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Biodynamische Bienenkunde, Teil 1, ein Vortrag von Johannes Wirz, 2023
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Transkription des 1. Teil Artgerechte Bienenhaltung vom 18. Januar 2023
Einleitung und Gliederung des Vortrags 00:00:25
Johannes Wirz
Gut, also die Teile, über die ich gerne reden möchte, ist am Anfang, wie leben Bienen, ohne in einem Zusammenhang mit Menschen zu stehen? Oder wie haben Bienen 30 Millionen Jahre lang gelebt ohne den Menschen? Und ich glaube, dass man daraus Dinge lernen kann, aber wir müssen nicht alles, was die Natur macht, dann kopieren.
Ich würde gerne in einem zweiten Teil ein bisschen hinführen zu dieser sogenannten wesensgemäßen Bienenhaltung. Das ist eine Terminologie, die nicht Steiner gemacht hat, aber die auf den Arbeitervorträgen von Steiner beruht. Und dann erzählen, weshalb ich glaube, oder was das Besondere an dieser wesensgemäßen Bienenhaltung ist. Und dann gibt es den dritten Teil, vielleicht den wichtigsten, nämlich was sind die praktischen imkerlichen Tätigkeiten und Aspekte einer wesensgemäßen Bienenhaltung? Also Vermehrung im Schwarmtrieb, Naturbau, bla bla bla, wir kommen drauf.
Und wenn die Zeit reicht, würde ich gerne etwas über Krankheiten sagen, Bienenkrankheiten. Und insbesondere, und das kennt ihr wahrscheinlich alle, über diese Varroamilbe, die 1977 von einem deutschen Bienenforschungsinstitut unabsichtlich nach Europa eingeschleppt wurde. Aber die kam nicht einfach vom Himmel herunter, sondern von Bienenwissenschaftlern, und die sich dann in wenigen Jahren über den ganzen Globus verbreitet hat. Bis vor einem Jahr sagte man, nicht Australien. Aber jetzt ist dort per Zufall auch irgendwie ein Bienenvolk oder Völklein mitgekommen auf einem Frachter. Angekommen im Hafen hat man es entdeckt und ein riesiges Sperrgebiet gemacht von 20 Kilometern um diesen Hafen herum. Aber wir wissen aus der Vergangenheit, das hilft alles nicht. Also ich glaube, jetzt wird auch Australien als letzter Kontinent auch mit diesem Problem zu tun haben. Aber die Botschaft, die ich mitgeben möchte, ist nicht, wie kämpft man gegen die Milbe, sondern wie ermöglicht man eine Koexistenz, ein Miteinander der europäischen Honigbiene und dieser Varroamilbe. Und es besteht, glaube ich, gut berechtigte Hoffnung, dass es möglich wäre, wenn man sich entsprechend darauf einrichtet.
Das ursprüngliche Leben der Waldbienen 00:03:01
Johannes Wirz
Und wenn Fragen sind, einfach unterbrechen, wenn es zu schnell geht oder zu langsam, sagen. Und dann beginne ich also mit diesen Waldbienen oder Honigbienen in den Wäldern. Und ich habe hier ein Zitat von Wendell Berry gebracht, das klingt auf Englisch immer eleganter als auf Deutsch. Und er sagt, wenn ich das übersetze: Also wir können nicht wissen, was wir tun, bevor wir nicht gesehen haben, was die Natur tut, wenn wir nichts tun würden. Also es heißt, es lohnt sich, ein bisschen darauf zu gucken, wie leben Bienen, wie leben Rinder, wie leben Schweine, wie leben Schafe und Ziegen, bevor sie sozusagen in die Hand des Menschen gekommen sind. Und ich sage immer, und das werde ich im zweiten Teil versuchen, ein bisschen auszuführen, nicht wir Menschen haben die Tiere geholt, sondern die Tiere sind zu uns gekommen. Also man muss es ein bisschen anders denken.
Und jetzt also, wenn wir über wild lebende Bienen sprechen, in Mitteleuropa bis nach Russland, dann handelt es sich um die sogenannte dunkle Biene, Apis mellifera mellifera. Und die hat also noch bis vor 120 Jahren wirklich in Europa gelebt. Und dann kam aber ein Umschwung aus verschiedenen Gründen, dass nämlich die dunkle Biene durch die Kärntner Biene, also Apis mellifera carnica, ersetzt wurde, weil die größere Völker macht, mehr Honig bringt und so weiter. Und heute sind wir dran, diese Carnica-Biene zu ersetzen durch eine Hybrid-Biene, die Bruder Adam, also ein katholischer Priester in England, erfunden hat. Das sind Mischungen von Carnica, also der Kärntner Biene, der dunklen Biene und Ligustica, der italienischen Biene. Und Adam hat mal gesagt: „Gott hat die Bienen erschaffen, ich habe sie besser gemacht.“ Und Buckfast ist also so eine Hybrid-Biene und die machen noch größere Völker. Und es ist klar, je mehr Bienen in einem Stock sind, umso mehr Honig kommt rein. Also aus imkerlicher Praxis macht es irgendwie Sinn. Wir werden dann noch hören, wo die Probleme stecken, wenn die Völker riesig werden. Das ist am besten wie bei den Kühen auch.
Okay, das ist die Situation in einem Wald. In welchem Baum wohnt ein Volk? Das kann niemand wissen, das ist klar. Wer hat schon mal ein Volk gesehen als wildes Volk in einem lebenden Baum, in einer Baumhöhle? Einige Glückliche, vielleicht wurde es gezeigt. Ich war mal mit einem Freund, über den wir noch sprechen werden, in England unterwegs. Wir standen an der Bushaltestelle und er sagt: „Merkst du was?“ Dann sage ich: „Was soll ich merken?“ Dann zeigt er hoch und in 8 Meter Höhe sah man so kleine Punkte hin und her fliegen. Und das waren eben diese Honigbienen. Ein Volk, das dort lebte.
Und Tom Seeley, über den ich noch einiges sagen werde, in meinen Augen wahrscheinlich einer der genialsten Bienenwissenschaftler heute, von Kind auf war er irgendwie mit Bienen verbunden. Er hat als 16-Jähriger mal ein Inserat geschaltet in einer Zeitung an der Ostküste von Amerika und geschrieben, alle, die mir ein Bienenvolk zeigen in einem Baum, bekommen von mir ein Glas Honig. Und dann haben sich viele Leute gemeldet, so Waldspaziergänger, und die haben Bienenvölker gesehen, die immer so auf dieser Höhe waren. Wir gehen durch den Wald und gucken so in die Bäume. Und Seeley hat lange Zeit geglaubt, dass Bienenvölker im Wald auf 2 Meter über der Erde leben. Und hat erst später, als er das als Wissenschaftler systematisch untersucht hat, gesehen, Bienen leben in Höhen von 11 bis 15 Metern über dem Boden. Und ein Bienenvolk in 15 Metern Höhe zu finden, ist nicht gerade eine einfache Sache. Da braucht es Geduld und Ausdauer. Es gibt heute Methoden, wie man die findet, aber es ist ein Ding. Und wenn wir hier noch gucken, die Beleuchtung ist sehr schlecht hier, das ist jetzt eine Kiefer oder Föhre mit einem Bienenvolk drin. Diese ersten beiden Bilder stammen von Jonathan Powell, einem Freund, der sich mit Waldbienen in England beschäftigt. Und die Botschaft ist: In der Natur sind wild lebende Honigbienenvölker Einsiedler, unsichtbar und kaum in Kontakt mit den Menschen.
Ideale Nistbedingungen wilder Bienenvölker 00:08:17
Johannes Wirz
Bevor ich zu diesem Experiment gehe, das eben Tom Seeley gemacht hat, ein paar Worte, was wild lebende Bienenvölker suchen. Und das habe ich nicht auf einer Folie, ich erlaube mir, das hier anzuschreiben. Sie suchen Höhlen, Volumen Höhle, von 40 bis 60 Litern. Und es ist eine spannende Geschichte, wie entstehen Höhlen in Bäumen, wenn sie nicht der Mensch rein macht. Da bricht mal ein Ast ab, dann gibt es ein kleines Loch oder ein Schwarzspecht haut ein Loch in einen Baum. Wasser läuft durch das Loch ins Holz rein, es ist feucht, Pilze kommen, Moder entsteht und mit der Zeit wird diese Höhle größer und größer und größer. Und wenn sie dann eine Größe von 40 bis 60 Litern hat, man kann begründen, weshalb das die optimale Größe ist für Bienenvölker, zieht dann eventuell ein Bienenvolk ein.
