Biodynamische Rebzüchtung - ein Vortrag von Hartmut Spieß, 2024

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Dr. Hartmut Spieß am 6. November 2024 bei einer Vorlesung an der Landbauschule Dottenfelderhof


Transkription der Podiumsdiskussion mit Dr. Hartmut Spieß

Einleitung und Vorstellung 00:00:20

Georg Meißner:

Ja, fangen wir an, oder? Sind wir einigermaßen?

Hartmut Spieß:

Haben wir Zeit.

Georg Meißner:

Ja, kommen wir. Echte Freude, dass du da bist, ein Pionier. Und ich glaube, du kannst selber zu dir noch ganz viel sagen. Für mich eine ganz richtige Person. Vor 21 Jahren habe ich gerade festgestellt, damals war ich verantwortlich für die Umstellung für zwei Weingüter in Südafrika und habe von dort versucht, den Impuls zu setzen, ein Forschungsprojekt zum Thema biodynamischer Weinbau anzufangen. Und damals ging es darum: Kriegen wir das in Geisenheim hin? Und dann mussten wir uns darum kümmern, dass wir letztendlich auch aus der wissenschaftlichen Seite einen biodynamischen Support bekommen.

Und dann habe ich dich damals kontaktiert. Und ich würde mal sagen, ohne Hartmut gäbe es den INBIODYN-Versuch in Geisenheim tatsächlich nicht, weil der Link, den du zur Software AG-Stiftung gemacht hast und die Betreuung und die Impulse, die du gesetzt hast, waren unglaublich wichtig. Also Geisenheim und biodynamisch ist eng an diese Personen gekoppelt. Das ist der eine Punkt. Und da bin ich... und ich glaube, der deutsche Weinbau kann dafür sehr, sehr dankbar sein. Das ist der eine Punkt.

Und der andere Punkt, es ist auch ein alter Hase, sage ich jetzt mal so, im Weinbau. Es war nicht erst vor 21 Jahren dieser Impuls, sondern vorher auch schon die Zusammenarbeit oder auch mit Ernst Becker. Ihr habt ja auch noch so einen alten Hasen, Rudi [Trossen], vielleicht in dieser Anfangsphase der biodynamischen Weinbauphase spielst du, glaube ich, auch eine wichtige Rolle. Viele von euch kennen vielleicht noch Meike Sieber-Wieden. Da war er auch nicht unbeteiligt. Also in der Herstellung von Pflanzenstärkungsmitteln im Weinbau. Und letztendlich in der Neuauflage vom Buch "Ökologischer Weinbau", was für uns doch auch ein wichtiges Standardwerk ist, der Teil biodynamische Landwirtschaft, finde ich auch unglaublich toll.

Und ansonsten, ja, Chronobiologie, Wissenschaftler und eben Züchter. Wir haben gerade auch gehört, was es heißt, dass eine Person sich intensiv mit der Pflanze verbindet und das zu einer Lebensaufgabe macht. Und dafür bist du heute da. Und wir sind dir, glaube ich, alle dankbar und sind gespannt, was du uns berichtest.

Werdegang und Forschung 00:03:04

Hartmut Spieß:

Danke, danke für die Blumen. Ob ich die Blumen dann auch der Erwartung erfüllen kann, das wird sich zeigen. Drei Anmerkungen gerne zu dem, was du jetzt ausgeführt hast. Ich komme ja ursprünglich aus der DDR und in dem Sinne fühle ich mich nicht als Pionier verstanden, sondern allenfalls als Pionier in dem biologisch-dynamisch-ökologischen Landbau allgemein.

Also ich will die Darstellung so gestalten, dass ich erst mal chronologisch vorgehe: Was haben wir alles gemacht, aus welchem Grund? Und vielleicht können Sie daraus etwas entnehmen, was Ihnen für die Zukunft nützt, wenn Sie zum Beispiel – was ich hoffe, nach 100 Jahren biologisch-dynamischer Landwirtschaft – jetzt als Letzte, als Winzer in die Züchtung gehen. Vielleicht erlebe ich das ja noch.

Ja, ich würde mich jetzt hinsetzen, weil ich auf meine Spickzettel schauen will und im zweiten Teil habe ich dann noch vorbereitet... Planmäßig käme ja hinter mir Karl Vollenweider mit den Erfolgen. Dann habe ich gedacht, ich darf natürlich nicht so viel über Erfolge reden, sonst nehme ich ihm sozusagen das Thema weg. Also ich habe das begrenzt auf die Erfolge, die vielleicht auch im Hinblick auf die Ergebnisse für eine Rebenzüchtung nützlich, wichtig sind.

Dann freue ich mich, dass ich wieder mal bei den Winzern sitzen darf. Sage ich vorneweg: Im nächsten Leben werde ich Winzer. Warum? Eine Frucht vom Anbau bis zur Verarbeitung, bis zum Verkauf und nicht wie beim Getreide und beim Gemüse tausend Kulturen und es hört nicht auf. Es hört natürlich auch beim Weinbauen nicht auf und die Rebenzüchtung ist höchst anspruchsvoll. Ich werde also auch heute noch da sein und morgen, sodass wir vielleicht auch ins Gespräch kommen können und habe dann auch am Ende eine Anregung.

Ich habe Landwirtschaft gelernt und studiert. Ich bin noch einer der letzten Jahrgänge von Diplom-Landwirten. Wie Schaumann sagte, die von allem was wissen, aber von Genauem nicht so viel, also Universalisten. Ein Bauer muss eigentlich auch ein Universalist sein. Ich habe dann in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gearbeitet, als Leiter der Tierproduktion. Ich habe also auch bei den Tieren Erfahrungen sammeln können und bin dann 1972 geflohen, um sozusagen aus freier Erkenntnis das tun zu können, was mir vorschwebt. Wir gehörten damals schon zu so einer Gruppe von Oppositionellen und die Verhältnisse in der DDR waren, wenn man sich entfalten wollte nach einer bestimmten Richtung, nämlich ökologischen Landbau, war das nicht möglich.

Ein Jahr habe ich in der Futtermittelbranche Erfahrungen sammeln dürfen. Man hatte da nur eine Chance beim Bauern anzukommen, wenn man in der einen Tasche Antibiotika hatte und in der anderen Hormone. Dann war für mich nach einem Jahr die Erfahrung: Da kannst du auch wieder zurück in die DDR gehen. Was ich da in der Landwirtschaft erlebt habe, das war natürlich auch für meine Entwicklung sehr heilsam.

