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Die Dreigliederung des Menschen - ein Vortrag von Manfred Klett, 2023
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Transkription
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Transkription Die Dreigliederung des Menschen vom 2. Mai 2023
Vorbereitende Unterhaltung zur Bodenbeurteilung und Anknüpfung an den Landwirtschaftlichen Kurs 00:00:09
Manfred Klett
Wir wollen uns heute ja vorbereitend unterhalten über das, was ihr da draußen gearbeitet habt an euren Bodenprofilen, und ich wollte nur heute eine Vorbereitung hier machen für dieses ganze Gespräch am Donnerstag. Und ich muss da sehr weit ausholen, weil wirklich diese ganze Problematik heute der Bodenbeurteilung und überhaupt der sogenannten Bodenbearbeitung derart konfus und sozusagen alles so halb in der Luft schwebt, dass man dafür überhaupt erst die Grundlagen einer neuen Erkenntnisart zugrunde legen muss. Und ich möchte da unmittelbar anknüpfen an den Landwirtschaftlichen Kurs.
Nun nehme ich an, dass ihr natürlich jetzt allwissend geworden seid über die Monate und den Landwirtschaftlichen Kurs auswendig kennt, aber ich will auf zwei Aspekte im Landwirtschaftlichen Kurs eingehen. Und die sind so grundlegend für alles, was in der Landwirtschaft, im biologischen und anthroposophischen Landbau erforderlich ist an Erkenntnisansätzen, dass ich die hier einfach an den Anfang stellen muss, sonst fischt man im Trüben. Und das ist erst einmal eine Aussage Rudolf Steiners nach dem vierten Vortrag oder am Ende des vierten Vortrags, wo er die Bemerkung macht: Der Mensch wird in allen Betrachtungen, um die es hier geht im Landwirtschaftlichen Kurs, der Mensch wird zur Grundlage gemacht.
Das ist diese eine Aussage: Der Mensch wird zur Grundlage, nicht die Natur primär, sondern der Mensch. Das Zweite ist zu Beginn des zweiten Vortrags ein Satz, den ich hier wörtlich zitiere. Da heißt es: Eine Landwirtschaft, nehmen Sie an den Dottenfelderhof oder irgendeinen anderen landwirtschaftlichen Betrieb, eine Landwirtschaft erfüllt ihr Wesen im besten Sinne des Wortes, wenn sie aufgefasst werden kann als eine Art Individualität, eine wirklich in sich geschlossene Individualität. Und jeder landwirtschaftliche Betrieb müsste sich annähern diesem Ideal, eine solche landwirtschaftliche Individualität zu sein.
Also nochmal: Eine Landwirtschaft erfüllt ihr Wesen, das heißt, sie hat es nicht, sie hat es nicht per se von Natur aus, sondern sie erfüllt erst ihr Wesen, wenn sie von mir als handelndem Menschen, als arbeitendem Menschen draußen auf dem Acker, aufgefasst werden kann als eine Art Individualität.
Ich muss das leisten, diese Erkenntnisleistung: Aufgefasst werden kann als eine Art Individualität. Und daran möchte ich jetzt meine ganze Betrachtung anknüpfen.
Schauen wir erst einmal darauf, was ist eigentlich der Mensch im Sinne dessen, dass der Mensch zur Grundlage gemacht wird.
Kursteilnehmer
Auch letztlich mit der Tochter von Martin, eine Ärztin hat es gesagt.
Manfred Klett
Aber ich muss da vielleicht das eine oder andere wiederholen. Jedenfalls möchte ich das mal versuchen, mal ganz schematisch an die Tafel zu malen, den Menschen ganz schematisch. Wenn man so den Menschen mal betrachtet, dann wird man feststellen, dass er ein dreigliedriges Wesen ist, und das kann man in jeder Hinsicht beschreiben. Und zunächst mal ist es ja wahrscheinlich hier schon mal beschrieben worden, unter dem mehr physischen Aspekt.
Das heißt, dass wenn man jetzt mal zunächst mal den Kopf ins Auge fasst – ich mache den mal blau –, den Kopf ins Auge fasst, dann ist es ein vollkommen in sich abgeschlossenes Gebilde, eigentlich ein Knochengebilde von außen und Knochen allseitig umschlossen, und sitzt der wachenden Sinne des Menschen.
Das Auge, das Ohr, das Geschmackssinn, das Geruchssinn. Also da konzentriert sich gleichsam das ganze Nerven-Sinnes-System des Menschen.
Ich kann es nicht mehr so richtig schreiben. Das Nerven-Sinnes-System des Menschen. Das konzentriert sich da hauptsächlich im Haupt. Aber es setzt sich fort durch den ganzen Organismus bis zur Fußspitze.
Und wenn man jetzt – ich muss mich da jetzt kurz fassen, sonst verlieren wir zu viel Zeit – hinschaut auf den Gegenpol zu dem geschlossenen, in sich geschlossenen Gebilde, was die ganzen Sinnesorganisationen umschließt, dann kommen wir, Moment mal, dann kommen wir hier an ein System, was genau polar ist zu dem, was das Haupt darstellt.
Völlig offen, total offen gegenüber der Welt. Die Arme, die arbeitenden sind, die Füße, die gehenden, schreitenden sind. Wo man sich sozusagen hineinbegibt in die Welt.
Hier im Kopf nimmt man die Welt in sich herein. Und hier begibt man sich hinaus in die Welt. Es ist absolut polar zu dem Nerven-Sinnes-System, ist dasjenige System, was sich hier ausbreitet. Und welches umschließt alle Stoffwechselorgane oberhalb des Beckens, sodass wir hier von dem Stoffwechsel-Gliedermassen-System sprechen müssen.
Also hier vollkommene Geschlossenheit, hier Orientierung in die Welt. Und wenn man dann untersucht, was hier eigentlich so oberhalb des Beckens ist, das sind die ganzen Verdauungsorgane und überhaupt alles das, was den Menschen am Leben erhält.
Und dieses Stoffwechsel-System hier in diesem Bereich schickt natürlich ständig über das Blut, aber dann auch hier über die Atmung hinauf in den Kopf die Möglichkeit, dass der Kopf nicht ständig abstirbt.
