Freies Saatgut - eine Podiumsdiskussion mit Hartmut Spieß und Christian Göldenboog, Dottenfelderhof, 2018: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Einleitung und persönliche Vorstellung ===
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My name is Göldenboog, ich habe dieses Buch geschrieben, ich habe mehrere Bücher geschrieben, unter anderem über Wein, Philosophie der Biologie. Auf dieses Thema bin ich hier gekommen, ich habe hier immer in der Wetterau gewohnt, mal eine Zeit lang, 15 Jahre, und da gab es einen kleinen Laden in der alten Stadt, und die haben bio-biodynamische Produkte verkauft, und da gab es unter anderem eine Dame, die den Laden gemacht hat. Hat sie mir gesagt: „Wir haben hier einen Rosenkohl, das ist der beste Rosenkohl, den es gibt“, und das war in der Tat der beste Rosenkohl, den es gab – den hatte sie in ihrem eigenen Garten –, und dann hat sie mir gesagt: „Diesen Rosenkohl hat Herr Spies gemacht“, und so sind wir dann quasi – ja, das ist so, es ist kein Witz –; der Rosenkohl, das muss ich sagen, der war schon sehr speziell. Man musste ihn auch nur ganz kurz ins Wasser tun, 4, 5 Minuten, und dann war er durch, und er war auch dann knackig und hatte so einen nussigen, cremigen Geschmack.
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=== Buchidee, Erscheinungsdatum und Vortragsankündigung ===
== Einleitung ==
Eine der Ideen, warum ich dieses Buch geschrieben habe – das ist jetzt vor zwei Monaten erschienen bei Beck –, ich habe hier einiges, ich signiere es Ihnen auch gerne, es kostet 14,95 Euro, und ich werde kurz etwas vorlesen zum Thema Züchtung, für die zu spät gekommen – ich habe gerade gesagt, es ist ein bisschen schlecht, die Reklame –, man hätte eigentlich sagen müssen, was machen wir gegen Monsanto, weil Züchtung ist halt Monsanto, Bayer, Saatgut, das große Thema, und Herr Spies ist quasi jemand, der da Paroli bietet, der ganzen Veranstaltung. Also, das kleine Kapitel heißt: Es gibt hier ein längeres Kapitel über den Dottenfelderhof, es gibt auch ein Kapitel über Stickstoffdüngung, es gibt ein längeres Kapitel über Wein. Biodynamie ist jetzt mit Wein sehr aktuell; das Buch heißt Die Weisheit des Misthaufens, einfach deshalb als Alternative zur konventionellen Stickstoffdüngung. Gehen Sie da vorne auf den Misthaufen, wo der vier Meter hoch ist und wo die Kühe in dem Mist liegen – dann sehen Sie einfach, welche Wichtigkeit die Kühe, welche Wichtigkeit der Dünger hat, der dann hier auf die Erde kommt. Das Buch sollte ursprünglich – warum haben Kühe Hörner heißen – auch eine wichtige Sache beinhalten, aber wir haben dann gesagt: Die Weisheit des Misthaufens, Expedition in die biodynamische Landwirtschaft. Und eine Expedition geht über Hybride. Es ist Juni, die Mittagssonne brennt auf die Wetterau, wir stehen am Rande eines ein Hektar großen Versuchsfeldes, auf dem Winterweizen in die Höhe schießt, Hartmut Spies trägt einen Sonnenhut, auf dem Feld arbeiten einige Frauen mit ungewöhnlichen Auftragen; sie zählen sämtliche Halme, die Ehrentrage. Tausende von Pflanzen stehen auf dem Feld, eine Vielzahl an unterschiedlichen Weizen- und Gerstensorten – aufgestellt in 6er oder 8er Reihen –, allein an Winterweizen sind über 600 Sorten angebaut; das ist hier vorne.
Der Buchautor [[Christian Göldenboog]] präsentiert am 16. Juni 2018 auf dem Hoffest des Dottenfelderhof in Bad Vilbel sein Buch "Die Weisheit des Misthaufens". Er erläutert u.a. welche Wege ihn zum Buchprojekt bewegten und welche Rolle dabei die Züchtungsarbeit von [[Hartmut Spieß|Dr. Hartmut Spieß]] spielte. In der Podiumsdiskussion unter freiem Himmel vermittelt Hartmut Spieß dann auch noch tiefergehende Einblicke in die biologische Züchtungsarbeit.


=== Suche nach der optimalen Öko-Winterweizensorte und EU-Richtlinien ===
== Transkription der Podiumsdiskussion mit Dr. Hartmut Spieß ==
Spies ist auf der Suche nach einer optimalen Öko-Winterweizensorte, eines der grundlegenden Probleme. So, Spies, sei der adäquate Anbau von Pflanzen- und Gemüsesorten – laut EU-Richtlinie darf im Ökolandbau nur Saatgut verwendet werden, das mindestens ein Jahr auf ökologischer Grundlage vermehrt wurde.


=== Hybridzüchtung versus konventionelle Züchtung ===
=== Biodynamische Züchtung und Landwirtschaft 00:00:03 ===
Die Sorten aus konventioneller Züchtung, sagt Spies, liefern unter ökologischen Anbaubedingungen meist hohe Erträge, aber geringere Qualitäten ab – schließlich sind diese Sorten auf den Einsatz von synthetischem Stickstoff und Pflanzenschutzmitteln gezüchtet worden. Den Anthroposophen ist die Hybridzüchtung ein besonderer Dorn im Auge. Die moderne Hybridzüchtung begann in den USA zu Beginn des letzten Jahrhunderts.


=== Beobachtungen zur Hybridzüchtung ===
==== Vorstellung und Rosenkohl 00:00:03 ====
George Harrison Schall, ein Genetiker, gutgläubig, enthusiastisch und aus einer Pharma-Familie stammender Genetiker, beobachtete bei Sonnenblumen Erstaunliches. Kreuzte er eine westliche mit einer russischen Sorte – beide knapp einen Meter hoch –, erhielt er in der nächsten Generation doppelt so hohe Pflanzen. Den gleichen Effekt entdeckte man bei Mais.
Sprecher 2:* My name is [[Christian Göldenboog|Göldenboog]], ich habe dieses Buch geschrieben, ich habe mehrere Bücher geschrieben, unter anderem über Wein, Philosophie der Biologie. Auf dieses Thema bin ich hier gekommen, ich habe hier immer in der Wetterau gewohnt, mal eine Zeit lang, 15 Jahre und da gab es einen kleinen Laden in der alten Stadt und die haben bio-biodynamische Produkte verkauft und da gab es unter anderem, eine Dame, die den Laden gemacht hat, hat sie mir gesagt, wir haben hier einen Rosenkohl, das ist der beste Rosenkohl, den es gibt und das war in der Tat der beste Rosenkohl, den es gab, den hatte sie in ihrem eigenen Garten und dann hat sie mir gesagt, diesen Rosenkohl hat [[Hartmut Spieß|Herr Spieß]] gemacht und so sind wir dann quasi, ja das ist so, es ist kein Witz, der Rosenkohl, das muss ich sagen, der war schon sehr speziell, man musste ihn auch nur ganz kurz ins Wasser tun, 4, 5 Minuten und dann war er durch und er war auch dann knackig und hatte so einen nussigen, cremigen Geschmack.
[[Datei:Die_Weisheit_des_Misthaufens_Christian_Göldenboog_2018.jpg|verweis=|mini|Buch "Die Weisheit des Misthaufens" von [[Christian Göldenboog]]]]


=== Auswirkungen der Inzucht und Hybridzüchtung ===
Eine der Ideen, warum ich dieses Buch geschrieben habe, das ist jetzt vor zwei Monaten erschienen bei Beck, ich habe hier einiges, ich signiere es Ihnen auch gerne, es kostet 14,95 Euro und ich werde kurz etwas vorlesen zum Thema Züchtung, für die zu spät gekommen, ich habe gerade gesagt, es ist ein bisschen schlecht, die Reklame, man hätte eigentlich sagen müssen, was machen wir gegen Monsanto, weil Züchtung ist halt Monsanto, Bayer, Saatgut, das große Thema und Herr Spies ist quasi jemand, der da Paroli bietet, der ganzen Veranstaltung, also das kleine Kapitel heißt, es gibt hier ein längeres Kapitel über den Dottenfelderhof, es gibt auch ein Kapitel über Stickstoffdüngung, es gibt ein längeres Kapitel über Wein, Biodynamie ist jetzt mit Wein sehr aktuell, das Buch heißt die Weisheit des Misthaufens, einfach deshalb als Alternative zur konventionellen Stickstoffdüngung.
Das bedeutet, bei der Inzucht zweier sehr unterschiedlicher Maissorten über mehrere Generationen hinweg mit anschließender Kreuzung, erhielt man in der folgenden Generation extrem großwüchsige Pflanzen. Hybridzüchtung führe zu Pflanzen, so hört man auf dem Dottenfelderhof, die durch Inzucht geschwächt seien, die an einen hohen Kunstdüngereinsatz gewöhnt wurden, und deren Früchte auch nicht mehr richtig ausreifen. All dies lässt sich geschmacklich nachvollziehen.


=== Effekte an Hybridmöhren und Abhängigkeit der Landwirte ===
==== Misthaufen und Züchtung 00:02:37 ====
Hybridmöhren etwa wachsen schnell, dies verheißt einen hohen Wassergehalt. Außerdem verschärfe die Hybridzüchtung vor allem die Abhängigkeit. Der Landwirt als ausführendes Organ der Industrie muss jedes Jahr Hybridsaat gut kaufen.
Gehen Sie da vorne auf den Misthaufen, wo der vier Meter hoch ist und wo die Kühe in dem Mist liegen, dann sehen Sie einfach, welche Wichtigkeit die Kühe, welche Wichtigkeit der Dünger hat, der kommt dann hier auf die Erde und das Buch sollte ursprünglich, warum haben Kühe Hörner heißen, auch eine wichtige Sache, aber wir haben dann gesagt, die Weisheit des Mistaufens, Expedition in die biodynamische Landwirtschaft und eine Expedition geht über Hybride. Es ist Juni, die Mittagssonne brennt auf die Wetterau, wir stehen am Rande eines ein Hektar großen Versuchsfeldes, auf dem Winterweizen in die Höhe schießt, Hartmut Spies trägt einen Sonnenhut, auf dem Feld arbeiten einige Frauen mit ungewöhnlichen Auftragen, sie zählen sämtliche Halme, die Ehrentrage.


=== Inzuchtzüchtung und Wechsel des Mikrofons ===
Tausende von Pflanzen stehen auf dem Feld, eine Vielzahl an unterschiedlichen Weizen- und Gerstensorten, aufgestellt in 6er oder 8er Reihen, allein an Winterweizen sind über 600 Sorten angebaut, das ist hier vorne. Spies ist auf der Suche nach einer optimalen Öko-Winterweizensorte, eines der grundlegenden Probleme, so Spies, sei der adäquate Anbau von Pflanzen- und Gemüsesorten, laut EU-Richtlinie darf im Ökolandbau nur Saatgut verwendet werden, das mindestens ein Jahr auf ökologischer Grundlage vermehrt wurde. Die Sorten aus konventioneller Züchtung, sagt Spies, liefern unter ökologischen Anbaubedingungen meist hohe Erträge, aber geringere Qualitäten ab, schließlich sind diese Sorten auf den Einsatz von synthetischem Stickstoff und Pflanzenschutzmitteln gezüchtet worden.
Die Inzuchtzüchtung führt dazu, dass die Samen zwar nachbaubar, aber nicht mehr leistungsfähig sind. So, das ist im Grunde eine Geschichte, die jetzt ganz wichtig ist. Ich wechsle jetzt mal das Mikrofon hier für die Züchtung auf dem Dottenfelderhof, über die man eigentlich in der Presse häufig etwas liest, aber auch nicht so richtig viel.


[Sprecher 1]: Forschung, Züchtung und Sortenentwicklung
==== Hybridzüchtung und ihre Probleme 00:04:29 ====
Den [[A:Anthroposophie|Anthroposophen]] ist die Hybridzüchtung ein besonderer Dorn im Auge. Die moderne Hybridzüchtung begann in den USA zu Beginn des letzten Jahrhunderts. George Harrison Schall, ein Genetiker, gutgläubig, enthusiastisch und aus einer Pharma-Familie stammender Genetiker, beobachtete bei Sonnenblumen Erstaunliches. Kreuzte er eine westliche mit einer russischen Sorte, beide knapp einen Meter hoch, erhielt er in der nächsten Generation doppelt so hohe Pflanzen. Den gleichen Effekt entdeckte man bei Mais. Das bedeutet bei der Inzucht zweier sehr unterschiedlicher Maissorten über mehrere Generationen hinweg mit anschließender Kreuzung erhielt man in der folgenden Generation extrem großwüchsige Pflanzen.