Dann schickte mir ein Musiklehrer-Onkel eine "Lebendige Erde". Da suchte man Doktoranden, die biologisch-dynamische Fragestellungen bearbeiten an der Universität in Gießen. Ich wollte eigentlich nie in die Forschung. Eigentlich war ich ausgebildeter Praktiker. Ich habe mich aber dennoch vorgestellt und die haben gesagt: "So einen fleißigen Sachsen können wir gerade noch gebrauchen", mit meinen Worten. Ich habe dann eine Dissertation angefangen mit dem Thema "Biologisch-dynamische und konventionelle Verfahren zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit". Mit Bodenbearbeitungsversuchen, mit pflanzenbaulichen Versuchen zur Fruchtfolge und natürlich die zweite Promotionsarbeit mit biologisch-dynamischem Thema. Die erste hat Ulf Abele gemacht mit Saatzeiten nach Maria Thun.

Chronobiologische Forschung und Finanzierung 00:08:20

Hartmut Spieß:

Die Ergebnisse, die wir in der Präparateforschung über diese drei Jahre erhalten haben, waren prägend für meine gesamte weitere Entwicklung. Wenn man biologisch-dynamisch arbeitet und forscht, kommt man viel in Zweifel. Und dann war sozusagen diese maximal drei Sterne über dem Ergebnis statistisch hochgesichert. Das war dann für mich immer sehr wichtig, weiterzumachen. Und dann kam der Forschungsring auf mich zu, nach der erfolgreichen Promotion. Meine Lehrmeisterin in diesen drei Jahren war Maria Thun. Damals Hans Heinze – den Rudolf kennt ihr noch, ich glaube, die anderen nicht – hatte dann an mich die Anfrage gestellt, ich solle doch eine wissenschaftliche Arbeit machen, um die Ergebnisse von Maria Thun im Aussaat-Tagekalender zu bestätigen. Und meine Frau, die LTA gelernt hat, zur gleichen Zeit, als ich Doktorand war, hat mir immer wieder gesagt: "Ich weiß noch ganz genau, wie du gesagt hast: Nach drei Jahren werde ich die besten Ergebnisse erhalten und die Aussaat-Tage bestätigen."

Und aus den drei Jahren Forschungstätigkeit – wir haben auch einen Antrag gestellt bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Also vielleicht finden Sie das jetzt langweilig, aber es ist eine Erfahrung, die ich meine, mitteilen zu sollen. Das ist auch das erste Mal, dass ich über diese 47 Jahre insgesamt spreche. Also ich war mir ganz sicher, dass ich das bestätigen kann. Und aus den drei Jahren DFG war ich – Deutsche Forschungsgemeinschaft – dort hatte ich einen Antrag gestellt. Die hätten den gerne bewilligt, aber da es eine bestätigende Forschung war, haben sie ablehnen müssen. Das heißt, von Anfang an war eine der größten, schwierigsten Aufgaben die Finanzierung der biologisch-dynamischen Forschung, was sich dann natürlich auch auf die Züchtung, die später angefangen hat, sich ausgedehnt hat. Also das war eine der schwierigsten Aufgaben, auch heute noch, aber es hat sich ja diesbezüglich wahnsinnig viel geändert.

Aus diesen drei Jahren wurden dann letztlich 15 Jahre, um sozusagen wirklich gesicherte Ergebnisse zu erhalten: Was macht der Mond im Hinblick auf das Pflanzenwachstum? Und wenn man eben die Zeit variiert in einem Experiment, dann ändert sich alles. Alle Wachstumsfaktoren ändern sich. Von Tag zu Tag, von Monat zu Monat, Sonneneinfluss, Wärmeeinfluss, Bodeneinfluss etc. Alles das musste statistisch rausgerechnet werden, um überhaupt Ergebnisse zu erhalten.

Beginn der Saatgutarbeit auf dem Dottenfelderhof 00:11:46

Hartmut Spieß:

1981 auf dem Dottenfelderhof hatten wir ein richtungsweisendes Gespräch mit der Betriebsgemeinschaft. Wir müssen uns um die Saatgutfrage kümmern. Das heißt also auch um die Züchtungsfrage. Und dann sind wir als Landwirtschaftsgemeinschaft mit Ernst Becker, Johannes Klein, Martin Hollerbach, Manfred Klett, Dieter Bauer, Knut Brandau nach Grub gefahren, wo die Initiative von Georg Willenschmidt arbeitete und zwar mit der Saatgutveredelung. Ich weiß nicht, wer das alles kennt. Insbesondere war das eine Initiative, die auf dem Landwirtschaftlichen Kurs 1924 beruhte. Und es gab einen Hinweis von Rudolf Steiner, man solle die Methode der Saatgutveredelung, der Wildgrasveredelung weiterführen, die zu fruchtbaren Pflanzen führen solle, zu fruchtbaren Kulturpflanzen.

Und eine der wichtigsten Methoden war eben die Ährenbeetmethode. Es gab dann viele Konstellationsansätze. Das kann ich jetzt nicht alles ausführen. Aber wir kamen dann zurück und wir haben dann angefangen, als erste Schritte die Ährenbeetmethode auszuprobieren. Das heißt, Ähren auszusäen, wie die Körner in der Ähre sitzen, dann im Boden. Und was eben damals nicht berücksichtigt wurde von den Vorgängern dieser Arbeitsgruppe, dass es dabei Randeffekte gibt. Und es gibt auch Effekte, an welcher Position das Korn in der Ähre sitzt. Also die Basis- und Spitzenkörner sind natürlich kleiner. Und wenn man sozusagen die Ähre aussät und nicht berücksichtigt die Randeffekte, dann bekommt man natürlich Effekte.

Und da wir das alles aufgrund dessen, dass ich eine wissenschaftliche Ausbildung hatte – das war also ganz wichtig, die wissenschaftliche Ausbildung an der Uni Gießen auf dem Versuchsfeld Rauischholzhausen – haben wir das alles nicht bestätigen können. Auch andere Kollegen wie Karl-Josef Müller, wie Peter Kunz nicht. Und in dieser Zeit gab es auch in Dornach einen ersten Züchtungskreis. Und zwar im Rahmen der Biologie-Lehrertagung. Und da wurden die einzelnen Gesichtspunkte der einzelnen in der Züchtung stehenden Menschen diskutiert.

