Betriebsorganismus und Düngung - 1. Folge von Manfred Klett, 2018

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Stand 3. März 2024: Der nachfolgende Vortrag ist in aktiver Bearbeitung. Möchtest du MitTun?

Einleitung

Ja, ich wünsche einen schönen guten Morgen. Und ich wünsche Ihnen auch, dass hier eine interessante Woche vor Ihnen steht und neue Einblicke in die biologisch-dynamische Landwirtschaft. Nun möchte ich mich kurz vorstellen.

Der Werdegang von Manfred Klett auf dem Dottenfelderhof

Ich bin hier Mitbegründer der Betriebsgemeinschaft Dottenfelderhof gewesen, 1968, als wir hier angefangen haben auf dem Dottenfelderhof, aber war schon hier auf dem Hof 1956/57 als Lehrling tätig. Ich habe hier meine landwirtschaftliche Lehre schon durchlaufen, in einer ersten Phase der biologisch-dynamischen Bewirtschaftung von 1946 bis 1957.

Und dann kam das an ein Ende, die Bewirtschaftung, wurde wieder konventionell auf zehn Jahre, ein Interregnum. Weil eben dieser Hof im Zuge der Bodenreform - die gab es nach dem Zweiten Weltkrieg in allen Besatzungszonen, auch in der russischen, die Bodenreform, dass jeder Landbesitzer, der über 100 Hektar Land besaß Land abgeben musste, zur Ansiedlung ostvertriebener Bauern. Und der Landgraf von Hessen, dem dieser Betrieb gehört hat, hat den Betrieb dann komplett abtreten müssen an eine Siedlungsgesellschaft. Die wurden ja damals neu belebt nach dem zweiten Weltkrieg, um diese ganzen Vorgänge dann zu steuern. Sodass wir dann uns damit abfinden mussten, dass jetzt der Eigentümer eine Siedlungsgesellschaft war, die nur die eine Absicht hatte, diesen Hof zunächst einmal für ostvertriebene Landwirte freizumachen, andererseits später, nachdem das nicht so gelungen war, diesen Hof scheibchenweise nach der Salamitaktik zu verscherbeln. Stadtnah gelegen und sehr hohe Bodenpreise, Baupreise hier in der Gegend, sodass der Dottenfelderhof also in seinem ganzen geschichtlichen Verlauf seinen Nullpunkt erreicht hat, in den 60er, 70er, 80er Jahren, nein, sagen wir einmal, 60er Jahren, 50er, 60er Jahren. Der Hof selber hat eine Geschichte, die weit über 1.000 Jahre hinausgeht. Er ist einer der ältesten Siedlungsorte überhaupt, weit und breit, weil er wird urkundlich schon erwähnt, 843, als ein freies Königsgut, unter Karl dem Großen.

Also in der Zeit war Karl der Große schon gestorben, aber es waren dann seine Söhne und Enkel. Und ein freies Königsgut, ein karolingisches Königsgut. Und dann kamen ja dann die Sachsen Kaiser, und es war dann Otto der Zweite, der Kaiser also, der jetzt diesen Hof seinerzeit dem Kloster Worms zur Lehen gegeben hat, 976. Das ist alles urkundlich erwähnt.

Der Dottenfelderhof als Klostergut

976 wurde der Dottenfelderhof ein Klostergut von Worms. Denn die Klöster konnten nur existieren, wenn sie Pfründe hatten. Das heißt wenn Ihnen entsprechender Landbesitz zugeteilt und zur Lehen gegeben worden ist, damit sie in der Lage sind nicht nur täglich in der Landwirtschaft für ihren eigenen Lebensunterhalt zu erarbeiten, sondern ein paar Mönche freigestellt worden sind, um die Bibel abzuschreiben. So war das damals. Um die Bibel abzuschreiben, brauchte man Pfründe, man brauchte also den Zehnten, der dann abgeliefert worden ist an das Kloster, damit das Kloster überhaupt existieren konnte. So war der Dottenfelderhof ein solches Lehensgut geworden. Und dann 1121, 1122, 1123 wurde das erneut zur Lehen gegeben, an den gerade eben gegründeten Orden der Prämonstratenser. Die Prämonstratenser waren ein relativ kleiner Orden in der Aufsplitterung der Zisterzienser gewesen. Auch wiederum seit dieser Zeit war der Dottenfelderhof ein Klostergut, von Kloster Ilbenstadt hier ganz in der Nähe - und blieb es über 800 Jahre lang. Also bis zur Säkularisation 1803 bis 1806 unter Napoleon wurde der ganze Klosterbesitz hier aufgeteilt in Mitteleuropa. So kam der Hof in die Hände schließlich der Landgrafen von Hessen-Kassel. Er wurde dann eine Art Beispielbetrieb im 19. Jahrhundert für moderne Verfahren in der Landwirtschaft, Zuckerrübenanbau und dergleichen mehr. Weitere Details möchte ich jetzt nicht darüber sagen, sonst verlieren wir zu viel Zeit. Aber es war ja so, dass 1946 dann hier ein Landwirt eingeheiratet hat, der eigentlich aus einer Goldschmiede stammte. Ein hochintelligenter, befähigter Mann, der diesen Hof hier dann auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise umgestellt hat. Der Dottenfelderhof sollte ja eigentlich in den 50er Jahren das Zentrum der biologisch-dynamischen Bewegung in Deutschland werden.

Und dann zerbrach das 1954, weil eben der Druck auf das Land hier so groß war. Die wollten hier formal noch ostvertriebene Landwirte ansiedeln. Aber das Ganze zerbrach dann. Also wie ein Kartenhaus fiel das in sich zusammen, 1957. Das war eine unglaubliche Tragik, weil die Möglichkeit, hier jetzt so eine ganz neue Entwicklung zu inaugurieren, erstmal aussichtslos wurde.

Da habe ich eben versucht in der Folgezeit immer mit meinem ehemaligen Lehrchef hier zu prüfen, ob wir doch diesen Hof wiedergewinnen können. Und das war uns dann nach vierjährigen Verhandlungen mit dem Land Hessen von 1964 bis 1968 schließlich gelungen. Allerdings in Form von Kriegszuständen, kann man fast sagen, in den Verhandlungen mit dem Land Hessen. Also man hat sich sozusagen mit schärfsten Waffen da bekämpft. Also wir mit den Waffen der Idee, wir hatten ja keine anderen.

Aber es war ja noch eine Zeit, wo der konventionelle Landbau sozusagen sein Aufstiegserlebnis hatte: "Jetzt endlich können wir also technologisch alles so machen, dass der Mensch als Arbeitender überflüssig wird in der Landwirtschaft." Diese Entwicklung fing ja damals an. Na ja, und da haben wir vier Jahre mit dem Land Hessen verhandelt und dann schließlich einen Pachtvertrag über fünf Jahre bekommen, einen Knebelvertrag, wo jeder Sachverständige auf diesem Feld gesagt hat: "Damit habt ihr die Schlinge um den Hals mitgeliefert bekommen". Das war ein furchtbarer Knebelvertrag. Kann ich jetzt nicht im Einzelnen darauf eingehen. Aber jedenfalls war der so, die haben gesagt: "So stehen die das nie durch". Sie versuchten eben, uns irgendwie hier von vornherein wegzukriegen. Nur der Minister selber und ein paar wenige Menschen, die haben ein bisschen eine Hand über uns gehalten.

Na ja, und dann waren das also außerordentliche schwierige Jahre, der Dottenfelderhof war heruntergewirtschaftet bis zum geht nicht mehr. Das war eine Räuberburg, so wurde sie damals bezeichnet, das war also völlig am Boden alles. Sowohl der Zustand der Böden als auch der Gebäude. Also da war jahrzehntelang nichts mehr gemacht worden. Und wir haben uns damals gesagt, einmal den Fuß zwischen Tür und Angel, kriegt uns niemand mehr von dem Hof runter. Und so war es dann auch.

Obwohl es manchmal aussah, wie wenn wir morgen hier weg müssten. Und dann, Ende der 70er Jahre, haben wir dann schließlich endlich es erreicht, hier einen 18-jährigen Pachtvertrag neu zu bekommen für den Hof und haben dann es auch durchgesetzt, dass das Land Hessen den Hof gekauft hat, von der Siedlungsgesellschaft. Und wir sind in den Kauf eingestiegen und haben die Hofgebäude mit 20 Hektar drum herum gekauft, als gemeinnütziger Verein. Sodass jetzt die Gebäude und diese 20 Hektar sind also Eigentum des gemeinnützigen Trägers Landbauschule Dottenfelderhof und alles übrige Land ... wir haben natürlich noch Zupachtungen von außerhalb, aber jetzt sind es direkt um den Hof arrondiert ungefähr 165 Hektar. Na ja, also insofern war jetzt zunächst mal eine Entwicklung gesichert.

Dadurch konnten wir überhaupt investieren, auch in den folgenden Jahren. Das war ja vorher völlig unmöglich. Und wir haben dann die Landbauschule Dottenfelderhof gegründet, schon in den 70er Jahren, und haben dann hier auch eine Forschung eingerichtet, da drüben, das werden Sie vielleicht auch sehen, oder das haben Sie schon gesehen. Unsere ganze Züchtung, die wir hier jetzt auf dem Hof betreiben, die Forschung, die wir hier auf dem Hof betreiben und alle möglichen sonstigen Initiativen, die hier eben dann statt fanden.