Und dann gibt es eine spannende ökologische Geschichte. Der Schwarzspecht braucht, um seine Jungen zu füttern, Ameisen. Also der sammelt Ameisen, zerkaut die dann und füttert seine Jungtiere. Man weiß, dass es in Waldarealen, wo wilde Bienen leben, mehr Ameisen gibt. Weshalb? Weil ein Bienenvolk im Jahr, wenn man das umrechnet, ungefähr 20 Kilo Bienen ausstößt. Also wenn Bienen in einem Volk sterben, gehen die raus. Die Ameisen finden die toten Bienen, können mit diesen toten Bienen ihre Kleinen ernähren. Und der Schwarzspecht wiederum geht zu den Ameisenhaufen, um Ameisen zu holen, um seine Jungen zu füttern. Man merkt eigentlich so ein kleines ökologisches Netz, einen ökologischen Kreislauf, wo das eine für das andere, das andere für das dritte und das dritte wieder für das eine was leistet. Also sehr speziell.
Das ist die Höhle. Das Eingangsloch hat Seeley auch getestet. Flugloch heißt das. Rund ist besser als viereckig. Und die Größe etwa fünf Quadratzentimeter. Das ist der Eingang. Am liebsten unten in der Höhle. Weshalb könnte das so sein?
Publikum
Dass die Wärme nicht rauskommt.
Johannes Wirz
Ganz genau. Die Wärme steigt und wenn das Loch oben ist, geht die Wärme dort raus. Obwohl wir gleich sehen werden, dass die Bienen auch damit umgehen können. Dann Höhe. Die Höhe über dem Boden. Habe ich schon gesagt. Etwa sechs bis fünfzehn Meter. Und man kann sich fragen, weshalb? Ein Grund ist, dass die Honigliebhaber, Tiere, den Bären brauchen, um 15 Meter hoch zu kommen. Ich habe schon gesehen, dass Mäuschen sechs Meter einen Baum hochklettern, um an den Honig zu gelangen. Marder machen es. Bären machen es. Also ist einerseits sicher eine Art Weisheit, um sich vor Feinden zu schützen. Und andererseits ist es so, dass kranke und schwache Bienen zwar sehr leicht zum Loch rauskommen, aber dann diese Höhe von sechs bis fünfzehn Metern nicht mehr schaffen, um zurückzukehren. Also so eine Art Gesundheitsvorkehrung. So kann man das anschauen. Und das letzte vielleicht, Ausrichtung des Lochs. Vom Flugloch nach Südosten, Süden oder Osten. Und weshalb ist es so? Wer ist Gärtner, Gärtnerin? Wann beginnen die Pflanzen so richtig an zu wachsen und zu treiben? Am Morgen? Ich glaube, mit dem ersten Sonnenstrahl. Und abends spielt das Licht nicht mehr eine Rolle, das ist die Wärme, die diesen ganzen Stoffwechsel, Umsatzstoffwechselprozess am Leben erhält. Und bei den Bienenvölkern ist es auch so, sobald am Flugloch das erste Licht ankommt von der Sonne, beginnen die Bienchen zu fliegen. Und es ist ganz klar, dass in einem Flugloch, das eben nach Südosten ausgerichtet ist, also die Morgensonne schon reinkommt, Bienen, und das kann man messen, früher fliegen, als wenn man am gleichen Stand die Kiste umdreht und das Flugloch nach Norden oder sogar nach Nordwesten ausrichtet.
Tom Seeleys Experiment: Der Einfluss des Beutenvolumens 00:14:00
Johannes Wirz
Gut. Also das ist sozusagen das, was Seeley herausgefunden hat, was wilde Honigbienenvölker suchen. Und dann hat er gefragt, was könnte der Grund sein? Und er hat hier ein Experiment gemacht, ich weiß nicht, ob man es gut sehen kann, aber ich erzähle schnell. Er hat zwei Völkergruppen gebildet, und zwar im ersten Jahr, beide Völkergruppen mit einer Volksstärke von 2 Waben, das heißt 2 Waben mit Bienenbrut, da kommen wir später drauf, und 2 Waben mit Bienen. Und der Unterschied war, hier hat er ein Höhlenvolumen von 40 Litern zur Verfügung gestellt, und bei der zweiten Gruppe ein Volumen von 100 Litern. Wenn man das jetzt in Imkersprache umsetzt, dann entspricht das einer sogenannten Langstroth-Zarge. Lorenzo Langstroth war ein italienischer Priester, ist in die USA ausgewandert und war eigentlich einer der Begründer der modernen Bienenhaltung. Und hat dann dieses Beutenformat erfunden, das ist in den USA weit verbreitet. Aber der Unterschied ist, die eine Völkergruppe entwickelte sich in 40 Litern, die anderen hatten 4 dieser Zargen, das sind die Rahmen mit den Waben drin, von 160 Litern. Und dann hat er geguckt, wie schaut es dann im Folgejahr aus. Also stellt euch vor, 2022 baut man die Völker auf, 2023 untersucht man, wie sie sich entwickeln.
Und er hat gesehen, dass in diesem kleinen Volumen die Völker nur auf 10 Waben saßen, und hier, großes Volumen, viel Platz, saßen sie auf 34 Waben, also fast das Vierfache. Das heißt, diese ganzen 160 Liter waren mehr oder weniger besetzt. Erste Botschaft: kleine, enge Höhlen, kleine Völker, große Höhlen, wie wir sie uns als Imker alle wünschen, große Völker heißt viel Honig. Dann hat er geguckt, wie ist es mit den Brutwaben. Brutwabe heißt, auf den Waben, wo die Königin Eier legt, und sich dann die Larven entwickeln, verpuppen und neue Bienchen schlüpfen. Und auch hier sieht man einen gewaltigen Unterschied, nämlich da saß das Volk auf 5 Waben, hatten die Brut, und in dieser Völkergruppe hatten die auf 10 Waben Brut. Also doppelt so großes Brutnest, hier wie da.
Und dann sehr interessant, das wird uns noch beschäftigen, wenn wir über Varroa sprechen. Die Völker in einem kleinen Volumen, 4 von 5 Völkern sind geschwärmt, also über 80 % haben Schwärme abgegeben. Schwärmen heißt, auch später mehr Details, die alte Königin verlässt mit der Hälfte der Bienen die Behausung, und zurück bleibt das Rest- oder Tochtervolk mit einer jungen, noch unbegatteten Königin. Im großen Volumen waren es weniger als 20 %. Also mehr als 4 mal seltener sind diese Völker geschwärmt, einfach weil sie so viel Platz hatten.
Und jetzt, was ist die Folge des Schwärmens für die Gesundheit der Völker? Seeley hat hier, also Seeley, das ist ja immer so, der Professor hat natürlich Studentinnen, Studenten, übrigens sehr viele Studentinnen, die diese aufwendigen und wirklichen Versuche gemacht haben, die auch sehr viel Sorgfalt brauchen. Und er hat gesehen, wenn man jetzt Bienen rausnimmt, 100 oder 200, und guckt, auf wie vielen Bienen diese Milbe sitzt, wir werden ein Bild der Milbe später sehen, dann hat er gesehen, dass auf einer von 100 Bienchen eine Milbe saß, hingegen da auf 6 von 100 Bienen. Also 6 mal mehr Milben aufsitzen auf den Bienen. Und dann kann man mit organischen Säuren, das ist nicht so wichtig wie, alle Milben, die in einem Volk sind, runterholen. Die fallen dann einfach ab, dann kann man die zählen. Und dann hat er entdeckt, dass hier ungefähr 170 Milben waren. Man sieht übrigens eine wahnsinnige Standardvariation. Das heißt, es gab Völker mit sehr viel mehr Milben und Völker mit wenigen. Das hat mit der Statistik zu tun, das brauchen wir nicht zu besprechen. Und da drüben waren es 10 mal mehr Milben. Also kleine Völker, wenig Milben, große Völker, sehr viele Milben.