Der Kopf hat eigentlich die Tendenz, ständig abzustirben, ständig tot zu werden. Und das empfinden wir auch, wenn wir den ganzen Tag gedacht haben, intensiv uns mit irgendeiner Geistesleistung beschäftigt haben, dann werden wir müde. Und diese Müdigkeit ist nichts anderes als das Ergebnis des Abbaus von Gehirnzellen.
Und die müssen dann in der Nacht wieder regeneriert werden. Also da ist ein ständiger Strom über den kleinen Blutkreislauf vom Herzen hinauf in den Kopf, der also den Kopf immer wieder gerade eben am Leben erhält. Aber aufgrund dieser Todesprozesse – da kommt eine andere Ahnung drauf.
Jetzt schauen wir uns erst mal den mittleren Organismus an. Also hier, da haben wir einerseits hier die Lungen, und ich möchte mal ein Bild machen, hier auf der rechten Seite das Herz.
Und dieses seltsame Gebiet, was sich zwischenschaltet zwischen Kopf und Stoffwechsel, ist dadurch charakterisiert, dass es auf der einen Seite dem Kopf nahe ist, zum Beispiel durch die ganzen Rippen, die sich hier abbiegen, die rhythmisch angeordnet sind. Und durch das Zwerchfell – möchte ich hier so andeuten, habe ich das grün gemacht. Und hier drunter die Lungen, die beiden Lungenflügel.
Und das Aufregende ist: Man muss sich wirklich innerlich naiv machen. Ganz naiv machen. Alle Vorstellungen weg, die man sonst so haben kann. Und einfach mal drauf hinschauen, die Tatsache, dass die Rippen hier sich nach oben schließen gegen den Kopf und nach unten öffnen gegenüber dem Stoffwechsel.
Das ist doch ein Wunder. Wenn man sich das mal vor Augen führt. Und wenn dann da hier auch Organe sich einbetten in diesen mittleren Menschen. Die eine, die Lunge, die atmend ist, die also von außen ständig Luft hereinsaugt ins Innere und andere Luft, die aus dem Organismus wieder herauskommt, ausatmet. Also ein rhythmisches Hin und Her, ein ständiges rhythmisches Hin und Her. Ein Vorgang, der ständig auch das menschliche Leben unterhält.
Ohne diese Funktionen könnte der Stoffwechsel nicht arbeiten, genauso wenig wie der Kopf. Und die intensivste Atmung, also physiologisch gesprochen, die intensivste Atmung, die überhaupt im Menschen stattfindet, ist im Kopf. Da ist eine ungeheure Masse an Sauerstoff, die ja direkt aus der Lunge über den kleinen Blutkreislauf in den Kopf geht, um die das frei werdende Kohlensäure durch die Abbauprozesse abzufangen und als Kohlendioxid auszuatmen.
Und dann eben das Herz. Das Rhythmusorgan schlechthin. Und beide Organe, sowohl das Herz wie die Lunge, die korrespondieren wieder einerseits mit dem Haupt und andererseits mit dem gesamten Stoffwechsel, der im Stoffwechselorganismus durchzieht alles.
Aber hier haben sie sozusagen ihr Zentrum. Und wenn man die ganze Sache – ich möchte mich da nicht länger aufhalten, das ist ein Thema, was es wert ist, dass man sich selber das irgendwie noch in jeder Hinsicht erarbeitet, dass man die selbe Sache einmal denkt.
Sehen Sie, es geht nicht darum, dass man sie hört. Also das sind Worte, die ich rede. Sondern es geht darum, dass man selber empfindend versucht zu denken. In einem solchen Zusammenhang so zu denken, dass man sagt: Hier ist etwas Geschlossenes, hier etwas Halboffenes und hier ist etwas ganz Offenes. Und so weiter.
Also jedes dieser drei Glieder, das Stoffwechselglied, dann das rhythmische Glied, das eigentlich den Menschen sowohl physisch als auch physiologisch konstituiert. Und da möchte ich jetzt nochmal eine Bemerkung dazu machen.
Also man kann hier oben hinschreiben: Tod, Absterben also. Und hier unten: Leben. Und das durchdringt sich hier im Physischen, im mittleren System.
Und wenn man jetzt darauf hinschaut, mal vom physiologischen Standpunkt aus, dann wird man bemerken, dass der Kopf, das Nervensystem, sich selbst nicht regenerieren kann. Das ist auch ein hochinteressantes Phänomen. Es kann sich selbst nicht regenerieren, sondern es kann eigentlich nur anständig absterben.
Aber aufgrund dieses Absterbens können wir wach sein. Das ist dann auch wieder so ein Geheimnis. Aufgrund des Todes, der ständig in uns wirksam ist, vom Nerven-Sinnes-System aus, können wir überhaupt ein Wachbewusstsein haben.
Wir danken unserem Wachbewusstsein den Todesprozessen in uns. Und wenn man im Gegenpol anschaut, hier das Stoffwechsel-Gliedermassen-System, so ist dort sozusagen das Leben vorherrschend. Und physiologisch gesehen: Wie kommt dieses Leben hier überhaupt? Wird es regsam im Stoffwechselglied? Was macht das?
Das ist das ganze Drüsensystem. Entschuldigung, das ist meine Hand, die zittert so. Ich kann gar nicht mehr richtig schreiben. Drüsensystem.
Das ganze Stoffwechsel-Pole hier in diesem Bereich steckt voller Drüsen. Also nicht nur die Nebennierenrinden-Drüsen oder die Nierendrüsen selber, sondern Pankreas ist eine Drüse, die Milz ist eine Drüse. Der ganze Darmtrakt ist durchsetzt mit unendlichen Drüsen, die ständig etwas ausscheiden.
Und dieses Ausscheidende reguliert die Lebensvorgänge hier in dem ganzen Stoffwechselorganismus. Also das Drüsensystem ist absolut maßgebend hier für das Stoffwechselglied. Und das setzt sich natürlich dann fort für ein Gliedmaßensystem, dass wir uns überhaupt in dieser Weise bewegen können.