Und wir kamen dann zu dem Ergebnis über viele Jahre, dass wir... also beteiligt war später dann auch in dieser Zeit die Initiative vom Keyserlingk-Institut, Bertold Heyden, Karl-Josef Müller in Darzau. Damals war er noch in den 1980er Jahren selber in Grub. Peter Kunz habe ich schon erwähnt. Also manchmal wiederhole ich mich, weil ich alles sortieren muss. Eckart Irion direkt von Grub, meine Wenigkeit. Und wir haben dann sozusagen uns jährlich einmal in Dornach getroffen, um über die Züchtung und über die Züchtungsstrategie im biologisch-dynamischen Landbau uns auszutauschen. Und es war natürlich – wahrscheinlich hat es auch heute Morgen der Martin, wer hat noch gesprochen, dargestellt oder ist darauf eingegangen? Der Karl. Die wichtigen Gesichtspunkte, die für uns richtungsweisend waren aus dem Landwirtschaftlichen Kurs. Also die Frage der Ernährungsqualität, die Frage der Nachbaufähigkeit des Saatgutes, die Frage des Organismusgedankens, wo Rudolf Steiner sagt: Eigentlich müsse man das, was die Landwirtschaft braucht, auch eigentlich selber hervorbringen. Also alle Hilfsmittel. Den Dünger, das liegt natürlich auf der Hand, in Form von Stallmist und anderen, aber das Saatgut.

Und die Frage der Gesundheit. Die Frage der Gesundheit. Und da war auch wichtig der Satz aus dem Landwirtschaftlichen Kurs: Eigentlich könne eine Pflanze nicht erkranken, weil sie keinen Seelenleib hat, sondern nur die Umgebung könne erkranken. Und das ist natürlich ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt gewesen für uns. Gleichermaßen nicht nur die Pflanze anzuschauen, sondern auch die Umgebung, in der sie wächst. Klima, Witterung, Boden. Heute würde man sagen, ohne die Berücksichtigung des Mikrobioms geht gar nichts mehr.

Also da taten sich natürlich unheimlich viele Aufgaben auf. Und wir waren ja hier auf dem Dottenfelderhof im Hinblick auf den Nachbau, im Hinblick auf das Getreide insbesondere, schon so aufgestellt, dass das Getreide nachgebaut wurde. Und zwar insgesamt über 25 Jahre Weizensorten, Hafersorten. Und eine erste Erfahrung, als ich auf den Hof kam, war, dass ich Manfred Klett an der alten Saatguthalle stehen sah, vor einer riesigen großen Wanne, gefüllt mit Wasser, darüber ein großer Galgen, an dem Säcke hingen. Das war also die Weizenanlage, üblicherweise mit warmem Wasser, Warmwasserbeize, um das Saatgut vom Weizensteinbrand, einer der bedeutendsten Erkrankungen im Anbau aller Weizenartigen, zu bekämpfen.

Es gibt dann auch die Geschichte – damit es nicht so ganz langweilig wird – dass irgendwann die Feuerwehr auf den Hof gefahren kam. Gerade wurde der Weizen gedroschen und es gab eine riesengroße Sporenwolke, sodass jemand gedacht hatte, auf dem Dottenfelderhof brennt es, aber es war der Stinkbrand. Und so war eigentlich 1981 auch schon der Startpunkt, sich um den Steinbrand zu kümmern. Wie kann man dem Steinbrand Herr werden? Das ist vielleicht auch ganz interessant für die Winzer.

Wir haben dann schon die erste Publikation gemacht in der "Lebendigen Erde". Wann ist die Landbauschule gegründet worden? 1986. 1985 im Rahmen der Landbauschule haben wir die erste Jahresarbeit gemacht unter anderem zum Steinbrand. Und dann ist eben das Wichtige, wenn man sich im Hinblick auf die gesunde Haltung einer Pflanze kümmern will und einen Erreger bekämpfen will oder regulieren will, besser gesagt, dass man die Pflanze genau kennenlernt in all ihren Eigenschaften. Und das habe ich auch immer sehr gründlich getan.

Entwicklung von Pflanzenstärkungsmitteln 00:20:35

Hartmut Spieß:

Und dann war die Frage: Wie machen wir das? Also alte Literatur wälzen, uralte Literatur aus dem 19. Jahrhundert, moderne Literatur... in der konventionellen Landwirtschaft interessierte es niemanden im Hinblick auf Steinbrand, Flugbrand, Saatgutübertragbare Krankheiten, weil man einfach damals entweder die Quecksilberbeize oder später organische Beizen anwendete, die wir ja natürlich nicht einsetzen. Und das war auch die Ursache dafür, dass wir uns dann später züchterisch darum gekümmert haben, weil ein Züchter natürlich saatgutübertragbare Krankheiten nicht bekämpfen wollte. Dann müsste ja sozusagen der Bauer, dann könnte der Bauer das Saatgut länger gebrauchen. Und deswegen war das nie ein Gesichtspunkt, züchterisch sich um diese Fragen zu kümmern.

Also wir haben dann natürlich geschaut, was können wir machen? Da gab es die Anregung Holzasche, Algenkalk, Kombination Wasserglas-Kernseife (alle Winzer) und Aerosil, ein reines Siliziumoxidmittel. Dann gab es die Möglichkeit, mit organischen Substanzen das Korn zu umhüllen, damit Antagonisten sozusagen die Pilzsporen dann verdauen bei ihrer Keimung. Luzernemehl, gab es Versuchsergebnisse. Knoblauchpresssaft, wissen wir alle, hat Phytoalexine, also Wirkstoffe, die Bakterien und Pilze bekämpfen können. Dann Meerrettichpresssaft, selber hergestellt, und Senfschrot. Senfschrot und Meerrettich waren die besten Ergebnisse im Hinblick auf die Bekämpfung des Steinbrandes, was ganz einfach ist, weil die Sporen außen am Korn sitzen. Dadurch kann das Mittel sehr schnell wirken.

Wenn Sie aber andere Krankheiten nehmen, wo der Pilz im Inneren des Kornes sitzt, nämlich Flugbrand der Gerste, des Weizens, Flugbrand des Hafers, das Myzel zwischen Spelze und Korn sitzt, ist also problematischer zu erreichen. Da haben wir sehr gute Erfolge gehabt. Das erste Mittel, das ich im Rahmen der Gebrüder Schaette AG entwickelt habe, war mit Meerrettich. Meerrettich hatte die beste Wirkung, ohne phytotoxisch zu wirken. Wenn der Senf länger auf das Korn einwirkt, dann keimt es nicht mehr.

