem größeren Rahmen, vielleicht auch nicht ganz so eng wie in der Solawi, geschehen. Dass auch die Art der Zertifizierung im ökologischen Landbau nicht mehr so stark Richtlinien betont sein muss. Gerade im Solawi-Bereich gibt es auch viele, die darauf verzichten, weil die Mitglieder halt sehen, wie man arbeitet.

Da ist man ganz nah an den Mitgliedern dran. Genau. Wie eine Gemeinschaft.

Ja, das wünsche ich mir auch. Dass es nicht so fern ist, wie wenn man sein Gemüse in den Laden schafft und irgendwer holt es dann und kauft es. Sondern, dass wir die Menschen kennen, dass die dann zu uns kommen.

Und man irgendwie auch die Landwirtschaft den anderen Menschen näher bringt. Ja, und auch, dass man sich persönlich kennt, das erfordert natürlich eine gewisse Kleinräumigkeit, dass das noch geht. Das ist in jedem Fall sehr sympathisch für uns.

Und ich bin ganz gespannt, wie sich das in den nächsten Jahrzehnten, die wir so noch vor uns haben, sich entwickelt. Für uns in unserem Feld, aber auch im Landbau insgesamt. Denn was da gerade so sich mehr und mehr ausbreitet mit der solidarischen Landwirtschaft.

Das ist ein ganz positiver Impuls, der in Richtung eines brüderlichen Wirtschaftslebens, im Sinne der sozialen Dreigliederung, was ganz Positives sein kann. Und daran würde ich sehr gerne mitwirken. Ja, danke, dass wir das hier machen.

Das ist eine schöne Erfahrung. Sehr gefreut. Vielen Dank.

| zurück zu Menschen in der Landwirtschaft |