Biodynamische Bienenkunde, Teil 3, ein Vortrag von Johannes Wirz, 2023

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Teil 3/4 Bienenkunde-Vortrag von Dr. Johannes Wirz am 18. Januar 2023 in der Landbauschule Dottenfelderhof. Auf das Bild klicken und zum Film auf youtube gelangen
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Transkription des 3. Teil Artgerechte Bienenhaltung vom 18. Januar 2023

Einführung und Literaturempfehlungen 00:00:23

Johannes Wirz

Ich komme zum dritten Teil, wo ich ein paar Dinge noch ausführen würde zur Praxis der wesensgemäßen Bienenhaltung, aber vorher gibt es einen Werbeblock. Ich habe ein Buch geschrieben, zusammen mit einem Kollegen, und das heißt „Imkern mit der Einraumbeute“. Die Einraumbeute ist ein Bienenkasten, der bei Mellifera e.V., wo ich im Vorstand bin, entwickelt wurde. Und ich werde gleich noch etwas zu diesem Kasten sagen. Und da steht eigentlich alles drin, was ich erzähle, oder fast alles, und der Titel ist irreführend. Es ist ein Buch über wesensgemäße Bienenhaltung am Beispiel der Einraumbeute, aber wesensgemäße Bienenhaltung kann man in allen Kästen machen. Ganz klar und eindeutig.

Und dann habe ich 2020, glaube ich, in dieser deutschen Zeitschrift „Bienen & Natur“ zwölf Artikel geschrieben, jeden Monat einen, wo einige dieser Grundprinzipien der wesensgemäßen Bienenhaltung auch drin sind. Ich sage das, weil diese Artikel sind, wenn ich richtig informiert bin, im Archiv von „Bienen & Natur“ frei zugänglich. Also kann jeder herunterladen. Und ich muss auch sagen, es hat viel Staub aufgewirbelt, bis dahin, dass der größte Imkerverein in Deutschland, im Bundesland Nordrhein-Westfalen, gesagt hat, wir bestellen das Abo ab, wenn die da weiterschreiben. Und es war bizarr, ich habe ein bisschen gespottet über künstliche Königinnenzucht, und das war denen zu viel. Und dann im Monat drauf habe ich etwas geschrieben über die Vorteile der Standbegattung und da hatte ich die Bienenwissenschaftler gegen mich. Also es war eine aufregende Zeit, vor allem für die Redaktion, die gesagt hat, was sollen wir tun, was sollen wir tun? Und wie so oft im Leben wird es heißer gekocht als gegessen. Aber da kann man das also auch nachlesen. Das kostet wahrscheinlich bei Amazon 20 Euro maximal.

Die drei Bienenwesen: Königin, Arbeiterin und Drohne 00:02:59

Johannes Wirz

Gut. Also, wesensgemäße Bienenhaltung. Ich beginne mit einem kleinen Eindruck dieser drei Bienenwesen, wie sie bezeichnet werden, in einem Volk. Es ist unverkennbar, dass die ohne besondere Übung voneinander unterschieden werden können. Links eine Königin, in der Mitte die Arbeiterin und rechts eine Drohne. Und ihr könnt sagen, was die Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind. Wobei, es ist eben mit dieser Beleuchtung nicht ganz so einfach. Aber was kann man auf alle Fälle sehen?

Publikum

Ja, die Königin ist am größten, die Arbeiterin ist am kleinsten. Das sieht man hauptsächlich an der Entwicklung des Hinterleibs.

Publikum

Durch die Grundmerkmale, mit den Flügeln, der Anzahl der Beine, der Kopfkapselbreite, ist alles gleich.

Johannes Wirz

Okay. Und die Drohne wirkt ein bisschen plump, oder?

Publikum

Ja.

Johannes Wirz

Ja? Im Vergleich zur Arbeiterin. Und die Königin zeichnet sich besonders durch einen langen Hinterleib aus. Wieso ist der so lang? Genau. Sie hat also gewaltige Eierstöcke. Sie legt 200.000 Eier jedes Jahr. In der Hochsaison 1.500 bis 2.000 Eier pro Tag. Das heißt also jede Minute mindestens ein Ei. Geht einmal auf einen Hochzeitsflug und hat dann ein Spermienpaket bei sich in einem speziellen Organ, dieser Spermienblase, das ausreichen muss für ihr fünfjähriges Leben.