So hat sich also das entwickelt und ich möchte nur noch ein Wort sagen zur Betriebsgemeinschaft. Weil ich meine, dass das der springende Punkt ist für die gesamte Zukunft der biologisch-dynamischen Landwirtschaft in Europa, in Mitteleuropa ganz besonders. Wir müssen da Pioniere sein auf diesem Felde, und dass nicht mehr der bäuerliche Familienbetrieb das eigentliche Ideal sein kann in die Zukunft. Na ja, also das ist vielleicht zu viel gesagt. Aber jedenfalls, da liegen ja auch Probleme vor. Denn wie soll eine einzelne Familie in der Lage sein, einen biologisch-dynamischen Betrieb, Viehhaltung, Ackerbau, Gartenbau, Obstbau, Heckenbau, Wiesen- und Weidewirtschaft und dann auch noch Weiterverarbeitung und Vermarktung unter einem Dach möglich zu machen? Ganz aussichtslos. Man ist dann burned out nach nicht allzu langer Zeit, sondern man muss sehen: Wie können wir sozial, nicht nur biologisch-dynamisch ... das Biologisch-Dynamische ist eine ungeheuere Zukunftsaufgabe. Und so ist auch in Verbindung mit dem Biologisch-Dynamischen die soziale Frage ungeheuer aktuell. Und die Landwirtschaft hat in Zukunft dafür eine ungeheure Aufgabe, eine Mission förmlich, neue soziale Entwicklungen zu iaugurieren. Und das war auch von Anfang an unser Anliegen hier auf dem Dottenfelderhof.

Und die Betriebsgemeinschaft ergab sich nun nicht aus diesem Anliegen primär. Wir hatten kein, wie soll man sagen, soziales Impetus, hier und da etwas zu schaffen, sondern es ergab sich rein und ausschließlich aus den Bedingungen des biologisch-dynamischen Landbaus. Wir haben gesagt, ein Einzelner kann niemals mit angestellten Mitarbeitern auf die Dauer einen biologisch-dynamischen Betrieb umtreiben, sondern die Mitarbeiter müssen selbst motiviert sein. Die müssen selber aus sich heraus das Motiv haben, biologisch-dynamisch wirtschaften zu wollen, und zwar auf Augenhöhe. Also nicht mehr die hierarchische Struktur von einst: Da ist der Betriebsleiter und dann kommen die verschiedenen Stufen bis herunter über die Lehrlinge und Mägde und dann die Ratten und Mäuse, so war das ja früher. Sondern dass diejenigen, die hier wirtschaften... Das war ja unser großes Ideal gewesen ... das hat sich ein bisschen hier gewandelt ... ist unser großes Ideal gewesen. Und das ist es für mich auch in alle Zukunft, dass wir eine Form, eine soziale Form entwickeln müssen, wo jeder Einzelne voll motiviert ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einer Person ist.

Also wir wollten eigentlich jede Lohnarbeit abschaffen. Das ist auch noch heute mein Ideal, dass wir keine Lohnarbeitskräfte mehr haben, sondern dass jeder, der daran mitarbeitet, Mitunternehmer ist. Geistig Mitunternehmer. Voll motiviert und dann auf Augenhöhe zusammengearbeitet. Das war der Grund, warum wir überhaupt die Betriebsgemeinschaft gegründet haben. Das war damals ein derartiges Novum, 1968. Obwohl es gab schon Bemühungen vor dem Zweiten Weltkrieg. Es gab ja schon Bemühungen nach dem zweiten Weltkrieg in der biologisch-dynamischen Bewegung. Die sind alle zerbrochen, alle zerbrochen.

Und wie wir dann 68' anfingen, unter den unmöglichen Bedingungen hier: kein Geld, kein nichts, kein gar nichts, sondern nur die Idee. Da leuchtete plötzlich sozusagen historisch ein Moment auf und man sagte: "Jetzt. Jetzt ist der Moment da, jetzt ist er reif. Jetzt können wir diesen Versuch wagen". Und wir hatten so gut wie keine Rückendeckung von irgendwo. Also es kann man an fünf Fingern abzählen, die Menschen, die uns sozusagen gesagt haben, dass wir nicht total verrückt sind. Und, na ja, so sind es jetzt 50 Jahre, dass der Hof in dieser Form existiert.

Es hat sich vieles gewandelt, nicht mehr so ganz, wie ich mir das wünsche. Aber das muss immer ... alle Entwicklung ist immer ein Stirb und Werde, immer ein Stirb und Werde. Und das hört man nicht gern, wenn man jung ist. Man möchte ja immer, dass etwas wird, oder dass man jedenfalls Teil hat, dass da irgendwas wird. Aber dass auch etwas sterben muss, das möchte man so gar nicht so wahrhaben wollen.

Aber es ist ein Entwicklungsgesetz, dass alles erst mal... Wenn etwas wird, dann muss auch wieder etwas sterben, um neu zu werden und immer auf neue Stufen der Entwicklung zu erklimmen. Und so ist es auch so heute, dass durch die Erweiterung der Entwicklung des Dottenfelderhofes, durch die Weiterverarbeitung durch den Laden hier unten, durch die Bäckerei, die Konditorei, die Käserei und dann die Forschung und also alles, was hier sich angesiedelt hat... Dass natürlich dadurch viele Menschen von außen hinzukamen. Und die konnten nur als Lohnarbeitskräfte zunächst mal oder als Angestellte hier am Rande, sozusagen um den Kernbetrieb herum... konnten die hier ihre Arbeit aufnehmen. Und das hat sich dann auch irgendwo ausgewirkt auf den Hof selbst. Und ich möchte mal sagen, das Ideal steht. Und auch die ersten Erfahrungen auf diesem Felde sind gemacht. Und ich weiß, wie schwer es ist, eine Betriebsgemeinschaft wirklich am Leben zu erhalten. Ich weiß das. Bis in den letzten Winkel weiß ich das, welche Gefährdungen und welche Probleme auftreten können. Einfach damit, dass man lernt, als Individuum, als individueller Mensch wirklich dieses Maß von Selbstlosigkeit, objektiver Selbstlosigkeit, nicht emotionaler... objektive Selbstlosigkeit zu entwickeln, dass man wirklich mit dem anderen zusammen eine wirkliche Gemeinschaft zielstrebig in eine Zukunft hinein arbeitet, um der Sache willen, nicht um seiner selbst willen! Aber das ist die Perspektive in die Zukunft, das möchte ich Ihnen ans Herz legen!

Jedes Schicksal läuft anders. Da gibt es keine Norm. Aber man muss einmal klar sein: Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise ist nicht nur biologisch-dynamischer Pionier. Auch im sozialen Felde muss sie Pionieraufgaben ... muss sie etwas vorleben, anderen Menschen, der Gesellschaft vorleben, dass ganz andere Entwicklungsgänge in die Zukunft möglich sind, die heilsam sind, im Sozialen heilsam sind.

Die Düngung im biologisch-dynamischen Landbau und der Betriebsorganismus

So, aber das ist eigentlich gar nicht mein Thema, über das ich hier heute spreche, sondern ich habe jetzt noch mal ein bisschen historisch zurückgegriffen. Sondern ich bin ja gefragt worden, noch etwas zu sagen über die Düngung im biologisch-dynamischen Landbau und das im Kontext mit dem Betriebsorganismus.

Einführung in den Betriebsorganismus

In aller Kürze möchte ich erst mal eingehen auf den Betriebsorganismus, was das eigentlich ist, wie ich den überhaupt verstehen kann, welchen Zugang es da überhaupt gibt. Es wird ja immer drüber geredet, aber es ist irgendwie ein Wort, das ist ein Nomen. Und was verbindet man damit jetzt ganz konkret? Von da ausgehend dann morgen ... mit der Frage der tierischen Düngung, gerade im Kontext des Organismus-Gedanken mich zu beschäftigen, und dann am Freitag und Samstag wollen wir dann auf dieser Grundlage dann auch uns noch mal wenigstens symptomatisch mit einzelnen Aspekten der biologisch-dynamischen Präparate befassen.

Die Frage nach dem landwirtschaftlichen Organismus

So, aber jetzt diese Frage nach dem Betriebsorganismus. Sie stehen ja alle irgendwo in der Landschaft drinnen, sind auf irgendwelchen Höfen, haben da ihre Erfahrungen gemacht und da gibt es vielleicht Kühe, da gibt es auch das und jenes und die Felder und Gartenbau da oder dort. Aber das hat sich alles so entwickelt, wie sich eben die Zeitverhältnisse ergeben haben, wie es die Marktverhältnisse ergeben haben in den letzten Jahren. Und die Frage ist immer: "Hat man wirklich eine Idee dessen, was landwirtschaftlicher Organismus sein kann?" Was eigentlich die Grundlagen, die ideellen Grundlagen sind zum Verständnis dieses Begriffs Organismus?

Nun ja, und da möchte ich erst auf drei Hinweise Rudolf Steiners, den Begründer des biologisch-dynamischen Landbaus, aus seinem Landwirtschaftlichen Kurs zitieren. Und von dort meinen Ausgangspunkt nehmen.