[Sprecher 1]
Hybridzüchtung führe zu Pflanzen, so hört man auf dem [[Dottenfelderhof]], die durch Inzucht geschwächt seien, die an einen hohen Kunstdüngereinsatz gewöhnt wurden und deren Früchte auch nicht mehr richtig ausreifen. All dies lässt sich geschmacklich nachvollziehen. Hybridmöhren etwa wachsen schnell, dies verheißt einen hohen Wassergehalt. Außerdem verschärfe die Hybridzüchtung vor allem die Abhängigkeit. Der Landwirt als ausführendes Organ der Industrie muss jedes Jahr Hybridsaat gut kaufen. Die Inzuchtzüchtung führt dazu, dass die Samen zwar nachbaubar, aber nicht mehr leistungsfähig sind. So, das ist im Grunde eine Geschichte, die jetzt ganz wichtig ist. Ich wechsle jetzt mal das Mikrofon hier für die Züchtung auf dem Dottenfelderhof, über die man eigentlich in der Presse häufig man liest etwas, aber auch nicht so richtig viel.


Wir haben eigentlich auf dem Dottenfelderhof vor 40 Jahren – letztes Jahr hatten wir 40-jähriges Jubiläum – Forschung und Züchtung mit Forschungsfragen angefangen, also zur Bodenfruchtbarkeit, zur Frage der Nährstoffversorgung, zu vielen Fragen, die sozusagen die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in den verschiedenen Verfahren unterstützen sollen. Und eines war eben, dass der Dottenfelderhof Sorten hatte, Getreidesorten, die er seit 25 Jahren nachgebaut hat.
=== Züchtung am Dottenfelderhof 00:06:22 ===


=== Freiheit des Saatguts und Monsanto ===
==== Forschung und Freiheit 00:06:22 ====
Wir wollen und das ist ein Grundanliegen, und das betrifft eben auch die Hybridzüchtung, die ja kein fruchtbares Saatgut liefert die Freiheit des Landwirts bewahren, Saatgut verfügbar zu haben. Und wenn Herr Göldenboog sprach, man hätte vielleicht draußen dran schreiben müssen: „Die Frage Monsanto, wie sieht es mit dem Saatgut aus?“
Sprecher 1:* Wir haben eigentlich auf dem Dottenfelderhof vor 40 Jahren, letztes Jahr hatten wir 40-jähriges Jubiläum, Forschung und Züchtung, mit Forschungsfragen angefangen. Also zur Bodenfruchtbarkeit, zur Frage der Nährstoffversorgung, zu vielen Fragen, die sozusagen die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise unterstützen sollen in den verschiedenen Verfahren. Und eines war eben, dass der Dottenfelderhof Sorten hatte, Getreidesorten, die er seit 25 Jahren nachgebaut hat. Wir wollen, und das ist ein Grundanliegen, und das betrifft eben auch die Hybridzüchtung, die ja kein fruchtbares Saatgut liefert. Wir möchten die Freiheit des Landwirtes bewahren, Saatgut verfügbar zu haben.


=== Kontrolle des Saatguts und Abhängigkeit ===
Und wenn Herr Göldenboog sprach, man hätte vielleicht draußen dran schreiben müssen, die Frage Monsanto, wie sieht es mit dem Saatgut aus? In der großen Richtung geht es ja dahin, das Saatgut zu kontrollieren, weil mit dem Saatgut die ganze Kette der Ernährung sozusagen abgesichert wird. Wer das Saatgut hat, verfügt über die Ernährung und damit wäre der Mensch, nicht nur der Mensch, sondern auch das Tier in absoluter Abhängigkeit. Das war sozusagen der erste Grund. Der zweite war, das haben Sie auch schon vorgelesen, wir haben ein Backhaus schon immer, nicht in der Größe wie jetzt und die Bäckerei, sondern das war alles noch im ganz kleinen Stil, aber die Bäcker haben immer gemeckert, dass wir keinen guten Backweizen erzeugen. Und das lag an den Sorten.
In der großen Richtung geht es ja dahin, das Saatgut zu kontrollieren, weil mit dem Saatgut die ganze Kette der Ernährung sozusagen abgesichert wird. Wer das Saatgut hat, verfügt über die Ernährung, und damit wäre der Mensch nicht nur der Mensch, sondern auch das Tier in absoluter Abhängigkeit. Das war sozusagen der erste Grund.


=== Backweizen, Sortenqualität und Unkrautunterdrückung ===
==== Anforderungen an Sorten 00:08:17 ====
Der zweite war – das haben Sie auch schon vorgelesen –, wir haben ein Backhaus schon immer, nicht in der Größe wie jetzt, und die Bäckerei, sondern das war alles noch im ganz kleinen Stil – aber die Bäcker haben immer gemeckert, dass wir keinen guten Backweizen erzeugen. Und das lag an den Sorten. Die Sorten müssen sozusagen den Stickstoff im Boden finden, damit sie das Eiweiß bilden, den Kleber, damit sie hinterher gut backfähig sind.
Die Sorten müssen sozusagen den Stickstoff im Boden finden, damit sie das Eiweiß bilden, den Kleber, damit die hinterher gut backfähig sind. Und wir setzen keine Herbizide, also Unkrautvernichtungsmittel ein. Die Sorten müssen das Unkraut unterdrücken können. Das heißt, wir brauchen standfeste, lange Sorten mit waagerechten Blatthaltungen, damit sie sozusagen dem Unkraut das Licht entziehen. Ich habe jetzt keinen direkt im Blick, wer vorhin mitgefahren ist. Wir haben ja vorhin eine Getreidezüchtungsbesichtigung gemacht und der Weizen sieht also fast unkrautlos aus. Angefangen habe ich aber mit dem Gemüse und warum, kennen Sie alle und können Sie fast alle nachvollziehen. Die Älteren können es besser als die Jüngeren.


Und wir setzen keine Herbizide, also Unkrautvernichtungsmittel, ein. Die Sorten müssen das Unkraut unterdrücken können. Das heißt, wir brauchen standfeste, lange Sorten mit waagerechten Blatthaltungen, damit sie sozusagen dem Unkraut das Licht entziehen.
Solche Tomaten, wie ich sie als Kind gegessen habe, konnte man in den 70er, 80er Jahren nicht essen. Dasselbe schreibt Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs. Solche Kartoffeln, wie er, das war 1924, als Kind gegessen hat, solche Kartoffeln kann man heute nicht mehr essen. Und das heißt, wenn ich etwas esse, spüre ich ja nicht nur den Geschmack, sondern ich spüre, wie mir das Essen bekommt, wie leistungsfähig ich hinterher bin, wie klar ich denken kann. Und ich sage immer, Sie brauchen nur mal ein konventionelles Huhn essen, also gebraten und daneben ein Bio. Diesen Unterschied schmeckt jeder.


=== Gemüse- und Getreidezüchtung ===
==== Gemüse- und Getreidezüchtung 00:10:06 ====
Ich habe jetzt keinen direkt im Blick, wer vorhin mitgefahren ist. Wir haben ja vorhin eine Getreidezüchtungsbesichtigung gemacht, und der Weizen sieht also fast unkrautlos aus. Angefangen habe ich aber mit dem Gemüse – und warum, können Sie alle nachvollziehen.
Also das war für mich der Gesichtspunkt, wir müssen eine eigene Züchtung anfangen und die war auch beim Kollegen Dieter Bauer, der hier die Gemüsezüchtung von Anfang an gemacht hat. Von dem stammt die Rodelika, also eine Möhre, die richtig süß ist, die schmeckt, die zwar nicht den Ertrag bringt, aber das ist sozusagen, wie der Rosenkohl Idema heißt, der jetzt, der im Handel ist. Also wir haben auch angefangen, Tomaten gegen Krautfäule zu züchten und unser neuster Erfolg ist, dass wir eine Kartoffel gezüchtet haben, die gut schmeckt, die ist vielleicht kein absoluter Überflieger, die schmeckt sehr gut und sie ist resistent gegen die Krautfäule und ist resistent gegenüber Abbau durch Virosen, also Viruserkrankungen, wie wir eine Erkältung kriegen, die kriegt auch die Kartoffel, aber das dann bleibend und die wird dann so geschädigt, dass man sie nicht mehr nachbauen kann.


=== Erinnerungen an alte Sorten ===
Also das sind die Hauptgesichtspunkte und inzwischen haben wir viele Winterweizen, wir haben Sommerweizen, wir haben Hafersorten. Jeder hat in seinem Müsli, also jeder isst vorausgesetzt, jeder isst Müsli, aber die meisten morgens nicht, aber wer Müsli isst, da ist Hafer drin. Und Hafer hat mit eine der besten Ernährungsqualitäten auf der einen Seite und ist eine Gesundungsfrucht in der Fruchtfolge innerhalb des Getreides, also die Pflanzen wachsen dann viel besser. Und wir sind ja nun nicht, Gott sei Dank, der einzige Ökozüchter, sondern Kollege Karl-Josef Müller im Wendland, Hitzacker die Gegend, der züchtet für ärmere Standorte, für die Bedingungen ärmere Standorte. Peter Kunz in der Schweiz und dann gibt es noch einen am Bodensee, einen Kollegen Bertolt Heiden und Getreidezüchtung Peter Kunz steckt ja der Name drin.
Die Älteren können es besser als die Jüngeren. Solche Tomaten, wie ich sie als Kind gegessen habe, konnte man in den 70er, 80er Jahren nicht essen. Dasselbe schreibt Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs.


Solche Kartoffeln, wie er – das war 1924, als er als Kind gegessen hat – solche Kartoffeln kann man heute nicht mehr essen. Und das heißt, wenn ich etwas esse, spüre ich ja nicht nur den Geschmack, sondern ich spüre, wie mir das Essen bekommt, wie leistungsfähig ich hinterher bin, wie klar ich denken kann. Und ich sage immer: Sie brauchen nur mal ein konventionelles Huhnessen – also gebraten – und daneben ein Bio.
=== Verfügbarkeit und Klimawandel 00:11:49 ===


=== Eigene Züchtung und Sortenvielfalt ===
==== Saatgutverfügbarkeit 00:11:49 ====
Diesen Unterschied schmeckt jeder. Also, das war für mich der Gesichtspunkt: Wir müssen eine eigene Züchtung anfangen, und die war auch beim Kollegen Dieter Bauer, der hier die Gemüsezüchtung von Anfang an gemacht hat. Von dem stammt die Rhodelica, also eine Möhre, die richtig süß ist, die schmeckt, die zwar nicht den Ertrag bringt, aber das ist sozusagen, wie der Rosenkohl, „Idema“ heißt, der jetzt im Handel ist.
Die Sorten sind aber auch nahezu alle über die Bierlandhandelsgesellschaft verfügbar und in der Diskussion vorher hatten wir dieses Thema, wie kommen denn die Sorten an die Bauern? Ganz genau, also das Wichtige ist, dass die Beratung die Sorten in die Landessortenversuche stellt und da bin ich ganz stark hinterher. Die Sorten stehen in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, da stellen wir schon ganz früh unsere Zuchtstämme rein, damit die Bauern, die sich schon länger angucken können und nicht erst, wenn das Saatgut verfügbar ist. Damit sie sagen, die Sorte will ich gerne haben und das ist also wichtig, dass man im Vorfeld im Rahmen von Landessortenversuche diese Sorten breit steuert.


Also, wir haben auch angefangen, Tomaten gegen Krautfäule zu züchten, und unser neuster Erfolg ist, dass wir eine Kartoffel gezüchtet haben, die gut schmeckt, die ist vielleicht kein absoluter Überflieger, die schmeckt sehr gut, und sie ist resistent gegen die Krautfäule und ist resistent gegenüber Abbau durch Virosen, also Viruserkrankungen – wie wir eine Erkältung kriegen, die kriegt auch die Kartoffel, aber das dann bleibend –, und die wird dann so geschädigt, dass man sie nicht mehr nachbauen kann.
In Baden-Württemberg haben wir einen Bio-Berater, der macht diese Versuche seit 20 Jahren. Dort haben wir bereits einen Anteil von 70% Öko-Weizen am Gesamtweizen. Also das heißt, es wird viel mehr Bio-Weizen auf Bio-Betrieben angebaut in Baden-Württemberg und je weiter das in den Norden geht, Entwicklungsland. Also der Hauptgesichtspunkt in unserer biodynamischen Züchtung ist, dass unter den Bedingungen, unter denen die Pflanze dann auch angebaut wird, sie entwickelt bzw. gezüchtet wird. Das heißt, wir machen auf dem Feld Kreuzung, das müssen wir beim Weizen, beim Hafer und bei der Gerste machen, weil die sind genetisch reinerbig.