Wenn man ein bisschen genauer hinguckt, dann sieht man, dass die Augen hier klein sind. Hier sind sie ein bisschen größer und hier sind sie riesig. Das ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal auch. Königin, kleine Augen. Sie hat auch ein kleineres Hirn als die Arbeiterin. Also die Mama ist weniger gescheit als die Töchter. Und wenn man sie jetzt zählen würde, könnte sie weniger Segmente auf ihren Antennen haben. Das heißt, sie ist nicht so feinfühlig, sozusagen, wie die Arbeiterin. Oder dann bei der Drohne, der hat sogar noch ein Segment mehr als die Arbeiterin. Also ist sie echt sinnesnervenmäßig am besten ausgerüstet. Dann was hier auffällt, ist dieser große Brustbereich, wenn man das hier vergleicht und hier. Und das bedeutet, dass die Drohne sehr viel Flugmuskeln hat, mehr als eine Arbeiterin. Also sie ist nicht nur sehr sinnesnervenbetont, sondern auch der beste Flieger.

Und was kann man sonst noch sagen? Jede Arbeiterin hat die Fähigkeit, ihre Eierstöcke zu entwickeln. Das passiert in der Imkerei nur in außerordentlichen Fällen, wo ich als Imker, das ist mir auch schon passiert, unachtsam eine Königin zerdrückt habe, nicht gemerkt habe. Es gab keine Brut, die man irgendwie zur Königin hätte machen können. Und so nach zwei Wochen beginnt dann eine Arbeiterin, Eier zu legen. Aus diesen Eiern werden nur Drohnen. Man sagt dann, das Volk ist drohnenbrütig.

Ich habe da noch ein bisschen Eigenschaften zusammengestellt. Sorry, es ist auf Englisch, aber es ist verständlich. Hier verschiedene Sachen. Lebensdauer, eine Königin kann vier bis fünf Jahre leben. Und vier bis fünf Jahre, jedes Jahr 200.000 Eier legen. Und dieses Tier, die Königin, wird als Larve ihr ganzes Leben lang ausschließlich mit Königinnenfuttersaft oder Gelée Royale gefüttert. Und es ist natürlich irgendwie naheliegend zu fragen, was ist das für eine Zaubersubstanz oder was für ein Zaubertrank, der im Vergleich, wenn man dann hier schaut, eine Arbeiterin im Sommer lebt maximal 30 Tage, die Winterbiene sechs Monate und eine Drohne ungefähr sechs Wochen. Und da gibt es ein Wesen, nur mit Königinnenfuttersaft gefüttert, das fünf Jahre alt wird. Also die Kosmetikindustrie hat diesen Zaubertrank auch entdeckt. Und in China werden Tonnen von Königinnenfuttersaft hergestellt, nicht für Heilszwecke, sondern für Salben. Ich habe leider zu wenig von dieser Salbe ins Gesicht geschmiert. Drum kommen Runzeln. Aber wenn ihr jetzt anfängt, dann werdet ihr mit 90 noch ausschauen wie heute. Gut, und man will nicht wissen, was es braucht, um diese Mengen zu erzeugen. Es würde nie bei uns in Europa oder in den USA erzeugt, weil es ist sehr viel Handarbeit und die macht man nur in einem Land, wo die Arbeit nichts kostet. Und dann werden also die Völker gezwungen, 200 Königinnen zu versorgen. Täglich geht meist eine Frau mit einer Pipette hin und saugt allen Königinnenfuttersaft ab. Und diese Völker sind einfach unter permanentem Stress.

Die Königin verfügt über eine Reihe von sogenannten Pheromonen. Das sind Substanzen, die im Stock ihre Anwesenheit markieren, die dem Stock seine Identität geben. Und wenn die fehlen, ich habe schon gesagt, fällt so ein Bienenstock auseinander. Und jeder Imker merkt, wenn eine Königin nicht vorhanden ist, dann hat das Volk einen anderen Klang, als wenn sie anwesend ist. Also sie hält dieses ganze Volk, man könnte vielleicht auch sagen, sie hält alle diese Zellen zusammen.

