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== Ackerbau ==
'''Ackerbau,''' auch als Landbau oder Bodenkultur bezeichnet, kann sowohl als Technik, als auch als ein kultureller und geistiger Prozess beschrieben werden, der in einem Spannungsfeld zwischen industrieller Fertigung und lebendiger „Landbaukunst“ steht.
=== Historischer Wandel und Bedeutung ===
Ursprünglich war der Landbau ein „kulturtragender Impuls“, der über Völker hinweg wirkte. In der Moderne hat die Landwirtschaft diese Rolle jedoch weitgehend verloren und ist einer „zivilisatorischen Uniformität gewichen“. Sie wird heute oft eher als Last der zivilisatorischen Entwicklung wahrgenommen. Manfred Klett beschreibt diesen Prozess als einen „Kulturtod“, aus dem jedoch durch ein neues Bewusstsein eine „Auferstehung zu einer neuen Kulturträgerschaft“ entstehen kann.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 27</ref>
=== Die drei Säulen der Bodenkultur ===
Im Kern des praktischen Ackerbaus steht die „wahre Bodenkultur“. Sie besteht aus den drei elementare Säulen, die im Bewusstsein des Landwirts als lebendige Ideen vorhanden sein müssen:<blockquote>„Beispielsweise ist die Bodenfruchtbarkeit ein Spiegel dessen, wie detailliert und zugleich umfassend in mir die Ideen lebendig sind, die die drei Säulen einer wahren Bodenkultur darstellen, nämlich: '''[[Bodenbearbeitung]], [[Fruchtfolge]] und [[Düngung]]'''.“<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29</ref></blockquote>
=== Landwirtschaft als Kunst vs. Industrie ===
Manfred Klett unterscheidet in seinem Buch "Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst" scharf zwischen der bloßen Anwendung von Technik und dem Ackerbau als „Kunst“:
* '''Technik:''' Sie entspringt dem menschlichen Erfindergeist und isoliert Naturgesetze. Sie unterbricht die Beziehung zwischen Mensch und Wesen, da der Arbeitsablauf festgeschrieben ist. Technik „trennt, reduziert und [erhebt] den Anspruch des Allgemeingültigen“.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29</ref>
* '''Kunst (Landbaukunst):''' Diese entsteht aus einer forschenden Gesinnung, die das Sinnliche (Boden, Pflanze) mit dem Übersinnlichen (z. B. Mondrhythmen, Witterung) verbindet.<blockquote>„Kunst ist, wenn ein in der Anschauung lebendes Sinnliches und – in diesem verborgen – ein Übersinnliches sich in den Tiefen der Seele zu einem Erleben verinnerlicht und aus diesem Erleben sich in einem Äußeren darstellt.“<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28</ref></blockquote>
=== Auswirkungen der Industrialisierung ===
Die Einführung industrieller Methoden in den Ackerbau seit dem 19. Jahrhundert führte zu einer enormen Produktivitätssteigerung, aber auch zur „Vereinseitigung der Anbau- und Tierhaltungssysteme“.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29</ref> Dies schuf ein geistiges Vakuum auf dem Land, in das der „Agrarindustrialismus“ einbrach, was zu einer „Gleichschaltung der landwirtschaftlichen mit den Methoden der industriellen Erzeugung“ führte.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 30</ref>
== Rudolf Steiner und die Erneuerung der Landwirtschaft ==
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten einige Menschen nach neuen Wegen, um die Landwirtschaft aus ihrem „eigenen ethisch-moralischen Fundus heraus“ zu reformieren. Mit Fragen nach einer Metamorphose des Alten in das Neue traten sie an '''Rudolf Steiner (1861–1925)''' heran.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 27f</ref>
=== Der Landwirtschaftliche Kurs (1924) ===
Die Antwort auf diese Fragen gab [[Rudolf Steiner]] Pfingsten 1924 auf dem Gut Schloss Koberwitz in Schlesien. In acht Vorträgen, die später den Titel ''„Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“'' ([[Landwirtschaftlicher Kurs]]) erhielten, richtete er den Blick auf „Ideenzusammenhänge“ und rief die Schöpferkraft des Menschen in zwei Richtungen auf<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28</ref>:
# '''Nach innen:''' Um Ideen der Geistesforschung bildhaft zu denken und zum Erlebnis werden zu lassen.
# '''Nach außen:''' Um die Natur eines Ortes über das bloß Gegebene hinaus zur „Ganzheit einer Landwirtschaft“ zu gestalten.
=== Ackerbau als Verbindung von Kosmos und Erde ===
Nach Steiner erschließt diese neue Gesinnung den Kontext zwischen irdischen und kosmischen Beziehungen, zum Beispiel zwischen „Sonne und Blattgrün, Mondrhythmen und Witterungserscheinungen“.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28</ref>
Der Ackerbau wird hierbei zum '''„künstlerischen Akt“''', in dem der Boden zu einem inneren Erleben wird.<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28</ref> Ein zentrales Zitat Steiners verdeutlicht diesen künstlerischen Ansatz im Ackerbau:<blockquote>„Kunst ist, wenn ein in der Anschauung lebendes Sinnliches und – in diesem verborgen – ein Übersinnliches sich in den Tiefen der Seele zu einem Erleben verinnerlicht und aus diesem Erleben sich in einem Äußeren darstellt.“<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28. Bezieht sich auf die GA 271</ref></blockquote>Ziel dieses Impulses ist es, dem Menschen die Fähigkeit zu geben, etwas Neues zu schaffen, das die Erde bereichert:<blockquote>„Fähig werden die Menschen dadurch werden, etwas zu schaffen, was die Erde bereichert, was neu ist auf der Erde, was ohne deine Fähigkeit [des Künstlers] nicht da gewesen wäre, was wie ein Zukunftssame ist auf der Erde.“<ref>Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29</ref></blockquote>