=== Getreidesorten und ihre Bedeutung ===
==== Kreuzung und Selektion 00:13:37 ====
Also, das sind die Hauptgesichtspunkte, und inzwischen haben wir viele Winterweizen, wir haben Sommerweizen, wir haben Hafersorten. Jeder hat in seinem Müsli – also, jeder isst, vorausgesetzt, jeder isst Müsli, aber die meisten morgens nicht – aber wer Müsli isst, da ist Hafer drin. Und Hafer hat eine der besten Ernährungsqualitäten auf der einen Seite und ist eine Gesundungsfrucht in der Fruchtfolge innerhalb des Getreides, also die Pflanzen wachsen dann viel besser.
Also wenn sie da was rausdetektieren und sie meinen, sie hätten eine neue Sorte, dann stimmt das nicht, sondern die ist genauso wie die alte Sorte, weil die reinerbig vererbt. Also müssen sie eine Kastration machen, sie müssen die männlichen Anteren rausnehmen und dann wird die künstlich befruchtet. Die Nachkommenschaft ist die F1 und in der F2 spaltet sie auf nach Mendel und dann gehen sie rein und suchen unter den Bedingungen des Ökolandbaus, unter keinem mineralischen Stickstoffdüngergaben, unter keinem chemischen Pflanzenschutz. Und wenn sie manchmal auf Ökobetriebe kommen, blüht ihnen alles und sie müssen dann den Weizen da drin noch suchen, weil also so viel Mohn und Korn, ist ja alles schön, aber wenn es zu viele, dann leiden die Kulturpflanzen darunter.


=== Verfügbarkeit der Zuchtsorten ===
Dann suchen wir die Pflanze raus und wir haben 35 Kriterien, die wir beim Winterweizen berücksichtigen, 35. Ich frage mich manchmal, fragen Sie sich wahrscheinlich auch alle, wie sieht es mit meinen positiven und mit meinen negativen Eigenschaften aus? Fangen Sie mal an zu zählen bis 35 im Hinblick auf positive Eigenschaften. Ich komme bis 5, bei 6 frage ich ja und bei 7 wird es schon schwierig. Negative Eigenschaften könnte ich natürlich auch aufzählen, aber wir wollen ja keine negativen, wir wollen positive Eigenschaften. Also die Sorten sind nie vollkommen, wie es auch keinen vollkommenen Menschen gibt. Wenn er vollkommen ist, dann muss er nicht mehr auf die Erde runter. Wäre auch langweilig. Wäre langweilig. Wäre langweilig.
Und wir sind ja nun, Gott sei Dank, nicht der einzige Ökozüchter, sondern Kollege Karl-Josef Müller im Wendland, Hitzacker in der Gegend, der für ärmere Standorte züchtet – für die Bedingungen ärmere Standorte. Peter Kunz in der Schweiz, und dann gibt es noch einen am Bodensee, einen Kollegen Bertolt Heiden und Getreidezüchtung – Peter Kunz steckt ja der Name drin. Die Sorten sind aber auch nahezu alle über die Bierlandhandelsgesellschaft verfügbar, und in der Diskussion vorher hatten wir dieses Thema: Wie kommen denn die Sorten an die Bauern?


=== Landessortenversuche und Beratung ===
==== Klimawandel und Vielfalt 00:15:20 ====
Ganz genau, also das Wichtige ist, dass die Beratung die Sorten in die Landessortenversuche stellt, und da bin ich ganz stark hinterher. Die Sorten stehen in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen; da stellen wir schon ganz früh unsere Zuchtstämme rein, damit die Bauern, die sich schon länger angucken können und nicht erst, wenn das Saatgut verfügbar ist, sagen: „Die Sorte will ich gerne haben.“ Und das ist also wichtig, dass man im Vorfeld im Rahmen von Landessortenversuchen diese Sorten breit steuert.
Und deswegen wäre noch eine ganz wichtige Frage, weil wir das jetzt ganz neu aufgegriffen haben, obwohl wir es schon 10 Jahre machen. Wenn Sie jetzt so einen Weizenschlag sehen, einen konventionellen, der nicht höher als so 60, 70 cm wird und dann vielleicht so am Stück 20 Hektar. Keine Blütenpflanze. Warum haben wir diese Problematik mit dem Insektenrückgang und mit dem Vogelrückgang? Weil eben Glyphosat eingesetzt wird, der alles weg macht und danach wird der Weizen gesät oder die, die Glyphosat resistente Pflanzen anbauen, die können dann spritzen und die gentechnisch veränderte Pflanze bleibt stehen. Es gibt jetzt die Möglichkeit beim Bundessortenamt Sorten anzumelden, die heterogen sind. Es gibt ein Saatgutverkehrsgesetz.


=== Bio-Weizen-Anteile in Baden-Württemberg ===
Das enthält Bestimmungen, die eingehalten sein müssen, wenn die Sorte zugelassen werden soll. Das heißt, die Sorte muss neu. Sie muss beständig sein. Beständig. Die darf sich nicht verändern. Hinreichend homogen. Von 1000 Pflanzen werden drei Abweichler genehmigt. Drei. Das ist nix. Sie muss einen verkehrsfähigen Namen haben. Das andere ist nicht so wichtig. Danach gibt es nur Sortenzulassungen für Sorten, die hinreichend homogen sind. Also eigentlich der Homogenitätswahnsinn. Und jetzt gibt es auch die Möglichkeit, Viehliniensorten beim Bundessortenamt anzumelden und zuzulassen. Die werden nicht mal mehr geprüft. Das ist eine EU-Richtlinie. Die gilt seit fünf Jahren. Und 2018 endet das bereits.
In Baden-Württemberg haben wir einen Bio-Berater, der diese Versuche seit 20 Jahren macht. Dort haben wir bereits einen Anteil von 70 % Öko-Weizen am Gesamtweizen. Also, das heißt, es wird viel mehr Bio-Weizen auf Bio-Betrieben angebaut in Baden-Württemberg, und je weiter das in den Norden geht – Entwicklungsland.


=== Bedingungen der biodynamischen Züchtung ===
=== Heterogene Sorten und Stabilität 00:17:19 ===
Also, der Hauptgesichtspunkt in unserer biodynamischen Züchtung ist, dass unter den Bedingungen, unter denen die Pflanze dann auch angebaut wird, sie entwickelt bzw. gezüchtet wird. Das heißt, wir machen auf dem Feld Kreuzung – das müssen wir beim Weizen, beim Hafer und bei der Gerste machen –, weil die sind genetisch reinerbig.


=== Züchtungsverfahren und Inzucht ===
==== Heterogene Sorten 00:17:19 ====
Also, wenn sie da was rausdetektieren und sie meinen, sie hätten eine neue Sorte, dann stimmt das nicht, sondern die ist genauso wie die alte Sorte, weil sie reinerbig vererbt wird. Also, müssen sie eine Kastration machen, sie müssen die männlichen Anteren rausnehmen, und dann wird sie künstlich befruchtet. Die Nachkommenschaft ist die F1, und in der F2 spaltet sie sich nach Mendel auf, und dann gehen sie rein und suchen unter den Bedingungen des Ökolandbaus, unter keinen mineralischen Stickstoffdüngergaben, unter keinem chemischen Pflanzenschutz.
Wir sind jetzt dran, dass die EU diesen Versuch verlängert. Und wir haben eben diesen Sortentyp schon vor zehn Jahren begonnen zu entwickeln, weil die Entwicklungsländer diese Strategie verfolgen. Die haben ja kein Geld. Die haben kein Geld, Stickstoff einzusetzen. Die haben kein Geld für die Sorten, die ja in der Regel von den großen Saatgutfirmen kommen. Sondern die brauchen eigentlich einen Typ Landsorte. Und durch die vielen Linien hat die Vielfalt die Natur erfunden als Gesetzmäßigkeit, um stabile Ökosysteme aufzubauen. Und wenn wir unser Ökosystem beeinträchtigen, durch welche Maßnahmen auch immer, dann gibt es Instabilität.


=== Selektion und Ertragsdepressionen ===
Und jetzt haben wir einen Sortentyp, der aufgrund seiner Vielseitigkeit diese Stabilität im Hinblick auf Ertragsfähigkeit, im Hinblick auf Gesundheit und im Hinblick auf Nachbaufähigkeit erfüllt. Und wir haben zwei Sorten, die zugelassen sind, Winterweizen. Wir haben sechs Sommerweizen, sind bei einer Wintergasse dabei. Also das ist für mich in Zeiten des Klimawandels, also wem ist dieses Jahr wieder mal als extrem aufgefallen? Ein kaltes, nasses, kalter nasser Winter und ein ewig langes, kaltes Frühjahr. Unser Roggen ist zum Teil eingegangen, weil der das gar nicht mag. Und danach folgt im April und im Mai ist der Mai kühl und nass, füllt es den Bauern scheuer und fast. Und wir hatten 30 Grad bis 35 Grad Hitze.
Und wenn sie manchmal auf Ökobetriebe kommen, blüht ihnen alles, und sie müssen dann den Weizen da drin noch suchen, weil so viel Mohn und Korn – ist ja alles schön –, aber wenn es zu viele sind, dann leiden die Kulturpflanzen darunter. Dann suchen wir die Pflanze raus, und wir haben 35 Kriterien, die wir beim Winterweizen berücksichtigen – 35. Ich frage mich manchmal, fragen Sie sich wahrscheinlich auch alle: Wie sieht es mit meinen positiven und mit meinen negativen Eigenschaften aus?


Fangen Sie mal an zu zählen bis 35 im Hinblick auf positive Eigenschaften. Ich komme bis 5, bei 6 frage ich ja, und bei 7 wird es schon schwierig. Negative Eigenschaften könnte ich natürlich auch aufzählen, aber wir wollen ja keine negativen – wir wollen positive Eigenschaften.
==== Klimawandel und Krankheiten 00:18:59 ====
Das heißt eine Extremität von feucht, kalt auf Hitze, Trockenheit. Und eine Sorte alleine kann das natürlich nicht kompensieren. Je nachdem, ob es jetzt ein Trockenheitstyp ist oder ein feuchter Typ ist, wird sie bestehen oder nicht. Genauso 2014 als Landwirt, wissen Sie, gibt es Pflanzenkrankheiten wie den Gelbrost. Der macht so gelbe Pusteln in einer Reihe. Kann man daher sehr leicht erkennen. Der ist 2014 bundesweit aufgetreten. Da sind manche Sorten rausgefallen, weil die so anfällig waren, das ganze Blatt ganz früh weg war. Bei Winterweizen haben wir nie auf Gelbrostresistenz gezüchtet. Und wir haben mit die besten Sorten. Warum? Weil wir immer auf Blattgesundheit selektiert haben.


=== Unvollkommenheit der Sorten ===
Das heißt, da ist vieles an Krankheiten dabei gewesen. Auch eben der Gelbrost, obwohl wir da nicht gezüchtet haben. Und wenn jetzt so eine Krankheit auftritt, massiv, und Sie haben eine rein ärmliche Pflanze wie den Weizen, dann hat er es leicht. Jede Pflanze ist gleich anfällig. Das heißt, ihr Feld ist innerhalb von kürzester Zeit mit Gelbrost übersät. Und Sie haben 20 bis vielleicht 50 % Ertragsverlust. Trifft der Pilz aber jetzt auf eine Population mit 300 verschiedenen Genotypen, also verschiedenen Typen, da ist eine resistent, die andere ist mittelanfällig, die andere ist geringanfällig, die andere ist resistent und die andere ist anfällig. Das könnten Sie sich jetzt draußen alles angucken bei unserer Population.
Also, die Sorten sind nie vollkommen, wie es auch keinen vollkommenen Menschen gibt. Wenn er vollkommen wäre, dann müsste er nicht mehr auf die Erde runter – wäre auch langweilig. Wäre langweilig. Wäre langweilig. Und deswegen wäre noch eine ganz wichtige Frage, weil wir das jetzt ganz neu aufgegriffen haben, obwohl wir es schon 10 Jahre machen.


=== Problematik des Insekten- und Vogelrückgangs ===
=== Resistenz und Nachhaltigkeit 00:20:47 ===
Wenn Sie jetzt so einen Weizenschlag sehen, einen konventionellen, der nicht höher als so 60, 70 cm wird und dann vielleicht so am Stück 20 Hektar – keine Blütenpflanze –, warum haben wir diese Problematik mit dem Insektenrückgang und mit dem Vogelrückgang?