Eine Mittelentwicklung dauert konventionell zehn Jahre und biologisch auch. Wir haben mindestens zehn Jahre gebraucht, bis wir das Mittel in so einer Formulierung hatten, dass es verträglich ist, dass es hoch wirkt. Es hat genauso gut gewirkt wie eine chemische Beize. Nebenbei aber natürlich mit größeren Längen. Beim Meerrettich haben wir das an eine Saatgutfirma geliefert. Nachdem wir es angewendet haben, rief er mich wörtlich an: "Holen Sie sofort dieses Scheißzeug wieder ab." Da sind alle Leute aus der Saatguthalle gelaufen. Jeder, der Meerrettich zu Hause verarbeitet, um Meerrettichsahne zu machen, dem fließen die Tränen. Allylsenföl ist Senfgas und früher im Ersten Weltkrieg als Senfgas eingesetzt worden. Deswegen kriegen Sie das heute gar nicht mehr zu kaufen offiziell.

Aber da ziehe ich jetzt eine Parallele zu ganz aktuellen Fragen. Ich bin gerade gefragt worden, ob Tillecur schon mal im Weinbau getestet wurde. Hat das jemand von den anwesenden Winzern mal ausgespritzt auf den Wein im Hinblick auf Bekämpfung von Oidium beziehungsweise Peronospora oder anderen Krankheiten? Tillecur. Naja, das wenden die Ackerbauern an. Das wäre tatsächlich mal auszuprobieren. Das müssen wir jetzt nicht ausführen. Aber Meerrettich würde ich natürlich viel eher anwenden, weil es keine Phytotox hat und hochwirksam ist. Die Frage ist, das ist ja sehr flüchtig. Das müsste man mal wirklich ausprobieren, ob das eine Alternative sein kann. Es ist ja ganz vieles an Pflanzenstärkungsmitteln. Ich denke auch an Plocher, wo wir in Geisenheim zusammengesessen haben, an die informierten Präparate, die auch im Weinbau eingesetzt wurden und dann große Probleme aufgetreten sind im Hinblick auf die nicht stattgefundene Wirksamkeit der Präparate mit großem Ärger bei den Winzern.

Also, diese grundsätzliche Erfahrung war dann eben auch wichtig für einen Schritt, der nach dem Beginn der Züchtungsarbeiten hier auf dem Dottenfelderhof mit Selektionsarbeiten beim Roggen, der seit 1945 im Nachbau stand, Petkuser Normalstrohroggen. Wir haben die Konstellationsversuche gemacht und dann 60 Parzellen mit unter 120 Parzellen hochgebunden, weil er absolut nicht standfest war. Was dann natürlich sofort eine Frage war: Wie kriegen wir den Roggen standfest mit reinen Selektionsarbeiten? Das war Sisyphusarbeit, weshalb wir dann eben auch eine erste Einkreuzung gemacht haben mit einer standfesten Sorte. Die Sorte ist dann auch zugelassen worden später. Es gab noch einen Vorläufer, also sozusagen Züchtungsnamen, und dann angemeldet wurde die Sorte Firmament.

Finanzierung und Kreuzungszüchtung 00:27:09

Hartmut Spieß:

Ich habe schon die Frage der Finanzierung angesprochen. Die Finanzierung war zu dieser Zeit für die Züchtung mehr oder weniger nicht vorhanden. Und deswegen wurde sozusagen alles, was hier auf dem Dottenfelderhof in den ersten Jahren geschah, durch andere Forschungsvorhaben mitgetragen. Es gab dann auch eine Phase, zwei Jahre, wo der Dottenfelderhof Mittel hatte für die Züchtung, einen Betrag von 10.000 Euro zur Verfügung zu stellen, damit die Züchtung vorangehen kann.

Das führte dann auch die finanzielle Situation dazu, dass Ulf Abele, der nach drei Jahren, als wir 1977 hier angefangen haben, der über die Veraschungsfrage gearbeitet hat, das nicht zu einem erfolgreichen Ergebnis bringen konnte, zurückgegangen ist nach Darmstadt, um dann den Dauerdüngungsversuch zur Qualitätsfrage der Ernährung zu bearbeiten. Und im Hinblick auf die Finanzierung von der Arbeitsgruppe, das war dann mehr oder weniger ein Praktikant, meine Frau und ich, dann als Ulf Abele auch bei der Firma Schaette... der war also wesentlich beteiligt an der Entwicklung von Mycosin und Mycosin-1, wie die das bezeichnet haben, wegging. Und ich dann diese Stelle in der Forschung und Entwicklung über sieben Jahre von 1992 bis 1997 übernahm und da meine Erfahrung im ökologischen Obst- und ökologischen Weinbau machen konnte. Mit Versuchsanstellung direkt bei den Winzern, mit Versuchsanstellung, wo sich dann auch in Geisenheim die Winzer trafen, mit teils guten Ergebnissen, aber es war natürlich immer schwierig, mit den Mitteln der Phytophthora und dem Oidium und im Obstbau den Schorf wirklich zufriedenstellend zu Rande zu kommen. Aber dabei habe ich eben auch sehr viel lernen können im Hinblick auf die eigenen Versuche, im Hinblick auf die Krankheiten, die jetzt bei den Züchtungskulturen im Ackerbau erforderlich waren.

Ich will noch eine Frage ansprechen, und zwar die Frage des Nachbaus, die ich ja vorhin schon erwähnt habe, dass der Dottenfelderhof über 25 Jahre Nachbau durchgeführt hat. Vielleicht die Älteren unter Ihnen wissen doch, dass in den Lehrbüchern die Feststellung getroffen wurde: Nachbau führt nach dem ersten Jahr zu 10% Ertragsverlust und später zu größeren Ertragsverlusten. Diesbezüglich wurde eine Dissertation an der Universität Gießen durchgeführt, die dann über mehrere Jahre diese Sorten des Dottenfelderhofes überprüfte, im Vergleich zu den Sorten von Z-Saatgut direkt vom Züchter. Und es gab keine Unterschiede. Das heißt, wenn man einen Weizen nachbaut und den Anbau in der rechten Weise und die Saatgutpflege in der rechten Weise macht, gibt es keine Ertragsverluste. Die treten nur auf, wenn saatgutübertragbare Krankheiten auftreten, und das war dann eben in einem Fall. Höhere Ertragsverluste bis 50% durch Steinbrandbefall.