Dann noch etwas, eine Königin schafft es nie in einem fremden Stock. Es kommt manchmal vor, dass sich eine Jungkönigin verfliegt, wenn die Kisten so nebeneinander stehen. Wenn ihr mal imkert, stellt sie ein paar Meter auseinander, das eine Flugloch in die Richtung, das andere ein bisschen in die. Dann kann man das verhindern. Und wenn eine Königin versucht, sich in einen fremden Stock einzuschmuggeln, wird sie sofort abgestochen. Also total unerwünscht. Die Arbeiterin wird im Allgemeinen auch abgewehrt. Aber wenn sie einen bauchvollen, also honigmagenvollen Nektar bringt und den dann offeriert, dann wird sie reingelassen. Und die Drohnen sind Tiere, die in jeden Stock zu jeder Jahreszeit reinkommen. Die willkommenen Gäste. Hier keine Chance, hier eine mittlere, geringe Chance.

Publikum

Die können überall rein, ganz genau.

Die Plastizität der Arbeiterin und die Rolle der Drohnen 0:11:03

Johannes Wirz

Und das führt dazu, wenn man sich vorstellt, bei warmem Wetter, am frühen Nachmittag, fliegen die Drohnen aus zu den Sammelplätzen. Verausgaben sich, dass es knallt. Und wenn sie am Abend keine Lust haben, nach Hause zurückzukehren, suchen sie einfach in der Umgebung einen neuen Stock und gehen dort rein. Nächsten Tag raus. Und man hat in Versuchen, wo man Drohnen markiert hat, gesehen, dass die bis zu 80 Kilometer weit von ihrem ursprünglichen Stock gefunden werden. Das ist natürlich nicht alles nur durch eigenen Flug, sondern manchmal kommt ein Windstoß, der sie wegbläst. Und es ist für die völlig unproblematisch, weil die überall, wo es Bienenvölker gibt, hineinkommen können.

Dann ist auch interessant, Entwicklungsdauer. Eine Königin braucht vom Ei bis zum Schlupf 16 Tage. Das ist also eine Frühentwicklung. Die Arbeiterin braucht 21 Tage, bis sie schlüpft, vom Ei bis zum Schlupf. Und die Drohne hat die längste Entwicklungsdauer von 23 bis 24 Tagen. Also auch da unterscheiden sie sich. Sie ist irgendwie eine halbfertige Arbeiterin, könnte man sagen. Da fehlen einfach ein paar Entwicklungstage. Dafür gibt es Eierstöcke, die Samenblase und das Königinverhalten. Und interessant ist auch, wenn man noch genauer hinschaut, anatomisch, die Mundwerkzeuge sind anders. Die Königin muss nie Honig aufnehmen, nie sammeln. Sie hat keine Borsten an den Hinterbeinen, wie die Arbeiterin, wo der Pollen eingesammelt wird und in den Stock getragen. Und zeitlebens bekommt sie eintönige Königin-Futtersaft-Nahrung. Und spannend ist auch, mit diesen ganz modernen Methoden, die wir heute haben, kann man sehen, dass die Zusammensetzung der Mikroflora, des Mikrobioms, bei der Arbeiterin extrem abhängig ist von dem, was sie zu fressen bekommt. Es sind andere Bakterien, wenn sie Zuckerwasser zu sich nimmt, als wenn sie Honig zu sich nimmt. Bei der Königin ist es völlig egal, was die Arbeiterin bekommt. Hier ist die Zusammensetzung ihrer Darmflora immer die gleiche. Und es ist auch nicht verwunderlich, weil sie permanent diesen Königin-Futtersaft bekommt, d.h. Drüsensekrete von der Arbeiterin. Und wir haben schon gehört, Steiner spricht von Herzfunktion, und natürlich diese Reproduktion, ganz gewaltig. Wir haben ein bisschen gehört über diese Arbeiterinnen-Biografie. Und wir haben gehört, die sind zentral wichtig für die Begattung der Königinnen. Und es sind sozusagen in meinen Augen die Boten, die, welche Botschaften auch immer von einem Stock in den nächsten tragen können.