Also der erste, ich möchte sagen Initialsatz förmlich im Landwirtschaftlichen Kurs, im Hinblick auf die Aufgabe eines zukünftigen Landbaus, ist einer, den man eigentlich schier nicht verstehen kann. Und dennoch enthält er alles! Und den möchte ich einfach mal zitieren. Da heißt es am Beginn des zweiten Vortrags, also letzten Endes den Kurs eröffnend, da heißt es: "Eine Landwirtschaft ..." also stellen Sie sich mal irgendeinen Hof vor, "Eine Landwirtschaft erfüllt ihr Wesen ...", und dann setzt er hier nach: "im besten Sinne des Wortes erfüllt sie ihr Wesen, wenn sie aufgefasst werden kann...", völlig freilassend, "aufgefasst werden kann als eine Art Individualität für sich, eine wirklich in sich geschlossene Individualität."[1]

Annäherung an das Ideal der Individualität

Und jede Landwirtschaft müsste sich dann annähern, diesem Ideal, eine solche Individualität zu sein. Jetzt muss man sich fragen: "Was soll das eigentlich? Was ist damit ausgedrückt?" Das ist zunächst mal dieses gesagt: "Eine Landwirtschaft erfüllt nur dann ihr Wesen." Sie hat es gar nicht! Sie hat noch nicht ihr Wesen. Es sei denn, ich fasse sie auf als eine Art Individualität. Ich, also ich als Landwirt! Das ist nicht gegeben da draußen, sondern ich muss es auffassen, ich muss es mit Gedanken... Das ist eine Anstrengung, Erkenntnisanstrengung. Ich muss erfassen, diesen Gedanken fassen, dass eine Landwirtschaft eine Art Individualität ist, ja, eine wirklich in sich geschlossene Individualität!

Da hat man natürlich lauter Begriffe, mit denen man auch noch gar nicht so richtig zurecht kommt. Was ist überhaupt eine Individualität? Was ist denn da überhaupt die Geschlossenheit? Und so weiter. Und was ist das Wesen überhaupt?

Volle Geschlossenheit nicht erreichbar

Und ein zweiter Satz im Landwirtschaftlichen Kurs, der nimmt noch mal Bezug auf diese ganze Sache und sagt: "Im Grunde ist die volle Geschlossenheit in einem landschaftlichen Betrieb nicht zu erreichen". So. Verständlich, ich meine, der Wind weht hier über unseren Betrieb, der kommt von England rüber, ein Sturm oder so, da kommt alles von außen rein. Oder es regnet von Wolken, die voll beladen sind mit dem Dreck von Frankfurt hier auf den Dottenfelderhof. Oder wir kaufen Maschinen von außen dazu oder auch hin und wieder mal Vieh, oder was es auch sein mag. Also wir können nicht autark, total autark sein, als landwirtschaftlicher Betrieb nicht in voller Geschlossenheit. Aber, sagt er, man müsse doch den Begriff der notwendigen Geschlossenheit haben. Wenn man den nicht hat, dann kann man auch keine Geschlossenheit eines landwirtschaftlichen Organismus schaffen, sondern ich muss den Begriff haben. Das heißt, in diesen beiden Äußerungen, die ich zitiert habe, ist schon klar: Der Mensch ist gefordert, sich mal ordentlich Gedanken zu machen, mein Gott! Und nicht nur so vor sich hin zu pfriemeln und nur seinen Egoismus auszuleben, sondern sich klare Gedanken machen:

Was heißt das eigentlich? Individualität? Kann denn hier jemals ein landwirtschaftlicher Betrieb Individualität sein? Es gebührt doch eigentlich nur dieser Begriff dem Menschen im strengen Sinne? Und ebenso: Wie steht es mit dem Begriff der Geschlossenheit?

Der Mensch als Grundlage

Das Dritte, was ich noch kurz zitieren will, ist: Am Ende des vierten Vortrages, wo gesagt wird: "In allem wird vom Menschen ausgegangen. Der Mensch wird zur Grundlage gemacht."[2] Also in allem, was eigentlich in der Landwirtschaft gestaltungsmäßig sich vollziehen kann und vollziehen muss, da muss man die Kriterien von der Erkenntnis des Menschen her nehmen und kann sie nicht draußen in der Natur ohne Weiteres finden. Sondern ich muss da einen Begriff bilden, der abgeleitet ist von dem Verständnis des Menschen selbst.

Und das möchte ich jetzt tun. Das möchte ich jetzt tun, und zwar in aller Kürze. Es tut mir leid, solche Dinge müssen sehr viel ausführlicher dargestellt werden. Aber nur, um das Prinzipielle mal sichtbar zu machen. Gehen wir mal vom Menschen aus, und zwar unter dem Gesichtspunkt, das jetzt als Grundlage zu nehmen für den Begriff der landwirtschaftlichen Individualität bzw. des landwirtschaftlichen Organismus.

Also wir sind jetzt genötigt, ganz abzusehen von der Landwirtschaft und den Blick wirklich auf den Menschen zu lenken und zu sehen: Wie ist eigentlich der Mensch organismusmäßig konstituiert? Wir können auch vom Tier ausgehen, aber da fehlt dann was. Wir könnten auch von der Pflanze ausgehen, da fehlt noch mehr, um den Organismusbegriff wirklich zu fassen. Und wir können auch vom Mineral ausgehen. Und da fehlt am allermeisten. Aber der Mensch erfüllt sozusagen das, worum es hier geht, als Persönlichkeit, erfüllt das voll und ganz.

Also wenn Sie sich mal den Menschen... das ist schrecklich. Aber so einen Strichmenschen vorstellen. Der steht sogar noch ein bisschen krumm. Aber eigentlich ist er natürlich sozusagen voll in der Achse Erde-Sonne vorstellen.

Und dieses eigenartige Gebilde, Mensch, zeigt nun eine ganz bestimmte physiologische und morphologische Gliederung als Grundlage für seine eigene geistig-seelische Entwicklung und Sein.

Das menschliche Haupt

Wenn wir zunächst mal den Blick ... Man sieht es ja schon irgendwo hier an dieser Gestalt, das da oben ist völlig anders als irgendwie, was da unten so ist. Wenn wir mal hier oben jetzt nur mal diesen Bereich anschauen, das menschliche Haupt. Das ist wie so eine Kugel da oben auf den Halswirbeln. Und wäre für sich auch nicht die Spur lebensfähig.

Sondern eigentlich wäre die Tendenz, dass das Haupt das vollendet, was es ständig erlebt, nämlich abzusterben. Im Haupte haben wir lauter physiologische Vorgänge, die nur und allesamt enden in einem Abbau-Prozess.

Also wenn Sie zunächst mal darauf hinschauen, dass das Haupt umgeben ist von einer harten Knochen-Substanz, die ist nicht kristallin, sie ist so knorpelartig, aber knorpelartig verknöchert, und dies ist ziemlich tot. Es wird ein bisschen durchblutet, aber fast also vernachlässigbar. Und das Haupt ist dann umgeben - nun gut, das muss man ihm zugestehen, hier von einer dünnen Haut, und die ist stark durchblutet. Das ist das einzige, was so richtig lebendig ist da oben. Und da wachsen dann die Haare raus. Aber die Haare sind auch schon wieder ziemlich tot. Die kann man abschneiden, ohne dass man merkt.

Und jetzt ist dieses Haupt erfüllt. Zunächst mal mit einer Flüssigkeit. Dem Gehirnwasser, das ist eine lympheartige Substanz. Und dann ist es eben erfüllt hier von dem Gehirn. Also ich sehe jetzt mal ab von allem Übrigen. Erfüllt von dem Gehirn.

Und das Gehirn setzt sich nach außen fort, in die Sehnerven, in die Hörnerven, in die Sinnesorgane, die wachen Sinnesorgane, mit denen wir uns am intensivsten mit der Welt in Beziehung setzen. Und alles, was sich hier abspielt... Das Gehirn, weiß ja selber... ist eigentlich tot. Das ist das reinste Wasser, was man sich überhaupt vorstellen kann. Aber es ist eben ganz mineralisch tot. Da bilden sich sogar ganz feine Kriställchen drin in dem Gehirnwasser. Wenn wir denken, dann die Epiphyse, die sitzt hier oben auf dem Gehirn auf. Da bilden sich lauter feine organische Kriställchen. Die schwimmen dann zum Teil in dem Gehirnwasser herum. Und wenn wir einen Gedanken vergessen, lösen die sich wieder auf. Das kann man heute medizinisch nachweisen. Jeder Gedanke bildet einen Kristall, bildet etwas. Und diese Form, die sich da bildet, also jetzt ganz im Physischen, die löst sich wiederum auf, wenn etwas in Vergessenheit gerät.

Das heißt, das Gehirn ist eine Bildung, wo ständig Materie abgebaut wird, organische Materie. Das Blut strömt hier vom Herzen hoch, hier in das Haupt und unterhält sozusagen gerade eben das Haupt noch lebendig, den Kopf, das Gehirn lebendig. Aber eigentlich ist es also fast an der Schwelle des Todes, des Absterbens.

Und aufgrund dieser Tatsache, dass hier ständig Abbau-Vorgänge sind ... das Gehirn hat die intensivste Atmung im ganzen Körper. Also Atmung geschieht immer dadurch, dass Kohlendioxyd entsteht, durch Abbau Prozesse und dann durch den Atem wieder ausgeatmet wird. Und die intensivste Art findet hier statt. Abbau, das heißt eigentlich Todesprozesse.