Die Folge davon ist, wenn man ein bisschen in die Biologie der Milbe hineingeht, dann ist es nicht nur so, dass die Hämolymphe, also Bienenblut, oder aus dem Fettkörper sich ernähren, sondern sie übertragen auch immer wieder Bienenviren. Ungefähr 10 verschiedene. Und da gibt es ein Virus, dessen Symptome man sehr gut erkennt, das DVW, deformierte Flügelvirus, wo die Bienen einfach verkrüppelte Flügel haben. Wenn sie im Baum wären, gehen sie raus, kommen sehr gut auf den Boden, aber nicht mehr zurück. Und da gab es also keine Bienen mit sichtbar deformierten Flügeln. Und da drüben ein Drittel aller Bienen. Also eine von drei Bienen hatte diese Symptome dieser Viruserkrankung.
Wenn man das anschaut, kann man ein paar Dinge verstehen. Erstens, die Kleinheit der Völker hat großen Einfluss auf dieses Gesundheitsverhalten Schwärmen. Das Zweite ist, es gibt natürlich in kleinen Völkern sehr viel weniger Milben und es gibt sehr viel weniger Krankheiten. Also man kann sagen, dass die Bienen in dieser langen, millionenjahrelangen Entwicklungsgeschichte es zustande gebracht haben und es übrigens bis heute können, das werden wir sehen, mit allen möglichen Krankheiten umzugehen. Erstaunlich.
Und dann ist noch etwas, was hier nicht notiert ist. Es ist klar, dass große Völker sehr viel Honig eintragen, aber sie brauchen auch sehr viel Honig, um sich am Leben zu erhalten. So eine Kennzahl, ein Bienenvolk trägt in guten Jahren vielleicht 120 Kilo Honig ein, davon braucht es ungefähr 90 Kilo selber und 30 Kilo kann der Imker ernten. Und wenn dann Situationen sind, wie zum Beispiel letztes Jahr bei uns in der Nordwestschweiz, absolut trocken, der Nektar war so dick, dass die Bienen ihn nicht mehr abnehmen konnten in der ersten Phase des Sommers und in der zweiten waren einfach alle Pflanzen dürr. Und dann ist ein Volk, das so groß ist, braucht im Durchschnitt ein halbes Kilo Honig pro Tag, um sich am Leben zu erhalten. Und ein kleines Volk entsprechend weniger. Und wenn wir überlegen, da gab es also 20 Tage ohne Honigeintrag, das sind also einfach 10 Kilo Honig weg. Und wenn der Imker nicht aufpasst, und das passiert leider immer wieder, wenn man zu wenig aufmerksam ist, ist die Notsituation, sterben die schönsten, größten Völker am schnellsten. Das ist sozusagen eine Art Tatsache. Ich möchte das ein bisschen zeigen, dass hinter diesen Zahlen, die wir da gesehen haben, eine Weisheit steckt, gut zu leben, viel zu schwärmen, das ist gut für die Gesundheit, werden wir sehen, und eben nicht Unmengen Honig eintragen zu müssen, um zu überleben.
Publikum
Könnte es auch möglich sein, dass in einem kleineren Heim mehr Propolis aus den Wänden sind, die sie schützen?
Johannes Wirz
Ja, das ist eine interessante Frage. Ich weiß nicht, ob die Größe hier eine Rolle spielt, aber der Unterschied zwischen Bienen in Bäumen und Bienen in Kästen besteht tatsächlich darin, dass in den Bäumen Riesenmengen Propolis, das ist Knospenharz von verschiedenen Baumarten, holt man dieses Harz weg, dann wird es in eine Art Propolissubstanz verwandelt, das heißt mit Drüsensekreten der Bienen selber, und der ganze Baum wird ausgekleidet mit diesem Propolis, mit diesem Kittharz. Propolis ist die magischste aller Bienensubstanzen, magischer als Honig, ich finde auch magischer als Wachs, und ist eine Substanz, die nachweislich antiviral wirkt, gegen die Bakterien, also antibakteriell, und gegen Pilze, antimykotisch, also gegen Pilze. Das heißt eine Art sozusagen permanente Sterilitäts- oder Pathogenentfernende Substanz.
Und wenn man das genau anschaut, dann kommt etwas sehr Spezielles dazu. Weshalb diese Mengen Propolis? Bienen in Bäumen, das werden wir später sehen, ihr müsst euch vorstellen, 20 cm Holz ums Volk, die sitzen ewig in diesen Bäumen, bevor sie fliegen, und unten auf dem Boden, bei unten 2,5 bis 3 cm Bienenkisten, ist längst Flug. Die Bienen in Bäumen fangen aber gleich wie die in Bienenkisten jetzt im Januar an zu brüten. Und wenn sie brüten, brauchen sie Wasser, um den Honig zu verflüssigen, der dann in dieser Brut gefüttert wird, unter anderem. Und im Baum fließt das Kondenswasser, ihr müsst euch vorstellen, das ist ziemlich eng, dicht, ist also sehr feucht, fließt an den Wänden runter, und weil es über die Propolisschicht fließt, ist es keimfrei. Das heißt also, die Bienenlarven werden nicht permanent noch mit Bakterien oder Pilzsporen gefüttert. Also absolut genial. Und was der Imker machen kann, um zurückzukommen zur Frage, ist in den Bienenkisten dafür zu sorgen, dass die Innenwände nicht gehobelt oder sogar geschliffen sind, sondern nur gesägt. Also je rauher, je unregelmäßiger die Oberfläche ist an den Wänden, umso mehr Propolis wird an die Wände geschmiert. Und wenn man dann schaut, wie das Bienenvolk lebt, dann werden jeden Tag alle Kanten der Zellen auf den Waben mit Propolis neu bestrichen. Also eine unglaubliche Sorgfalt und Ausdauer beim Schaffen eines gesunden Klimas.
Das Projekt zur Wiederansiedlung von Waldbienen 00:25:42
Johannes Wirz
Gut, also ich glaube, das ist so eine allgemeine Einführung. Und jetzt möchte ich doch ein paar Worte sagen zu einem Projekt, das ich jetzt seit dem vierten Jahr betreue, bei uns in der Nähe. Es wurde von einem Förster initiiert, der seit mehr als 20 Jahren versucht, zehn Quadratkilometer Wald ökologisch umzubauen. Also mit vielen Hecken, mit dem Verzicht in Lichtungen, wo Landwirtschaft gemacht wird, Pestizide und Fungizide einzusetzen usw. Und er hat sich irgendwann nach einem Vortrag über Waldbienen entschieden, ich möchte auch Bienenvölker in meinem Wald haben. Und die Frage, die in diesem Projekt zuvor steht, ist, können die ohne Hilfe des Menschen überleben? Und das haben wir gestartet. Und was ihr hier seht, das ist alles ein bisschen undeutlich, das ist sozusagen der Revierforst. Da haben vier Gemeinden in der Schweiz zusammen einen Forstbetrieb gegründet, den er leitet. Und in dieser großen Fläche haben wir an diesen Orten, wo diese roten Punkte sind, entweder Klotzbeuten aufgehängt, wir werden gleich ein Bild sehen, von einer Klotzbeute, oder Bäume ausgehöhlt in vier bis siebeneinhalb Meter Höhe. Und natürlich muss man sich vorstellen, drumherum gibt es unendlich viele Imker, mit noch unendlich viel mehr, noch mehr Völkern. Also es ist jetzt nicht eine natürliche Situation, aber im Projekt haben wir gesagt, wir wollen ungefähr zehn Völker pro zehn Quadratkilometer. Das ist die natürliche Völkerdichte in normalen Situationen, ungefähr ein Volk pro Quadratkilometer. Und ich habe in Dornach, ich bin jetzt bis Dezember Leiter der naturwissenschaftlichen Sektion gewesen, auch Bienenvölker. Und dort rechnet man mit 50 bis 100 Völkern pro Quadratkilometer. Also Massentierhaltung im Vergleich zur natürlichen Situation.