Und dann gibt es noch etwas Wichtiges. Ja, wie viele Details wollt ihr? Alle? Gut. Also zum einen, das finde ich einfach ein super tolles Experiment. Das hat Karl von Frisch gemacht, Nobelpreisträger in Medizin, für seine Bienenforschung. Und der hat auf einem einfachen Weg Bienenvölker erzeugt, die nur Flugbienen hatten oder die nur Stockbienen hatten. Und es funktioniert so, da steht also eine Kiste. Flugloch ist hier, da kommen die Bienen rein und raus. Jetzt hat er diese Kiste weggenommen. Ich kann es so zeigen. Hat hier unten eine Kiste hingestellt. Und da aus diesem Volk die Königin rausgenommen und da rein. Flugloch hier. Und hat diese Kiste um 180 Grad gedreht. Und dann sind die Bienen da rausgeflogen. Und jetzt ist eben die Sache mit Intelligenz und Weisheit eine spezielle. Die Bienen fliegen da raus und kommen da zurück. Die merken nicht, dass sie an einem anderen Ort stehen und das Flugloch in eine andere Richtung geht. Die Sammlerinnen haben drin, hier ist meine Kiste, also gehe ich hier wieder zurück. Das Ergebnis ist, alle Flugbienen landen bei der Königin. Das heißt in der Imkersprache Flugling. Und da oben ist keine Königin. Die Völker haben nur Stockbienen, die noch nicht draußen waren. Und das heißt dann Brutling. Die ziehen sich sofort eine neue Königin nach. Und jetzt hat Frisch gefragt, was passiert mit einem Volk, das nur Stockbienen hat. Und mit einem Volk, das nur Flugbienen hat. Hier oben hat er gemerkt, bei diesen Stockbienen, die überspringen Entwicklungsphasen in ihrer Biografie, so wie ich sie genannt habe. Und fangen an, sofort Pollen und Nektar zu sammeln. Die da unten, eigentlich alte Bienen, die fangen an, wieder Waben zu bauen. Die fangen an, Zellen zu putzen. Und die fangen an, ihre Futtersaftdrüsen zu reaktivieren, um die Brut, die Larven zu pflegen. Das heißt, die können sozusagen die Entwicklung umdrehen. Und es zeigt etwas, wenn man über die Biografie spricht, denkt man, es ist alles wahnsinnig determiniert. Und wenn man genauer hinschaut, merkt man, da ist eine unglaubliche Beweglichkeit und Plastizität vorhanden. Also die können beliebig die eine Aufgabe machen, aber eine andere übernehmen. Und ich vermute, obschon es sehr schwierig wäre, zu zeigen, dass im Stock permanent solche Vorgänge passieren.

Also ein Moment auftritt, wo man denkt, wir haben nicht genügend Bienen, die füttern. Also tun Bienen, die nicht füttern müssten, ihre Futtersaftdrüsen aktivieren. Oder es kommt ein wahnsinniger Nektarfluss. Und eventuell gehen Bienen, die noch nicht ganz so weit wären in ihrer Biografie, entschließen sich auch als Sammlerinnen rauszugehen und diesen Nektar reinzuholen. Ganz, ganz speziell. Okay. Und, ja, vielleicht mal so viel. Also ich wollte hier diese drei Bienenwesen zeigen. Und wichtig ist, dass es ein spezielles Miteinander ist. Und vielleicht noch etwas, das finde ich auch besonders. Wenn man eine Wabe anschaut, im Rähmchen, dann ist der Drohnenbau immer unten. Und wenn man jetzt sieben Waben anschaut, so wie ich das vorhin versucht habe zu zeigen bei dem Gerstung-Experiment, dann kann man sehen, dass, wenn man es gut macht im Naturbau, hier wenig Drohnenbau ist, hier ein bisschen mehr, hier ein bisschen mehr und hier noch mehr. Und man kann so den Eindruck haben, mit den Drohnenzellen wird sozusagen eine Art Gefäß gebaut, rund um das Brutnest, wo die Arbeiterinnen ausgebrütet werden. Könnt ihr das nachvollziehen? Also hier große Zellen, wir sehen das, glaube ich, später auf Bildern, die Drohnen hier am Rande und eben gegen außen, wo das Brutnest kleiner wird, mehr und in der Mitte fast keinen.

