Rudolf Trossen

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Rudolf Trossen am 18. Dezember 2024 im Hotel Deinhards in Bernkastel-Kues. Film/Bild: François Hagdorn

Rudolf Trossen

Rudolf Trossen ist ein bedeutender deutscher Winzer und Pionier des ökologischen sowie biodynamischen Weinbaus an der Mosel. Gemeinsam mit seiner Frau Rita führt er das Weingut Rita & Rudolf Trossen in Kinheim-Kindel. Er gilt als Vordenker der deutschen Naturwein-Szene (Natural Wine) und erlangte durch die Listung seiner Weine im Weltspitzenrestaurant noma (Dänemark) internationale Bekanntheit.

Leben und Werdegang

Rudolf Trossen übernahm im Jahr 1978 gemeinsam mit seiner Frau Rita das elterliche Weingut in Kinheim-Kindel an der Mittelmosel. In einer Zeit, in der der Weinbau an der Mosel noch stark von konventionellen Methoden und hohen Erträgen geprägt war, entschied sich das Paar für einen radikalen Kurswechsel und stellte den Betrieb umgehend auf ökologische Bewirtschaftung um.[1]

Rudolf engagierte sich früh berufspolitisch für die Verbreitung des ökologischen Landbaus. Im Jahr 1985 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Bundesverbandes Ökologischer Weinbau ECOVIN, dem heute größten Verband für biologisch arbeitende Weingüter in Deutschland.[2]

Ideen und Forschungsprojekte

Er wurde 1990 Vorsitzender des ECOVIN Regionalverbands Mosel und sah bei seinen Kollegen, dass deren Biowein nicht als solcher vermarktet werden konnte. Das war Anlass für Rudolf Trossen nach geeigneten Vermarktungswegen zu suchen. So ergab sich ein Kontakt zu Michael Willkomm, dem Chef der der großen Kellerei Peter Mertes in Bernkastel. Michael Willkomm zeigte sich offen für neue Ideen, woraus sich eine fruchtbarer Zusammenarbeit unter dem Arbeitstitel: “ Bio für alle“ ergab. Somit gelang es, ein nationales und ein internationales Biowein Sortiment für den LEH (Lebensmitteleinzelhandel) zusammenzustellen. Heute ist diese Firma der größte Bioweinhändler in Deutschland.

In den frühen 1980 Jahren, begegnete Rudolf Trossen Theodor Willmann und Ernst Becker, den Herausgebern der Landwirtschaftlichen Vorträge Rudolf Steiners. Rudolf fragte nach Möglichkeiten, die Vitalität der Rebe zu stärken, um dem Druck der Schadpilze Peronospora (Falscher Mehltau) und Oidium besser widerstehen zu können. Daraus entstand eine Arbeitsgruppe bio-dynamisch orientierter Winzer, die neue Wege für die Regeneration der Rebe suchten. Die Unterweisung erfolgte aus erster Hand durch Becker und Willmann (siehe den Artikel über die Pioniere der biologisch-dynamischen Landwirtschaft).

Einiges aus diesen Unterweisungen floss dann in seinen Beitrag über Dionysos ein, der anlässlich eines Kongresses in Colmar über neue Wege zur Regeneration der Rebe gehalten wurde, und der zusammen mit vielen anderen Beiträgen dann als Buch von Jean-Michel Florin 2017 mit dem Titel „Biologisch-dynamischer Weinbau“ im Verlag am Goetheanum herausgegeben wurde.