Da war dann auch die Frage gegeben: Wie können wir Sorten züchten, die der Landwirt sozusagen im Rahmen des biologisch-dynamischen Gedankens, im Rahmen des Organismusgedankens, das Saatgut im Betrieb zu halten [nutzen kann]. Und deswegen war eben nicht nur die Entwicklung von Mitteln notwendig, sondern eben auch Neuzüchtung. Das hat zur Folge gehabt, dass man die Sorten des Dottenfelderhofes hatten alle keine Steinbrandresistenz, keine Flugbrandresistenz. Das heißt, wir mussten erst mal beginnen damit, dass wir Sorten prüfen, welche Widerstandsfähigkeit gegenüber den saatgutübertragbaren Krankheiten hat. Das heißt, wir haben alle Sorten, die derzeit beim Bundessortenamt verfügbar waren, uns bestellt. Dazu ältere Sorten, Sorten aus der Genbank. Wir haben sogenannte Resistenzsortimente uns besorgt, über die schon gearbeitet wurde, von denen man wusste, welche Gene in welchen Sorten vorhanden sind, mit welcher Widerstandsfähigkeit. Das heißt, wir haben Riesenversuche gemacht, die künstlich inokuliert wurden, also mit Steinbrandsporen. Und dann haben wir den Befall festgestellt, alles in Infektionsisolierungszuchtgärten, damit das Getreide sonst hier auf dem Hof nicht angesteckt wird. Und so haben wir uns Stück für Stück vorgearbeitet.

Und dann war die Frage: Wie kriegen wir die Resistenzen in die Sorten, die wir auf dem Dottenfelderhof haben? Und dann war die Frage: Wie sieht es aus mit der Kreuzungszüchtung? In den frühen Jahren, also bis in die 80er Jahre hinein, bis Anfang der 90er Jahre war es eigentlich im biologisch-dynamisch anthroposophischen Bereich so, dass man gesagt hat: Kreuzungszüchtung geht über das, was wir verantworten können, hinaus. Und dann waren in der Arbeitsgruppe mit Peter Kunz, Karl-Josef Müller, im Wesentlichen meine Person, entstand die Überzeugung: Wenn wir einen reinerbigen Weizen verändern wollen im Hinblick auf eine Widerstandsfähigkeit, über die sie nicht verfügt, dann müssen wir die Kreuzungszüchtung einführen. Und das war dann der Beginn in allen drei Initiativen, also die Initiative von Bertold Heyden. Wir haben vor wenigen Jahren angefangen mit Kreuzungszüchtung. Wir haben aber in erster Linie Auslesezüchtung gemacht.

Das heißt, das war sozusagen ein qualitativer Sprung, denn wenn Sie eine Züchtung machen mit Beginn einer Kreuzung, dann dauert es zwölf Jahre, bis sozusagen die Sorte wieder reinerbig ist, dass Sie sie beim Bundessortenamt anmelden können. Und drei Jahre braucht sie dann noch mal, um beim Bundessortenamt geprüft zu werden und zugelassen zu werden. Eine Sorte kostet bis zur Zulassung 100.000 Euro. Viele kennen von Ihnen eine Pilzerkrankung, die Anthraknose der Lupine. Als die Lupine auch im ökologischen Landbau verstärkt nachgefragt wurde, in den ersten Anbauversuche ergaben, da kriegt man Probleme mit Anthraknose, die sozusagen zu totalen Ertragsausfällen führt, wurde dann ein Lupinenzüchter, konventioneller Züchter, Martin Timmermann erinnert das vielleicht noch, angefragt, ob er für so eine Züchtung zur Verfügung stände. Dann hat er gesagt: "Wenn ihr mir 100.000 Euro im Jahr zur Verfügung stellt, dann machen wir das." Also wir können ja leicht ausrechnen, wenn wir zehn Jahre züchten, 100.000 Euro, man braucht also für die Entwicklung einer Sorte 600.000 bis eine Million Euro für die Entwicklung einer Sorte.

Ich habe vorhin schon die Finanzierungsfrage angesprochen, das war sozusagen der härteste Job für den Züchter, jedes Jahr das Geld zu versorgen. Ich habe noch eine Notiz gefunden, als ich jetzt die 40 Jahre zusammengesucht habe in Hinblick, also deswegen bin ich auch ein bisschen, habe ich ja schon gesagt, überfordert mit diesem Thema, was wir alles gemacht haben. Da hatten wir 2000... ja um 2009, nein, das war noch früher, also 2008 hatten wir für zwei Wissenschaftler, zwei Praktikanten einen Betrag von 90.000 Euro. Und wenn er bedenkt, dass die Zweigstelle, die Forschung und Züchtung in Dottenfelderhof, jedes Jahr zwischen 700 und 800 [Tausend] Euro braucht, um diese Arbeit zu leisten, weiß man, was das bedeutet.

Der Saatgutfonds und die Zusammenarbeit 00:39:18

Hartmut Spieß:

Ich führe das natürlich auch deshalb aus, weil es hier ja um eine Initiative für die Rebenzüchtung geht. Ja, im Rahmen dieser Tätigkeit für die Gebrüder Schaette AG von 92 bis 99 wurden verschiedenste Pflanzenstärkungsmittel auf Herz und Nieren geprüft. Alles, was damals im ökologischen Landbau eingesetzt wurde, produziert auch von Firma Oscorna – ich weiß noch, ja ja, den Dünger, auch lieferte organischen Dünger für den biologisch-dynamischen Landbau. Das war in ihrer Wirksamkeit nicht ausreichend. Also das muss man dazu sagen und deswegen musste natürlich auch immer wieder und immer noch Kupfer eingesetzt werden, sozusagen die Rettung für den Obst- und Weinbau.

Im Hinblick auf die Finanzierung wurde 1995 hier auf dem Dottenfelderhof – und das ist ein ganz wichtiger Schritt – der Saatgutfonds für biologisch-dynamische Züchtung gegründet von Albert Fink und Dirk Lücke, die jeweils 70.000 Euro in diesen Fonds gaben, der dann für die Getreidezüchtung zur Verfügung stehen sollte. Und zwar mit der Bedingung von Manfred Klett, dass die einzelnen Initiativen zusammenarbeiten, die es gibt im Biologisch-Dynamischen. Denn das war vorher nicht der Fall. Und die Frage der Zusammenarbeit war eben dann doch auch ein Glücksfall. Also ich glaube auch im Bereich der Winzer kennt man das. Früher hat man häufig auch für sich alleine gearbeitet, aber inzwischen gibt es da viele Kooperationen. Wie fruchtbar das sein kann?