Während hier oben, sagte ich, Absterben. Also hier herrscht Tod, Absterben. Und während hier in der Mitte eben diese beiden rhythmischen Organe sind, die sozusagen die Synthese dieser Polarität darstellen.
So, und wenn wir jetzt versuchen, diese Dreigliederung des Menschen, die sich hier zeigt, und zwar in aller Deutlichkeit als Polarität zwischen oben und unten und einer rhythmisch vermittelnden Mitte. Das ist die Ur-Dreigliederung schlechthin. Und die muss man sich wirklich immer wieder versuchen deutlich zu machen.
Übertragung der Menschlichen Dreigliederung auf den Landwirtschaftlichen Betrieb als Individualität 00:17:54
Manfred Klett
Wenn wir jetzt von der Landwirtschaft als einer Art Individualität sprechen, dann ist das der Mensch. Und jetzt gehen wir mal rüber zur Natur, zum landwirtschaftlichen Betrieb, und fragen uns: Inwiefern kann das überhaupt jene Individualität sein? Kann man überhaupt vom Menschen ausgehen, jetzt einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne einer Individualität denken, dass er sich mit Wesen erfüllt?
Nun ist es so – das habe ich jetzt hier mit Grün gemacht –, dass wenn wir uns den landwirtschaftlichen Betrieb anschauen, das soll dieselbe Farbe sein wie hier. Dann ist das Augenfälligste zunächst einmal das, worauf wir eigentlich rumgehen.
Die Erde und der Boden. Wir betreten ja den Boden immer nur an der Oberfläche. Also da ist etwas, was kontinental umspannend ist oder später in der Meeresoberfläche fortsetzt.
Das ist die Erdenhaut, der Boden. Und wenn man jetzt versucht zu verstehen, was ist eigentlich in diesem außermenschlichen Bereich der Natur, des landwirtschaftlichen Betriebs, der Stoffwechselorganismus? Wo treffen wir den eigentlich an? Wo finden eigentlich jetzt gerade hier in einem solchen landwirtschaftlichen Betrieb die Stoffwechselprozesse statt?
Kursteilnehmer
Im Boden. Im lebendigen Boden?
Manfred Klett
Ja, wenn man mal vom Boden absieht.
Kursteilnehmer
Ach so. Ja, eigentlich steht es ja kopf. Der Stoffwechsel findet oberhalb des Bodens statt. Das ist die Landwirtschaft kopf.
Manfred Klett
Der Stoffwechsel oberhalb des Bodens, da sagen die. Dann machen wir das mal so. Da ist also offensichtlich über dem Boden etwas, was vergleichbar ist dem, was im Stoffwechsel des Menschen sich abspielt.
Und wenn man das mal studiert, was da draußen sich abspielt, dann ist es eigentlich ein ständiger Wechsel und Wandel. Nichts bleibt sich auch nur einen Augenblick gleich. Von Tag zu Tag, durch den Jahreslauf, ständige Wandlungen und Lebensprozesse, die da in ständiger Wandelung begriffen sind und die sich ausdrücken, zum Beispiel im Witterungsverlauf.
Die Witterung ist ja eigentlich ein Prozess: Also alles, was mit Wind und Wetter zusammenhängt, ist ja ein Prozess, wo alles ständig in uferloser Bewegung ist. Nichts sich im Augenblick gleich. Sondern wo eine Art Verdauung stattfindet im Äußeren der Natur.
Jetzt blüht alles im Frühjahr und im Herbst stirbt alles wieder ab und wird dann über das folgende Jahr im Boden verdaut. Also ein ständiges Verdauungsgeschehen, was hier ist. Das heißt, wir haben es eigentlich hier mit dem Bauch der landwirtschaftlichen Individualität zu tun.
Über der Erde, in allen atmosphärischen Geschehen, Wind und Wetter, im Entstehen und Vergehen. Und wenn man dann darauf hinschaut: Wo finden wir jetzt eigentlich den Kopf? Da ergibt sich ja folgerichtig: Der Kopf breitet sich aus unter der Erde.
In all dem, was mineralischer Natur ist, was ständig im Absterben begriffen ist, durch die Verwitterung und all diese Prozesse. Und wo Ruhe herrscht: Man hat den Eindruck, da überall, wo die Gesteinsmassen der Erde sich finden, wenn nicht gerade ein Erdbeben ist, das gibt es auch. Aber im Grunde genommen ist der Kopf ein Ruhepol.
So ist alles das, was mit den Gesteinsbildungen, der Mineralität der Erde, ein Ruhepol innerhalb des Ganzen. Und da, wo sich diese beiden Welten durchdringen, da entwickelt sich überhaupt erst der Boden. Das ist eine Durchdringung von dem unter der Erde und dem über der Erde.
Die Durchdringung von Stoffwechsel und Kopf schafft in der Natur draußen einen Rhythmus im Physischen. Und dieser Rhythmus – also die atmosphärischen Erscheinungen sind ja keine rhythmischen. Die sind ja tumultarisch, sozusagen.
Und das wird ja immer deutlicher in der gegenwärtigen Entwicklung, der klimatischen Entwicklung, dass nichts mehr berechenbar ist. Auf nichts kann man sich noch verlassen. Sondern es entstehen ja immer mehr klimatische Katastrophen über die ganze Erde hin.
Zum Beispiel, dass wir so einen nassen Herbst hatten und dann so ein nasses Frühjahr hatten, dass wir nicht in der Lage waren, die Frühjahrsbearbeitung rechtzeitig machen zu können. Das hängt auch mit anderen Faktoren zusammen, aber auch mit diesen klimatischen Gegebenheiten. Die Bauern leiden alle irgendwo sehr verspätet mit den Aussaat.
Also das sind eben Dinge, wo man merkt: Das kann man überhaupt nicht berechnen, wie man auch den menschlichen Stoffwechsel nicht berechnen kann. Es ist ein uferloses, konvulsivisches Hin und Her und Vorne und Zurück von Wind und Wetter, Stürmen und so weiter. Aber dadurch entsteht die Möglichkeit, dass die Natur sich in diese Welt heraufentwickeln kann.