Ernst Becker, der mit seinem tiefen spirituellen Wissen, seiner Übersicht und Erfahrung den Dottenfelderhof als biodynamischen "Leuchtturm" maßgeblich geprägt hat, sah in der Rebe mehr als nur eine Pflanze, aus der man berauschende Getränke herstellen kann. Man muss vor Augen haben, dass nach Meinung vieler Anthroposophen "die Zeit des Alkohol" abgelaufen war. Siehe dazu u.a. den Beitrag im anthrowiki über Alkohol, daraus ein Zitat von Rudolf Steiner:

Der Alkohol war die Brücke, die vom Gattungs-, vom Gruppen-Ich zum selbständigen, individuellen Ich hinüberführt. Niemals hätte der Mensch den Übergang vom Gruppen- zum Einzel-Ich gefunden ohne die stoffliche Wirkung des Alkohols. Dieser erzeugte das individuelle, persönliche Bewußtsein im Menschen. Wenn die Menschheit dieses Ziel erreicht haben wird, braucht sie den Alkohol nicht mehr, und dieser wird wieder aus der physischen Welt verschwinden. Sie sehen, alles, was geschieht, hat seine Bedeutung in der weisen Lenkung der Menschheitsentwickelung. Deshalb soll heute niemandem widersprochen werden, wenn er Alkohol trinkt, während andrerseits jene Menschen, die der übrigen Menschheit vorausgeeilt sind und ihre Entwickelung so weit gefördert haben, daß sie des Alkohols nicht mehr bedürfen, denselben auch meiden sollen. Christus erscheint, um der Menschheit Kräfte zu geben, damit im sechsten Zeitraum das höchste Ich-Bewußtsein erlangt werden kann. Er will die Menschen vorbereiten auf jene «Zeit, die noch nicht gekommen ist». Würde er es beim Wasseropfer gelassen haben, so würde es die Menschheit niemals zum individuellen Ich gebracht haben. Die Verwandlung des Wassers bedeutet die Erhebung des Menschen zum individuellen Wesen. Die Menschheit war in ihrem Entwickelungsgange an einem Punkt angelangt, wo sie des Weins bedurfte, daher verwandelt Christus das Wasser in Wein. Wenn die Zeit da sein wird, wo der Mensch keinen Wein mehr braucht, dann wird Christus den Wein wieder in Wasser zurückverwandeln. (https://steiner.wiki/GA_100#264)

Von Becker stammt die Idee, ein nicht alkoholisches Getränk aus der ganzen Rebe zu kreieren und nannte das Kristdyn. 5 Demeter Winzer taten sich zusammen und arbeiteten an der Realisierung dieses Elixiers - aber nicht nur in ökonomischer Hinsicht. Während des Herstellungsprozesses kam es vereinzelt zu qualitativen Ergebnissen, die nach Ansicht von Ernst Becker dem Ideal entsprachen, jedoch stellte sich heraus, dass der Herstellungsprozess im Hinblick auf den Prozessschritt mit dem sogenannten Kaltwasserauszug zu volatilen Ergebnissen führte. Hier sieht R. Trossen weiteren Forschungsbedarf entlang und in Richtung der einstigen Vorgaben von Ernst Becker.

Philosophie und Arbeitsweise

Die Arbeitsweise von Rudolf Trossen basiert auf den Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Ziel ist es, das natürliche Gleichgewicht im Weinberg zu erhalten und die Vitalität der Böden sowie der alten Rebstöcke zu stärken.

  • Weinberg: Verzicht auf synthetische Pestizide und Herbizide, Einsatz biodynamischer Präparate und Begrünungsmanagement zur Förderung der Biodiversität.
  • Kellerwirtschaft: Trossen verfolgt einen Ansatz der minimalen Intervention ("Low Intervention"). Die Weine vergären spontan mit wilden Hefen.
  • Natural Wine: Seit 2010 produziert Trossen eine spezielle Linie von Naturweinen (siehe unten), die unfiltriert und ohne Zugabe von Schwefel abgefüllt werden.