Und wir sehen auch, dass das Haupt eigentlich dasjenige ist am Menschen, obwohl man den Kopf drehen kann ... und man kann nicken. Glücklicherweise kann man das noch, ist es eigentlich der Ruhepol des Menschen. Da ist der Mensch eigentlich am meisten ... befindet sich in Ruhe.

Und aufgrund dieser Prozesse, die da im Kopf sich abspielen ... natürlich muss man dann unter diesem Gesichtspunkt auch die Sinnesorgane mit einbeziehen, das Auge, das Ohr. Wenn Sie die anatomisch studieren, dann werden Sie bemerken, dass das eigentlich fast physikalische Apparate sind, zunächst einmal. Das Auge ist wie eine camera obscura. Und auch die Gehörknöchelchen, die die ganzen Schallwellen übertragen auf das Innenohr, das sind alles mechanische Vorgänge Plus, Minus. Also dieses Haupt muss ständig von unten ernährt werden, damit es überhaupt existieren kann in dieser Form.

Gegenläufige Organisation vom Haupt

Jetzt haben wir gegenläufig zum Haupt eine Organisation, die wirklich das vollständige Gegenteil darstellt. Wo wir im Grunde genommen überhaupt kein erlebnismäßigen Einblick nehmen können, direkt. Das ist das wo zu dem, was hier jetzt geschildert worden ist, polar dazu man sagen kann, dass es der Lebenspol des Menschen ist. Wo alle Lebensvorgänge lokalisiert sind, wo alles in einem ständigen Wechsel und Wandel begriffen ist, wo Aufbau-Prozesse stattfinden und wo Regenerationsprozesse stattfinden. Also der Lebenspol, kann man sagen, der Lebenspol des Menschen. Und hier ist auch alles in Bewegung. Denken Sie mal an die Gliedmaßen, die Arme, die Hände, Bewegung.

Man sieht von daher schon, dass der Mensch eigentlich ungeheuer polarisiert ist, in zwei Pole. Einen Todes Pol und einen Lebenspol. Und aufgrund dieser Todesprozesse hier oben entwickelt der Mensch sein Denken. Oder werden ihm die Gedanken bewusst, so muss man es genauer sagen. Während hier unten wir uns im Willen erleben als wollende Wesen.

Und so ist der ganze untere Mensch eigentlich organisiert, in Bezug auf die Verdauungsprozesse. Die ganzen Drüsenprozesse und was da sich abspielt. Dass die alle dem Leben dienen.

Nerven-Sinnesprozesse und Stoffwechsel-Gliedmaßen-System

Und wir können hier oben vielleicht noch die Nerven- Sinnesprozesse, das Sinnessystem hinschreiben. Und hier ist das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System. Von daher gesehen ist der Mensch ein zweigliedriges Wesen.

[Zuschauer:] Zuschauerfrage zur stillenden Brust einer Mutter. Die stillende Brust von einer Mutter. Gehört die jetzt zu den Lebensprozessen?

[Manfred Klett:] Wenn Sie ein Kind bekommen, oder wie?

[Zuschauer:] Ja, genau.

Manfred Klett: Ja, sicher. Das ist ja alles unterhalb des Zwerchfells. Das hier ist das Zwerchfell. Also, ich tue jetzt keine Unterscheidung zwischen Mann und Frau hier treffen. Sondern das gilt einfach für den Menschen. Der Mensch ist Mensch, ob so oder so, Mensch ist er in erster Linie. Und da haben wir hier eben diese Trennung zwischen diesem Oben und Unten und das ist das Zwerchfell. Und da spielen sich eben diese Lebensvorgänge insbesondere ab.

Und jetzt haben wir hier dazwischen eben noch eine andere Wirklichkeit. Mal sehen, was ich da für eine Farbe nehme. Eine andere Wirklichkeit. Das ist da, wo nun Lunge und Herz beheimatet sind, wo der Mensch ein rhythmisches Wesen ist. Rhythmus. Und dieser mittlere Mensch, wo wir uns am allermeisten als Mensch erleben... Wir erleben uns ja nicht im Kopf als Mensch so sehr. Auch nicht im Bauch, sondern gerade in dieser mittleren Zone. Da erleben wir uns als am allermeisten, als Mensch. Und diese Organe, die hier als Zentralorgane in der Mitte angesiedelt sind, offenbaren sich in rhythmischer Tätigkeit. Und diese rhythmische Tätigkeit verbindet den Kopfpol mit dem Stoffwechselpol. Denken Sie an den Blutkreislauf. Der Blutkreislauf, der vom Herzen ausströmt, im arteriellen Blut und dann in den Kopf strömt. In den Kopf, Schlagader und im übrigen Kreislauf durch den ganzen Körper hindurch. Also diese mittlere Zone bringt diese beiden Gegensätze, das Oben und Unten, in einen Ausgleich.

Fühlen und die Dreigliederung des Menschen

Und darin, in diesem Ausgleich, erleben wir uns als Menschen am allermeisten. Wenn wir uns einmal selbst beobachten, prüfen. Und das setzt sich natürlich fort, hier in die Gliedmaßen. In den Bewegungsmenschen. Und wenn man zum Beispiel an die Blutentstehung denkt, dann muss man sich vorstellen, dass in den Röhrenknochen der Gliedmaßen hauptsächlich das Blut sich bildet. Das ist auch unmittelbar mit einbezogen in die ganzen Stoffwechselvorgänge. Hier nun, das habe ich noch vergessen zu sagen, im Zusammenhang mit dem rhythmischen System entwickeln wir unser Fühlen oder werden wir unseres Fühlens bewusst.

Wenn man so auf den Menschen einmal schaut... Man kann es anatomisch bis in die letzten Details verfolgen. Man kann es also morphologisch, physiologisch in jede Richtung hin verfolgen. Man wird sehen, dass dieses Prinzip dieser Welt des Dreigegliedertsein des Menschen einem überall entgegenspringt förmlich.

Und dass darauf eigentlich überhaupt letzten Endes eine Verständnisgrundlage geschaffen werden kann, für die Pädagogik, für die Medizin, also eine entsprechende Medizin oder aber eben auch für die Landwirtschaft und für alles Übrige ebenso. Also man spricht hier von der Dreigliederung des Menschen. Auf diese Sache werde ich erst am Freitag noch mal zurückkommen. Und möchte jetzt ... Wollen Sie was sagen?

Zuhörer: Ich hätte eine Frage. Und zwar: Ich verstehe das nicht so ganz, dass der Kopf quasi ... den Tod da drin und den Abbau ... das verstehe ich halt nicht so ganz, weil im Gehirn ja auch ganz viele Aufbauprozesse ja auch wieder vonstattengehen. Also jeden Moment, wenn Synapsenverbindungen sich trennen, entstehen auch wieder neue. Und da kann halt auch im Laufe eines Zeitraums ein Aufbau entstehen. So Erinnerungen, die bleiben und neue, die dazukommen. Dann hat man ja im Endeffekt auch einen Aufbauprozess. Und genau das verstehe ich nicht so ganz, warum man vom Kopf als Abbauprodukt redet.

Manfred Klett: Also der Abbau ist notwendig, damit wir überhaupt ein denkendes Bewusstsein haben. Und das erleben wir ja gerade hier im Nervensinnessystem. Aber es muss natürlich auch erhalten werden, es muss sozusagen in einem Zustand erhalten werden. Man kann es nicht mehr steigern, man kann es gerade noch erhalten. Und das sind natürlich schon Regenerationsvorgänge auch im Gehirn, das ist keine Frage. Aber letzten Endes funktionell physiologisch ist es ein ständiges Abbauen, muss natürlich wiederaufgebaut werden. Selbstverständlich. Aber dieser Abbauprozess als solcher ist ein Todesprozess. Und durch den Tod entsteht überhaupt erst ein denkendes Bewusstsein. Ohne Tod gäbe es kein Bewusstsein. Das muss man sich mal versuchen klar zu machen. Oder anders gesagt: Wenn man eine Verletzung hat, am Kopf oder so ... dann sind möglicherweise so und so viele seelische Möglichkeiten ausgeschaltet. Und jetzt muss er sich natürlich wieder regenerieren in diese Richtung, dass es wieder möglich wird, dass diese Abläufe stattfinden.

Es ist immer sozusagen gerade am Leben gehalten, so möchte ich mal sagen. Also es steht im Vordergrund der Abbau. Und der Aufbau dient gerade, dass immer wieder abgebaut werden kann. Während hier im Stoffwechsel wohl genau das Gegenteil der Fall ist. Hier kommt alles sozusagen, steigt herauf bis in die Nerven-Sinnes-Bereiche, um diesen Pol am Leben zu erhalten.

Diese Dreigliederung, die ich versuche ... also zu aphoristisch fast, möchte ich sagen. Aber nur mal dieses Bild hinstellen und wir werden daran nochmal anknüpfen am nächsten Freitag.

Viergliederung des Menschen und Verbindung zur Natur

Jetzt möchte ich aber noch eine andere ... einen Aspekt kurz schildern, und das ist die Viergliederung des Menschen. Schauen Sie, man kann nämlich jetzt nicht nur unter diesem Aspekt des Aufbaus des menschlichen Leibes mal den Menschen betrachten, sondern auch: Welche Verwandtschaft trägt er zu den ganzen Naturreichen? Wie steht er eigentlich im Verhältnis? Wie steht er im Verhältnis zu der ganzen ihn umgebenden Natur? Ist er ein ganz fremdes Wesen oder ist er eben auch zugleich ein Naturwesen?