Weil eben Glyphosat eingesetzt wird, der alles wegmacht, und danach wird der Weizen gesät, oder die, die glyphosatresistente Pflanzen anbauen, die können dann spritzen, und die gentechnisch veränderte Pflanze bleibt stehen. Es gibt jetzt die Möglichkeit, beim Bundessortenamt Sorten anzumelden, die heterogen sind. Es gibt ein Saatgutverkehrsgesetz.
==== Stabilität durch Vielfalt 00:20:47 ====
Wir kommen mit einer guten Stabilität im Hinblick auf Pflanzengesundheit, auch durch die Extreme. Und das ist das, was in der Landwirtschaft zunehmend jetzt bestimmend sein wird. Wie kann die Landwirtschaft bestehen aufgrund dieser Klima-Extreme, aufgrund des Klimawandels? Heute früh noch in den Nachrichten gehört, in der Talkrunde, mit dem Schellenhuber, der Klimapapst, der darunter leidet, dass seit 30 Jahren predigt er, ihr müsst entsprechende Strategien entwickeln gegen den Klimawandel und es passiert nicht genügend. Auch Deutschland wird seine Klimaziele nicht einhalten. Und am meisten wird es die Landwirtschaft betreffen.


=== Zulassungsbestimmungen für Sorten ===
Starkregenereignisse, der Acker schwimmt weg. Ja, vor allen Dingen bei den Maisbauern, die keine Leguminosen anbauen, wo zwei Jahre der Boden bedeckt ist. Deswegen, wir haben noch keine eigenen Klee- und Luzernesorten gezüchtet, weil die Entwicklung einer Sorte kostet, das dauert ja 15 Jahre, kostet zwischen 600.000 und eine Million. Also, das heißt, wenn wir sechs Kulturpflanzen haben, brauchen wir pro Jahr mindestens mal 600.000 bis 700.000 Euro. Und das ist noch zu wenig. Die konventionellen Züchter beizen ihr Saatgut und die Bauern, die konventionellen, beizen ihr Saatgut grundsätzlich mit chemischen Mitteln, was wir im Ökolandbau nicht machen.
Das enthält Bestimmungen, die eingehalten sein müssen, wenn die Sorte zugelassen werden soll. Das heißt, die Sorte muss neu sein. Sie muss beständig sein.


Beständig. Sie darf sich nicht verändern. Hinreichend homogen.
==== Resistenz gegen Pilze 00:22:24 ====
Also, wenn die Pflanzen befallen werden, bilden die keine Körner, sondern sehen so aus. Wenn sie 20% Befall haben, haben sie 20% weniger Ertrag. Und es gibt keine resistenten Sorten. Und wir sind die ersten, die heute voll resistente Sorten mit hoher Backfähigkeit, mit befriedigenden Erträgen gezüchtet haben und die zugelassen sind. Also, das ist nochmal ein ganz anderer wichtiger Gesichtspunkt. Also, wenn das so befallen ist und so riecht, können sie das auch nicht mehr verbacken. Außerdem sind die Sporen giftig. Also, das ist sozusagen das, was die Bio-Züchtung leistet. Das ist bei Plinius dem Älteren schon beschrieben, der Steinbrand. Hat also da noch einen griechischen Namen.


=== Genehmigte Abweichler ===
=== Gentechnik und Saatgutkontrolle 00:23:18 ===
Von 1000 Pflanzen werden drei Abweichler genehmigt. Drei – das ist nix.


Verkehrsfähiger Name und Sortenzulassungen
==== Gentechnische Methoden 00:23:18 ====
Also, Sie sehen, wenn Biolandbau zukunftsfähig bleiben will, brauchen wir eine eigene Züchtung. Das betrifft natürlich auch die Tiere. Also, jetzt werden nur noch genetisch hornlose Bullen gezüchtet, die die Hornlosigkeit vererben. Und ich weiß nicht, ich war in einer Diskussion. Es gibt die neuen gentechnischen Methoden, mit denen alles machbar sein soll. Die genetische Schere, nein. In der Diskussion wurde gesagt, die genetisch hornlose Ziege, jetzt frage ich Sie, können Sie sich eine Ziege ohne Hörner vorstellen? Ich meine, die ganzen Märchen mit den Ziegen, die sind ja da nicht selten. Und es hat aber bisher nicht geklappt, weil es mit üblicher Züchtung nicht geht.


Sie muss einen verkehrsfähigen Namen haben. Das andere ist nicht so wichtig. Danach gibt es nur Sortenzulassungen für Sorten, die hinreichend homogen sind.
Und jetzt sind alle drauf aus, mit den neuen gentechnischen Methoden, CRISPR, Cas und Co., die Hornlosigkeit bei Ziegen zu erreichen. Den Wissenschaftlern, von den Züchtern gesagt wird, ja, die neuen gentechnischen Methoden funktionieren eigentlich wie eine Mutation. Also es ist eigentlich nur eine Mutation. Und wir argumentieren natürlich dagegen, das Genom ist eine Einheit. Es hat Einstein gesagt, jedes Atom in der Welt weiß von jedem anderen Atom in der Welt. Und jedes Gen im Genom weiß von jedem anderen Gen. Sodass wenn Sie auch nur eins verändern oder rausschneiden oder stilllegen, reagieren die anderen daraus.


Viehliniensorten und Homogenitätswahnsinn
==== Saatgutkontrolle und Abhängigkeit 00:25:21 ====
Das heißt, es wird jetzt darauf ankommen, ob die EU sagt, das wird als übliche Züchtungsmethode eingeordnet oder was wir verlangen, es muss wie die klassischen gentechnischen Methoden eingeordnet werden. Und dann gehört sich eine ordentliche Prüfung, um zu verfolgen, was wird noch verändert. Also garantiert ändert sich nicht nur diese eigene Eigenschaft. Aber wie gesagt, wir haben einen Ökopapst, Urs Nikli, der offiziell sagt, die neuen gentechnischen Methoden wären eine Möglichkeit für den Ökolandbau, damit wir die Welt ernähren können. Also die Frage ist ja, eingangs habe ich das ja auch geschildert, die Frage ist, wie kann der Landwirt über das Saatgut verfügen.


Also, eigentlich der Homogenitätswahnsinn. Und jetzt gibt es auch die Möglichkeit, Viehliniensorten beim Bundessortenamt anzumelden und zuzulassen. Diese werden nicht mal mehr geprüft.
Und auf der anderen Seite, man muss sagen, gerade mal seit 150 Jahren gibt es eine klassische Leistungszucht. Vor 150 Jahren hat eigentlich jeder Landwirt sein Saatgut nachgebaut und ausgelesen und weitergegeben an die nächsten Generationen. Im Dreißigjährigen Krieg, wo Deutschland entvölkert war, wo die Menschen verhungert sind, hat der Landwirt auf seinem Saatgut, das hat er mit ins Bett genommen, damit er überhaupt Saatgut hat, damit man im nächsten Jahr was zu essen hat. Also das stellt man sich heute nicht mehr richtig vors Auge. Und die Hybridzüchtung, ja, und deswegen ist auch unser Hauptgesichtspunkt, wir wollen eigentlich eine regionale Eignung für einen bestimmten Bereich, aber dafür können wir jetzt nicht 25.000 Euro ausgeben für die Zulassung beim Bundessortenamt.


=== EU-Richtlinie und Fristen ===
=== Freiheit und Nachhaltigkeit 00:26:56 ===
Das ist eine EU-Richtlinie. Sie gilt seit fünf Jahren, und 2018 endet das bereits.


=== Sortentyp und internationale Perspektiven ===
==== Frei verfügbares Saatgut 00:26:56 ====
Wir sind jetzt dran, dass die EU diesen Versuch verlängert. Und wir haben eben diesen Sortentyp schon vor zehn Jahren begonnen zu entwickeln, weil die Entwicklungsländer diese Strategie verfolgen. Die haben ja kein Geld.
Also nochmal zur Frage des frei verfügbaren Saatgutes. Die Züchtung, die sich seit den letzten 150 Jahren herausgebildet hat, haben wir sozusagen das als Erwerb herausgebildet. Und sie leben von den Lizenzen, die der Landwirt für die Nutzung des Saatgutes zurückfließen lässt, wird auch über eine bestimmte Organisation, wird der Landwirt jedes Jahr angeschrieben, er muss zurückzahlen, sonst wird er angezeigt. Und deswegen hat man eben in erster Linie die Hybridzüchtung, die man ja entdeckt hat aufgrund des Heteroseffektes, der wirkt ja, wenn Sie zwei weit entfernte Linien miteinander kreuzen, dann ist eben die Nachkommenschaft besonders leistungsfähig.


=== Bedarf an Landsorten ===
Und mit solchen Fremdbefruchtern, wo das gut geht, die Kreuzung, hat man das gemacht, die aber durch die Selbstbefruchtung degenerieren wie Mais, wie Sonnenblume. Also es sind dann mitunter solche kleinen Pflanzen, die dann hinterher solche riesengroßen Pflanzen mit sehr großen Kolben ergeben. Aber der Witz ist, das Saatgut aus der ersten Generation, das sogenannte F1-Saatgut, kann der Landwirt anbauen und kann es aber nicht mehr nachbauen, weil im Nachbau dieses Saatgut aufspaltet in diese kleinen Pflanzen, in mittlere, also die ganze Breite. Also der muss jedes Jahr das Saatgut neu kaufen. Deswegen machen die auch die Gentechnik, um das Saatgut zu patentieren und patentiertes Saatgut muss eben auch, da muss man bezahlen.
Die haben kein Geld, Stickstoff einzusetzen. Die haben kein Geld für die Sorten, die ja in der Regel von den großen Saatgutfirmen kommen, sondern sie brauchen eigentlich einen Typ Landsorte.


=== Sortentyp und ökologische Stabilität ===
==== Patente und Verantwortung 00:28:45 ====
Und durch die vielen Linien hat die Vielfalt die Natur erfunden als Gesetzmäßigkeit, um stabile Ökosysteme aufzubauen. Und wenn wir unser Ökosystem beeinträchtigen – durch welche Maßnahmen auch immer – dann gibt es Instabilität. Und jetzt haben wir einen Sortentyp, der aufgrund seiner Vielseitigkeit diese Stabilität im Hinblick auf Ertragsfähigkeit, im Hinblick auf Gesundheit und im Hinblick auf Nachbaufähigkeit erfüllt.
Monsanto hat ja einen Landwirt verklagt, das ging durch die Welt. Selbst wenn Sie als Landwirt jetzt einen Raps anbauen, der gentechnisch verändert ist und Sie sind Biobauer als Nachbar, die Pollen fliegen und die Sorte kreuzt sich ein und der Züchter weiß das, untersucht das, da ist sein Gen drin, werden Sie verklagt, die Sorte gehört Ihnen nicht mehr. Wir züchten nur Saatgut, was nicht patentiert wird. Alle unsere Sorten sind im Eigentum der Landbarschule Dottenfelderhof e.V. Also sie sind kein persönliches Eigentum, also es ist gewährleistet, dass sie jederzeit auf alle Zeit frei verfügbar sind.


=== Sortenzulassungen und Klimawandel ===
Alle öko-pionierende Züchtungen sind so in meinem Alter um 70, drüber oder drunter und es ist eine sehr schöne Aufgabe, aber man muss natürlich eine gewisse Durchhaltekraft haben. Wenn man eine Kreuzung anfängt, muss man wissen, die nächsten 10 Jahre muss ich dabei bleiben und ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich nicht nur meinen Spieltrieb im Rahmen meines Zuchtgartens fröne, sondern hinterher muss auch eine Sorte rauskommen, die der Bauer gerne anbaut. Also die Ausbildung ist ganz wichtig, Nachwuchs wissen wir alle. Landwirtschaft studieren, Züchtung in Hohenheim Master machen, promovieren möglichst noch.
Und wir haben zwei Sorten, die zugelassen sind – Winterweizen. Wir haben sechs Sommerweizen; sind bei einer Wintergasse dabei. Also, das ist für mich in Zeiten des Klimawandels – also, wem ist dieses Jahr wieder mal als extrem aufgefallen?