Weine und Lagen

Sein Weingut bewirtschaftet Steillagen rund um Kinheim, darunter die Lagen Kinheimer Hubertuslay und Kinheimer Rosenberg. Die Rebflächen sind überwiegend mit Riesling bestockt, viele Reben sind alt und wurzelecht. Das Sortiment teilt sich in zwei Linien:

  1. Klassische Linie: Ökologisch produzierte Weine (meist Riesling), die klassisch ausgebaut und leicht geschwefelt werden (z. B. Schieferblume).
  2. Purus-Linie (Naturweine): Diese Weine werden ohne jegliche Additive, ohne Filtration und ohne Schwefelzusatz gefüllt.
    • Madonna Purus: Der bekannteste Wein des Gutes, ein Riesling aus der Lage Hubertuslay (benannt nach einer Madonnenstatue im Weinberg). Er gilt als Kultwein in der internationalen Naturweinszene.[3]
    • Lay Purus: Ein weiterer Lagen-Riesling aus Schiefersteillagen.

Rezeption und internationale Bedeutung

Weine wie der Madonna Purus erhalten regelmäßig hohe Bewertungen in Fachpublikationen wie Falstaff oder Gault&Millau und werden oft als Referenzbeispiele für langlebige, komplexe Naturweine aus Deutschland zitiert.[4]

Während Rudolf Trossen lokal an der Mosel lange als "Außenseiter" galt, genießt er international – insbesondere in Skandinavien, den USA und Japan – hohes Ansehen in der Sommelier-Szene [5]. Der entscheidende internationale Durchbruch gelang, als das seinerzeit zum weltbesten Restaurant gekürte "noma" in Kopenhagen seine Mosel-Weine auf die Karte setzte. Dies öffnete Trossen die Tür zur globalen Natural Wine-Bewegung.[6]Über Impulse von noma hinaus verdanken Rudolf und Rita Trossen auch Sommeliers aus Geranium und Fiskebar Impulse um neue Wege zu gehen. Auch zu nennen sind Impulse von Weinexperten aus Belgien, sowie Rudolfs altem Freund Jean Pierre Frick aus dem Elsass. Somit kamen aus drei Richtungen zu selben Zeit Anregungen zu den Trossens.[7]

Kontakt

 Bahnhofstr. 7, 54538 Kinheim-Kindel, Tel. +49 (0)6532 2714, info@trossenwein.de, https://trossenwein.de/

Eigene Medienbeiträge

Rudolf Trossen (l.) und Michael Willkomm (r.) am 18. Dezember 2024 im Hotel Deinhards in Bernkastel-Kues. Film/Foto: François Hagdorn

Hier gibt Rudolf Trossen mit Michael Willkomm einen erzählerischen Überblick über die Geschichte des Nikolaus von Kues.

Hier geht's zum Beitrag.

Weitere Medienbeiträge

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PRESSE und BLOGS

MUSIK

Einzelnachweise

  1. Vinocentral: Children of the Revolution: Weingut Rita und Rudolf Trossen. Artikel vom 21.06.2020. Beschreibt die Übernahme 1978 und die frühe Umstellung auf Bio. Abgerufen auf https://vinocentral.de/blog
  2. ECOVIN Bundesverband: Historie des Verbandes. Rudolf Trossen wird als einer der 35 Gründungsmitglieder von 1985 geführt. Vgl. https://ecovin.de
  3. More Natural Wine: Produktbeschreibung Riesling Madonna Purus. Belegt den Status als Flaggschiff-Wein und die naturbelassene Machart. Abgerufen auf morenaturalwine.com
  4. Falstaff: Winzerprofil Rita & Rudolf Trossen. Bewertungen und Verkostungsnotizen (z. B. 93 Punkte für Madonna Purus). https://falstaff.com
  5. Wine Enthusiast: Get to Know Germany's Booming Natural Wine Scene. Artikel vom 31.05.2023. Erwähnt Trossen als Pionier, der durch Noma internationale Bekanntheit erlangte. wineenthusiast.com
  6. Originalverkorkt Podcast: OVP011 – Zu Gast bei Rudolf Trossen. Interview vom 02.02.2014. Trossen erzählt ausführlich über den Besuch der Noma-Sommeliers und den Impuls zur Purus-Linie.
  7. Zitat von Rudolf Trossen aus einem Telefonat mit François Hagdorn vom 27. November 2025

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