Die wurden also ausgehöhlt und aufgestellt. Und es ist wirklich eine Art Magie. Ich weiß nicht, ob ihr es erkennen könnt. Hier seht ihr eine Linde, alte Linde. Und da haben wir mit einem Handkran eine 220 Kilo schwere Klotzbeute hochgezogen. Und wenn man da so spaziert, es geht mir auch, wenn ich es schon tausendmal gesehen habe, noch so, kommt auf diese Lichtung wie die und sieht das, denkt man irgendwie, puh, sehr speziell. Wenn man die Bienen betreuen muss oder Schwärme einlogieren, dann gibt es so zwei Teile in mir. An guten Tagen finde ich es fantastisch und an schlechten Tagen bin ich froh, wenn ich wieder unten stehe. Also es ist nicht gerade die bequemste Art zu imkern. Ganz klar. Und wie man da Schwärme einlogiert, da könnte man Geschichten erzählen. Brett am Bauch zum Loch hin und dann stößt man den Schwarm drauf und die laufen da fröhlich, hoffentlich fröhlich, in diese Höhle rein.
Also wir haben am Anfang nur Klotzbeuten gemacht, weil man geglaubt hat, es gibt relativ wenig Bäume, die geeignet sind. Weil mit dem Waldgesetz vor 150 Jahren hat man gesagt, man darf Bäume, wenn sie 80 Jahre alt sind, fällen. Und früher hat man Bäume auch mal 200 oder 300 Jahre lang wachsen lassen. Und für eine Höhle von 40 Litern, das ist jetzt die Erfahrung von einer jahrhundertealten Tradition der Zeidlerei in Russland, der Baum sollte unten ungefähr einen Meter Durchmesser haben, weil dann hat er oben auf 6 Metern, 8 Metern noch 80 Zentimeter. Dann ist dort ein Loch drin, 35 Zentimeter Durchmesser und um dieses Loch eben 20 bis 30 Zentimeter Holz. Und es ist eine völlig andere Sache, ob es Totholz ist, wie bei der Klotzbeute, oder ein lebendiger Baum. Wir hatten jetzt sehr heiße Sommer bei uns und diese Temperaturunterschiede oder diese heißen Temperaturen haben dazu geführt, dass ein paar Beuten, diese Holzklötze, richtig auseinandergerissen wurden. Also das Holz arbeitet extrem. Und es waren so große Spalten, wo Bienen und Hornissen und Wespen die ganze Zeit nach den Bienen und dem Honig geguckt haben. Und im Baum, auch wenn man so einen Schlitz macht, fängt man mit der Kettensäge an, macht man so Lamellen rein und mit Spezialwerkzeugen holt man das Holz raus, der macht so ein bisschen so, bei Wärme und bei Kälte. Also kein Riss, nichts. Gewaltiger Unterschied schon rein physikalisch in Bezug auf die Stabilität der Behausung. Und ich denke, irgendwie vom Lebensmäßigen her auch ein Unterschied, ob man von Leben umflossen ist. Jetzt wisst ihr ja, die Säfte steigen immer unter der Rinde oder ob da nichts mehr läuft. Und wenn man Temperaturen misst in Völkern, in Höhlen mit und ohne Bienen, dann merkt man, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, wie dick die Isolierung ist.
Und das zweite Interessante, das war für mich irgendwie kontraintuitiv. Bäume mit Höhlen, wo Bienen drin leben, werden älter als Bäume ohne Höhlen, ohne Bienen. Da denkt man, wie ist das möglich? Und das, ich wusste das nicht, bin kein Physiker, wurde mir gesagt, stellt euch vor, ihr hättet eine Eisenstange, Volleisen so dick, und ihr habt ein gleiches Stück, aber ein Rohr, mit einer Wandstärke von zwei oder drei Zentimetern. Das Rohr trägt mehr Last und ist stabiler als das Volleisen. Also irgendwie spannend. Das ist der eine Grund, die Bäume krachen seltener. Und das zweite ist, wenn Bäume mit Höhlen von Bienen bewohnt sind, kommt diese Propolis in das Loch, und diese Propolis stoppt die Vermoderung des Kernholzes. Also man merkt irgendwie, genial, weisheitsvoll.
Erkenntnisse aus natürlich entstandenen Baumhöhlen 00:33:00
Johannes Wirz
Und jetzt haben wir natürlich nicht nur diese Klotzbeuten aufgehängt und Schwärme reingemacht, sondern wir haben geguckt, was kommt an Pestiziden rein, also Rückstandsanalysen wurden gemacht, wenn man Honig hatte, und sehr wichtig für uns, wir haben auch Pollenanalysen im Honig durchführen lassen. Das ist sozusagen ein Spezialberuf, wo Fachleute einfach mit dem Mikroskop die Pollenart und die Menge der Pollen untersuchen können. Und es gibt einen Hinweis darauf, wo die Bienen ihren Honig holen. Ist es mehr im Wald, ist es mehr auf den Wiesen, ist es mehr in den Hecken.
Und jetzt kommt ein Ding, das habe ich auch nicht geglaubt. Ich habe gesagt, hier, optimale Größe von der Höhle, wenn die Bienen wählen können, 40 bis 60 Liter. Im Laufe der drei Jahre, in denen wir dieses Projekt gemacht haben, hatten wir extreme Witterungssituationen. Ich glaube, 2019 war der heißeste Sommer, seit man überhaupt angefangen hat, Temperatur zu messen. Und das Besondere oder vielleicht das Tragische war, dass die schönsten, größten, ältesten Bäume, die weit aus der Krone hinausgewachsen sind von den jüngeren Bäumen, die bekamen einen sogenannten Sonnenbrand. Das heißt, die Sonne war so heiß, dass die ganze Lebensschicht unter der Rinde, das Kambium, kaputt ging. Diese Bäume sind todgeweiht. Und dann gab es sogar Situationen, wo Waldareale abgesperrt werden mussten zur Sicherheit von Waldspaziergängern. Und in der Folge wurde der Forstbetrieb gebeten, diese alten und jetzt absterbenden Bäume zu fällen. Und dann wurde der erste Baum gefällt, eine 30 bis 40 Meter hohe Buche, im November. Die knallte runter, Bienen flogen raus. Niemand hat diese Völker jemals gesehen. Zehn Meter über dem Boden, einfach so ein Loch. Und ihr seht, das Loch hatte auch viel mehr als diese fünf, das sind, glaube ich, 15 Quadratzentimeter, also ein riesiges Loch.
Und dann mussten die Lehrlinge, die Forstlehrlinge, in das Loch Wasser einfüllen, um das Volumen zu bestimmen. 220 Liter hier. Ein Baum an einem anderen Ort, fiel auch eine Buche. Da haben wir Waben gefunden, 180 Liter. Und ein dritter Baum musste auch gefällt werden. Da wusste man, dass Bienen drin sind. Die flogen auch weg, 160 Liter. Das heißt, wenn es Not gibt, nehmen sie auch riesige Höhlen und sie nehmen auch kleine Höhlen. Wahrscheinlich kleine Höhlen häufiger als große. Und wenn eine Höhle nur 20 Liter hat, gibt es zu wenig Platz für Futtervorräte für den Winter und genügend Wabenflächen, um die Brut zu entwickeln. Wir kommen dann darauf. Also die können nicht überleben.