== Glossar ==
== Glossar ==
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# „Die [[urpersische Kultur]] ist die Kultur, wo man sagen kann, dass überhaupt … zum ersten Mal wirklich '''Ackerbau''' betrieben worden ist. Und Ackerbau heißt [[Sesshaftwerdung]].“ [[Düngung - 1. Vortrag von Manfred Klett, Vortragsreihe 2018#II. Die Urpersische Kultur - erstmalige Ackerbaukultur und Sesshaftwerdung 00:39:06|| Klett, M. Düngung, 1. Folge, 2018, 00:39:06]]
# „Die [[urpersische Kultur]] ist die Kultur, wo man sagen kann, dass überhaupt … zum ersten Mal wirklich '''Ackerbau''' betrieben worden ist. Und Ackerbau heißt [[Sesshaftwerdung]].“ [[Düngung - 1. Vortrag von Manfred Klett, Vortragsreihe 2018#II. Die Urpersische Kultur - erstmalige Ackerbaukultur und Sesshaftwerdung 00:39:06|| Klett, M. Düngung, 1. Folge, 2018, 00:39:06]]


== Einzelnachweise ==
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Version vom 27. Dezember 2025, 00:34 Uhr

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

Ackerbau

Ackerbau, auch als Landbau oder Bodenkultur bezeichnet, kann sowohl als Technik, als auch als ein kultureller und geistiger Prozess beschrieben werden, der in einem Spannungsfeld zwischen industrieller Fertigung und lebendiger „Landbaukunst“ steht.

Historischer Wandel und Bedeutung

Ursprünglich war der Landbau ein „kulturtragender Impuls“, der über Völker hinweg wirkte. In der Moderne hat die Landwirtschaft diese Rolle jedoch weitgehend verloren und ist einer „zivilisatorischen Uniformität gewichen“. Sie wird heute oft eher als Last der zivilisatorischen Entwicklung wahrgenommen. Manfred Klett beschreibt diesen Prozess als einen „Kulturtod“, aus dem jedoch durch ein neues Bewusstsein eine „Auferstehung zu einer neuen Kulturträgerschaft“ entstehen kann.[1]

Die drei Säulen der Bodenkultur

Im Kern des praktischen Ackerbaus steht die „wahre Bodenkultur“. Sie besteht aus den drei elementare Säulen, die im Bewusstsein des Landwirts als lebendige Ideen vorhanden sein müssen:

„Beispielsweise ist die Bodenfruchtbarkeit ein Spiegel dessen, wie detailliert und zugleich umfassend in mir die Ideen lebendig sind, die die drei Säulen einer wahren Bodenkultur darstellen, nämlich: Bodenbearbeitung, Fruchtfolge und Düngung.“[2]

Landwirtschaft als Kunst vs. Industrie

Manfred Klett unterscheidet in seinem Buch "Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst" scharf zwischen der bloßen Anwendung von Technik und dem Ackerbau als „Kunst“:

  • Technik: Sie entspringt dem menschlichen Erfindergeist und isoliert Naturgesetze. Sie unterbricht die Beziehung zwischen Mensch und Wesen, da der Arbeitsablauf festgeschrieben ist. Technik „trennt, reduziert und [erhebt] den Anspruch des Allgemeingültigen“.[3]
  • Kunst (Landbaukunst): Diese entsteht aus einer forschenden Gesinnung, die das Sinnliche (Boden, Pflanze) mit dem Übersinnlichen (z. B. Mondrhythmen, Witterung) verbindet.