Und da kann man zunächst einmal feststellen, dass, wenn man den Menschen vergleicht mit all dem, was in der mineralischen Welt sich abspielt, die rein anorganisch ist, physikalisch tot... Das Mineral ist ja sozusagen nur... unterliegt nur den physischen Gesetzen. Alles, was ich da stofflich, kräftemäßig im Zusammenhang des toten mineralischen Reiches abspielt, spielt sich auch im Menschen ab. Im Menschen sind alle die Stoffe, die Kräfte, die Gesetze wirksam, die auch im Mineralreich wirksam sind. Das kann man heute bis ins Detail förmlich verfolgen. Ja, das verführt einen geradezu, den Mediziner, den Naturwissenschaftler, zu glauben, das wären die einzigen Gesetze, die wirklich Geltung haben. Das ist eine Verführung, weil die so schlüssig sind.

Alles, was sozusagen mineralisch, stofflich, kräftemäßig im Menschen wirkt, ist in sich so schlüssig, dass man darauf regelrecht eine medizinische Weltanschauung begründen kann. Oder generell eine Weltanschauung begründet hat, die nennt man heute den Materialismus. Der Materialismus hat eine große Bedeutung, aber nur auf dieser Ebene hier. Eine Verwandtschaft der mineralisch-anorganischen Natur mit dem Menschen. Man findet alles, was da draußen ist, auch im Menschen irgendwie.

Und ein äußerer Ausdruck dessen sind einmal die Sinnesorgane und, sagen wir mal, das Skelett. Oder alle Stützgewebe. Da wirken dieselben Kräfte. Und auch stoffliche Kompositionen wirken, wie man sie auch in der Außenwelt findet. Das ist nach denselben Prinzipien aufgebaut. Kann ich jetzt nicht in die Details gehen. Das würde zu weit führen.

Die Sinnesorgane sind wirklich, ... habe ich schon gesagt, die Gehörknöchelchen zum Beispiel. Oder die Tatsache, dass das Licht durch die Linse hindurch gleichsam fixiert wird, durch den Glaskörper hindurch, hinten auf die gelben Körper, auf die eigentlichen Lichtzellen, auf dem Hintergrund des Auges. Das sind alles physikalische Vorgänge, wie man sie in der Kamera auch hat. Also insofern besteht hier eine tiefe Verwandtschaft, aber die bezieht sich eben nur auf das, was man den physischen Leib oder die physische Organisation des Menschen nennen kann. Also wenn das nur Geltung hätte, dann wäre der Mensch ein Stein. Ein Stein. Also er hätte keine eigene Regsamkeit, gar nichts.

Und wenn man jetzt aber sieht, dass der Mensch tatsächlich in der Lage ist, eine Eigenbewegung zu entwickeln, ja in sich Lebensvorgänge sich abspielen zu lassen, zeigt er eine Verwandtschaft mit den Pflanzen. Die Pflanze ist ja ein Gebilde, die vereint das Mineralische, die nimmt das Mineralische auch auf, verwandelt es auf eine höhere Stufe. Und da entwickeln sich nun in der Pflanze Kraft von Substanzen und Kräften, die nicht mehr rein irdischer Natur sind, sondern wo der ganze Planetenumkreis mitwirken muss, dass die Pflanze überhaupt Leben erzeugt. Keine Pflanze kann leben, ohne dass die Sonne scheint. Das muss man sich mal klarmachen. Es gibt kein Leben auf der Erde ohne den ganzen planetarischen Umkreis. Und insofern hebt sich die Pflanze gleichsam aus der toten, mineralisch-irdischen Sphäre heraus und wird zur Offenbarerin von Lebensvorgängen.

Verwandtschaft des Menschen mit der Pflanzenwelt

Und auch dieses erweist sich auch im Menschen, eine Verwandtschaft. Und diese drückt sich ja aus im Drüsensystem. Das Drüsensystem ist natürlich überall im Menschen zu finden, aber hauptsächlich im unteren Menschen. Und das macht, dass der Mensch eben einen Lebensleib hat, wie die Pflanze oder eine Lebensorganisation.

Und man weiß ja, nun die Pflanzen, die sind ja von Natur aus eigentlich nur gesund. Also es gibt eigentlich keine kranke Pflanze - streng genommen. Wenn man nicht selbst dafür sorgt, dass die Pflanze quasi äußerlich krank wird, also etwa abstirbt oder so, durch Infektionen ... die kommen alle von außen. Die Pflanze ist eigentlich ein gesundmachendes, durch und durch gesundes Wesen innerhalb der Naturreiche. Und ein solcher Mensch wie Paracelsus, der einer der größten Ärzte in der ganzen Menschheitsgeschichte war, hat die Bemerkung gemacht, dass es kein Kräutlein gibt auf der Welt, das nicht irgendeine Krankheit beim Menschen heilen könnte. Und so benutzen wir ja die Heilpflanzen. Die Heilpflanzen in der verschiedensten Art benutzen wir, um irgendetwas, was hier derangiert ist, innerhalb der menschlichen komplizierten Organisation, gerade auf der Ebene des Lebendigen, dass das wiederum in ein ausgewogenes Verhältnis zu allem Übrigen kommen kann - Gesunden also.

Verbindung des Menschen zur Tierwelt

Dann zeigt der Mensch eben eine Verwandtschaft zum Tier. Und diese Verwandtschaft zum Tier ist ja auch ganz evident, denn das Tier hat eine Seele. Das ist ein beseeltes Wesen. Hier ist nur Leben. Hier ist nur Tod. Das Tier ist ein beseeltes Wesen.

Und das ist etwas, was dem modernen Bewusstsein so maßlos schwerfällt, das zu verstehen. Dass wir einem Tier ein Seelisches zusprechen können. Und, uns Menschen können wir ein Seelisches zusprechen. Wenngleich in den Wissenschaften man manchmal den Eindruck hat, da gäbe es auch keine Seele mehr. Aber im eigenen Empfinden, in der eigenen Erfahrung merken wir, dass wir ein beseeltes Wesen sind. Wir können denken, wir können fühlen, wir können wollen, eben jene Tätigkeiten. Also wir haben ein Bewusstsein, dass wir neben dem, dass wir ein Lebendiges, auch ein beseeltes Wesen sind. Dieses Bewusstsein kann man sich wirklich erwerben. Es ist gar nicht so selbstverständlich, dass es einen immer im Bewusstsein gibt.

Und beim Tier ist es nun so, dass es auch eine Seele hat. Stellen Sie sich mal vor, irgendso ne Mücke fliegt da durch die Luft. Dann sollen wir da sagen, da ist eine Seele drin? Oder Käfer da im Boden, ein Regenwurm im Boden, da soll eine Seele drin sein? Es wird ja heute auch ... man merkt ja, dass die Art, wie die Menschen mit den Tieren umgehen, in der Massentierhaltung und so ... dann fühlt man sich irritiert. Da stimmt was nicht. Aber man dringt nicht wirklich durch, zu sagen: Das Tier hat eine Seele und diese Seele hat ihre eigene, geistig-wesenhafte Existenz in Welten, die gar nicht hier auf Erden nur ist, sondern eben die jetzt in diesem einzelnen Tier so inkarniert ist. Man dringt nicht bis zum Phänomen selber durch, sondern man bleibt immer davor stehen und merkt: Die Art, wie man heute mit den Tieren umgeht, das kann man eigentlich verantworten. Ja, warum eigentlich nicht? Also die Begriffe, die Gedanken in der Richtung zu verdichten. Da macht man immer... dann scheut man wieder zurück. Und weil man zurückscheut, wird man dann sehr leicht zum Fundamentalisten. Und die größten Fundamentalisten, die heute herumlaufen, sind vielfach die Tierschützer. Leider Gottes ist das so, auch die Naturschützer. Dann entsteht sehr schnell ein Fundamentalismus, weil man sagt: "Nein, ich habe das Gefühl, da stimmt was nicht." Und dann nagelt man das fest: "Du darfst nicht, du darfst nicht so ..."

So. Dann kommen moralische Forderungen ohne eine klare Erkenntnis der Zusammenhänge. Und so ist es gerade für den biologisch-dynamischen Landwirt so wichtig, dass er sich auch mal versucht hinein zu leben in das, was da eigentlich seelisch wirksam ist in dem Tier. Und da werden Sie bemerken, dass dieses Seelische im Tier deswegen so schwer zu fassen ist, weil es sich ohne Rest aufgeht in die Leibesbildung. Ohne Rest.

Die Tragik der Tiere und ihre gebundenen Fähigkeiten

Das Tier kann nicht denken. Das kann nicht denken, Gedanken haben über die Welt. Sondern bestenfalls die Gedanken sind in ihm wirksam. Also das, was sonst das Denken des Menschen ist, ist in ihm als weisheitsvolles Instrument des Tier-Seins in den Leib hinein gebunden. Und so das Fühlen und so das Wollen. Das Tier hat gar keine Möglichkeit, irgendwelche Freiheitsgrade zu entwickeln, sondern es ist notwendigerweise ein Pferd, eine Kuh, ein Elefant, ein Löwe oder was auch immer. Oder eben auch eine Mücke. Und darin liegt eine gewisse Tragik der Tiere.