Und das Geniale hier war dann, ihr müsst euch vorstellen, jetzt gehe ich wieder zur Tafel, da war der Baum mit einem riesigen Loch, riesige Höhle. Und hier war das große Loch hier oben. Und was machen die Bienen? Die bauen hier den Rand entlang ihr Wabenwerk. Etwa fünf, sechs Waben. Die sind einfach nur an der Wand fixiert. Wabe, zick, zick, zick, zick. Und dann haben sie oben, ihr müsst euch vorstellen, das ist die Wabe. Dann gibt es hier die sogenannte Wabengasse. Die haben sie dann zugemacht mit Wachs. Das heißt, sie haben selber eine Art Wärmebarriere hergestellt, damit im Winter die Wärme nicht da rausgeht. Das war also wie eine Art Isolation, die sie selber hergestellt haben. Also man merkt, sie können mit den widrigsten Umständen umgehen. Und wenn man eben von 40 und 60 Litern spricht, kann man dann in der Natur sehen, dass eigentlich jede Höhle, die irgendwie noch geeignet ist, eventuell von Bienen besetzt wird. Und wir haben mittlerweile etwa vier oder fünf solcher Bäume beim Werkhof aufgestellt, wo die Leute, wenn sie dort zu Besuch kommen, sehen, was in der Natur möglich ist. Und dann zeigen wir ihnen im Projekt unsere Klotzbeuten und unsere Bäume, wo die Völker drin leben.
Und hier so ein kleiner Eindruck in einer Klotzbeute. Die ist vielleicht fünf Meter oben in einem Baum festgezurrt, so wie wir das auf dem ersten Bild gesehen haben. Und in dem Baum kam ein Schwarm rein, ein Naturschwarm, der bei einem Imker abgehauen ist, diese Höhle gefunden hat und hat hier in weniger als drei Wochen diese Waben gebaut. Und ich muss euch sagen, normalerweise bauen die Bienen ganz im Lot. Wirklich wie mit einem Senkblei gemessen. Und wir haben geglaubt, dass dieser Klotz auch im Lot war. Aber wie ihr seht, gehen die Waben so. Ich weiß nicht genau, was da passiert ist. Wahrscheinlich eine Störung im Gravitationsfeld der Erde. Ich weiß es nicht. Aber so schaut es also aus, wenn man da aufmacht. Und ihr merkt schon, man sieht nicht so viel. Wir werden dann sehen, was man sieht, wenn man die Waben ziehen kann. Und hier ernten wir, wenn es geht, Honig. Und es gibt so eine Regel, der Honig wird immer über dem Volk eingelagert und das Brutnest wird nach unten gezogen. Und ich hole da auch regelmäßig Bienen raus, um die Milben zu zählen, die sich in diesen Völkern entwickeln. Und jetzt hat es die Natur oder die Weisheit der Völker so eingerichtet, dass die den Honig zuerst auf der anderen Seite einlagern. Also das heißt Spundloch in der Zeidlersprache, diese Höhlung. Der Honig ist da hinten. Und wenn die Waben so stehen, kommt man nicht dran. Also es muss richtig viel Honig da sein, dann kann man hier oben ein Stück Wabe rausschneiden und ein Teil der Wabe in das Labor schicken für Rückstandsanalysen. Es gibt übrigens fast keine Fungizide und Pestizide in dieser Region. Und der andere Teil geht in ein Labor, wo eben eine Expertin dann die Pollen, die im Honig sind, analysiert. Und Milben, wie macht man das? Ich habe einen Akkustaubsauger, sauge da Bienchen weg, so 100 Milliliter. Und dann gibt es eine Methode mit Puderzucker, wo man die Bienen richtig einpudert. Und dann können sich die Milben nicht mehr gut festhalten im Haarkleid der Bienen. Und dann kann man die rausschütteln und zählen. Also sehr aufwendig und zum Teil sehr mühsam, diese Versuche alle durchzuführen.
Erste Ergebnisse und Herausforderungen des Projekts 00:41:15
Johannes Wirz
Ist das irgendwie klar? Ja. Und wie man die baut, es gibt Klotzbeuten-Baukurse. Es gibt Leute, die glauben, es sei die Zukunft der Imkerei. Ich sage, vergesst es, aber da kommen wir noch drauf. Es ist wunderschön, das zu sehen, aber es ist nicht gerade die Art und Weise, wie Imker arbeiten wollen. Und ich sage immer, es ist eigentlich ähnlich wie bei den Kühen. Wir wissen, dass die Rinder ursprünglich im Wald gelebt haben. Also die Vorfahren unserer Kuhrassen waren Waldtiere. Es käme keinem Bauern in den Sinn, abends mit dem Melkeimer im Wald Tiere zu suchen, sondern er holt sie in den Stall. Und da sagt niemand, das ist nicht mehr art- oder wesensgerecht, sondern selbstverständlich muss man es so machen. Und dieser Weg vom Baum auf den Boden, da werden wir noch ein bisschen drüber sprechen, ist auch so ein Vorgang, dass wenn Tiere in die Obhut des Menschen kommen, oder ein Mensch in die Obhut der Tiere, ich weiß nicht so genau, wie es ist, dann macht man nicht alles genauso, wie es draußen in der Natur ist.
Und hier habe ich zusammengestellt, was so passiert. Und man sieht, wir haben 19 begonnen mit 4 Völkern. Das war ein Naturschwarm, der ist selber eingezogen. Das sind Schwärme, die ich einlogiert habe hier. Und von diesen 4 Völkern, die alle am Ende der Bienensaison noch gelebt haben, war im nächsten Frühjahr nur ein einziges Volk, das überlebt hat. Also wir hatten einen Ausfall hier von 75 %. Wenn man schaut, was in der Natur passiert, ist es genauso. Wir wissen heute, dass wenn ein Bienenschwarm auszieht, eine neue Höhle findet und dort das Wabenwerk bauen muss, 80 % aller dieser Völker aus Schwärmen im ersten Winter sterben. Hingegen, wenn mal das Wabenwerk schon da ist, also ein Volk in den zweiten Winter geht, sterben nur noch ungefähr durchschnittlich 20 % der Völker. Wir wissen nicht genau, weshalb sie das so machen. Wir würden ja sagen, es ist absurd, so viele neue Völker zu produzieren, wenn dann so viele sterben. Aber offensichtlich gehört es zur Überlebensstrategie in der Natur, möglichst viele neue Völker zu machen, um dann mit den wenigen, die überleben, ins nächste Jahr zu starten.
Dann haben wir hier einen Schwarm einlogiert. Dieser Schwarm ist vier Wochen später wieder geschwärmt, hat überlebt und ist auch im Jahr darauf noch ein Volk gewesen. Da war der Schwarm, der überlebt hat, dieses Volk hat geschwärmt und das Restvolk in der Kiste ist gestorben. Wenn man das genau anschaut, 2020 war es sehr schwierig, weil in der Schwarmzeit plötzlich die Temperaturen unglaublich zurückgingen. Das heißt, die Königinnen auf ihrem Hochzeitsflug, Begattungsflug, wurden wahrscheinlich nicht so gut begattet. Dann ist hier auch wieder ein Naturschwarm, von selber eingezogen, hat nicht überlebt. Und da hat hier noch ein Schwarm, den ich einlogiert habe, überlebt. Also da hatten wir Verluste von 60 %. Und 2021 schaute es am Ende des Bienenjahres so aus, dass es noch ein bisschen besser war. Ich brauche jetzt nicht mehr alles zu kommentieren, aber wir haben diese Völker nicht gefüttert. 2022, also letzten Frühling, alle Völker weg. Das war dieser sehr trockene Sommer, wo die Bienen keinen Nektar gefunden haben. Und wenn da der Imker nichts unternimmt, verhungern sie. Und tatsächlich können wir ein bisschen sehen, ob Völker verhungern oder ob sie wegen Krankheiten zugrunde gehen. Also wir sind jetzt im vierten Jahr, wir wissen noch nicht, ob es klappt. Wir haben jetzt in der zweiten Projektphase beschlossen, alle Schwärme, die wir einlogieren, im ersten Jahr richtig tüchtig zu füttern. Das ist eine Mischung mit Zucker, Honig und Kräutertee. Und dann erst ab dem zweiten Jahr sich selber zu überlassen. Um diese 80 % Verluste, die es natürlicherweise gibt, zu vermeiden. Weil wir können natürlich nicht 20 Jahre lang immer neue Schwärme machen, gucken, ob dann eventuell mal eine Population von Waldbienen sich etabliert. Die finanziellen Projektmittel sind da beschränkt.