Ein kaltes, nasses, kalternasser Winter und ein ewig langes, kaltes Frühjahr. Unser Roggen ist zum Teil eingegangen, weil der das gar nicht mag. Und danach folgt im April und im Mai, ist der Mai kühl und nass, füllt es den Bauern scheuer und fast.
=== Züchtung und Nachwuchs 00:30:19 ===


=== Extreme Klimabedingungen ===
==== Ausbildung und Praktika 00:30:19 ====
Und wir hatten 30 Grad bis 35 Grad Hitze. Das heißt, eine Extremität von feucht, kalt auf Hitze, Trockenheit. Und eine Sorte alleine kann das natürlich nicht kompensieren.
Wir haben jedes Jahr Angebote, dass Studenten ihr Praktikum hier machen können oder eben auch in der Landbarschule das Ausbildungsjahr machen können, aber wir nehmen sehr gerne Praktikanten, Praktikantinnen von den Unis, dass sie hier rein schnuppern in die Züchtung und sich dafür begeistern. Also es gibt genaue Zahlen, zwischen 50 und 60 Prozent der Landwirte bauen das Saatgut nach, um Geld zu sparen, weil zertifiziertes Saatgut kostet mehr. Machen Biobauern, machen konventionelle Bauern. Konventionelle Bauern kaufen spätestens nach zwei Jahren neues Saatgut und vor allen Dingen die ganz Großen wahrscheinlich jährlich.


Pflanzenkrankheiten und Sortenstabilität
Es gibt ganz wenige biodynamische Bauern, die sozusagen eine alte Sorte auf dem Hof noch haben und die wieder weiter vermehren. Das sind aber, die Sorten sind nicht mehr die besten. Also man braucht dann einen kleinen Kundenstamm, dass das funktioniert. Sozusagen übernehmen wir Öko-Züchter die Arbeit des Bauern, weil eine Züchtung ist sehr anspruchsvoll und es ist auch eine Selektion, muss man wissen, wie man die pflegt. Also wenn man jetzt aus dem Roggen ein paar Halme rausnimmt und baut die an, dann haben sie vielleicht, wenn sie Zehenehren haben, haben sie nicht die gesamte genetische Variationsbreite von einem Roggen, der Fremdbefruchtet ist. Dann kriegen sie ganz schnell Ertragsdepressionen, weil sie einfach die Vielfalt eingeengt haben.


Je nachdem, ob es jetzt ein Trockenheitstyp oder ein feuchter Typ ist, wird sie bestehen oder nicht. Genauso, 2014, als Landwirt – wissen Sie – gibt es Pflanzenkrankheiten wie den Gelbrost. Der macht so gelbe Pusteln in einer Reihe.
==== Nachbau und Anpassung 00:31:52 ====
Also es gibt ganz wenig Leute, die das noch machen. Aber wie gesagt, das Bewusstsein ist bei den Biobauern am größten, auch Sorten nachzubauen und die wissen dann ganz genau, also wenn die Sorte vermischt ist, dann kaufen die wieder neue Saatgut. Aber wir wollen, dass unsere Sorten 30 Jahre nachgebaut werden können ohne Ertragsverlust. Und dann ist eben die Frage, gibt es neue Pilzkrankheiten? Also die Rassen ändern sich schnell, dann muss man vielleicht auch mal wieder eine neue Sorte nehmen mit neuen, aufgefrischten Eigenschaften. Also so wie der Mensch jedes Jahr Kinder kriegt und seine Generation verjugendlicht, erneuert, die sich auch anpassen können.


Kann man daher sehr leicht erkennen. Der ist 2014 bundesweit aufgetreten. Da sind manche Sorten rausgefallen, weil sie so anfällig waren – das ganze Blatt war ganz früh weg.
Heute werden ja die Kinder alle mit so einem PC-Gen geboren, beobachte ich jedenfalls bei unseren Jüngsten. Also die wissen so eine Apparatur zu handhaben, was ich heute immer noch nicht kapiere. Aber die bringen das mit, das fällt unter Epigenetik.


=== Gelbrostresistenz bei Winterweizen ===
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Bei Winterweizen haben wir nie auf Gelbrostresistenz gezüchtet, und wir haben mit die besten Sorten. Warum?
 
Weil wir immer auf Blattgesundheit selektiert haben. Das heißt, da ist vieles an Krankheiten dabei gewesen, auch eben der Gelbrost, obwohl wir da nicht gezüchtet haben.
 
=== Gefahren bei massiver Krankheit und genetische Vielfalt ===
Und wenn jetzt so eine Krankheit massiv auftritt und Sie haben eine rein ärmliche Pflanze wie den Weizen, dann hat er es leicht. Jede Pflanze ist gleich anfällig. Das heißt, Ihr Feld ist innerhalb von kürzester Zeit mit Gelbrost übersät.
 
Und Sie haben 20 bis vielleicht 50 % Ertragsverlust. Trifft der Pilz aber auf eine Population mit 300 verschiedenen Genotypen – also verschiedenen Typen –, da ist eine resistent, die andere mittelanfällig, die andere geringanfällig, die andere resistent und die andere anfällig; das könnten Sie sich jetzt draußen alles angucken bei unserer Population.
 
=== Stabilität und Klimawandel ===
Wir kommen mit einer guten Stabilität im Hinblick auf Pflanzengesundheit, auch durch die Extreme. Und das ist das, was in der Landwirtschaft zunehmend bestimmend sein wird: Wie kann die Landwirtschaft bestehen aufgrund dieser Klima-Extreme, aufgrund des Klimawandels?
 
=== Klimapolitik und Landwirtschaft ===
Heute früh noch in den Nachrichten gehört, in der Talkrunde mit dem Schellenhuber, dem Klimapapst, der darunter leidet, dass er seit 30 Jahren predigt: „Ihr müsst entsprechende Strategien entwickeln gegen den Klimawandel“, und es passiert nicht genügend. Auch Deutschland wird seine Klimaziele nicht einhalten, und am meisten wird es die Landwirtschaft betreffen.
 
=== Kosten der Sortenentwicklung und Saatgutbeizung ===
Starkregenereignisse – der Acker schwimmt weg –, ja, vor allen Dingen bei den Maisbauern, die keine Leguminosen anbauen, wo zwei Jahre der Boden bedeckt ist. Deswegen – wir haben noch keine eigenen Klee- und Luzernesorten gezüchtet, weil die Entwicklung einer Sorte kostet, das dauert ja 15 Jahre, kostet zwischen 600.000 und eine Million – also, das heißt, wenn wir sechs Kulturpflanzen haben, brauchen wir pro Jahr mindestens 600.000 bis 700.000 Euro. Und das ist noch zu wenig. Die konventionellen Züchter beizen ihr Saatgut, und die konventionellen Bauern beizen ihr Saatgut grundsätzlich mit chemischen Mitteln, was wir im Ökolandbau nicht machen.
 
=== Ertragsverlust durch Befall ===
Also, wenn die Pflanzen befallen werden, bilden sie keine Körner, sondern sehen so aus. Wenn sie 20 % Befall haben, haben sie 20 % weniger Ertrag. Und es gibt keine resistenten Sorten.
 
=== Resistente Sorten und Backfähigkeit ===
Und wir sind die Ersten, die heute voll resistente Sorten mit hoher Backfähigkeit und mit befriedigenden Erträgen gezüchtet haben und die zugelassen sind. Also, das ist nochmal ein ganz anderer wichtiger Gesichtspunkt. Wenn das so befallen ist und so riecht, können Sie das auch nicht mehr verbacken.
 
=== Sporen und Giftigkeit ===
Außerdem sind die Sporen giftig. Also, das ist sozusagen das, was die Bio-Züchtung leistet. Das ist bei Plinius dem Älteren schon beschrieben, der Steinbrand.
 
Hat also da noch einen griechischen Namen. Also, Sie sehen: Wenn Biolandbau zukunftsfähig bleiben will, brauchen wir eine eigene Züchtung. Das betrifft natürlich auch die Tiere.
 
=== Notwendigkeit eigener Züchtung im Biolandbau ===
Also, jetzt werden nur noch genetisch hornlose Bullen gezüchtet, die die Hornlosigkeit vererben. Und ich weiß nicht, ich war in einer Diskussion: Es gibt die neuen gentechnischen Methoden, mit denen alles machbar sein soll.
 
=== Gentechnische Methoden und Hornlosigkeit ===
Die genetische Schere – nein –, in der Diskussion wurde gesagt, die genetisch hornlose Ziege – jetzt frage ich Sie: Können Sie sich eine Ziege ohne Hörner vorstellen? Ich meine, die ganzen Märchen mit den Ziegen, die sind ja da nicht selten.
 
=== Kritik an neuen gentechnischen Methoden ===
Und es hat aber bisher nicht geklappt, weil es mit üblicher Züchtung nicht geht. Und jetzt sind alle drauf aus, mit den neuen gentechnischen Methoden, CRISPR, Cas und Co., die Hornlosigkeit bei Ziegen zu erreichen. Den Wissenschaftlern, von den Züchtern, wird gesagt, ja, die neuen gentechnischen Methoden funktionieren eigentlich wie eine Mutation.
 
=== Das Genom als Einheit ===
Also, es ist eigentlich nur eine Mutation. Und wir argumentieren natürlich dagegen: Das Genom ist eine Einheit. Es hat Einstein gesagt: Jedes Atom in der Welt weiß von jedem anderen Atom in der Welt.
 
Und jedes Gen im Genom weiß von jedem anderen Gen. Sodass, wenn Sie auch nur eins verändern oder rausschneiden oder stilllegen, reagieren die anderen darauf. Das heißt, es wird jetzt darauf ankommen, ob die EU sagt, das wird als übliche Züchtungsmethode eingeordnet, oder – was wir verlangen – es muss wie die klassischen gentechnischen Methoden eingeordnet werden.
 
=== Prüfung und Ökopapst Urs Nikli ===
Und dann gehört sich eine ordentliche Prüfung, um zu verfolgen, was noch verändert wird. Also garantiert ändert sich nicht nur diese eigene Eigenschaft. Aber wie gesagt, wir haben einen Ökopapst, Urs Nikli, der offiziell sagt, die neuen gentechnischen Methoden wären eine Möglichkeit für den Ökolandbau, damit wir die Welt ernähren können.
 
=== Historische Saatgutkultur ===
Also, die Frage ist ja – eingangs habe ich das ja auch geschildert – die Frage ist: Wie kann der Landwirt über das Saatgut verfügen? Und auf der anderen Seite, man muss sagen: Gerade mal seit 150 Jahren gibt es eine klassische Leistungszucht. Vor 150 Jahren hat eigentlich jeder Landwirt sein Saatgut nachgebaut, ausgelesen und an die nächsten Generationen weitergegeben.
 
Im Dreißigjährigen Krieg, wo Deutschland entvölkert war, wo die Menschen verhungert sind, hat der Landwirt auf seinem Saatgut – das hat er mit ins Bett genommen – damit er überhaupt Saatgut hat, damit man im nächsten Jahr was zu essen hat. Also, das stellt man sich heute nicht mehr richtig vor. Und die Hybridzüchtung – ja –, und deswegen ist auch unser Hauptgesichtspunkt: Wir wollen eigentlich eine regionale Eignung für einen bestimmten Bereich, aber dafür können wir jetzt nicht 25.000 Euro ausgeben für die Zulassung beim Bundessortenamt.
 
=== Frei verfügbares Saatgut und Lizenzsystem ===
Also, nochmal zur Frage des frei verfügbaren Saatguts: Die Züchtung, die sich seit den letzten 150 Jahren herausgebildet hat, haben wir sozusagen als Erwerb herausgebildet. Und sie leben von den Lizenzen, die der Landwirt für die Nutzung des Saatguts zurückfließen lässt; wird auch über eine bestimmte Organisation – wird der Landwirt jedes Jahr angeschrieben, er muss zurückzahlen, sonst wird er angezeigt.
 
=== Hybridzüchtung und Heteroseffekt ===
Und deswegen hat man eben in erster Linie die Hybridzüchtung, die man ja entdeckt hat aufgrund des Heteroseffektes, der wirkt: Wenn Sie zwei weit entfernte Linien miteinander kreuzen, dann ist eben die Nachkommenschaft besonders leistungsfähig. Und mit solchen Fremdbefruchtern – wo das gut geht, die Kreuzung – hat man das gemacht, die aber durch die Selbstbefruchtung degenerieren, wie Mais, wie Sonnenblume. Also, es sind dann mitunter solche kleinen Pflanzen, die dann hinterher solche riesengroßen Pflanzen mit sehr großen Kolben ergeben.
 
=== F1-Saatgut und Patente ===
Aber der Witz ist: Das Saatgut aus der ersten Generation, das sogenannte F1-Saatgut, kann der Landwirt anbauen, und kann es aber nicht mehr nachbauen, weil im Nachbau dieses Saatgut in diese kleinen Pflanzen, in mittlere – also die ganze Breite – aufspaltet. Also, der muss jedes Jahr das Saatgut neu kaufen. Deswegen machen die auch die Gentechnik, um das Saatgut zu patentieren, und patentiertes Saatgut muss eben auch – da muss man bezahlen.
 