Sie braucht dieses Stoffwechselhafte um sich. Also gerade die Pflanzen, die dann nach oben dem Sonnenlicht entgegenwachsen und so weiter. Und wo diese ganzen, die ständig verändernden Verhältnisse: Es muss immer wieder mal regnen, es kommt dann wieder eine Sonnenscheinigkeit. Es muss ständig sein Wechsel und Wandel.
Und mit Bezug auf den Kopf ist es so, dass wir es daher mit der Mineralität zu tun haben. Und die Mineralität unterliegt auch ständig im Hause der Natur einem Abbau von oben nach unten. Und dieser Abbau ist sehr unterschiedlich intensiv.
In unseren Breiten geht es um die Verwitterungsintensität. Der Abbau der Mineralien ist noch sehr gemäßigt, geht sehr langsam vor sich. Aber wenn man mal in das Heimatland von Rabindranath kommt, dann findet man da plötzlich Böden, die sind vielleicht 40, 60 Meter tief verwittert.
Also wo auch selbst das Unverwitterbare, der Quarz, total verwittert ist. Also es gibt da nichts mehr, was nicht auch letztlich irgendwo zerfällt. Aufgrund der hohen Wärme und der hohen Feuchtigkeit. Also die Wärme von oben, Feuchtigkeit von oben, sorgt dafür, dass hier ein ständiger Verwitterungsprozess nach unten in die Tiefen der Erde sich fortzieht.
Bei uns ist es sehr gemäßigt. Es gibt Böden, die natürlich auch relativ tief verwittert sind. Entsprechende, zum Beispiel im Rheintal, wo man sehr viel mehr Wärme hat und auch sehr viel, unter Umständen Niederschläge am Schwarzwaldrand, kann es sein, dass die Böden sehr tief verwittert sind.
Aber im Mittel kann man sagen, es ist noch absolut überschaubar. So, man kann hier auch noch hinschreiben: Tod, Leben. Und diese beiden Pole durchdringen sich also im Jahreslauf hier in einer Mittelschicht, die eigentlich in dem Sinne ursprünglich gar nicht so sehr veranlagt ist, sondern erst ständig im Entstehen ist.
Das ist der Boden. Und der Boden ist nur eine dünne Haut. Wirklich nur eine dünne Haut, die aber so gehärtet ist, dass aus ihr jedes Jahr aufs Neue die gesamte Pflanzennatur im Purpurwechsel, das wir jetzt draußen erleben, und davon eigentlich Tier und Mensch überhaupt das Dasein hat.
Also dieser Boden ist in gewissem Sinne ein Wunder. So wie das Herz und Lunge, das rhythmische Wesen, wo der Mensch sozusagen – das habe ich noch vergessen zu sagen, darf ich das nochmal kurz wiederholen? Denn wir haben ja bisher nur den physischen Menschen und den lebendigen Menschen betrachtet.
Seelisch gesehen entwickelt er hier sein Fühlen, hier in dieser Region sein Wollen und hier sein Denken. Da zeigt sich eigentlich die Dreigliederung des Menschen am allerdeutlichsten in diesen drei Seelenfähigkeiten.
Elementarwesen als Ergänzung zur Tierwelt in den Elementen Erde, Wasser, Luft und Wärme 00:30:28
Manfred Klett
Und nun ist es so, dass eben im außermenschlichen Bereich der Landwirtschaft man nicht sagen kann, dass da eigentlich ein bewusstes Leben wäre oder ein bewusstes Fühlen in diesem Bereich oder ein bewusstes Denken hier unten. Und dennoch, so ganz ist das nicht der Fall.
Man hat – das ist natürlich eine Explosion, die man jetzt länger machen müsste, um mal die Funktion der sogenannten Elementarwesen zu beschreiben. Wenn man auf diese Welt schaut, die unsichtbar ist, aber wesenhaft wirksam ist, die sozusagen in der Erde zu Hause ist, in der Luft zu Hause ist, im Wasser zu Hause ist, in der Wärme zu Hause ist: Das sind Wesen, die ständig beziehungsschaffend wirken.
Also dass zum Beispiel der Regenwurm dieses beziehungsschaffende Tier sein kann, obwohl es nur ein ganz wässriger Körper ist von 90 Prozent Wasser und eigentlich ein Wurm ist. Was er macht, ist so unglaublich weisheitsvoll in jeder Hinsicht. Jede Tätigkeit dieses Tieres ist schöpferisch, möchte ich mal sagen, aufbauend. Und das hängt zusammen eben mit solchen Elementarwesen.
Das kann der Regenwurm alleine als Wurm nicht, wenn man ihn anatomisch näher untersucht oder wenn man seine Sinnesorganisation untersucht: Er hat ja nur Punktaugen an seiner Oberfläche. Er hat keine Augen in dem Sinne, sondern das sind Punktaugen, die kann er so ein bisschen ausstülpen aus der Haut und kann dadurch tasten, seine Umgebung.
Das ist die eigentliche Sinnesorganisation des Regenwurms. Ein Tastsinn, möchte ich mal sagen. Aber dass da eine andere Sinnesorganisation hinzukommt, die das ergänzt, was einseitig ist im Regenwurm: Das ist das Elementarwesen, das ist das, was man die Gnome bezeichnet. Früher in den alten volkskundlichen Darstellungen.
Die sind aber ganz real wirksam. Das ist eine Ergänzung der Einseitigkeit der physischen Erscheinung eines Tieres. Das ergänzt sich durch ein nicht-sinnliches Wesen, was aber viel, viel intelligenter ist als der Regenwurm selber.
Insofern kann man sagen: Hier besteht die Tendenz, dass hier eine Tierwelt tätig ist, die zwar nicht in dem Sinne denkt, aber in Ergänzung – also die niedere Tierwelt, aber in Verbindung steht mit Wesenheiten, die sozusagen eine Ergänzung dessen sind, was dem Bodentier fehlt.
Und wenn man dann über das Niveau der Erde geht, dann treffen wir dort auf eine Tierwelt, also wenn wir bei den Elementarwesen mal bleiben, die immer mehr auch eine Ergänzung sind dessen, was zum Beispiel die Fische im Wasser sind, die Undinen, träumende Wesen, oder aber was eine Ergänzung sind der Vögel. Wenn Sie mal einen Vogel genauer beobachten würden, dann würden Sie erst einmal merken, dass der in der Luft rumfliegt.