Der Wandel des Waldes als Lebensraum 00:46:44
Johannes Wirz
Und jetzt möchte ich gerne zur Frage kommen, wie konnten Bienenvölker in der Vergangenheit überleben und weshalb überleben sie heute nicht? Und es ist ganz klar, jedes Tier braucht eine Umgebung, die ausreichend Schutz bietet, Gelegenheiten, wo man relativ ungestört die Jungen gebären kann und aufziehen. Und ein Gebiet, das die Nahrung für das ganze Jahr zur Verfügung stellt. Und wenn es irgendwo Lücken gibt, das ist bei Kühen nicht anders als bei Bienen, dann gibt es große Probleme. Und zu meinem Erstaunen, es tut mir leid, dass es auf Englisch ist, das kommt aus einem Vortrag, den ich mal für englischsprachige Leute gemacht habe, hat man gesehen, dass eben vom 15. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, also des vorletzten Jahrhunderts, die Wälder, wenn man von Wäldern gesprochen hat, so ausgeschaut haben. Also die Waldkrone, geschlossene Waldkrone, war nur auf 60 Prozent der Wälder wirklich geschlossen und auf den 40 anderen Prozent waren sie offen.
Und es ist hier ein bisschen schematisch angedeutet. Offene Flächen, hier kann unter bestimmten Bedingungen zum Beispiel eine Heide entstehen, wunderbare Trachtpflanze. Hier dazwischen, wir kennen es, wenn große Orkane da gewesen sind, also Lothar ist einer, den ich noch erinnere, weil ich schon geimkert habe, waren riesige Flächen, einfach alle Bäume weg. Und was kommt, wenn Licht auf den Waldboden fällt? Es wachsen wieder Blütenpflanzen und insbesondere Himbeere und später Brombeere, die total besten Nektarpflanzen für die Bienen. Und so muss man sich das vorstellen, also viele offene Flächen mit vielen Blütenpflanzen, dann sehr viele alte Bäume. Es ist erstaunlich, eine Linde kann 600, 800 Jahre alt werden. Wir haben in der Nähe von Dornach einen Eichenhain von Menschen gepflanzt, tausendjährige Eichen. Und es ist magisch, wenn man dorthin geht, die sind alle hohl. Das sind Bäume, die sind, man braucht vielleicht vier oder fünf Leute, um überhaupt unten am Boden diesen Stamm zu umfassen. Man kann reingehen, es ist so ein bisschen wie ein Zelt. Und innen drin eine wahnsinnig feine Erde, die bei diesem Moderprozess entsteht und lebendig wird der Baum immer an der Peripherie. 800 Jahre, also, dann denkt man, was haben die, oder tausend Jahre, was haben die alles gesehen? Tausend, im 11. Jahrhundert, Pferde, Schlossherren, Leibeigene, bla bla bla. Dann irgendwie, der wurde angelegt, um Schweine zu füttern. Das war also eine der Aufgaben von diesem Eichenhain, Futterbereitstellung für Tiere. Es ist übrigens auch so, dass diese Situation nicht nur durch Stürme entstand, sondern durch natürliche Waldbrände, durch sehr viel Großwild und eben später durch Waldbeweidung, wo also nicht nur Schweine, sondern auch Rinder, Schafe, besonders Ziegen, in die Wälder getrieben wurden, um dort noch etwas zu fressen. Also es ist eine ganz spezielle Situation.
Und heute eben werden die Bäume 80 Jahre, nach 80 Jahren dürfen sie geschnitten werden. Und dann kann man auch, und das ist für den Förster interessant, ist die Frage, wie viel Holz kann man aus einem Areal im Jahr rausnehmen. Und in diesen Wäldern war es so, dass der Holzvorrat pro Jahr ungefähr 160 Kubikmeter war. Und dann eben Vielfalt von Bäumen, viele alte Bäume, und viele alte Bäume haben auch eher Höhlungen als die jungen Bäume.
Und dann kam 1850 ein neues Waldgesetz, und es tönt übrigens ein bisschen wie die Bill Gates Stiftung in Afrika sagt, wir müssen Landwirtschaft profitabel machen, was dazu führt, dass die kleinen Bäuerinnen und Bauern verschwinden, und man eben Cash-Crops anbaut, Mais, Soja und so weiter, Monokultur mit allen Pestiziden und so. Hat man auch beim Wald gesagt vor 150 Jahren, der muss profitabel werden, also ökonomisch profitabel. Und dann hat man angefangen, eben die Zeit des Fällens zu verkürzen, hat gesagt, wir brauchen schnell wachsende Baumarten, und der Roger Zimmermann, der Förster von diesem 10 Quadratkilometer großen Revierforst, hat gesagt, als er Ende der 80er Jahre angefangen hat, seine Ausbildung abgeschlossen hatte, hat es geheißen, es gibt zwei Bäume in unseren Wäldern, die Buche und die Tanne und vielleicht noch die Rottanne. Und davor waren Linden, Traubenkirschen, Eschen, Erlen, alles war da drin. Und dann hat man das reduziert, also auch da eine Art Monokultur, und hat dann eben geschlossene Waldflächen gemacht, die alten Bäume fielen zunehmend weg, es gab wenig Licht auf dem Boden, das heißt wenig Blütenpflanzen, und für Bestäuber, nicht nur die Honigbienen, alle anderen, ein großes Problem. Und dafür konnte man dann eben zwischen 300 bis 500 Kubikmeter Holz ernten, also das Drei- bis Fünffache von zuvor. Und dann natürlich eben eine Reduktion der Baumarten, und immer weniger alte Bäume, und das heißt auch weniger Höhlungen.
Also so ein bisschen ein Einblick, die natürliche Geschichte der Honigbiene, als die Wälder noch in einem paradiesischen, das heißt nicht profitablen Zustand waren, der Übergang zu diesen Wirtschaftswäldern, viel Holz produziert, und übrigens, die Geschichte holt uns ein. Energiekrise, wir haben es alle gehört, CO2-neutrale Energieproduktion, der Druck auf die Wälder wird in den kommenden Jahren wieder massiv zunehmen. Und es ist nicht sicher, auch in diesem Revierforst, ob diese Ökologisierung des Waldes fortgesetzt werden kann. Jetzt mit einer anderen Begründung als viel Geld rausholen, sondern viel CO2-neutrale Energie produzieren können.
Unterscheidung: Artgerechte vs. Wesensgemäße Bienenhaltung 00:54:17
Johannes Wirz
Gut, und dann möchte ich hier einfach am Schluss noch ein bisschen zusammenfassen, und das sollte dann in die nächste Einheit überleiten. Wir haben in den letzten Jahren aus Gründen, die ich nicht verstehe, ewig Streit gehabt zwischen der Frage, wie dürfen, müssen Bienen gehalten werden. Und es gab eine sehr, wie soll ich sagen, ziemlich aggressive Wald-Imker-Gruppe, die gesagt hat, wesensgemäß, was ich meine, was wir tun in der biodynamischen Bienenhaltung, sei eigentlich nur, Bienen in Bäumen halten. Und ich war der Meinung, es ist völlig absurd, es sind eben zwei verschiedene Bienenhaltungen, die eine habe ich artgerecht genannt, das ist das, was natürlicherweise, was die Bienen ohne den Menschen machen, wie das Wendell Berry am Anfang gesagt hat, und wesensgemäß, das heißt bei uns, und wir werden es im Detail am Nachmittag noch anschauen, wenn der Mensch die Bienen pflegt, und was sind da die Unterschiede.
Und die habe ich hier gelistet. Also wir beide vermehren die Völker nur über den Schwarmtrieb. Wenn man hier wesensgemäß auf konventionell ersetzen würde, müsste man hier sagen, keine Schwärme. Die konventionellen Imker wollen keine Schwärme und setzen alles daran, dass es keine Schwärme gibt. Und die Schwärme, die in unserem Waldbienenprojekt in unsere Bäume einziehen, kommen von Imkern, die eigentlich keine Schwärme wollen. Ist ein bisschen ein Paradox. Aber ist verständlich aus imkerischer Perspektive. Weil wenn man mal eine Königinnenzelle übersieht, die alle immer rausgenommen werden, schwärmt halt das Volk.