Ich weiß nicht, ob Sie das mal... Man muss sich mal auf so eine Empfindung einlassen und mal den Blick ruhen lassen auf irgendeinem Tier und seinem ganzen Verhalten. Und dann muss man einfach sagen: "Mein Gott, mein Gott, bist du festgelegt in deinem Sein, so festgelegt, so definiert. Du kannst gar nicht ausbrechen. Du bist nur zu diesen Handlungen fähig. Allerdings, wenn man auf die Handlung schaut, unendlich weise." Die Weisheit ist ausgebreitet im ganzen Tierreich.

Also es gab ja mal einen Zeitgenossen Goethes, Oken hieß der. Der hat gesagt: "Würde man alle Tiere, Tierarten mal, Tierseelen, zusammenschmeißen in einen Topf und würde da ganz groß drin herumrühren, dann würde die menschliche Seele rauskommen. Und würde man die menschliche Seele zerstückeln in lauter ihre einzelnen Facetten und würde jeder einzelnen Facette einen Leib zusprechen, dann käme das Tierreich heraus." Das ist ein Bild. Aber ein Bild, was sehr viel sagt.

Es zeigt sich eine Verwandtschaft des Menschen mit dem Tier, die ist da. Aber beim Tier ist das Seelische vollständig leibgebunden und das macht seine Tragik aus. Und gleichzeitig aber auch die Offenbarung einer unendlichen Weisheit. Also wenn man Weisheit - der Begriff ist ja heute auch schon nicht mehr sehr akut aktuell. Also dass das Zusammenstimmen von verschiedenen Verhältnissen zu einem Ganzen... Wenn man das wirklich studieren will, dann muss man das Tier studieren in dem, was es tut, in seinen Aktionen. Denn alles, was das Tier tut, ist nichts anderes als eine Offenbarung dessen, was seelisch, weisheitsvoll in diesem Leib gebunden ist. Es ist keine Freiheit da. Es ist ein Muss. Es ist eine Notwendigkeit, dass das Tier so handelt, wie es handelt.

Und wenn ich das Tierseelische wirklich tiefer verstehen will, mit meinem ganz normalen Bewusstsein, Vernunftsbewusstsein allerdings, dann muss ich darauf hingucken: Was macht das Tier? Was tut das Tier, nicht? Was macht der Elefant in freier Wildbahn? Oder der Löwe? Oder wie verhält sich die Kuh? Ja, die Verhaltensforschung ist eine sehr, sehr junge Wissenschaft, also ganz erstaunlich eigentlich. Und hat sich zuerst der Wildnatur angenommen. In Bezug auf das Erforschen der Verhaltensweisen der Tierarten, zuletzt dem Haustier komischerweise.

Das Haustier ist lange Zeit hinten runtergefallen und das entdeckt man jetzt erst. Und ist da auch noch sehr, sehr unsicher, wie das überhaupt mit dem Haustier beschaffen ist. Deswegen hält man es ja als Nutztier. Dann stellen Sie sich mal vor, was der Begriff Nutztier eigentlich heißt. Da verneine ich jede seelische, besondere Eigenschaft im Tier. Ich verneine sie plötzlich. Indem ich das Tier zum Nutztier degradiere, das nur noch mir nutzt. Wem nutzt es dann? Nicht, sich selbst. Indem, wie ich es so mäste und zu Maximalleistungen zwinge. Sondern es nutzt mir. Das ist der glatte menschliche Egoismus, der eigentlich dem Tier den Namen Nutztier verleiht.

Aber das Tier hat ein objektiv Seelisches in sich wirksam. Und das drückt sich in seinem gesamten Verhalten aus. Und wenn wir es verstehen wollen, müssen wir auf dieses Verhalten unser Augenmerk lenken. Und da können wir sehr weit kommen.

Moderne Ökologie und Tierverhalten

Es gab natürlich schon in den Naturwissenschaften immer Ansätze in diese Richtung. Die hat man dann weitgehend verloren. Und heute kommt es langsam wieder auf, in der Ökologie, dass man plötzlich studiert, sich für die Beziehungsverhältnisse innerhalb der Insektenreiches, innerhalb der Vögel und innerhalb des Edaphons, der Tiere im Boden. Und so weiter und so weiter. Man fängt jetzt an, nicht mehr nur das einzelne Tier zu definieren, wie viele Beine hat und wie viel Knie oder wo eigentlich das Herz ist beim Tier oder wo... weiß ich nicht, was, die Sinnesorgane, wie die beschaffen sind, die Facettenaugen. Das hat man alles anatomisch genauestens natürlich längst rausgekriegt. Aber wie sich das Tier einfügt in die gesamten seelischen, seelisch-lebendigen Zusammenhang des Tierreiches und welche Funktionen es in aller Spezialität hier und dort und dort und dort erfüllt. Diese Zusammenhänge tauchen erst heute in der modernen Ökologie mehr und mehr auf. Und vielfach immer noch unter dem Nutzaspekt.

Also wie kann ich Nützlinge einsetzen im Glashaus, dass ich mir dort die Läuse auffressen? Das wird ja heute auch schon zu einer Technologie entwickelt, wie wir verfahren. Aber dennoch ist es so, dass man merkt: Eigentlich bedarf das nur noch eines kleinen Ruckes in der Erkenntnis und man würde erkennen: Das Tier hat eine Seele. Und diese Seele ist dominant. Die ist so wie das Leben in der Pflanze dominant ist über das Physische, so ist die Seele des Tieres dominant über das Lebendige und Physische des Tieres.

So eben hat auch der Mensch eine Seele, hat einen Seelenleib. In der anthroposophischen Ausdrucksweise sagt man auch Astralleib. Und der hat nun eine physische Repräsentanz in all dem, was sich ausdrückt im Nerven-Sinnes-System.

Wenn wir jetzt unter diesem Aspekt mal auf den Menschen, die menschliche Seele schauen, dann ist es so, dass die menschliche Seele ja unendlich viele Rätsel aufgibt. Der alte Heraklit, das war ein griechischer Philosoph, der noch vor Sokrates gelebt hat... So um das fünfte Jahrhundert vor Christus. Der hat die Bemerkung gemacht, er habe die Seele durchwandert, alle Straßen und Wege der Seele, so weit nur irgend weit. Und er ist an kein Ende gekommen.

Das war ein ganz, ganz, ganz bedeutender Geist. Er hat die Seele erforscht und hat kein Ende gefunden. Man geht Wege und Straßen. Überall verzweigt es sich in die ganze Welt. Aber er hat kein Ende gefunden. Die menschliche Seele. Sie hat kein Ende. Die tierische Seele ist leibgebunden. Und die menschliche Seele ist auch leibgebunden bis zu einem gewissen Grad, weiß Gott, ja. Wir haben Hunger. Das ist ein Gefühl, Hunger zu haben. Wir haben Durst. Ein Gefühl, also Durst zu haben. Das heißt, der Leib fordert da etwas. Und das drückt sich seelisch aus. Und so sind alle Emotionen, die man so hat, Zornesausbrüche oder weiß nicht was... Da merkt man ganz deutlich: Es hängt mit meiner Leiblichkeit zusammen.

Da bin ich eigentlich... In dem Falle ist mein Seelisches noch in den Leib gebunden, wie beim Tier. Und eigentlich hat man immer den Eindruck beim Menschen, bei sich selbst... Ein bisschen Selbsterkenntnis muss man da üben. Wird man bemerken: Man befinde sich eigentlich immer zwischen Himmel und Hölle. Also das heißt, zwischen Himmel. Das heißt, dass man befreit ist vom Leib in dem Seelischen. Und Hölle. Das heißt, dass man plötzlich untertaucht in eine Welt des Leiblichen, wo man sich nicht mehr ohne Weiteres unter Kontrolle hat.

Das ist dieses Spannungsfeld, in dem sich der Mensch erlebt und das Böse in der Welt, was man heute so hat. Es wirkt durch den Menschen, als eine objektive Kraft durch den Menschen. Immer dann, wenn er heruntersinkt in seine Leiblichkeit und keine Freiheitsgrade mehr zulässt. Dann entsteht eben das Böse in der Welt.

Leiblichkeit und menschliche Tugenden

Aber andererseits hat der Mensch sich zu befreien aus seiner Leiblichkeit. Und das macht den Menschen zum Menschen. Und das ist das Wunderbare. Dass, wenn ich versuche, mit einem anderen Menschen ins Gespräch zu kommen, in Korrespondenz zu kommen, dann merke ich ganz deutlich: Da spricht nicht mehr nur der Leib, sondern da löse ich mich heraus. Und dann entwickle ich lauter Tugenden. Also Tugend ist ja heute auch schon kein Begriff mehr. Ehrfurcht zu haben, Liebekraft zu haben. Für das andere Wesenhafte, was mir da begegnet. Oder aber in Hingabe etwas zu tun. Das sind alles Qualitäten, wo der Mensch sozusagen merkt: Das ist nicht mein Leib, der da arbeitet, sondern das bin ich als losgelöst von meinem Leibe. Da ist ein Höheres in mir wirksam.