Der erhebt sich in die Lüfte. Und sein ganzer Leib ist eigentlich nur dadurch flugfähig, dass die Vögel Federn haben. Und Udo Müller hat mal darauf hingewiesen, dass die Federn der Vögel wie materialisierte Gedanken sind.
Dass der Vogel eigentlich ein dahinfliegender, materialisierter Gedanke ist. So wie die Gedanken fliegen, wie sie beweglich sind im menschlichen Haupt, so hat sich das materialisiert. Und der Vogel ist seiner ganzen Natur nach eigentlich ein großer Kopf. Oder nichts anderes als ein Kopf.
Da ist der ganze Stoffwechselorganismus und auch der rhythmische Organismus ganz eingebunden in das Kopfwesen. Also man kann bei den Vögeln gar nicht von einem Stoffwechsel eigentlich so richtig sprechen. Das geht da ruckzuck bei denen. Die Verdauung ist sehr oberflächlich. Und auch die Gliedmaßen, die sind ganz eingebunden in dieses Kopfwesen.
Dann wird es vollends offenbar, wie da in der Natur Gebilde geschaffen sind, die äußerlich bis in die Leibesbildung die Dreigliederung am allerstärksten zeigen. Nehmen Sie mal die Biene oder ein sonstiges Insekt. Da sehen Sie eine ganz deutliche Dreiteilung im Kopf, Thorax und Abdomen.
Also Brust und Hinterleib. Und alles ist ungeheuer auf rhythmische Tätigkeit ausgerichtet in der Mitte. Und im Kopf sind ungeheure fühlende Sinnesorgane, die Augen, die so ausfahrbar sind. Und der Stoffwechsel, der sehr, ich möchte mal sagen, abgesetzt vom übrigen Leib, da die Stoffwechselprozesse sich vollziehen.
Und wir finden einfach, wenn man so in die Natur schaut, durchaus auch stärker ein Denken des Bewusstseins unter der Erde als Ergänzung dessen, was die niederen Bodentiere betrifft. Eine Ergänzung dessen, was die Fische im Wasser ausmachen, was die Vögel in der Luft und was die Insekten in der Wärme bewirken.
Man muss alles irgendwo einbeziehen in eine solche Betrachtung, um zu bemerken, wie real der Mensch umgestülpt in der Natur erscheint. Umgestülpt im wahrsten Sinne des Wortes. Dass der Kopf polar zum Menschen, der erhoben ist, unter der Erde ist und das Stoffwechselleben über der Erde sich ausbreitet.
Wurzeln als Kopf der Pflanze und Integration in die Umgestülpte Dreigliederung 00:38:03
Manfred Klett
Und jetzt können wir: Wenn wir jetzt hier eine Pflanze wachsen lassen, wenn wir hier einen Samenkorn reinlegen in die Erde, dann merken wir, dass dieses Samenkorn als allererstes ein feines Keimwurzelchen heruntersendet in den Boden.
Und das ist dann immer tiefer und tiefer und sich nachher dann verzweigt. Aber zuerst sind die Wurzeln da, jedenfalls die feine Keimwurzel. Und das ist dann als Zweig der Spross erhebt.
Und hier sind dann die Blätter in Gliedern und da oben setzt sich dann die Blüte auf. Dann sehen wir: Die Pflanze eigentlich, indem sie ganz eingefügt ist in diesen auf dem Kopf stehenden Menschen, selber auf dem Kopf steht.
Sogar für ihre Wurzel, die in die Tiefe geht. Und die Wurzel ist durch und durch Kopf der Pflanze. In ganzen physiologischen Prozessen kann man das verfolgen.
Und auch dann in der Blattentwicklung ist sie weltorientiert. Und in der Blüte offenbart sie ihr eigenes Wesen. Und entsteht und vergeht gleich wieder.
Prinzip der Dreigliederung in der Natur und Spezifische Anwendung auf Bodenprofile 00:39:54
Manfred Klett
So, wenn wir jetzt – bis wann wir machen, bis um halb eins oder wie?
Kursteilnehmer
Ja. Viertel nach oder bis halb.
Manfred Klett
Also jetzt nehmen wir mal dieses Bild hier und betrachten unter diesem Gesichtspunkt der Dreigliederung den Boden. In der Natur ist alles nach dem Prinzip der Dreigliederung geordnet. Der Mensch wird zur Grundlage gemacht.
Der ist sozusagen das Urbild der Dreigliederung. Alles in der Natur. Man kann hinschauen, ob das jetzt ein Elefant ist oder ein Wurm ist oder ein Vogel ist.
Überall in unendlicher Abwandlung erscheint dieses Prinzip überall als das eigentlich Lebenstragende. Und so ist eben die Frage auch mit dem Boden. Wie weit dieser in sich selbst auch nochmal eine Dreigliederung zeigt.
Also nehmen Sie mal: Sie haben jetzt Ihre eigenen Bodenprofile da draußen mal angeguckt und haben gesehen, dass da eine ganz bestimmte Gliederung drin festzustellen ist. Aber wenn Sie diese Gliederung in Bezug auf die Prozesse verfolgen, dann werden Sie sehen, dass alles demselben Prinzip folgt.
Dass nämlich dieser Boden in seinem Oberboden – nehmen wir mal an, das wäre der Oberboden, der normalerweise so 20 cm tief ist in unserer Breite –, das ist die sogenannte Pflugtiefe. Man hat früher nicht tiefer als 20 cm gepflügt. Verrückt halt heute, auf 30 oder 40 cm zu pflügen.
Und diese 20 cm weisen dann, weil das über Jahrhunderte so geschehen ist – man hat 16, 18, 20 cm tief gepflügt, nicht tiefer –, da zeigte sich, dass da der humose Oberboden sich sozusagen in seiner Schwarzfärbung oder Dunkelfärbung zeigt.
Und das bezeichnet man ja in der Bodenkunde bekanntlich als den A-Horizont. Das ist einfach eine Bezeichnungsfrage. Und wenn man dann weiter darauf hinschaut, merkt man, dass da drunter, unter diesem A-Horizont, der Boden heller wird.