Und dann das Zweite. Artgerecht, also in Bäumen und bei uns, das Wabenwerk soll im Naturbau errichtet werden. Das heißt, die Bienen bekommen eine Höhle oder leere Rähmchen und dürfen ihre Waben selber bauen. Wenn hier konventionell stehen würde, würde es heißen, Mittelwandbau. Das sind diese vorgefertigten Wachsplatten, die man den Bienen gibt, wo sie dann die Zellen nur noch ausziehen müssen. Weshalb macht man das? Ein Kilo Wachs, das ist ungefähr das Wachs, das ein Volk braucht, um alle seine Waben zu bauen, braucht 10 Kilo Honig. Wenn wir ihnen das sozusagen vorfertigen, das Wachs mit Mittelwänden, ernten wir 10 Kilo Honig mehr. Der einzige Grund.
Dann Königinnen, bei uns. Und, also artgerecht und wesensgemäß, Standbegattung. Standbegattung heißt, das Volk schwärmt. Im Volk, das in der Kiste oder im Baum bleibt, sind junge, unbegattete Königinnen. Die gehen raus, suchen die sogenannten Drohnen-Sammelplätze. Ich weiß nicht, wie die zustande kommen. Die Drohnen von ganz vielen Völkern kommen zusammen, so eine ganze Wolke bilden und die Königinnen fliegen in diese Wolke rein. Und sind immer begleitet. Das ist irgendwie wie Air Force One. Wenn der amerikanische Präsident losfliegt, ist er auch begleitet von anderen, die gucken, dass nichts passiert. Dann kommen sie zurück und werden vom Stand aus begattet. Wir werden noch sehen, was die Vorteile sind. Wenn das konventionell wäre, würde man hier sagen, gibt es nichts mehr. Da wird mit der künstlichen Königinnenzucht gearbeitet. Wo also Züchter spezialisiert sind, Königinnen zu machen. Und wir, ich, ihr könntet Königinnen aus Griechenland, aus Serbien, aus Australien, aus den USA per Post zuschicken lassen, um sozusagen das beste Zuchtmaterial zu haben. In der Standbegattung, und ich sage das jetzt schon, ist das Besondere, dass alle Tiere und Pflanzen, wenn sie über längere Zeit am gleichen Ort sind, sich an diesen Ort anpassen. Ich habe das mit Stauden in unserem Garten schon erlebt. Kauft man irgendwo in einem Gartenmarkt eine schöne Staude, da ging es um eine Strauchpfingstrose, das war nicht Staude, sondern Strauch, das erste Jahr kaum Blätter, das zweite Jahr kaum Blätter, das dritte Jahr denkt man, reiße ich das Zeug wieder raus. Und plötzlich, im vierten Jahr, ist sie angekommen. Und ich habe selber, als ich mit Imkern begonnen habe, das darf ich auch erwähnen, meine Völker von einem Freund aus Karlsruhe bekommen. Schwärme. Hatte keine Zeit, also habe ich meinen Sohn geschickt, er soll mit dem IC nach Karlsruhe Schwärme abholen. Er ging dann mit zwei Kisten im IC. Erstaunlicherweise waren die Passagiere nicht verängstigt, sondern erfreut, dass so ein pubertierender Jugendlicher da mit Bienen rumreist. Und dann habe ich die bei mir zu Hause damals im Südschwarzwald, am Südende des Schwarzwalds, in einem alten Weinberg aufgestellt. Die waren an der prallen Sonne. Ich hatte keinen anderen Ort. Es ist ja nicht ganz einfach, die Orte zu finden. Und dann habe ich jedes Jahr Schwärme produziert. Sobald es heiß wurde, ging die weg. Und ich habe auch nach drei Jahren gedacht, ich höre auf, weil es macht keinen Spaß. Man kommt hin, Schwärme draußen, Volk wieder klein. Und nach vier Jahren war der Spuk vorbei. Irgendwie waren die Völker in der Lage, mit dieser Extremsituation, Hitze, umzugehen. Und ich hatte nicht mehr Schwärme als meine Kollegen, die ihre Völker irgendwo im Halbschatten unter Bäumen gestellt haben. Ich will sagen, Standortanpassung, wir werden darauf wieder zurückkommen, Standbegattung heißt auch Anpassung an den Standort. Und sobald es eben passt, kein Stress und eine Grundresilienz, eine Grundvitalität in den Bienenvölkern. Also das machen beide, konventionell nicht.
Dann der große Unterschied, wir haben es gesehen auf der Folie von Tom Seeley, hier in den Bäumen bleiben die Völker bei idealen Bedingungen klein. Bei uns, egal mit welchen Beuten, Kisten, Kästen wir arbeiten, sind die Völker immer viel größer. Also auch bei uns in der biodynamischen Imkerei, alle Beutensysteme haben 120 bis 160 Liter, kann man so erweitern. Dann hier interessant, da komme ich später noch darauf zurück, in den Bäumen gibt es keine Rähmchen, da müssen die Waben fest mit dem Deckel der Höhlung und mit den Seitenwänden verbaut werden. Und wir haben gelernt, Rähmchen in unsere Kästen zu tun und machen einen sogenannten Mobilbau. Wir zwingen die Bienen genau, wie gesagt, in diese Rähmchen zu bauen, damit wir die Rähmchen ziehen können und schauen können, wie schaut die Brut aus, wie schauen die Vorräte aus und so weiter.
Dann natürlich ein großer Unterschied, ich habe es schon gesagt, hoch im Baum und wir arbeiten in Bodennähe. Man stellt sie schon noch vielleicht 30, 40 Zentimeter hoch, aber ich kenne nur einen Imker, der so eine Art Treppe gebaut hat und seine Völker in 4 Meter Höhe bearbeitet. Weil das ist baulich ein Riesending und wenn man dann füttert mit 10 oder 20 Litern Zuckerwasser mit Honig und dann auch immer Treppen steigen muss, ein enormer Aufwand.
Dann Fütterung, natürlich keine, das ist klar, wenn niemand guckt. Und wir füttern, wenn es nötig ist, man muss sagen Zucker, bei Demeter heißt es dann auch, 10 % vom Zuckeranteil muss in Form von Honig gegeben werden, ganz wichtige Sache und auf Steiner zurück geht noch Salz und Kamillentee. Also es ist eine Mischung und da sage ich auch gerne, wir haben Versuche gemacht, reines Zuckerwasser und unsere Zucker-Honig-Teemischung, wir stellen zwei Eimer rein in eine Beute, wo die Bienen kommen können, welche Mischung ist zuerst weg, klar. Also manchmal dauert es Tage, bis die Bienen merken, dass im Eimer, wo nur Wasser und weißer Zucker ist, überhaupt Futter für sie bereit steht. Und diese Mischung von Honig und Kräutertee duftet und der Honig hat auch spezielle Eigenschaften, indem er nämlich anfängt, schon mit den Enzymen, die natürlicherweise im Honig sind, diesen Rohrzucker oder Rübenzucker umzubauen. Das heißt Bienen verträglicher zu machen.
Dann natürlich Milbenbehandlung gibt es hier nicht und wir machen das regelmäßig, wenn es nötig ist. Die Details sind nicht so wichtig und ich habe gesehen, in den Bäumen, wo ich mindestens zweimal im Jahr die Milben zähle, ist es bei den Waldbienen kein wirkliches Problem. Also wenn unsere Völker sterben, dann ist es meistens, weil sie verhungern im Projekt und nicht wegen Krankheiten.
Und dann Kontakt mit Menschen, hier sehr gering oder gar nicht und hier natürlich häufig und nahe. Da würde ich gerne später noch ein paar Worte dazu sagen. Gewaltiger Unterschied. Und wenn mir eben die Leute sagen, das ist wesensgemäß, dann sage ich, das ist, als ob ich sagen würde, du, ich habe eine Freundin in den USA, ich habe sie noch nie gesprochen, ich habe sie noch nie gesehen, sie mich auch nicht, aber ich liebe sie. Versteht ihr? Keiner findet die Bienen in den Wäldern oder nur mit großem Aufwand und wie stellt man Beziehung her zu etwas, wo man nicht auch mal physische Nähe oder einen Kontakt hat? Also es ist hier praktisch nicht möglich, wenn wir mit den Bienen arbeiten schon.