    „Kunst ist, wenn ein in der Anschauung lebendes Sinnliches und – in diesem verborgen – ein Übersinnliches sich in den Tiefen der Seele zu einem Erleben verinnerlicht und aus diesem Erleben sich in einem Äußeren darstellt.“[4]

Auswirkungen der Industrialisierung

Die Einführung industrieller Methoden in den Ackerbau seit dem 19. Jahrhundert führte zu einer enormen Produktivitätssteigerung, aber auch zur „Vereinseitigung der Anbau- und Tierhaltungssysteme“.[5] Dies schuf ein geistiges Vakuum auf dem Land, in das der „Agrarindustrialismus“ einbrach, was zu einer „Gleichschaltung der landwirtschaftlichen mit den Methoden der industriellen Erzeugung“ führte.[6]

Rudolf Steiner und die Erneuerung der Landwirtschaft

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts suchten einige Menschen nach neuen Wegen, um die Landwirtschaft aus ihrem „eigenen ethisch-moralischen Fundus heraus“ zu reformieren. Mit Fragen nach einer Metamorphose des Alten in das Neue traten sie an Rudolf Steiner (1861–1925) heran.[7]

Der Landwirtschaftliche Kurs (1924)

Die Antwort auf diese Fragen gab Rudolf Steiner Pfingsten 1924 auf dem Gut Schloss Koberwitz in Schlesien. In acht Vorträgen, die später den Titel „Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“ (Landwirtschaftlicher Kurs) erhielten, richtete er den Blick auf „Ideenzusammenhänge“ und rief die Schöpferkraft des Menschen in zwei Richtungen auf[8]:

  1. Nach innen: Um Ideen der Geistesforschung bildhaft zu denken und zum Erlebnis werden zu lassen.
  2. Nach außen: Um die Natur eines Ortes über das bloß Gegebene hinaus zur „Ganzheit einer Landwirtschaft“ zu gestalten.

Ackerbau als Verbindung von Kosmos und Erde

Nach Steiner erschließt diese neue Gesinnung den Kontext zwischen irdischen und kosmischen Beziehungen, zum Beispiel zwischen „Sonne und Blattgrün, Mondrhythmen und Witterungserscheinungen“.[9]

Der Ackerbau wird hierbei zum „künstlerischen Akt“, in dem der Boden zu einem inneren Erleben wird.[10] Ein zentrales Zitat Steiners verdeutlicht diesen künstlerischen Ansatz im Ackerbau:

„Kunst ist, wenn ein in der Anschauung lebendes Sinnliches und – in diesem verborgen – ein Übersinnliches sich in den Tiefen der Seele zu einem Erleben verinnerlicht und aus diesem Erleben sich in einem Äußeren darstellt.“[11]

Ziel dieses Impulses ist es, dem Menschen die Fähigkeit zu geben, etwas Neues zu schaffen, das die Erde bereichert:

„Fähig werden die Menschen dadurch werden, etwas zu schaffen, was die Erde bereichert, was neu ist auf der Erde, was ohne deine Fähigkeit [des Künstlers] nicht da gewesen wäre, was wie ein Zukunftssame ist auf der Erde.“[12]

Glossar

Entstehung
  1. „Die urpersische Kultur ist die Kultur, wo man sagen kann, dass überhaupt … zum ersten Mal wirklich Ackerbau betrieben worden ist. Und Ackerbau heißt Sesshaftwerdung.“ | Klett, M. Düngung, 1. Folge, 2018, 00:39:06

Einzelnachweise

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z | 0-9

  1. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 27
  2. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29
  3. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29
  4. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28
  5. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29
  6. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 30
  7. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 27f
  8. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28
  9. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28
  10. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28
  11. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 28. Bezieht sich auf die GA 271
  12. Klett, M.: Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Eine Landwirtschaft der Zukunft, S. 29