Also das war ein ganz wichtiger Schritt, die Gründung des Saatgutfonds, was dann dazu führte, dass wir jedes Jahr uns im Hinblick dieser Arbeitsgemeinschaft, die biologisch-dynamische Getreidezüchtung, einmal hier auf dem Dottenfelderhof oder direkt in der Initiative vor Ort trafen und dann gab es ein Sommertreffen, wo man dann die einzelnen Versuchsfelder besichtigte und zusammen diskutierte und sich gegenseitig die Finanzmittel zuteilte. Also das war die größte Herausforderung. Darzustellen, welche Projekte man hat, welchen Finanzbedarf hat und dann kriegte jede Initiative Punkte zugeschrieben. Jeder Punkt war so und so viel Geld wert und man selbst durfte nicht verteilen, sondern die anderen verteilten. Also Sie können bestimmt nachempfinden, was das für eine psychologische Belastung war. Aber sie war fruchtbar und die Initiativen gediehen von Jahr zu Jahr.

Und wenn ich bedenke, dass heute der Saatgutfonds im Jahr nicht nur für die Getreidezüchtung, sondern für die Gemüsezüchtung, für die Obstbauzüchtung zwei Millionen ausschüttet und jedes Jahr Oliver Willing sagt, ich weiß nicht, wie wir die Gelder zusammenkriegen sollen und es ist tatsächlich jedes Jahr mehr. Also dieses Jahr sieht es ganz schlecht aus. Also ist die biologisch-dynamische Züchtung ein riesiger Erfolg geworden. Und das will ich dann auch in einem zweiten Teil darstellen mit ein paar Folien.

Klimawandel, Resilienz und Vielfalt 00:41:53

Hartmut Spieß:

Mir geht es aber auch noch darum, um andere Entwicklungen, die im Rahmen der biologisch-dynamischen Züchtung hier erwähnt werden sollen. Wir wissen ja seit den 70er Jahren, dass die Landwirtschaft den Klimawandel erwarten wird. Erwarten muss, wenn nichts geschieht. Und so haben wir merklich seit den 70er Jahren und den 2012er Jahren immer wieder Wetterereignisse. Wir haben jedes Jahr einen Bericht geschrieben und irgendwann habe ich nicht mehr den Bericht über das Allgemeine begonnen. Solche Extreme wie in diesem Jahr hatten wir noch nie. Und das können natürlich alle Praktiker nachempfinden, Regenereignisse im Hinblick auf die erwartende Infektion, dann Starkregenereignisse über mehrere Tage, wo man nicht spritzen konnte, wo der Belag nicht gehalten werden konnte, etc. Also eine große Belastung für die Produktion.

Und dann war eben auch die Frage: Welchen Gesichtspunkt haben wir, um diesen Extremen vorzubeugen? Das heißt, wie sieht es aus mit der Resilienz unserer Sorten? Also der Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einwirkungen, Witterung insbesondere, Bodenverschlämmung usw. Da gab es dann auch extra Forschungsprojekte dazu. Aber ein ganz wichtiger Grundsatz ist da auch aufgeleuchtet, was natürlich auch bekannt war: Die Natur hat die Vielfalt erfunden, um stabile Ökosysteme zu entwickeln, die gegenüber Veränderungen der Umwelt reagieren können, indem sie stabil bleiben.

Und was haben wir gemacht in der Züchtung? Das ist also auch für den Winzer interessant. Ich habe das auch mal angesprochen. Ihr habt eine Monokultur auf dem Feld. Wie sieht denn das aus mit einer Population? Früher hat man 600 Rebensorten auf einem Winzeracker gehabt. Also die Frage der Stabilität. Und heute werden Sorten zugelassen, die genetisch rein sind, mit Ausnahme der Populationssorten. Also Weizen, Gerste, Hafer und viele andere Kulturen. Und da steht eben eine Sorte, jede Einzelpflanze ist genetisch gleich. Und wenn eben der Gelbrost kommt oder eine andere Erkrankung, dann ist eben die ganze Sorte krank und die ganze Sorte fällt aus.

Und eine Züchtungsmethode neben der Pedigree-Methode, also von Anfang an selektieren Einzelähren im Zuchtgarten, ist die Ramsch-Methode. Das, was früher eine Landsorte war, war ein Gemisch von Landsorten, von Einzeltypen, einer Population. Die wurden als Population weitergeführt. Und das haben wir – Peter Kunz hat mit der Ramsch-Methode gearbeitet und wir auch zu Anfang. Also über vier Generationen bleibt die Population nach der Aufspaltung, nach der Kreuzung zusammen. Und dann hat man angefangen natürlich, weil die Vorschriften des Bundessortenamtes so waren, Einzelpflanzen zu selektieren, um dann eine über die Generation sortenreine Sorte zu erhalten. Genetisch einheitliche Sorte zu erhalten.

Und aus einer Zusammenarbeit mit dem Louis Bolk Institut in Holland, die über Populationen arbeiten, im Hinblick auf Evolutions-Ramsche. Also Populationen, die sozusagen bearbeitet werden, angebaut werden und sozusagen so bearbeitet werden, dass sie genügend Ertrag, Qualität und so weiter, aber in ihrer Vielfalt zusammenbleiben. Was ja eigentlich eine ganz gute Strategie ist. Und deswegen war es natürlich ein riesengroßer Fortschritt, als der erste dreijährige Versuch von der EU angefangen wurde, Populationen zu prüfen. Und wir waren also mit die Ersten, die sofort die Populationen aus unserem Zuchtgarten angemeldet haben und drei Jahre mit geprüft haben. Und nach den drei Jahren ist dann auch die Verordnung umgesetzt worden zur Entwicklung von Evolutions-Ramschen, ökologisches heterogenes Material.