Zwei Seelen in der menschlichen Brust

Goethe hat dieses herrliche Gedicht, wo er bemerkt: "Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust." Das heißt eine Seele, die leibgebunden ist, die andere Seele, die leibbefreit ist. Und die ganze menschliche Entwicklung in alle Zukunft besteht darin, dass wir uns immer mehr üben darin, frei zu werden von unseren Emotionen. Frei zu werden von diesen Zwängen, die in uns walten, von diesen unkontrollierten Instinkten und so weiter. Sondern davon frei zu kommen, das zu verwandeln. Nicht die wegzuschieben, kein Asket zu werden. Sondern die zu erkennen, in sich zu erkennen, als wirksame Kraft. Und die zu verwandeln in etwas, was man dann als leibfrei, als Seelisches erkennen kann oder handhaben kann. Sodass wir hier jetzt eine neue Trennungslinie ziehen müssen. Das leibgebundene Seelische und die leibfreie Seele. Die steht über dieser Strichellinie.

Der Mensch als Naturwesen

Wenn man diese drei Naturreiche und deren Repräsentanz im Menschen verfolgt, wird man sagen: Ja, der Mensch ist auch ein Naturwesen. Er ist völlig abhängig auch von allem dem, was ich da geschildert habe. Und er hat entsprechende Organe überall, hier oben im Kopf, wie im Bauch, wie Herz und Lunge, auch wie die Säugetiere auch haben.

Und dennoch ist es so, dass sich dadurch, dass der Mensch mehr ist nur als eine Seele... Nämlich dass er ein Ich hat, dass er einen Wesenskern hat, dass er etwas hat, wo er sagt: "Ich." Zu sich selbst. Und nicht: "Du." Zu sich selbst. Sondern du zu dem anderen Menschen, der wiederum zu sich Ich sagt. Das macht man sich alles heute gar nicht so bewusst. Man handhabt das irgendwo. Aber das wirklich mal tiefer zu hinterfragen: Was drückt sich eigentlich darin aus, dass hier in mir etwas waltet, was dann die Kraft hat, irgendwo im Seelischen Ordnung zu schaffen? Und nicht nur im Seelischen.

Sondern was im Grunde genommen hereinstrahlt in diese Sphäre hier. Und versucht, das leibgebundene Seelische zu verwandeln, in leibungebundenes Seelisches. In höhere Tugenden. Und dass dieses Ich auch Kraft hat, hier jetzt tiefer noch in die Lebenszusammenhänge des Menschen... Und auch diese versucht zu verwandeln. Und da geschieht vieles in tiefer, tiefer Unbewusstheit. Aber wir können uns darum bemühen, die Voraussetzungen, die Bedingungen zu schaffen, dass das Ich wirklich einwirken kann, noch unter das Seelische herunter oder über das Seelische, in das Lebendige hinein, das Lebendige zu verwandeln. Dass wir auch da die Kontrolle über uns selbst gewinnen und dass das Ich schließlich hereinwirkt, bis in den physischen Leib herunter. Es durchstrahlt den ganzen Menschen.

Der Einfluss des Ichs auf den physischen Leib

Und das kann man heute ja... Wenn wir jetzt sagen, mit den Methoden der modernen Naturwissenschaft kann man so was ja förmlich nachweisen, dass die sogenannte DNA, das ist eine bestimmte Desoxyribonukleinsäure nennt sich das. Das ist also eine Erbsubstanz. Dass die einen Prägestempel hat, wodurch man den Menschen durch Analyse der DNA den Menschen definieren kann. Jeder einzelne Mensch hat seine Komposition des Stofflichen. Der ganze Stoff ist Leib ist natürlich aufgebaut. Da sind Eiweiße. Da sind Kohlehydrate. Da sind Fette. Da sind alle möglichen Hormone und, was weiß ich was, Fermente wirksam ... der ganze Organismus ist alles da, muss da sein. Aber wie es da ist und wie es komponiert ist, stofflich, und wie es ineinander wirkt, da kraftet etwas herein, was den Menschen zu diesem bestimmten Menschen macht. Und darauf muss man mal sein Augenmerk legen. Da ist ein ein Höheres in uns. Das: "Ich bin." Dass ich sage: " Ich bin. Und ich bin nicht jemand anders. Ich bin nur der, der ich bin." Ja?

Frage Zuhörerin: Aber, also jedes einzelne Tier und jede einzelne Pflanze hat ja auch ihre eigene DNA. Also ich verstehe nicht so richtig den Zusammenhang zum Ich, zum individuellen des Menschen. Im Gegensatz zur Pflanze und Tier, in dem Fall.

Also es ist so, dass man... Beim Tier sind diese ganzen physiologischen Prozesse sehr viel einheitlicher. Also in den Arten. Und von den Arten natürlich unterschiedlich. Sondern man kann sich eigentlich dieses Bild noch mal vor Augen stellen, dass, wenn man verstehen will, was das Tier eigentlich ist... Dann stellen Sie sich mal vor, Sie hätten hier vor sich eine große Leinwand und die ist ziemlich undurchsichtig. Und dann machen sie mal Löcher, fünf Löcher rein und stecken durch die Löcher in ihre Finger. Und da stehen sie auf der anderen Seite. Und dann sehen sie plötzlich diese Finger. Und die bewegen sich sogar. Und jetzt müssen Sie sich klar machen: Ja, offensichtlich, dass sie sich bewegen. Da muss hinter der Leinwand was sein, was diese Bewegungen hervorruft.

Und bei Menschen ist es evident. Da steht der Mensch direkt hinter der Leinwand und streckt seine Hände, Finger dadurch. Und dieses Bild kann man übertragen aufs Tierreich und sagen: Das, was da als Finger erscheint, sind die einzelnen Individuen. Löwen in der Serengeti, alle Löwen der Welt oder alle Rinder oder Kühe der Welt oder jede Art steht sozusagen verborgen hinter einer solchen Leinwand. Und was erscheint, sind die einzelnen Individuen. Losgelöst von ihrem eigentlichen wesenhaften ichhaften Urgrund. Auch das Tier hat ein Ich, aber es ist nicht inkarniert. Das ist das Problem des Tieres. Auch das Tier hat ein Ich, aber es ist nicht inkarniert.

Und des Menschen Ich hat sich mit dem Leib verbunden, aber nicht vollständig. Da ist sozusagen ein geistiger Überschuss im Menschen, der im Denken, Fühlen und Wollen lässt. Und ähnlich ist es mit den Pflanzen. Also die Pflanzen, da sind ja die Eiweiß-Strukturen zum Beispiel bei den Getreidekörner oder bei der roten Rübe. Oder wenn sie die untersuchen, sind die Eiweiß-Strukturen sehr verwandt, sehr ähnlich. Im Prinzip eigentlich nicht unterschieden, innerhalb der Art. So, also das macht den Menschen eigentlich zum Menschen, dass da ein übersinnliches Wesen in uns kraftet. Das ist nicht irgendwo nur in der Welt, sondern es ist zugleich in uns. Und das macht es, dass wir Seelen leibfrei denken lernen können. Dass wir auch mit unserem Fühlen uns mehr dem Denken zuwenden können oder mehr den leiblichen Vorgängen. Und wir können mithilfe des Denkens und Fühlens so in den Willen eingreifen, dass wir tatsächlich möglich die Fähigkeit haben können zum freien Wollen. Stellen Sie sich so was mal vor. Wenn der Mensch von sich sagen kann, er ist ein frei wollender Mensch. Was gibt es eigentlich Erstrebenswerteres als das? Dass wir nicht nur immer nur durch unsere Triebe, Begierden und Leidenschaften sozusagen befeuert werden von unten. Sondern dass wir in aller Ruhe aus unserem Denken, einem Bewusstsein heraus so hereinkraften können in unsere ganze Leiblichkeit, dass wir dadurch zum vernünftigen Handeln, zum sozialen Handeln, zu solchen Sphären uns fähig machen.

Der Organismusbegriff und Abgeschlossenheit

Wenn wir jetzt diese drei Bereiche hier zusammen schauen: Das Mineralische, Pflanzliche und das Seelische des Tieres. Dann ist hiermit der Organismusbegriff erfüllt. Das macht den Organismus zum Organismus. Hier herrscht eine Abgeschlossenheit. Das Tier tut es förmlich uns vor Augen führen, was eigentlich gemeint ist mit dem Begriff der Abgeschlossenheit. Da ist eine Haut, eine leibliche Abgrenzung. Der Elefant hat eine Haut, der ist begrenzt. Der ist riesig groß, natürlich. Ein riesiges Tier. Aber dann ist es doch irgendwo begrenzt, mit der Elefantenhaut. Und dann ist das Tier dadurch charakterisiert, dass es sich nach innen in eine bestimmte Organwelt gliedert. Und das ist Ausdruck eines Seelischen. Also das Seelische steht über dem Leben, steht über dem rein Physischen, obwohl es noch evolutiv noch sehr jung ist. Aber es steht darüber und steuert gewissermaßen oder prägt sich rein in das Lebendige, prägt sich rein ins Physische und lässt ein abgegrenztes Gebilde entstehen, mit einer Haut umgeben. Und innerhalb der Haut sind bestimmte Organe, die auch in sich wiederum abgegrenzt sind, die dann überhaupt dem Seelischen die Möglichkeit bieten, anwesend zu sein, inkarniert zu sein. Sodass man sagen kann: Der Organismusbegriff erfüllt sich, also die relative Abgeschlossenheit erfüllt sich, wenn ich sage, da ist ein Seelisches, das ist übersinnlich. Das kann ich nur in seinem Verhalten irgendwo und in seinen Phänomenen erfassen. Da ist ein Seelisches, das grenzt sich nach außen ab in einer Gestalt und gliedert sich nach innen in Organe. Da haben Sie so ein bisschen so eine Art, ich möchte sagen, Definition. Es ist ein Begriff, eine Idee, die aber sich mit Inhalt erfüllt, wenn man darauf hinschaut. Das hier grenzt sich ab nach außen, in eine bestimmte Gestalt. Und die ist so spezifisch. Die schon so Ausdruck des Wesenhaft-Seelischen, was sich da repräsentiert.