Und dass die Helligkeit sich dann zeigt, dass es mehr oder weniger eine braungefärbte Zone ist, die dann ziemlich in die Tiefe geht, unter Umständen hier unten schon eine gewisse Verdichtung zeigt. Aber muss nicht sein. Und das bezeichnet man heute als den B-Horizont.
Und dann eben unterhalb dieser verdichteten oder dieser Zone, der Verwitterungszone, da findet man jetzt das anstehende Gestein. Das nennt man den C-Horizont. Das ist die Ur-Dreigliederung aller Böden.
Da ist ein Stoffwechselhorizont hier oben. Demgegenüber steht der Mineralboden als der Kopfteil. Und hier dazwischen findet sich etwas, was wie ein Wunder ist.
Und das ist der Lehm. Der Lehmboden. Und der Lehmboden entsteht dadurch, dass er sehr plastisch ist, dadurch, dass er durchsetzt ist von Tonmineralien.
Also die Tonmineralien sind Verwitterungsprodukte, die da entstanden sind. Und die jetzt im Wesentlichen diesen Verwitterungshorizont hier ausmachen. Und wenn Sie jetzt verfolgen diesen Verwitterungsprozess, der ja einst mal so war, wie es mit den Gesteinen war: Findet man heute noch auf Vulkaninseln die Lava noch unverwittert.
Bis oben hin. Und mit der Zeit differenziert sich das immer mehr in diesen A-Horizont, in einen solchen Verwitterungshorizont B und das unverwitterte Gestein. Und dieser Vorgang – das hängt engstens zusammen mit der Carbonatversorgung im Boden.
Rolle des Calciumcarbonats in der Verwitterung und Bildung von Lößknollen 00:46:15
Manfred Klett
Also Calciumcarbonat. Das Calcium ist dasjenige, was lange Widerstand gegenüber der Verwitterung leistet. Aber irgendwann wird es doch mobil durch die Bodenacidität, durch die Bodensäure und wandert dann in die Tiefe und wird dann hier unter Umständen ins Grundwasser, schafft eine entsprechende Härte des Wassers.
Die Härte des Wassers ist ein Ausdruck von dessen hohem Gehalt an Calcium wie Bicarbonat. Oder aber es wird hier wieder ausgefällt, hier im Untergrund, in Knollen, in ganz komplizierten Knollen, die sogenannten Lößknollen. Das ist dann der Überschuss: Beim Löß hat man einen Überschuss von Calciumcarbonat, meistens bis 30 Prozent.
Und es dauert also sehr lange, bis ein Löß so weit verwittert ist, dass sich dann diese Lößknollen bilden im Untergrund. Da wird es wieder ausgefällt, wird aus dem Wasser wieder ausgefällt, bildet dann Calcium-Bicarbonat und das ist ein wasserhaltiges Calciumcarbonat. Das trocknet dann aus und bildet dann regelrechte Kristalle in Form von Calciumcarbonat.
Kursteilnehmer
Hier haben wir welche ausgegraben. Von der Hölle. Der Grube von der Heide.
Manfred Klett
Ja, ja. Habt ihr das mal mit Salzsäure ein bisschen drauftropfen lassen? Ja, ja.
Es gibt also Riesendinger. Ich hatte einmal eine Lößknolle, das sah aus wie der De Gaulle. Mit dieser großen Nase.
De Gaulle, das war so ein Typ. Also die Lößknollen, die machen alles. Wie auch der Kalk. Das ist eine Allerweltskerre. Sehr schön.
Deswegen kann man Folgendes sagen. Die ganzen Verwitterungsprozesse von oben nach unten vollziehen sich dadurch, dass zunächst einmal das Carbonat, das Calciumcarbonat in Bewegung kommt. Im sauren Boden löst es sich. Und wandert dann in die Tiefe.
Hier in den C-Horizont. Sodass diese Zone hier die sogenannte Kalklösungsfront ist. Kalklösungsfront.
Sie können immer einen Boden sofort bestimmen, wo der C-Horizont beginnt. Da fängt es wieder an zu brausen mit Salzsäure. Das ist die sogenannte Kalklösungsfront.
Das kann man ganz präzise feststellen. Nun ist die Frage: Was veranlasst denn eigentlich ein solcher Boden, dass er hier diesen mächtigen Verwitterungshorizont ausbildet?
Es gibt ja Böden, die sind keine A-B-C-Böden, sondern die sind A-C-Böden. Da fehlt das B-Horizont restlos. Die sind unverwittert.
Das findet man überall im Jura, also überall auf Kalkgesteinen. Und vor allen Dingen auch überall da, wo Steilhänge sind. Wo es steil abwärts geht. Wo die Erosion relativ stark ist oder war.
Und da ist es so, dass man einen mächtigen A-Horizont antrifft. Sehr humusreich. Bis zu 6% Humus. Und da drunter ist das unverwitterte Gestein.
A-C-Böden, die findet man gerade auf diesen Kalkstandorten. Überall, wo es ein bisschen abschüssig ist, findet man die sehr häufig. Man findet aber auch A-C-Böden auf kieselhaltigen Gesteinen.
Aber da ist es eben so, dass das Gestein selber so schwer verwittert, wie z. B. die Quarzite im Taunus. Der Taunus besteht im Wesentlichen aus Quarziten oder Phylliten. Das sind also Gesteine, die so durchkristallisiert sind und kieselsäurereich sind, dass sie der Verwitterung Widerstand leisten.
Und da kann es dann auch sein, dass man da A-C-Böden findet, die sind ja da, aber da reicht der Säuredruck nicht, um diese sehr schwer witterbaren Mineralien zu lösen.
Ursachen der Bodensäure durch Regen und Industrieemissionen 00:52:24
Manfred Klett
Also, dass der Kalk sich löst, das hängt zusammen mit der Tatsache, dass immer alle Böden die Tendenz haben, leicht sauer zu sein im A-Horizont. Und diese leichte Säure hängt zusammen mit dem Regen, weil der Regen immer leicht sauer ist.