Und jetzt, weshalb ist es so? Also erstens werden die Drohnen bei einer tieferen Temperatur gebrütet als die Arbeiterinnen. Das gilt übrigens auch für die Königinnen, da komme ich noch drauf. Und zweitens kann man sich vorstellen, wenn irgendwie eine Notsituation eintritt, erster Fall, kein Honig mehr. Dann schmeißen die Völker ihre Brut raus. Und die erste Brut, die rausgeschmissen wird, ist immer die Drohnenbrut. Also es war nett, die kommen überall rein, die Drohnen, aber es sind die ersten in der Entwicklung, die auch rausgeschmissen werden. Und man kann sich auch wieder vorstellen, in einem solchen System kommen all das Böse, Krankheiten kommen von außen rein. Wenn es Brutkrankheiten sind, gehen die zuerst in die Drohnenbrut und erst danach in die Arbeiterinnenbrut. Also es war eine Art, auf diesem Wahnsinn, Weisheit. Und Drohnen werden ja nur vom April, wahrscheinlich ist es jetzt schon März, wir wollen später noch ein bisschen über Klima und Bienen sprechen. Und irgendwie, wenn die Schwarmzeit vorüber ist, verschwinden die auch immer. Aber ich habe drei Bienenstände, nicht so viele Völker. Und auf allen Bienenständen gibt es immer ein Volk, das bis in den Herbst hinein noch Drohnen brütet. Und ich glaube, es ist so eine Art, jetzt nicht Volksversicherung, weil keine Drohne von diesem Volk wird jemals eine Königin aus diesem Volk begatten. Das gibt es nicht. Aber einfach Drohnen zur Verfügung zu stellen, falls spät im Jahr noch eine junge Königin gezogen werden muss. Weil die Alte vielleicht gestorben ist oder nicht mehr gut legt und so weiter. Wird sichergestellt, dass praktisch, solange Völker fliegen, Drohnen vorhanden sind, die noch Königinnen begatten können.

Fragen aus dem Publikum 00:21:42

Johannes Wirz

Also, gut. Ja, soviel noch zu diesen verschiedenen Dingen. Und jetzt würde ich gerne einfach mit euch durchs Wesensgemäße gehen. Ich habe jetzt eine Frage.

Publikum

Und zwar, sorgen Bienenvölker auch für andere Bienenvölker oder nur für das eigene Volk?

Johannes Wirz

Nur für sich. Es kommt vor, dass bei irgendwelchen Umständen ein Schwarm noch in ein bestehendes Bienenvolk einzieht. Aber da wird sofort ausgemacht, wer als Königin bleibt und wer nicht. Aber im Allgemeinen sind es echt, wie im Bild im Wald, Eremiten, Einsiedler. Die sich nicht wahrnehmen und nicht in die Quere kommen, ausgenommen bei diesem Begattungsflug der Königin.

Publikum

Ich habe auch noch eine Frage. Ich habe gehört, dass manche Imker, um den Schwarm zu vermeiden, absichtlich die Königin rausnehmen, damit eine der Arbeitenden dann diese Rolle übernimmt. Wie ist das mit dieser Arbeit? Verändert die dann auch nochmal diese Physiologie?

Johannes Wirz

Das ist ganz sicher keine imkerliche Praxis. Selbstverständlich, wir haben gelernt, jede Arbeiterin hat das Potenzial, Eier zu legen. Aber keine Arbeiterin würde jemals auf einen Hochzeitsflug gehen. Das heißt, die würde nur Drohneneier legen. Aber es ist gängige Praxis in der konventionellen Imkerei, ein, spätestens nach zwei Jahren, die Königin rauszunehmen. Und dann in den meisten Fällen kauft man bei den Züchtern eine neue Junge und setzt die wieder rein.

Publikum

Arbeiterin dann tatsächlich die gesamte Königin übernehmen.

Johannes Wirz

Genau, aber nicht die Arbeiterin, sondern eine neue Königin übernimmt dann das. Und der Blick ist ganz klar, wie bei Milchkühen auch. Junge Königinnen legen mehr Eier als Alte. Also nimmt man die weg und verhindert das Schwärmen. Junge Kühe geben mehr Milch als Alte. Aber wenn man die Lebensleistung anschaut, kann eine Kuh 18 Jahre alt werden. Und wenn man die Milchleistung anschaut, ist es bedeutend höher als die 3 bis 4, maximal 4 Laktationen, die eine Hochleistungskuh bringt. Das ist noch nie ein Thron gewesen. Die Königin fliegt weiter auf den Hochzeitsflug als die Drohnen zu den Sammelplätzen. Also das wird irgendwie vermieden. Und im Stock haben Drohnen und Königinnen überhaupt nichts miteinander.