Und dann ein sehr großes und wichtiges Ding ist, die Völkerdichte in der natürlichen Situation ist sehr gering. Das ist in den Wäldern, wo es eben keine Massentrachten gab, wie Raps- oder Obstplantagen, ist eben nicht so viel Nektar da und da haben diese Bienen jetzt, man muss sagen Völker, die Population gelernt, sich gegenseitig so viel Raum zu lassen, dass sie mit dem zur Verfügung stehenden Nektar auskommen können. Das heißt ein Volk pro Quadratkilometer. Und bei uns ist es oft so an vielen Orten 50 bis 100 Völker pro Quadratkilometer. Also das 50- bis 100-fache. Aber hinter diesen Zahlen, was sagen die aus? Ich nenne sie gerne und gleichzeitig muss man aber auch sagen, wir hatten vor 100 Jahren in der Schweiz, in Deutschland, in Frankreich doppelt so viele Bienenvölker wie heute. Also muss man fragen, was ist passiert in diesen 100 Jahren? Und was ist passiert? Was ist der Grund, dass es früher so viel mehr Bienenvölker gab als heute? Oder was könnte der Grund sein?
Publikum
Pestizide. Pestizide.
Johannes Wirz
Vielleicht.
Publikum
Und Frost.
Johannes Wirz
Ja.
Publikum
Wahrscheinlich haben viel weniger Menschen Bienen, aber dafür viel mehr.
Johannes Wirz
Aha, interessant. Und wer hatte früher die Bienen?
Publikum
Jeder Hof, jeder kleine Hof hatte Bienen.
Johannes Wirz
Ja, genau. Das sind zwei ganz wichtige Überlegungen. Also bis zum sogenannten Strukturwandel in der Landwirtschaft, der ungefähr 1950 begonnen hat, hat praktisch jeder Bauernhof ein paar Völker gehabt. Die wurden dann bei uns in der Schweiz, wo die Eltern auch noch auf dem Hof sein durften, im Stöckli, also in einem kleinen Häuschen neben dem großen Hof, wurden dann von den Alten gepflegt. Und die Bienen wurden nicht gehalten für Honig, sondern für Bestäubung. Und wir vergessen, dass die größte Leistung der Honigbiene nicht Honigproduktion ist, sondern die Bestäubungsleistung. Also wenn man das jetzt ökonomisch betrachtet, vielleicht 10–15 % Honig und 85–90 % Früchte, Beeren, Obst, Gemüse. Also das ist der Grund, dass man die Bienen hatte. Und dann kam dieser sogenannte Strukturwandel in der Landwirtschaft und das hieß Spezialisierung. Also eine Zeitung, ja krass, entweder war man Getreidebauer oder man war Milchviehbauer. Heute gibt es noch die Fleischerzeuger. Das eine. Das zweite, größere Flächen. Also wurden immer mehr Flächen unter Pflug genommen und dann sehr einseitig bewirtschaftet. Und sobald Monokulturen kommen, steigen die Krankheiten. Also man musste anfangen mit Herbiziden, Pestiziden, Fungiziden zu arbeiten. Und in der Folge ging die Ackerbegleitflora, die man dann als Unkräuter bezeichnet hat, zurück und wichtige Nahrungsquellen für die Bienenvölker und andere Bestäuber verschwanden. Aber es ist also eng gekoppelt mit dieser neuen Art der Landwirtschaft. Nicht mehr alles haben auf einem Hof, was wir heute im Biodynamischen immer hoch schätzen. Also wir wollen Tiere, wir wollen Naturflächen, wir wollen Ackerbau, wir wollen Obst, Gemüse usw. Einfach extrem spezialisiert. Das war der Grund für diesen Verlust, den Rückgang der Völker. Und dann gingen natürlich die Bienenvölker viel mehr über in die Hände von Hobbyimkern. Interessanterweise sind heute in Großstädten und in Agglomerationen die Völkerzahlen extrem gestiegen. Also einerseits auf die ganze Fläche gesehen in Europa ein Rückgang der Völker, lokal gesehen Hotspots mit sehr vielen Völkern in den Städten und um die Städte herum. Und das führt dazu, dass wenn eine bestimmte Schwelle hier überschritten ist, natürlich Nahrungsmangel da ist für die Honigbienen und Nahrungsmangel für die Wildbienen. Das ist ein bisschen die Situation.
Diskussion mit dem Publikum 01:10:11
Johannes Wirz
Ist es deutlicher geworden? Ich wollte am Schluss mit diesem Bild zeigen, was ist der Unterschied, wenn die Bienen auf sich selber aufpassen, hier, und was ist der Unterschied, wenn wir jetzt im Wesensgemäßen, wir sprechen nicht mehr über konventionell, wesensgemäß Bienen halten. Dann gibt es ein paar Gemeinsamkeiten hier oben, und dann gibt es große Unterschiede, wenn man auf diese Eigenschaften hinguckt. Gut. Gibt es noch Fragen? Ja?
Publikum
Wenn die Standbegattung das Mittel ist, das Land und das Volk an den Standort anzupassen, und jetzt im Umfeld aber konventionelle Völker stehen, wo Königinnen aus der Zucht quasi eingesetzt werden, dann sind ja auch die Drohnen von dieser Königin nicht an den Standort angepasst, und dann macht ja die Standbegattung, also immer noch Sinn, aber das Problem ist von außen, dass es reinkommt.
Johannes Wirz
Ja, das ist eine sehr gute Bemerkung. Und Standbegattung in der heutigen Zeit heißt, wir verlieren die ursprünglichen Rassen. Weil meine Königinnen fliegen ja an einen Drohnensammelplatz, und ich kann, wenn ich dann in die Völker schaue, sehe, es gibt einen, der zufällig mal noch mit der dunklen Biene arbeitet, dann sehe ich nämlich schwarze Bienchen noch in meinem Volk. Gibt es den Carnica-Imker, dann sehe ich diese Kärntnerbienen, die grauen Bienen. Ich sehe, ob es italienische Bienen gibt bei mir, dann weiß ich, ja, da hat eine Ligustica. Und was eben jetzt zunehmend kommt, sind diese Buckfast-Bienen. Also als ich vor über 20 Jahren angefangen habe, gab es keine Buckfast. Heute, wenn ich meine Völker anschaue, ist es manchmal vier. Vier von fünf Bienchen schauen aus wie Buckfast. Also wir verlieren die ursprünglichen Sorten, und du hast ganz recht, dass in dieser Situation natürlich, was die Drohnen anbelangt, die meisten Drohnen aus Völkern stammen, die nicht standortangepasst sind. Aber ich vermute, dass die Standortanpassung sehr stark mit der Königin einhergeht. Es ist schwierig nachzuweisen, aber ich glaube, das ist in weiten Teilen so. Da können drei, vier drauf sitzen. Also wenn man das sieht, dann ist das ein Alarm. Ja, wir kommen noch auf die Biologie der Milbe im Vergleich zur Biologie der Völker. Vermehren tun sie sich in der Brut. Also ein Weibchen, ein Varroaweibchen, schlüpft in eine Zelle rein, kurz bevor die zugedeckelt wird. Es gibt ja diese Phase, wo die Larve gefüttert wird und wächst. Und dann kommt ein Deckel auf diese Larve, sie verpuppt sich, und in der Puppe geschieht dieses Wunder der Metamorphose, also aus einem Wurm wird eine Biene. Und bevor der Deckel drauf geht, kommt ein Weibchen rein und fängt an, Eier zu legen. Und aus dem ersten wird immer ein Männchen, und aus allen anderen werden immer Weibchen. Und noch in der Zelle drin paart sich der Bruder mit den Schwestern. Und dann, wenn die Zelle aufgeht, also die Biene schlüpft, kommen diese Milben raus und gehen wieder in neue Zellen rein. 80 bis 90 Kilo Nektar und 10 bis 30 Kilo Pollen, Blütenstaub. Okay, dann machen wir Pause. Und darf ich bei euch mitessen?
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