Es gab ja eine Zeit hier in Mitteleuropa, wo man vom sauren Regen gesprochen hat, weil er viel, viel mehr Säure hatte, als es normal der Fall ist. Das heißt, dass der Überschuss an Säure zustande gekommen ist durch die Industrieabgase. Also bis in die 80er, 90er Jahre war das so.
Aber selbst wenn keine Industrieabgase in die Luft gehen, ist das Niederschlagswasser immer leicht sauer. Ganz leicht. Das hängt damit zusammen, dass das Wasser ja dissoziiert in sich selbst.
Das heißt, die Tendenz besteht – das ist auch ein Gesetz in Bezug auf das Wasser –, dass das hier, was man heute das Wassermolekül nennt, was man H2O nennt, das ist ein schrecklicher Begriff eigentlich, aber man weiß, da ist Wasserstoff und Sauerstoff drin. Beides Gase. Aber in dem Augenblick, wo sie zusammentreten, wird es Wasser.
Und dieses Wasser wiederum dissoziiert in sich selbst. Das ist ein Teil des Zusammenhangs von Wasserstoff und Sauerstoff. Desintegriert. Dissoziiert. Und zwar nach ganz strengen Zahlenverhältnissen. Die sind absolut hundertprozentig berechenbar.
Das ist ein ganz erstaunliches Phänomen, wie bei allen Säuren. Wie überhaupt in der Chemie und der Physik, sofern es physikalische Chemie ist, alles berechenbar ist. Da gilt das, dass wirklich die Welt so berechenbar ist, dass man der Überzeugung ist, alles wäre berechenbar.
Das ist der große Irrtum aller Wissenschaften. Es gilt nur für die rein physische Welt. Und da treten Verhältnisse der Berechenbarkeit auf.
Und durch diese Dissoziation des Wassers, durch feine Staubteilchen in der Luft, die immer da sind: Man denke nur über diese Stürme, aus der Sahara, Sandstürme, wo plötzlich die ganze Landschaft gelb wird und der Himmel verhangen von Staub. Also der wird wirklich durch die Lande getragen, über weite Entfernungen hinweg. Aber das ist ein relativ grober Staub.
Das muss man sich immer feiner vorstellen. Also ganz feine Tonmineralien sozusagen, die da als Bruchstücke mit der Luft verfrachtet werden. Und das sind die Kristallisationspunkte für das Wasser.
Darum kristallisiert sich der Wassertropfen. Und jetzt dadurch, dass hier ein Metall – Calcium ist ein Metall –, ein Metallkörper, der Calcium enthält, wenn er sich mit Wasser in Berührung kommt, löst sich da etwas von dem Calcium und was es auch sonst sein mag. Und um den herum bildet sich so ein Wassertropfen.
Und das verändert das Verhältnis von H+ zu OH-, zu dem Wasserstoff, zu den Hydroxid-Ionen, die dissoziiert sind im Wasser. So entsteht das Verhältnis. Entsteht die Säure.
Und diese Säure regnet vom Himmel. Und regnet herunter auf den Boden. Und sorgt dafür, dass eine gewisse Säurestimmung im Boden immer da ist.
Alle Böden sind unter pH 7. Es gibt auch Böden, die pH 8 oder 9 oder 10 haben. In mehr Trockengebieten, zum Beispiel Ungarn oder so: Das sind die sogenannten Solonetz-Böden, wo an der Oberfläche Salz bildet.
Und das sind dann Böden, die auch wiederum sehr schwer zu bewirtschaften sind, die ganz bestimmte Pflanzen, Kulturpflanzen nur anbaubar sind. Der pH-Wert, den man da misst, der bezeichnet das Verhältnis von Wasserstoff- und Hydroxid-Ionen in der Lösung. Und das sorgt für die Acidität, für die Säure der Lösung.
Und diese Lösung regnet vom Himmel. Und jetzt kommt noch dazu, dass jetzt hier Prozesse im A-Horizont, im Stoffwechselglied des Bodens stattfinden. Dass nämlich die organische Substanz bakteriell zersetzt wird.
Und durch die bakterielle Zersetzung werden wiederum Metallionen frei, Kalium oder Calcium oder Magnesium: Die sorgen dafür, wenn die dann herausgelöst werden, dass der pH-Wert nicht so schnell absenkt. Aber wenn da keine mehr sind, dann fehlt einem im Boden was. Und dann wird der immer saurer, immer saurer.
Und dieses immer saurer Werden des Bodens führt dazu, dass man, wenn man dann die Säure im Grad im Boden misst, dass es plötzlich bei 6 ankommt. Oder gar bei 5 ankommt. Oder auf Moorböden bis 4 ankommt.
Also eine starke Versauerung der Böden findet statt. Und je saurer die Böden werden, desto schneller werden sämtliche Metallionen mobilisiert und ausgewaschen. Und deswegen ist die Messung des pH-Werts, obwohl es eine maßlos abstrakte Unangelegenheit ist, immerhin: Es bestimmt den sogenannten Säuregrad.
Und der ist wichtig, dass wir den kennen. Denn ein Boden erkrankt in dem Maße, als der Säuregrad immer höher wird.
Fortschreitende Verwitterung durch Säure im B-Horizont und Düngung als Gegenmaßnahme 01:00:37
Manfred Klett
So, und jetzt aber: Durch diese Säure, die sich dann aus dem A-Horizont mit dem Sickerwasser herunterbewegt in den B-Horizont, sorgt dafür, dass da die Verwitterung weiterschreitet.
Also das ist schon mal verwittert, aber das kann jetzt durch entsprechende Säurezufuhr immer weitergehen, die Verwitterung. Und der Verwitterungsprozess als solcher ist ja ein sehr vielfältiger. Vielleicht können wir da am Donnerstag nochmal kurz darauf zurückkommen.
Aber zunächst einmal ist es immer eine Säurewirkung. Also dass Metallionen, also Calcium, Kalium, Magnesium in Lösung gehen und dadurch ein Verlust an diesen Metallionen entsteht. Und dann muss man durch Düngung unter Umständen helfen, dass der pH-Wert nicht so weit absinkt.