Der Jahreszyklus eines Bienenvolkes 00:25:11

Johannes Wirz

Da komme ich noch dazu. Hier wollte ich nur so 4 Phasen zeigen, im Bienenleben. Ich nehme die ersten naheliegend, Oktober bis Januar. Da bleibt die Bienenzahl ungefähr konstant. Es sterben ein paar Bienchen im Winter, aber wenn das Volk gesund ist, sehr wenige. Aber das Volk wird brutfrei. Oder vielleicht muss man heute sagen, wurde brutfrei. Wir hatten im Januar die ersten 10 Tage so warm, dass ich gesehen habe, die Völker haben schon wieder riesige Brutnester. Also wir werden lernen müssen, anders über die Bienen zu denken als in der Vergangenheit. Aber im Prinzip hier, Bienenzahl bleibt konstant, Brut nimmt ab. Dann sobald die Tage wieder länger werden, fängt die Königin an, Eier zu legen. Meistens nur so ganz kleine Flächen. Und so richtig loslegen tut sie bei uns in der Nordwestschweiz, wenn die Salweide zur Blüte kommt. Das ist so der Kick, um wieder das Volk zu entwickeln. Also hier bis April gibt es, Bienenzahl bleibt konstant und die Brut nimmt langsam zu.

Und dann kommt April bis Juli die Explosion des Volkes. Und wenn man es genau nimmt, ist nach Sonnenhöchststand, also Sommersonnenwende, beginnt die Königin wieder weniger Eier zu legen. Aber es ist also eine Phase, wo Brut hochgeht, also die Brutnester werden riesig. Und es gibt natürlich immer mehr Bienen, Bienen, Bienen im Volk. Was unter Umständen dann eben zum Schwärmen führt, da komme ich noch drauf. Und dann von Juli bis Oktober gehen sowohl die Zahl der Bienen zurück, wie auch die Zahl der Brut. Und in dieser Phase werden eben die Winterbienen erbrütet. Und ihr habt vorhin gesehen auf der Tabelle, Winterbienen sind Tiere, die sechs bis sieben Monate alt werden können. Die werden nicht mehr mithelfen bei der Fütterung der Larven, sondern die machen eigentlich nichts, werden vielleicht noch ein bisschen sammeln, aber sind dafür da, erstens im Winter den Stock warm zu halten. Zweitens finde ich eine besondere Leistung, das einzige Insekt, das eine Wärme produziert und im Sommer, wenn es so heiß ist, wie es jetzt war, auch kühlen kann. Sie können beides. Und vielleicht ist Kühlen fast das größere Wunder als das Wärmen, ich weiß es nicht. Aber also die Bienen nehmen hier ab und dann sind hier die Winterbienen, die eben relativ langlebig sind, weil das Volk gesund ist. Das ist so ein kurzer Blick auf das Bienenjahr, Frühling, alles nimmt zu, Brut und Bienen, Herbst, Bienenzahl bleibt gleich und Brut geht weg. Und hier kommt mehr Brut und hier kommt weniger Brut. Und von hier bis hier braucht es natürlich viele Blüten in der Landschaft. Und wenn die nicht vorhanden sind, muss man entweder füttern oder die Völker gehen zugrunde.

Und ich habe einen Freund, der ist Demeter-Imker in Schwerin oder in der Nähe von Schwerin, Rapsanbaugebiet. Der hat Jahre, wo er im Volk 90 Kilo Honig erntet, aber wenn der Raps vorbei ist, leiden die Völker unter Pollenmangel. Und er hat den Antrag gestellt bei Demeter, dass er mit Hefe oder anderen Zusätzen sozusagen den fehlenden Pollen, Beimischung im Nektar oder Zuckerwasserfutter, ersetzen darf. Also dramatisch, wenn man das so anschaut. Und ein Wahnsinn, wenn man so imkern muss. Also diese Fülle einerseits und dieser große Mangel andererseits. Ich glaube, das überlegen die schon. Weil Demeter ist stolz, dass es Erwerbsimker gibt. Demeter ist stolz, dass es Erwerbsimker gibt mit bis zu tausend oder noch mehr Völkern. Ich bin nicht sicher, ob das gut ist, aber auf alle Fälle wird es überlegt, da eine Bewilligung zu erteilen.