Und das heißt, wir sind nicht nur erfolgreich gewesen im Hinblick auf die Entwicklung von Sorten mit entsprechenden Resistenzen, auch Resistenzen, die über eine Resistenz hinausgehen. Wir haben zum Beispiel Sorten entwickelt, die dann auch zusätzlich zur Steinbrandresistenz, Flugbrandresistenz sind und gegen Zwergsteinbrand, der bodenübertragbar ist. Also in der biologisch-dynamischen Getreidezüchtung kann man also wirklich aufgrund der gemachten Erfahrungen und der Ergebnisse sagen: Das ist sehr erfolgreich gewesen.

Es gäbe jetzt viel zu sagen, wie die einzelnen Schritte waren, aber die Stunde ist jetzt mehr oder weniger rum. Wenn nicht Fragen sind, würde ich sagen, dass man eine kleine Pause macht. Dann würde ich noch ein paar anschauliche Ergebnisse zeigen, damit man im Bild das auch ein bisschen näher gebracht bekommt, mit dem, was ich jetzt versucht habe darzustellen.

Maria Thun und die Aussaattage 00:48:33

Zuhörer:

Die [Frage] zur Ergänzung von den Aussaattagen von Maria Thun, das ist ja in mancher Art die Bibel der Biodynamiker geworden. Wie sind denn die Ergebnisse ausgefallen? Ist es gelungen, die Ergebnisse von Frau Thun zu verifizieren?

Hartmut Spieß:

Das ist leider nicht gelungen. Ich habe es vorhin ausgeführt. Ich war überzeugt, dass man das bestätigen kann. Meine innere Einstellung war entsprechend. Und ich habe dann natürlich die Ergebnisse, wie sie die Natur gezeigt hat, in Saatzeitversuchen über 15 Jahre, mit Anbau nach Konstellation, auch im Wiederanbau, also 5 Jahre immer wieder zur gleichen Konstellation ausgesät und zur gleichen Konstellation geerntet, zur gleichen Zeit die biologisch-dynamischen Präparate gespritzt, nach Frucht, Wurzel, Blatt, Blüte, Trigon. Also alles akribisch berücksichtigt, was Maria Thun in ihrem mindestens 15-Punkte-Katalog aufgeführt hat, damit diese Konstellationen auch wirksam werden und eintreten.

Wir haben eigentlich das alles gefunden, was Rudolf Steiner im Landwirtschaftlichen Kurs ausführt. Also im Hinblick auf die Empfehlung Vollmond-Neumond. Er sagte dann auch, im Hinblick auf das Wachstum können wir bei den Planeten stehen bleiben. Erst wenn wir zum Tier kommen, dann spielt der Tierkreis eine Rolle. Also Rudolf Steiner – wenn man alles genau liest, das war natürlich auch für mich wichtig, mich in das gesamte anthroposophische Werk im Hinblick der Astronomie, der Planeten-Sternenkunde einzuarbeiten, wo man dann eben auch finden kann, wenn der Mond vor einem Sternbild steht, oder die Sonne vor einem Sternbild steht, dann wirkt das Sternbild nicht. Der Planet oder die Sonne deckt die Wirkung zu. In Bezug auf den Menschen ist die Wirkung so, dass der Mensch versucht, diese Wirkung selber hervorzubringen.

Die Abschlussschrift war ja eine Habilitationsschrift. Das war mir wichtig, dass sie mit diesem wissenschaftlichen Siegel versehen ist, weil es natürlich auch in der biologisch-dynamischen Bewegung eine große Diskussion hervorgerufen hat. Aber ich denke, es ist dem Erkenntnisstreben einer biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise, die auf einer Geisteswissenschaft beruht, nicht angemessen, nach einem Rezept zu verfahren. Ich kann doch nur aus Erkenntnis handeln, wenn ich rausgehe und will aussäen, oder ich mache eine Spritzung und gucke, was meine Pflanze, was mein Boden macht. Da könnten wir natürlich jetzt sehr lange darüber reden. Ich muss sagen, es ist eigentlich traurig, dass in vielen Ländern der Aussaat-Kalender das Wichtigste ist, was für den biologisch-dynamischen Landbau als Maßgabe gilt. Ich trage mich noch mit der Frage, ob ich nicht doch noch mal das publiziere, gesondert. Das, was Rudolf Steiner... ist eigentlich in dieser Habilitationsschrift auch aufgeführt, aber dass man das noch mal ins Bewusstsein führt. Naja, also das ist... Ja, publizieren wir mal. Ich finde es gut. Das ist ein spannender Hinweis.

Sortenzulassung und Öko-Wertprüfung 00:53:12

Georg Meißner:

Ich wollte Ihnen zwei Bemerkungen machen. Du hattest ja schon die finanzielle Not oder Herausforderung, eine Züchtung aufzubauen. Da wollte ich noch mal unterstreichen, dass alle Züchter, die haben das wirklich hauptberuflich gemacht. Ihr wart keine Landwirte nebenbei, sondern ihr habt das gezüchtet. Das wollte ich einfach nur noch mal unterstreichen, dass das von der Bedeutung klar ist. Vielleicht kannst du noch mal kurz sagen, die Bedeutung der rechtlichen Auseinandersetzung.

Hartmut Spieß:

Die ihr führen musstet, damit biodynamische Sorten überhaupt als ökologische Sorten zugelassen worden sind.

Georg Meißner:

Ja, und ich glaube, das ist für eine Saatgutreduzierung ungeheuer wichtig zu verstehen.

Hartmut Spieß:

Da ist ein regulärer Rahmen, der gesetzt worden ist von außen, und den muss man ausweiten. Der Biodynamen-Behördenkrieg war ja zäh, der auch viel Farbe hat gemacht [?]. Natürlich war das eine wichtige Frage. Wir haben seit den 2000er Jahren mit dem Bundessortenamt gekämpft, dass es eine Sortenzulassung unter den Bedingungen des ökologischen Landbaus gibt. Das war natürlich ein wahnsinnig starkes Brett zu bohren. Die hatten ihre Vorschriften, das sind ja Beamte, und Beamte von ihrem Weg abzubringen, geht eigentlich nur über Inkarnationen hinweg, würde ich mal jetzt sagen.

Das heißt, es gab dann 2001, 2002, 2003 zwei Workshops beim Bundessortenamt, wo viele Leute zusammenkamen, um darüber zu diskutieren: Wie könne eine Wertprüfung – also es gibt für die Anerkennung des landeskulturellen Wertes, wo die Sorten drei Jahre geprüft werden, ein Protokoll – unter ökologischen und nicht unter konventionellen Bedingungen geprüft werden, also unter den praktischen Bedingungen? Und welche Gesichtspunkte zu den bereits gegebenen – also in erster Linie gibt es konventionell einen Anerkennungsfaktor, heißt ein bisschen anders, Ertrag und Gesundheit. Da gibt es einen Faktor, der wird gleich 100 gesetzt, und wenn Ihre Sorte nicht über 100 ist, wird die nicht zugelassen. Es sei denn, sie hat eine Eigenschaft wie Steinbrand[resistenz], die es bisher nicht gab, dann könnte der Wert auch bei 95 liegen.