Aber nun kann es eben sein, dass durch diese Verwitterung auch die Tonmineralien angegriffen werden. Beziehungsweise, dass durch die Verwitterung zunächst einmal Tonmineralien entstehen. Es ist ja so, dass das Entscheidende neben dem Humus in einem Boden der Ton ist.
Man kann nicht ohne Ton. Ohne Ton kann kein guter Boden entstehen. Genauso wenig wie ohne Humus. Die gehören zusammen.
Und dieser Ton entsteht dadurch, dass jetzt also ein Kalium- oder Magnesium- oder Kalkreiches Gestein verwittert. Zum Beispiel Feldspat.
Der Feldspat ist ein konstituierendes Mineral der Urgesteine. Und wenn Feldspat anfängt zu verwittern, dann bilden sich die primären Tonmineralien. Die sogenannten primären Tonmineralien.
Und diese primären Tonmineralien sind ziemlich stabil, sind meistens noch sehr kalkreich. Solange diese primären Tonmineralien noch da sind im Boden, hat man einen relativ hohen Kaligehalt zu erwarten. Aber auch diese primären Tonmineralien können weiter verwittern.
Und dann wird das Kalium herausgelöst aus den Zwischenschichtmineralien. Sie wissen ja, dass die Tonmineralien Schichtmineralien sind. Wie aus dem Gestein.
Hauchdünne kristalline Schichten liegen übereinander, aber hauchdünn. Und dazwischen, zwischen diesen Schichten, da sitzt das Kalium. Vom Ursprung her.
Und jetzt kann es sein, dass hier immer mehr Wasserstoffionen einwandern, in diese Zwischenschicht, und sie wandern und tauschen das Kalium aus. Also H+, H plus und K plus können sich austauschen, das Kalium verschwindet, und der Wasserstoff sitzt dann hier in den Zwischenschichtmineralien.
Und auf diese Weise altern unsere Tonmineralien. Sie verlieren allmählich ihren Alkaligehalt, also Kalium. Kalk sitzt da nicht drin, aber Kalium im Wesentlichen. Und werden immer ärmer und immer mehr von Wasserstoff durchsetzt.
Ionenaustausch in Tonmineralien und Stickstofffixierung in Kaliumarmen Böden 01:05:01
Manfred Klett
Oder es kann passieren, wie bei uns das hier auf den Äckern jenseits der Bahn ist, dass die Tone so kaliumarm geworden sind, dass jetzt erstaunlicherweise – sowas kann man heute tatsächlich eben nachweisen – hier das NH4-Ion einwandert. NH4 ist noch positiv geladen, sodass das zu einer Stickstofffixierung kommt.
Also unsere Böden jenseits der Bahn neigen dazu, den Stickstoff zu fixieren, weil Ammonium einwandert in diese Zwischenschichten und den Wasserstoff verdrängt, aber auch das Kalium verdrängt.
Es ist also ein – nicht ein äußerer Verwitterungsvorgang –, denn in Zwischenschichtmineralien spielt sich da ständig ein solcher Verwitterungsvorgang ab. Und es kann dann so weit kommen, dass am Ende überhaupt nichts mehr übrig bleibt: Es sind Zwischenschichtmineralien, und dann bricht das ganze System, das Tonmineralsystem zusammen.
Und das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich das Kaolin bildet, und die ist also völlig unfruchtbar für den Boden. Also das sind die primären Tonmineralien.
Kursteilnehmer
Und die primären Tonmineralien, die sind auch alles basische Mineralien? Diese primären Tonmineralien, die sind auch alles basische Mineralien?
Manfred Klett
Das sind basische Mineralien.
Kursteilnehmer
Ich mache gerade in meinem Kopf die Verbindung zur Basensättigung.
Manfred Klett
Sie sind zunächst basisch, da gibt es auch Alterungsstufen. Das basische Tonmineral sind die Illite. Das ist die erste Stufe der Verwitterung des Feldspats.
Das sind die Illite. Die sind sehr kalkreich. Aber dann kann es passieren, dass hier diese Austauschvorgänge in den Zwischenschichten stattfinden, insbesondere wenn immer mehr Wasser rein, Wasser, Wasser, Wasser: Dann quillt der Ton auf, der verliert seine kristalline Haftung, diese Schichten treten immer mehr auseinander, er quillt, daher quillt der Ton durch Wasseraufnahme.
Und das beschleunigt natürlich ungemein den Verlust an Alkalien im Boden. Aber es gibt noch die Sekundärmineralien – das ist schon danach –, dann können wir vielleicht noch mal am Donnerstag mit den sekundären Tonmineralien fortsetzen, weil das allentscheidend ist für unsere Böden.
Denn es geht ja wirklich darum, dass wir in unseren Böden am A-Horizont eine ganze Menge machen durch Humuszufuhr, Nährhumus, Dauerhumus, Kompostierung und so weiter. Das kann man den Stoffwechselpol aufbauen. In Bezug auf den C-Horizont kann man überhaupt nichts machen.
Aber man kann eine ganze Menge machen im Hinblick auf die Erhaltung der Tonmineralien im Boden. Und man denkt heute viel zu wenig Aufmerksamkeit darauf. Und das betrifft dann auch die Frage der ganzen Bodenbearbeitung.
Und die Bodenbearbeitung ist heute nur humusorientiert, aber nicht tonmineralorientiert. Also können wir dann noch am Donnerstag im Gespräch: Da wird es ja mehr in Gesprächsform weitergeführt.
Hoffentlich ist Ihnen ein bisschen deutlicher geworden, wie wichtig es ist, dieses Dreigliederungsprinzip aufzusuchen, wo immer man heute tätig ist. Man findet es überall, aber immer in Variationen.
Und sobald man sich dessen bewusst wird, findet man auch Therapien. Sonst fischt man im Trüben. Man muss sehen, wie man das ins Gleichgewicht bringt.
Die Polarität durch ein Drittel, die alles heilende Mitte. Gut, also. In diesem Sinne.
Kursteilnehmer
Vielen Dank.
Manfred Klett
Hier diese Kostbarkeit, hoffentlich nicht verloren sehen. Am Donnerstag, wann ist es da?
Kursteilnehmer
Um neun. Um neun.
Manfred Klett
Morgenstunde.
Glossar
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