Wenn das Reh aus dem Waldrand heraustritt und dann plötzlich den Kopf hebt und das Gehirn. Oder der Hirsch sozusagen sein Geweih da abtastet den ganzen atmosphärischen Umkreis... Wenn das da heraustritt aus dem Wald und steht da und äugt. Das Bild muss man sich mal vor Augen führen. Da merken Sie: Das ist ein Atmosphärisches. Und alles Atmosphärische ist eigentlich nichts anderes wie eine Erscheinungsweise des Seelischen, was man in der Anschauung unmittelbar hat.

Und so kann das Tier unendlich viel über sich selbst sagen, wenn man auf die Formen hinschaut, auf die Gestalt hinschaut. Wie ist die Gestalt beschaffen? Und eben dann auch seine eigene Innenwelt, wie die organisiert ist und wie es sich dann nach außen hin gibt in seinem Verhalten.

Es ist gleich zu Ende. Also das macht den Organismus aus. Dass da Mineralisches, Pflanzliches und Tierisches zusammenklingt zu einem höheren Ganzen. Und alles, was da zusammenklingt, ist in sich weisheitsvoll. Da kann ich gar nicht dran rütteln. Das macht man natürlich heute. Ich versuche ja, mit der Gentechnik an allem zu rütteln oder mit der Art der modernen Düngung oder den ganzen Insektiziden. Und was weiß ich, an Pestiziden, die ich einsetze in der Landwirtschaft rüttle ich ständig an der Weisheit der Natur. Wo aber genau hingeschaut wird: Diese Welt ist durch und durch weisheitsvoll. Da reicht keine menschliche Vernunft dahin.

Und das greift auch, wenn das in ein richtiges Verhältnis zueinander gebracht wird, im Sinne eines Organismus. Dann wirkt diese Weisheit durch sich selbst.

NEUER ABSCHNITTE INDIVIDUALITÄT

Und nun aber, wenn wir jetzt aufsteigen im Menschen, bis in diese Sphäre, dann erfassen wir das, was man Individualität nennt. Wenn wir von Individualität sprechen, dann reicht es nicht, nur vom Mineralischen, Pflanzlichen und Tierischen zu sprechen, sondern von dem zu sprechen, was eigentlich das Ich seiner tiefsten Natur nach ist. Also Geist. Realer, in sich ruhender Geist, der sich selbst in Bezug auf sein eigenes Wesen ausspricht.

Und er spricht sich aus im Ich des Menschen. Und jetzt stehen wir vor der Forderung der Aufgabe, im biologisch-dynamischen Landbau, unseren landwirtschaftlichen Betrieb in dem Sinne zu entwickeln, dass wir ihm eine Geschlossenheit verschaffen. Eine relative Geschlossenheit im Sinne des Organismusbegriffs. Und den Begriff der Individualität fassen, den wir nur durch uns selbst in Selbsterkenntnis fassen können und diesen mit diesem Begriff nun versuchen, so reinzukraften in diese Sphären hier, dass... wenn ich es so auffasse, heißt es da in dem Satz. Dann kann ich so arbeiten, so gestalten, so hineinwirken in die äußere Natur, dass etwas entsteht, was auch im Geiste dem Menschen verwandt ist. Was nicht nur auf dieser Stufe dem Menschen verwandt ist oder dieser oder dieser. Sondern hier in Freiheit.

Das heißt, dass es losgelöst von der Natur... Kann ich einen Begriff versuchen, so zu erfassen, aufgrund der Erkenntnis meiner selbst, dass diese jetzt für mich zum Instrument werden kann, meinen landwirtschaftlichen Hof nicht nur zu einem Organismus in diesem Sinne hier durch Zusammenschluss der Naturreiche herstellen kann, sondern dass das Ganze durchstrahlt wird von meinen Intentionen, die nicht mehr leibgebunden sind. Meinen Ideen, meinen höchsten Gedanken, die ich denken kann. Die kann ich jetzt investieren. Aber eben nur auf der Basis der Selbstlosigkeit. Denn sobald das Selbst nur so leibgebunden mitspricht, dann ist es eigentlich schon Egoismus. Sondern das erfordert eigentlich eine Seelenverfassung vom Menschen, die er sich erübt, dass er sich erst in den Zustand, in den geistigen Zustand versetzt, in vollkommener Reinheit es so zu versuchen, hereinzuwirken in den Haushalt der Natur... dass er nicht zu seinem Nutzen, seinem Nutzen nur dient, sondern dass er da eine Art Evolution, eine Entwicklung veranlagt, die mit ihm innigst verknüpft ist.

Ja, also wir sind am Ende ... Aber Sie hatten noch eine Frage ...

[Zuschauer:] Die bezieht sich eigentlich nur auf diese Trennung zwischen der körperlich gebundenen Seele und der geistigen Seele. Und da bin ich jetzt gerade wieder dieses Geistig-Individuelle drauf gekommen. Also glauben Sie, oder glaubst du, dass Tiere... also du hattest das beschrieben quasi mit diesem: Wenn wir eine andere Seele erleben und diese zwischen ... diese Kommunikation. Dass das diese geistige Seele ausmacht. Und glaubst du, dass Tiere das nicht können?

[Manfred Klett:] Wie?

[Zuschauer:] Na ja, so wie wir.

[Manfred Klett:] Durch sie selbst? Kann der Elefant mehr werden, als er ist?

[Zuschauer:] Können wir mehr werden als wir sind?

[Manfred Klett:] Ja

[Zuschauer:] Können wir mehr werden als ein Mensch?

[Manfred Klett:] Ja

[Zuschauer:] Können wir vielleicht auch einfach ein Adler sein? Und wenn wir ein Adler sind, haben wir dann ein Ich?

[Manfred Klett:] Der Mensch ist in gewissem Sinne sogar ein Adler, wenn er denkt. Das haben früher die Menschen so erlebt. Da ist man Adler, wenn man die Gedanken in ihrer Höhe, der Höhe des Geistes, die Gedanken so denkt, dann haben sie sich als Adler empfunden. Wenn sie sich empfunden haben, als kraftvoll tätiger Mensch, dann haben sie sich als Stier empfunden. Und wenn sie sich empfunden haben, als jemand, der ganz aus der Mitte heraus wirkt und daraus tätig ist in der Welt haben sie sich als Löwe empfunden.

[Zuschauer:] Aber was wir ja eben nicht können, ist, dem Tier in seinen Kopf zu gucken und zu wissen, als was sich dieses Tier empfindet. Ich denke mal nämlich, wenn eine andere Spezies sich uns als Mensch angucken würde, würde diese Spezies auch ganz klar uns sehen, so wie wir sind. Und die würde uns nicht als Adler sehen und nicht als Löwe sehen und nicht als Bär sehen, sondern die würde uns als Menschen sehen und könnte vielleicht auch nicht nachvollziehen, wie wir uns vielleicht als Adler fühlen.

[Manfred Klett:] Also wissen Sie, eines muss man sich eingestehen als Mensch. Wir können so denken, wie ich es jetzt mal so versucht habe, so hier vorzustellen. Aber wir haben bei weitem nicht die Weisheit, die im Tierreich liegt. Das Tier ist weit, weit höher weisheitsvoll. In seinen ganzen Tätigkeiten steht es weit, weit über dem Menschen. Aber eines hat der Mensch: Er kann das, was er kann, steigern durch die Kraft seines Ich. Er kann lernen. Er kann lernen. Er kann sozusagen sich immer mehr zum Menschen machen.

Das ist, wenn ich sage: Kann der Elefant mehr Elefant werden? Er kann nur Elefant sein, auch innerlich, als dieses Wesen, das er geworden ist, evolutiv. Und der Mensch hat die Möglichkeit, obwohl er eigentlich viel weniger weisheitsvoll ist... viel zu stark emotionell, auch wie er sich gibt. So ist doch der Mensch einer, der lernen kann. Lernen, lernen, lernen, mehr zu werden als er ist. Diese Fähigkeit ist noch so zart, aber sie ist da. Kraft dessen, was in mir als Mensch... oder mich zum Menschen macht.

Also wir können uns nicht einfach nur so leichtfertig über die Tiere erheben und meinen, wie herrlich weit haben wir es gebracht. Aber wir haben eine Fähigkeit in uns, die uns die Möglichkeit gibt, das Tier in seinem wahren Wesen, den Adler in seinem Wesen, den Löwen in seinem Wesen, den Stier in seinem Wesen, so zu erkennen, dass wir erkennen, die sind alle in uns. Und trotzdem ist da noch etwas, was die zusammenfasst zu einem höheren Ganzen.

Fragen über Fragen. Aber es soll nur auch mal eine Eröffnung sein, was wir heute besprochen haben, für das Düngungsthema, was wir dann morgen anschlagen. Und ich bin eigentlich leider Gottes noch nicht sehr weit gekommen. Also wir müssen dann morgen noch mehr Tempo anlegen. Ja, also dann wünsche ich dir noch einen schönen Tag heute. Und morgen sehen wir uns wieder.

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