Also darum ging es, dann ging es zum Beispiel um Gesichtspunkte wie Striegelresistenz, was berücksichtigt werden sollte. Und es gab einen ersten Versuch mit einer Sorte von einem Züchter Kempf, die hieß dann auch, als sie zugelassen wurde, 2001 – die wurde also da schon im Bundessortenamt im Hinblick auf ökologische Gesichtspunkte [geprüft] – die hieß dann "Ökostar". Die erste ökologisch zugelassene Sorte Anfang der 2000er Jahre. Und dann hat der Züchter... dann ist die Sorte nicht gelaufen, dann hat er sie umgewandelt in "Naturastar", damit sie besser läuft. Also das war der Gesichtspunkt, das hat wirklich Jahre gedauert, bis wir die hatten, und inzwischen ist der Dottenfelderhof jetzt auch einer der Standorte, wo diese Öko-Wertprüfung stattfindet, noch bei Sommerweizen, noch bei Hafer, Fragezeichen?

Georg Meißner:

Ja, ich glaube vor allem Hafer und Gerste. Sommerweizen ist zu groß heute schon.

Präparatewirkung: Homogenisierung und praktischer Einsatz 00:57:22

Hartmut Spieß:

Also das war natürlich, das musste alles nebenbei gemacht werden. Also ich will noch mal sagen, wir haben ja viele... also reine Züchtungsarbeit haben wir nie gemacht, sondern wir haben natürlich immer die Züchtungsarbeit gekoppelt mit Forschungsarbeiten. Die eigentlichen Züchtungsarbeiten, die wurden nie finanziert, sondern immer nur durch Forschungsarbeiten, indem man untersucht hat, in Zusammenarbeit. Ich habe vorhin schon gesagt, wie wichtig Zusammenarbeit ist, Kooperationen. Wir haben zusammengearbeitet mit dem Julius Kühn-Institut, Quedlinburg, Biologische Bundesanstalt, im Hinblick auf Pflanzenkrankheiten, Schwarzrost an Roggen, was jetzt kommt mit dem Klimawandel, mit der Biologischen Bundesanstalt, Institut für Biologische Krankheiten Darmstadt, Kleinmachnow in Berlin. Ohne die Zusammenarbeit innerhalb der Züchter und mit den Instituten, die ja viel Ahnung haben...

Lagerschädling der Getreide, der Kornkäfer. Es gibt auch den Reismehlkäfer, mit dem wir hier Riesenprobleme hatten. Da konnte man zur Biologischen Bundesanstalt gehen, da gab es einen Spezialisten und der hat einem etwas erzählt, dass die zum Beispiel einen bestimmten Stoff bilden, wo sie gegen den Befall der Pflanze wirken kann. Ich habe diesen Stoff jetzt nicht [mehr präsent]... aber wir haben dann auch finden können in unseren Präparateversuchen – habe ich überhaupt noch nicht [erwähnt] – über die ganzen Jahre, 40 Jahre haben wir Präparateversuche gemacht, in Fortführung meiner Doktorarbeit hier auf dem Dottenfelderhof. Also das ist auch alles gelaufen, unter anderem mit dem Ergebnis, dass wenn genügend Kiesel gespritzt wurde, zusammen mit Kuhmistpräparat, hatten wir den geringsten Befall, hochsignifikant Kornkäferbefall bei Dottenfelder eigenen ersten Sorten.

Also das haben wir natürlich auch alles gefunden. Also sozusagen die Arbeit mit den Präparaten hat uns so viel gelehrt. Also wenn draußen dann Großversuche da waren mit Riesenparzellen, um Präparate zu testen, wo wir dann mit den Landwirtsschülern blind hingegangen sind und haben versucht, da Wahrnehmungsübungen zu machen. Und dann haben wir gesehen, der erscheint ja homogener als das andere. Und dann haben wir angefangen, mindestens 10 mal 100 Pflanzen aus Einzelproben die Internodien zu messen, die Halmlänge zu messen. Und dann kriegten wir tatsächlich das Ergebnis: Die Präparate wirken homogenisierend. Also für einen Landwirt, Gärtner, also Weinbauer, ein Ergebnis, was man ja gerne haben will, einheitliche Reife und so weiter und so fort.

Aber das funktioniert eben nur – große Erkenntnis, weiß jeder – wenn man die Präparate nicht spritzt als Demeter-Anerkennung, sondern wenn man die Präparate spritzt aus der Beobachtung der Pflanzenentwicklung und Boden. Und dann geht, wenn ich also sehe, es ist kalt, es kommt nichts in Gang: Kuhmistpräparate spritzen. Und aber immer, in meiner Erfahrung, Kieselpräparate dazu. Abends Kuhmist, morgens Kiesel. Das eine zieht von oben, das andere schiebt von unten. Geraderecht, wie Steiner das ja sagt. Also da gibt es so viele Erkenntnisse. Ich könnte natürlich über Präparateforschung jetzt noch viel länger sprechen, aber da komme ich auch richtig in eine große Begeisterung, die ist vielleicht vorhin nicht so rausgekommen, weil es einfach dieser schwierige Entwicklungsprozess war, von damals bis heute.

Georg Meißner:

Vielleicht ist es auch eine Überleitung, aber eine Sache, die ich mir aufgeschrieben habe, war "Pflanzen kennenlernen" als wichtiger Punkt. Das hast du ganz am Anfang angesprochen, aber es ist ein bisschen untergegangen. Was war denn aus diesen kürzlichen Jahren so eine Erkenntnis, also so ein prägendes Beispiel für so etwas? Ich muss die Pflanze kennenlernen in so einem Prozess. Sollen wir vielleicht über die beiden nach der Pause? Fängst du damit einfach an?

Hartmut Spieß:

Ja, gerne. Ja, da gibt es viel zu sagen. Vielleicht hätten wir es auch noch mal.

Georg Meißner:

Zehn Minuten, 20 nach geht es weiter.

Glossar

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