=== Patentstreit und unabhängiges Saatgut ===
Monsanto hat ja einen Landwirt verklagt, das ging durch die Welt. Selbst wenn Sie als Landwirt jetzt einen Raps anbauen, der gentechnisch verändert ist, und Sie sind Biobauer als Nachbar – die Pollen fliegen, und die Sorte kreuzt sich ein, und der Züchter weiß das, untersucht das, da ist sein Gen drin – werden Sie verklagt, die Sorte gehört Ihnen nicht mehr. Wir züchten nur Saatgut, das nicht patentiert wird.
 
=== Eigentum und Verantwortung in der Züchtung ===
Alle unsere Sorten sind im Eigentum der Landbarschule Dottenfelderhof e.V. Also, sie sind kein persönliches Eigentum, es ist gewährleistet, dass sie jederzeit auf alle Zeit frei verfügbar sind. Alle öko-pionierenden Züchtungen sind so – in meinem Alter um 70, drüber oder drunter – und es ist eine sehr schöne Aufgabe, aber man muss natürlich eine gewisse Durchhaltekraft haben. Wenn man eine Kreuzung anfängt, muss man wissen: Die nächsten 10 Jahre muss ich dabei bleiben, und ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich nicht nur meinen Spieltrieb im Rahmen meines Zuchtgartens fröne, sondern hinterher muss auch eine Sorte rauskommen, die der Bauer gerne anbaut.
 
=== Ausbildung und Nachwuchsförderung ===
Also, die Ausbildung ist ganz wichtig – Nachwuchs, wissen wir alle. Landwirtschaft studieren, Züchtung in Hohenheim Master machen, promovieren möglichst noch. Wir haben jedes Jahr Angebote, dass Studenten ihr Praktikum hier machen können oder eben auch in der Landbarschule das Ausbildungsjahr machen können, aber wir nehmen sehr gerne Praktikanten, Praktikantinnen von den Unis, dass sie hier rein schnuppern in die Züchtung und sich dafür begeistern.
 
=== Saatgutnachbau und Kosten ===
Also, es gibt genaue Zahlen: Zwischen 50 und 60 % der Landwirte bauen das Saatgut nach, um Geld zu sparen, weil zertifiziertes Saatgut kostet mehr. Machen Biobauern, machen konventionelle Bauern. Konventionelle Bauern kaufen spätestens nach zwei Jahren neues Saatgut, und vor allen Dingen die ganz Großen wahrscheinlich jährlich.
 
=== Biodynamische Bauern und alte Sorten ===
Es gibt ganz wenige biodynamische Bauern, die sozusagen eine alte Sorte auf dem Hof noch haben und die wieder weiter vermehren. Das sind aber – die Sorten sind nicht mehr die besten. Also, man braucht dann einen kleinen Kundenstamm, damit das funktioniert.
 
=== Selektion und Ertragsdepressionen ===
Sozusagen übernehmen wir Öko-Züchter die Arbeit des Bauern, weil eine Züchtung sehr anspruchsvoll ist und es auch eine Selektion ist – man muss wissen, wie man die pflegt. Also, wenn man jetzt aus dem Roggen ein paar Halme rausnimmt und anpflanzt, dann haben sie vielleicht – wenn sie Zehenehren haben – nicht die gesamte genetische Variationsbreite von einem Roggen, der fremdbefruchtet ist. Dann kriegen sie ganz schnell Ertragsdepressionen, weil sie einfach die Vielfalt eingeengt haben.
 
=== Langfristige Sortennachbildung ===
Also, es gibt ganz wenig Leute, die das noch machen. Aber, wie gesagt, das Bewusstsein ist bei den Biobauern am größten, auch Sorten nachzubauen, und die wissen dann ganz genau: Wenn die Sorte vermischt ist, dann kaufen die wieder neues Saatgut. Aber wir wollen, dass unsere Sorten 30 Jahre nachgebaut werden können, ohne Ertragsverlust.
 
=== Anpassungsfähigkeit und neue Krankheiten ===
Und dann ist eben die Frage: Gibt es neue Pilzkrankheiten? Also, die Rassen ändern sich schnell, dann muss man vielleicht auch mal wieder eine neue Sorte nehmen, mit neuen, aufgefrischten Eigenschaften. Also, so wie der Mensch jedes Jahr Kinder kriegt und seine Generation verjugendlicht, erneuert – die sich auch anpassen können.
 
=== Epigenetik bei der Nachwuchsentwicklung ===
Heute werden ja die Kinder alle mit so einem PC-Gen geboren, beobachte ich jedenfalls bei unseren Jüngsten. Also, die wissen, so eine Apparatur zu handhaben, was ich heute immer noch nicht kapiere. Aber die bringen das mit; das fällt unter Epigenetik.


[[Kategorie:Dottenfelderhof]]
[[Kategorie:Dottenfelderhof]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Formatierung verbessern]]
[[Kategorie:Formatierung verbessern]]
[[Kategorie:Transkribiert von François Hagdorn]]
[[Kategorie:Transkribiert von ]]
[[Kategorie:Transkriptionsstufe 50%]]
[[Kategorie:Transkriptionsstufe 0%]]
[[Kategorie:Stickstoff]]
[[Kategorie:Stickstoff]]
[[Kategorie:Düngung]]
[[Kategorie:Düngung]]
[[Kategorie:Maschinelle Rohtranskription]]

Aktuelle Version vom 23. Februar 2025, 23:13 Uhr

Dr. H. Spieß und Christian Göldenboog am 16. Juni 2018 auf dem Dottenfelderhof Hier geht's zum Film

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Einleitung

Der Buchautor Christian Göldenboog präsentiert am 16. Juni 2018 auf dem Hoffest des Dottenfelderhof in Bad Vilbel sein Buch "Die Weisheit des Misthaufens". Er erläutert u.a. welche Wege ihn zum Buchprojekt bewegten und welche Rolle dabei die Züchtungsarbeit von Dr. Hartmut Spieß spielte. In der Podiumsdiskussion unter freiem Himmel vermittelt Hartmut Spieß dann auch noch tiefergehende Einblicke in die biologische Züchtungsarbeit.

Transkription der Podiumsdiskussion mit Dr. Hartmut Spieß

Biodynamische Züchtung und Landwirtschaft 00:00:03

Vorstellung und Rosenkohl 00:00:03

Sprecher 2:* My name is Göldenboog, ich habe dieses Buch geschrieben, ich habe mehrere Bücher geschrieben, unter anderem über Wein, Philosophie der Biologie. Auf dieses Thema bin ich hier gekommen, ich habe hier immer in der Wetterau gewohnt, mal eine Zeit lang, 15 Jahre und da gab es einen kleinen Laden in der alten Stadt und die haben bio-biodynamische Produkte verkauft und da gab es unter anderem, eine Dame, die den Laden gemacht hat, hat sie mir gesagt, wir haben hier einen Rosenkohl, das ist der beste Rosenkohl, den es gibt und das war in der Tat der beste Rosenkohl, den es gab, den hatte sie in ihrem eigenen Garten und dann hat sie mir gesagt, diesen Rosenkohl hat Herr Spieß gemacht und so sind wir dann quasi, ja das ist so, es ist kein Witz, der Rosenkohl, das muss ich sagen, der war schon sehr speziell, man musste ihn auch nur ganz kurz ins Wasser tun, 4, 5 Minuten und dann war er durch und er war auch dann knackig und hatte so einen nussigen, cremigen Geschmack.

Buch "Die Weisheit des Misthaufens" von Christian Göldenboog

Eine der Ideen, warum ich dieses Buch geschrieben habe, das ist jetzt vor zwei Monaten erschienen bei Beck, ich habe hier einiges, ich signiere es Ihnen auch gerne, es kostet 14,95 Euro und ich werde kurz etwas vorlesen zum Thema Züchtung, für die zu spät gekommen, ich habe gerade gesagt, es ist ein bisschen schlecht, die Reklame, man hätte eigentlich sagen müssen, was machen wir gegen Monsanto, weil Züchtung ist halt Monsanto, Bayer, Saatgut, das große Thema und Herr Spies ist quasi jemand, der da Paroli bietet, der ganzen Veranstaltung, also das kleine Kapitel heißt, es gibt hier ein längeres Kapitel über den Dottenfelderhof, es gibt auch ein Kapitel über Stickstoffdüngung, es gibt ein längeres Kapitel über Wein, Biodynamie ist jetzt mit Wein sehr aktuell, das Buch heißt die Weisheit des Misthaufens, einfach deshalb als Alternative zur konventionellen Stickstoffdüngung.

Misthaufen und Züchtung 00:02:37

Gehen Sie da vorne auf den Misthaufen, wo der vier Meter hoch ist und wo die Kühe in dem Mist liegen, dann sehen Sie einfach, welche Wichtigkeit die Kühe, welche Wichtigkeit der Dünger hat, der kommt dann hier auf die Erde und das Buch sollte ursprünglich, warum haben Kühe Hörner heißen, auch eine wichtige Sache, aber wir haben dann gesagt, die Weisheit des Mistaufens, Expedition in die biodynamische Landwirtschaft und eine Expedition geht über Hybride. Es ist Juni, die Mittagssonne brennt auf die Wetterau, wir stehen am Rande eines ein Hektar großen Versuchsfeldes, auf dem Winterweizen in die Höhe schießt, Hartmut Spies trägt einen Sonnenhut, auf dem Feld arbeiten einige Frauen mit ungewöhnlichen Auftragen, sie zählen sämtliche Halme, die Ehrentrage.

Tausende von Pflanzen stehen auf dem Feld, eine Vielzahl an unterschiedlichen Weizen- und Gerstensorten, aufgestellt in 6er oder 8er Reihen, allein an Winterweizen sind über 600 Sorten angebaut, das ist hier vorne. Spies ist auf der Suche nach einer optimalen Öko-Winterweizensorte, eines der grundlegenden Probleme, so Spies, sei der adäquate Anbau von Pflanzen- und Gemüsesorten, laut EU-Richtlinie darf im Ökolandbau nur Saatgut verwendet werden, das mindestens ein Jahr auf ökologischer Grundlage vermehrt wurde. Die Sorten aus konventioneller Züchtung, sagt Spies, liefern unter ökologischen Anbaubedingungen meist hohe Erträge, aber geringere Qualitäten ab, schließlich sind diese Sorten auf den Einsatz von synthetischem Stickstoff und Pflanzenschutzmitteln gezüchtet worden.

Hybridzüchtung und ihre Probleme 00:04:29

Den Anthroposophen ist die Hybridzüchtung ein besonderer Dorn im Auge. Die moderne Hybridzüchtung begann in den USA zu Beginn des letzten Jahrhunderts. George Harrison Schall, ein Genetiker, gutgläubig, enthusiastisch und aus einer Pharma-Familie stammender Genetiker, beobachtete bei Sonnenblumen Erstaunliches. Kreuzte er eine westliche mit einer russischen Sorte, beide knapp einen Meter hoch, erhielt er in der nächsten Generation doppelt so hohe Pflanzen. Den gleichen Effekt entdeckte man bei Mais. Das bedeutet bei der Inzucht zweier sehr unterschiedlicher Maissorten über mehrere Generationen hinweg mit anschließender Kreuzung erhielt man in der folgenden Generation extrem großwüchsige Pflanzen.

Hybridzüchtung führe zu Pflanzen, so hört man auf dem Dottenfelderhof, die durch Inzucht geschwächt seien, die an einen hohen Kunstdüngereinsatz gewöhnt wurden und deren Früchte auch nicht mehr richtig ausreifen. All dies lässt sich geschmacklich nachvollziehen. Hybridmöhren etwa wachsen schnell, dies verheißt einen hohen Wassergehalt. Außerdem verschärfe die Hybridzüchtung vor allem die Abhängigkeit. Der Landwirt als ausführendes Organ der Industrie muss jedes Jahr Hybridsaat gut kaufen. Die Inzuchtzüchtung führt dazu, dass die Samen zwar nachbaubar, aber nicht mehr leistungsfähig sind. So, das ist im Grunde eine Geschichte, die jetzt ganz wichtig ist. Ich wechsle jetzt mal das Mikrofon hier für die Züchtung auf dem Dottenfelderhof, über die man eigentlich in der Presse häufig man liest etwas, aber auch nicht so richtig viel.

Züchtung am Dottenfelderhof 00:06:22

Forschung und Freiheit 00:06:22

Sprecher 1:* Wir haben eigentlich auf dem Dottenfelderhof vor 40 Jahren, letztes Jahr hatten wir 40-jähriges Jubiläum, Forschung und Züchtung, mit Forschungsfragen angefangen. Also zur Bodenfruchtbarkeit, zur Frage der Nährstoffversorgung, zu vielen Fragen, die sozusagen die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise unterstützen sollen in den verschiedenen Verfahren. Und eines war eben, dass der Dottenfelderhof Sorten hatte, Getreidesorten, die er seit 25 Jahren nachgebaut hat. Wir wollen, und das ist ein Grundanliegen, und das betrifft eben auch die Hybridzüchtung, die ja kein fruchtbares Saatgut liefert. Wir möchten die Freiheit des Landwirtes bewahren, Saatgut verfügbar zu haben.

Und wenn Herr Göldenboog sprach, man hätte vielleicht draußen dran schreiben müssen, die Frage Monsanto, wie sieht es mit dem Saatgut aus? In der großen Richtung geht es ja dahin, das Saatgut zu kontrollieren, weil mit dem Saatgut die ganze Kette der Ernährung sozusagen abgesichert wird. Wer das Saatgut hat, verfügt über die Ernährung und damit wäre der Mensch, nicht nur der Mensch, sondern auch das Tier in absoluter Abhängigkeit. Das war sozusagen der erste Grund. Der zweite war, das haben Sie auch schon vorgelesen, wir haben ein Backhaus schon immer, nicht in der Größe wie jetzt und die Bäckerei, sondern das war alles noch im ganz kleinen Stil, aber die Bäcker haben immer gemeckert, dass wir keinen guten Backweizen erzeugen. Und das lag an den Sorten.

Anforderungen an Sorten 00:08:17

Die Sorten müssen sozusagen den Stickstoff im Boden finden, damit sie das Eiweiß bilden, den Kleber, damit die hinterher gut backfähig sind. Und wir setzen keine Herbizide, also Unkrautvernichtungsmittel ein. Die Sorten müssen das Unkraut unterdrücken können. Das heißt, wir brauchen standfeste, lange Sorten mit waagerechten Blatthaltungen, damit sie sozusagen dem Unkraut das Licht entziehen. Ich habe jetzt keinen direkt im Blick, wer vorhin mitgefahren ist. Wir haben ja vorhin eine Getreidezüchtungsbesichtigung gemacht und der Weizen sieht also fast unkrautlos aus. Angefangen habe ich aber mit dem Gemüse und warum, kennen Sie alle und können Sie fast alle nachvollziehen. Die Älteren können es besser als die Jüngeren.

Solche Tomaten, wie ich sie als Kind gegessen habe, konnte man in den 70er, 80er Jahren nicht essen. Dasselbe schreibt Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs. Solche Kartoffeln, wie er, das war 1924, als Kind gegessen hat, solche Kartoffeln kann man heute nicht mehr essen. Und das heißt, wenn ich etwas esse, spüre ich ja nicht nur den Geschmack, sondern ich spüre, wie mir das Essen bekommt, wie leistungsfähig ich hinterher bin, wie klar ich denken kann. Und ich sage immer, Sie brauchen nur mal ein konventionelles Huhn essen, also gebraten und daneben ein Bio. Diesen Unterschied schmeckt jeder.

Gemüse- und Getreidezüchtung 00:10:06

Also das war für mich der Gesichtspunkt, wir müssen eine eigene Züchtung anfangen und die war auch beim Kollegen Dieter Bauer, der hier die Gemüsezüchtung von Anfang an gemacht hat. Von dem stammt die Rodelika, also eine Möhre, die richtig süß ist, die schmeckt, die zwar nicht den Ertrag bringt, aber das ist sozusagen, wie der Rosenkohl Idema heißt, der jetzt, der im Handel ist. Also wir haben auch angefangen, Tomaten gegen Krautfäule zu züchten und unser neuster Erfolg ist, dass wir eine Kartoffel gezüchtet haben, die gut schmeckt, die ist vielleicht kein absoluter Überflieger, die schmeckt sehr gut und sie ist resistent gegen die Krautfäule und ist resistent gegenüber Abbau durch Virosen, also Viruserkrankungen, wie wir eine Erkältung kriegen, die kriegt auch die Kartoffel, aber das dann bleibend und die wird dann so geschädigt, dass man sie nicht mehr nachbauen kann.

Also das sind die Hauptgesichtspunkte und inzwischen haben wir viele Winterweizen, wir haben Sommerweizen, wir haben Hafersorten. Jeder hat in seinem Müsli, also jeder isst vorausgesetzt, jeder isst Müsli, aber die meisten morgens nicht, aber wer Müsli isst, da ist Hafer drin. Und Hafer hat mit eine der besten Ernährungsqualitäten auf der einen Seite und ist eine Gesundungsfrucht in der Fruchtfolge innerhalb des Getreides, also die Pflanzen wachsen dann viel besser. Und wir sind ja nun nicht, Gott sei Dank, der einzige Ökozüchter, sondern Kollege Karl-Josef Müller im Wendland, Hitzacker die Gegend, der züchtet für ärmere Standorte, für die Bedingungen ärmere Standorte. Peter Kunz in der Schweiz und dann gibt es noch einen am Bodensee, einen Kollegen Bertolt Heiden und Getreidezüchtung Peter Kunz steckt ja der Name drin.

Verfügbarkeit und Klimawandel 00:11:49

Saatgutverfügbarkeit 00:11:49

Die Sorten sind aber auch nahezu alle über die Bierlandhandelsgesellschaft verfügbar und in der Diskussion vorher hatten wir dieses Thema, wie kommen denn die Sorten an die Bauern? Ganz genau, also das Wichtige ist, dass die Beratung die Sorten in die Landessortenversuche stellt und da bin ich ganz stark hinterher. Die Sorten stehen in Sachsen, in Sachsen-Anhalt, in Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, da stellen wir schon ganz früh unsere Zuchtstämme rein, damit die Bauern, die sich schon länger angucken können und nicht erst, wenn das Saatgut verfügbar ist. Damit sie sagen, die Sorte will ich gerne haben und das ist also wichtig, dass man im Vorfeld im Rahmen von Landessortenversuche diese Sorten breit steuert.

In Baden-Württemberg haben wir einen Bio-Berater, der macht diese Versuche seit 20 Jahren. Dort haben wir bereits einen Anteil von 70% Öko-Weizen am Gesamtweizen. Also das heißt, es wird viel mehr Bio-Weizen auf Bio-Betrieben angebaut in Baden-Württemberg und je weiter das in den Norden geht, Entwicklungsland. Also der Hauptgesichtspunkt in unserer biodynamischen Züchtung ist, dass unter den Bedingungen, unter denen die Pflanze dann auch angebaut wird, sie entwickelt bzw. gezüchtet wird. Das heißt, wir machen auf dem Feld Kreuzung, das müssen wir beim Weizen, beim Hafer und bei der Gerste machen, weil die sind genetisch reinerbig.

Kreuzung und Selektion 00:13:37

Also wenn sie da was rausdetektieren und sie meinen, sie hätten eine neue Sorte, dann stimmt das nicht, sondern die ist genauso wie die alte Sorte, weil die reinerbig vererbt. Also müssen sie eine Kastration machen, sie müssen die männlichen Anteren rausnehmen und dann wird die künstlich befruchtet. Die Nachkommenschaft ist die F1 und in der F2 spaltet sie auf nach Mendel und dann gehen sie rein und suchen unter den Bedingungen des Ökolandbaus, unter keinem mineralischen Stickstoffdüngergaben, unter keinem chemischen Pflanzenschutz. Und wenn sie manchmal auf Ökobetriebe kommen, blüht ihnen alles und sie müssen dann den Weizen da drin noch suchen, weil also so viel Mohn und Korn, ist ja alles schön, aber wenn es zu viele, dann leiden die Kulturpflanzen darunter.

Dann suchen wir die Pflanze raus und wir haben 35 Kriterien, die wir beim Winterweizen berücksichtigen, 35. Ich frage mich manchmal, fragen Sie sich wahrscheinlich auch alle, wie sieht es mit meinen positiven und mit meinen negativen Eigenschaften aus? Fangen Sie mal an zu zählen bis 35 im Hinblick auf positive Eigenschaften. Ich komme bis 5, bei 6 frage ich ja und bei 7 wird es schon schwierig. Negative Eigenschaften könnte ich natürlich auch aufzählen, aber wir wollen ja keine negativen, wir wollen positive Eigenschaften. Also die Sorten sind nie vollkommen, wie es auch keinen vollkommenen Menschen gibt. Wenn er vollkommen ist, dann muss er nicht mehr auf die Erde runter. Wäre auch langweilig. Wäre langweilig. Wäre langweilig.

Klimawandel und Vielfalt 00:15:20

Und deswegen wäre noch eine ganz wichtige Frage, weil wir das jetzt ganz neu aufgegriffen haben, obwohl wir es schon 10 Jahre machen. Wenn Sie jetzt so einen Weizenschlag sehen, einen konventionellen, der nicht höher als so 60, 70 cm wird und dann vielleicht so am Stück 20 Hektar. Keine Blütenpflanze. Warum haben wir diese Problematik mit dem Insektenrückgang und mit dem Vogelrückgang? Weil eben Glyphosat eingesetzt wird, der alles weg macht und danach wird der Weizen gesät oder die, die Glyphosat resistente Pflanzen anbauen, die können dann spritzen und die gentechnisch veränderte Pflanze bleibt stehen. Es gibt jetzt die Möglichkeit beim Bundessortenamt Sorten anzumelden, die heterogen sind. Es gibt ein Saatgutverkehrsgesetz.

Das enthält Bestimmungen, die eingehalten sein müssen, wenn die Sorte zugelassen werden soll. Das heißt, die Sorte muss neu. Sie muss beständig sein. Beständig. Die darf sich nicht verändern. Hinreichend homogen. Von 1000 Pflanzen werden drei Abweichler genehmigt. Drei. Das ist nix. Sie muss einen verkehrsfähigen Namen haben. Das andere ist nicht so wichtig. Danach gibt es nur Sortenzulassungen für Sorten, die hinreichend homogen sind. Also eigentlich der Homogenitätswahnsinn. Und jetzt gibt es auch die Möglichkeit, Viehliniensorten beim Bundessortenamt anzumelden und zuzulassen. Die werden nicht mal mehr geprüft. Das ist eine EU-Richtlinie. Die gilt seit fünf Jahren. Und 2018 endet das bereits.

Heterogene Sorten und Stabilität 00:17:19

Heterogene Sorten 00:17:19

Wir sind jetzt dran, dass die EU diesen Versuch verlängert. Und wir haben eben diesen Sortentyp schon vor zehn Jahren begonnen zu entwickeln, weil die Entwicklungsländer diese Strategie verfolgen. Die haben ja kein Geld. Die haben kein Geld, Stickstoff einzusetzen. Die haben kein Geld für die Sorten, die ja in der Regel von den großen Saatgutfirmen kommen. Sondern die brauchen eigentlich einen Typ Landsorte. Und durch die vielen Linien hat die Vielfalt die Natur erfunden als Gesetzmäßigkeit, um stabile Ökosysteme aufzubauen. Und wenn wir unser Ökosystem beeinträchtigen, durch welche Maßnahmen auch immer, dann gibt es Instabilität.

Und jetzt haben wir einen Sortentyp, der aufgrund seiner Vielseitigkeit diese Stabilität im Hinblick auf Ertragsfähigkeit, im Hinblick auf Gesundheit und im Hinblick auf Nachbaufähigkeit erfüllt. Und wir haben zwei Sorten, die zugelassen sind, Winterweizen. Wir haben sechs Sommerweizen, sind bei einer Wintergasse dabei. Also das ist für mich in Zeiten des Klimawandels, also wem ist dieses Jahr wieder mal als extrem aufgefallen? Ein kaltes, nasses, kalter nasser Winter und ein ewig langes, kaltes Frühjahr. Unser Roggen ist zum Teil eingegangen, weil der das gar nicht mag. Und danach folgt im April und im Mai ist der Mai kühl und nass, füllt es den Bauern scheuer und fast. Und wir hatten 30 Grad bis 35 Grad Hitze.

Klimawandel und Krankheiten 00:18:59

Das heißt eine Extremität von feucht, kalt auf Hitze, Trockenheit. Und eine Sorte alleine kann das natürlich nicht kompensieren. Je nachdem, ob es jetzt ein Trockenheitstyp ist oder ein feuchter Typ ist, wird sie bestehen oder nicht. Genauso 2014 als Landwirt, wissen Sie, gibt es Pflanzenkrankheiten wie den Gelbrost. Der macht so gelbe Pusteln in einer Reihe. Kann man daher sehr leicht erkennen. Der ist 2014 bundesweit aufgetreten. Da sind manche Sorten rausgefallen, weil die so anfällig waren, das ganze Blatt ganz früh weg war. Bei Winterweizen haben wir nie auf Gelbrostresistenz gezüchtet. Und wir haben mit die besten Sorten. Warum? Weil wir immer auf Blattgesundheit selektiert haben.

Das heißt, da ist vieles an Krankheiten dabei gewesen. Auch eben der Gelbrost, obwohl wir da nicht gezüchtet haben. Und wenn jetzt so eine Krankheit auftritt, massiv, und Sie haben eine rein ärmliche Pflanze wie den Weizen, dann hat er es leicht. Jede Pflanze ist gleich anfällig. Das heißt, ihr Feld ist innerhalb von kürzester Zeit mit Gelbrost übersät. Und Sie haben 20 bis vielleicht 50 % Ertragsverlust. Trifft der Pilz aber jetzt auf eine Population mit 300 verschiedenen Genotypen, also verschiedenen Typen, da ist eine resistent, die andere ist mittelanfällig, die andere ist geringanfällig, die andere ist resistent und die andere ist anfällig. Das könnten Sie sich jetzt draußen alles angucken bei unserer Population.

Resistenz und Nachhaltigkeit 00:20:47

Stabilität durch Vielfalt 00:20:47

Wir kommen mit einer guten Stabilität im Hinblick auf Pflanzengesundheit, auch durch die Extreme. Und das ist das, was in der Landwirtschaft zunehmend jetzt bestimmend sein wird. Wie kann die Landwirtschaft bestehen aufgrund dieser Klima-Extreme, aufgrund des Klimawandels? Heute früh noch in den Nachrichten gehört, in der Talkrunde, mit dem Schellenhuber, der Klimapapst, der darunter leidet, dass seit 30 Jahren predigt er, ihr müsst entsprechende Strategien entwickeln gegen den Klimawandel und es passiert nicht genügend. Auch Deutschland wird seine Klimaziele nicht einhalten. Und am meisten wird es die Landwirtschaft betreffen.

Starkregenereignisse, der Acker schwimmt weg. Ja, vor allen Dingen bei den Maisbauern, die keine Leguminosen anbauen, wo zwei Jahre der Boden bedeckt ist. Deswegen, wir haben noch keine eigenen Klee- und Luzernesorten gezüchtet, weil die Entwicklung einer Sorte kostet, das dauert ja 15 Jahre, kostet zwischen 600.000 und eine Million. Also, das heißt, wenn wir sechs Kulturpflanzen haben, brauchen wir pro Jahr mindestens mal 600.000 bis 700.000 Euro. Und das ist noch zu wenig. Die konventionellen Züchter beizen ihr Saatgut und die Bauern, die konventionellen, beizen ihr Saatgut grundsätzlich mit chemischen Mitteln, was wir im Ökolandbau nicht machen.

Resistenz gegen Pilze 00:22:24

Also, wenn die Pflanzen befallen werden, bilden die keine Körner, sondern sehen so aus. Wenn sie 20% Befall haben, haben sie 20% weniger Ertrag. Und es gibt keine resistenten Sorten. Und wir sind die ersten, die heute voll resistente Sorten mit hoher Backfähigkeit, mit befriedigenden Erträgen gezüchtet haben und die zugelassen sind. Also, das ist nochmal ein ganz anderer wichtiger Gesichtspunkt. Also, wenn das so befallen ist und so riecht, können sie das auch nicht mehr verbacken. Außerdem sind die Sporen giftig. Also, das ist sozusagen das, was die Bio-Züchtung leistet. Das ist bei Plinius dem Älteren schon beschrieben, der Steinbrand. Hat also da noch einen griechischen Namen.

Gentechnik und Saatgutkontrolle 00:23:18

Gentechnische Methoden 00:23:18

Also, Sie sehen, wenn Biolandbau zukunftsfähig bleiben will, brauchen wir eine eigene Züchtung. Das betrifft natürlich auch die Tiere. Also, jetzt werden nur noch genetisch hornlose Bullen gezüchtet, die die Hornlosigkeit vererben. Und ich weiß nicht, ich war in einer Diskussion. Es gibt die neuen gentechnischen Methoden, mit denen alles machbar sein soll. Die genetische Schere, nein. In der Diskussion wurde gesagt, die genetisch hornlose Ziege, jetzt frage ich Sie, können Sie sich eine Ziege ohne Hörner vorstellen? Ich meine, die ganzen Märchen mit den Ziegen, die sind ja da nicht selten. Und es hat aber bisher nicht geklappt, weil es mit üblicher Züchtung nicht geht.

Und jetzt sind alle drauf aus, mit den neuen gentechnischen Methoden, CRISPR, Cas und Co., die Hornlosigkeit bei Ziegen zu erreichen. Den Wissenschaftlern, von den Züchtern gesagt wird, ja, die neuen gentechnischen Methoden funktionieren eigentlich wie eine Mutation. Also es ist eigentlich nur eine Mutation. Und wir argumentieren natürlich dagegen, das Genom ist eine Einheit. Es hat Einstein gesagt, jedes Atom in der Welt weiß von jedem anderen Atom in der Welt. Und jedes Gen im Genom weiß von jedem anderen Gen. Sodass wenn Sie auch nur eins verändern oder rausschneiden oder stilllegen, reagieren die anderen daraus.

Saatgutkontrolle und Abhängigkeit 00:25:21

Das heißt, es wird jetzt darauf ankommen, ob die EU sagt, das wird als übliche Züchtungsmethode eingeordnet oder was wir verlangen, es muss wie die klassischen gentechnischen Methoden eingeordnet werden. Und dann gehört sich eine ordentliche Prüfung, um zu verfolgen, was wird noch verändert. Also garantiert ändert sich nicht nur diese eigene Eigenschaft. Aber wie gesagt, wir haben einen Ökopapst, Urs Nikli, der offiziell sagt, die neuen gentechnischen Methoden wären eine Möglichkeit für den Ökolandbau, damit wir die Welt ernähren können. Also die Frage ist ja, eingangs habe ich das ja auch geschildert, die Frage ist, wie kann der Landwirt über das Saatgut verfügen.

Und auf der anderen Seite, man muss sagen, gerade mal seit 150 Jahren gibt es eine klassische Leistungszucht. Vor 150 Jahren hat eigentlich jeder Landwirt sein Saatgut nachgebaut und ausgelesen und weitergegeben an die nächsten Generationen. Im Dreißigjährigen Krieg, wo Deutschland entvölkert war, wo die Menschen verhungert sind, hat der Landwirt auf seinem Saatgut, das hat er mit ins Bett genommen, damit er überhaupt Saatgut hat, damit man im nächsten Jahr was zu essen hat. Also das stellt man sich heute nicht mehr richtig vors Auge. Und die Hybridzüchtung, ja, und deswegen ist auch unser Hauptgesichtspunkt, wir wollen eigentlich eine regionale Eignung für einen bestimmten Bereich, aber dafür können wir jetzt nicht 25.000 Euro ausgeben für die Zulassung beim Bundessortenamt.

Freiheit und Nachhaltigkeit 00:26:56

Frei verfügbares Saatgut 00:26:56

Also nochmal zur Frage des frei verfügbaren Saatgutes. Die Züchtung, die sich seit den letzten 150 Jahren herausgebildet hat, haben wir sozusagen das als Erwerb herausgebildet. Und sie leben von den Lizenzen, die der Landwirt für die Nutzung des Saatgutes zurückfließen lässt, wird auch über eine bestimmte Organisation, wird der Landwirt jedes Jahr angeschrieben, er muss zurückzahlen, sonst wird er angezeigt. Und deswegen hat man eben in erster Linie die Hybridzüchtung, die man ja entdeckt hat aufgrund des Heteroseffektes, der wirkt ja, wenn Sie zwei weit entfernte Linien miteinander kreuzen, dann ist eben die Nachkommenschaft besonders leistungsfähig.

Und mit solchen Fremdbefruchtern, wo das gut geht, die Kreuzung, hat man das gemacht, die aber durch die Selbstbefruchtung degenerieren wie Mais, wie Sonnenblume. Also es sind dann mitunter solche kleinen Pflanzen, die dann hinterher solche riesengroßen Pflanzen mit sehr großen Kolben ergeben. Aber der Witz ist, das Saatgut aus der ersten Generation, das sogenannte F1-Saatgut, kann der Landwirt anbauen und kann es aber nicht mehr nachbauen, weil im Nachbau dieses Saatgut aufspaltet in diese kleinen Pflanzen, in mittlere, also die ganze Breite. Also der muss jedes Jahr das Saatgut neu kaufen. Deswegen machen die auch die Gentechnik, um das Saatgut zu patentieren und patentiertes Saatgut muss eben auch, da muss man bezahlen.

Patente und Verantwortung 00:28:45

Monsanto hat ja einen Landwirt verklagt, das ging durch die Welt. Selbst wenn Sie als Landwirt jetzt einen Raps anbauen, der gentechnisch verändert ist und Sie sind Biobauer als Nachbar, die Pollen fliegen und die Sorte kreuzt sich ein und der Züchter weiß das, untersucht das, da ist sein Gen drin, werden Sie verklagt, die Sorte gehört Ihnen nicht mehr. Wir züchten nur Saatgut, was nicht patentiert wird. Alle unsere Sorten sind im Eigentum der Landbarschule Dottenfelderhof e.V. Also sie sind kein persönliches Eigentum, also es ist gewährleistet, dass sie jederzeit auf alle Zeit frei verfügbar sind.

Alle öko-pionierende Züchtungen sind so in meinem Alter um 70, drüber oder drunter und es ist eine sehr schöne Aufgabe, aber man muss natürlich eine gewisse Durchhaltekraft haben. Wenn man eine Kreuzung anfängt, muss man wissen, die nächsten 10 Jahre muss ich dabei bleiben und ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich nicht nur meinen Spieltrieb im Rahmen meines Zuchtgartens fröne, sondern hinterher muss auch eine Sorte rauskommen, die der Bauer gerne anbaut. Also die Ausbildung ist ganz wichtig, Nachwuchs wissen wir alle. Landwirtschaft studieren, Züchtung in Hohenheim Master machen, promovieren möglichst noch.

Züchtung und Nachwuchs 00:30:19

Ausbildung und Praktika 00:30:19

Wir haben jedes Jahr Angebote, dass Studenten ihr Praktikum hier machen können oder eben auch in der Landbarschule das Ausbildungsjahr machen können, aber wir nehmen sehr gerne Praktikanten, Praktikantinnen von den Unis, dass sie hier rein schnuppern in die Züchtung und sich dafür begeistern. Also es gibt genaue Zahlen, zwischen 50 und 60 Prozent der Landwirte bauen das Saatgut nach, um Geld zu sparen, weil zertifiziertes Saatgut kostet mehr. Machen Biobauern, machen konventionelle Bauern. Konventionelle Bauern kaufen spätestens nach zwei Jahren neues Saatgut und vor allen Dingen die ganz Großen wahrscheinlich jährlich.

Es gibt ganz wenige biodynamische Bauern, die sozusagen eine alte Sorte auf dem Hof noch haben und die wieder weiter vermehren. Das sind aber, die Sorten sind nicht mehr die besten. Also man braucht dann einen kleinen Kundenstamm, dass das funktioniert. Sozusagen übernehmen wir Öko-Züchter die Arbeit des Bauern, weil eine Züchtung ist sehr anspruchsvoll und es ist auch eine Selektion, muss man wissen, wie man die pflegt. Also wenn man jetzt aus dem Roggen ein paar Halme rausnimmt und baut die an, dann haben sie vielleicht, wenn sie Zehenehren haben, haben sie nicht die gesamte genetische Variationsbreite von einem Roggen, der Fremdbefruchtet ist. Dann kriegen sie ganz schnell Ertragsdepressionen, weil sie einfach die Vielfalt eingeengt haben.

Nachbau und Anpassung 00:31:52

Also es gibt ganz wenig Leute, die das noch machen. Aber wie gesagt, das Bewusstsein ist bei den Biobauern am größten, auch Sorten nachzubauen und die wissen dann ganz genau, also wenn die Sorte vermischt ist, dann kaufen die wieder neue Saatgut. Aber wir wollen, dass unsere Sorten 30 Jahre nachgebaut werden können ohne Ertragsverlust. Und dann ist eben die Frage, gibt es neue Pilzkrankheiten? Also die Rassen ändern sich schnell, dann muss man vielleicht auch mal wieder eine neue Sorte nehmen mit neuen, aufgefrischten Eigenschaften. Also so wie der Mensch jedes Jahr Kinder kriegt und seine Generation verjugendlicht, erneuert, die sich auch anpassen können.

Heute werden ja die Kinder alle mit so einem PC-Gen geboren, beobachte ich jedenfalls bei unseren Jüngsten. Also die wissen so eine Apparatur zu handhaben, was ich heute immer noch nicht kapiere. Aber die bringen das mit, das fällt unter Epigenetik.

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