Der Schwarmprozess in der Praxis 00:30:00

Johannes Wirz

Es gibt natürlich viele Initiativen und Aktionen, aber es sind nicht einfach ein paar Blümchen. Das sind riesige Flächen. Und ich freue mich, jeder Gärtner und jeder Hausbesitzer, der Bienenpflanzen anbaut, ist wunderbar. Und natürlich in der Großzahl, wenn es mal viele wären, wäre es substanziell. Aber diese 80 bis 100 Kilo Nektar, die da reinkommen müssen, da braucht es viele Pflanzen. Und auch sehr viele Flüge übrigens. Gut, das können wir weglassen. Das zeigt einfach eine Art Volksentwicklung im Jahreslauf. Und das finde ich noch wichtig. Das ist hier die Bienenzahl, die nimmt stetig zu und dann ab Juli nimmt sie wieder ab. Und alle Völker, das ist auch unbekannt, machen irgendwo eine Brutpause. Das ist ein Moment, wo die Königin plötzlich nicht mehr legt. Und es kann manchmal hier sein oder hier oder hier. Man weiß nicht so genau, weshalb sie das tut, aber Untersuchungen haben gezeigt, in jedem Volk gibt es mal eine kleine Brutpause. Und zu den Milben kommen wir später.

Und jetzt, wir beginnen mit dem Schwarm. Todesprozess. Und das war eben ein Moment, wo ich einen Schwarm, der ausgezogen ist, fotografieren konnte. Es sind also tausende von Bienen in der Luft. Eben mit diesem gesamten Erlebnis von Geruch, den visuellen Eindrücken und dem Klang.

Publikum

Kurze Frage, was ist das für ein Geruch? Honiggeruch?

Johannes Wirz

Ja, das ist so ein... wie soll ich den Geruch beschreiben? Das ist der Geruch, wie wenn du die Nase über die Kiste hältst. So eine Mischung von Bienen, Pollen, Propolis, Wachs. Honig riecht ja nicht so stark eigentlich. Also die Luft ist so voll mit diesem... Das wäre ja eine Diplomarbeit, eine Jahresarbeit. Wir riechen Bienenschwärme. Man wäre die ganze Zeit draußen bei schönem Wetter.

Publikum

Ja, wir riechen Pheromone nicht.

Johannes Wirz

Wir können Gift riechen, wir können Propolis riechen, wir können Pollen riechen, wir können Wachs riechen. Ich weiß es nicht. Aber der Eindruck ist gewaltig. Man kann sich auch so in einen Schwarm reinstellen. Da gäbe es unendliche Geschichten. Plötzlich einfach tausende von Bienen rum. Man kann den Arm unter einen Schwarm stecken, wenn er dann so gelandet ist. Das ist dann die nächste Phase, der Schwarm landet. Und dann kann er hier eben vom Imker oder der Imkerin geerntet werden. Und es lohnt sich da, wenn man das mal gesehen hat, ein bisschen zu verweilen. Weil dann sieht man, dass die Bienen auf der Schwarmtraube Tänze ausführen, wie wir sie kennen von den Tänzen, die sie im Stock ausführen. Das habt ihr wahrscheinlich in der Schule noch alle gelernt, dass es diese Tanzsprache gibt. Und im Tanz sind immer drei Informationen drin. In welcher Richtung liegt eine Trachtquelle? Wie weit weg ist sie? Zeigen sie auch an mit der Dauer des Schwänzeltanzes. Und je intensiver sie tanzen, umso besser die Quelle. Und auf der Schwarmtraube sind eben auch Spurbienen unterwegs, auf der Suche nach neuen Behausungen. Und mit dem gleichen Tanz zeigen sie den Ort, die Distanz und die Qualität einer neuen Behausung an.

Und dann kann man diesen Schwarm ernten. Und das ist auch immer ein Abenteuer. Imkern heißt Geschichten erzählen. Das ist ein Schwarm, der bei einer Freundin rausging, die bei mir das Imkern gelernt hat. Und dann hat sie gesagt, ich will diesen Schwarm fangen. Sechs Meter im Baum und auf der Leiter mit Schwarmfangkiste. Und dann muss man auch so machen. Immer so ein bisschen Abenteuer. Und dann hat sie gesagt, ich gehe hoch, schlage und du hältst die Kiste. Sie hat geschlagen und hatte die Kiste noch nicht unter dem Schwarm. Und der ganze Schwarm ist auf mich gefallen. Ich hatte überall, die gehen bei jeder dunklen Stelle rein. Ich bin da langsam runtergestiegen, musste mich natürlich praktisch nackt ausziehen, kein Stich. Also da passiert nichts. Wenn der Schwarm vier Tage lang schon gehangen hat und die Bienen hungrig sind, dann passiert was. Aber ein frisch ausgeflogener Schwarm ist zauberhaft.

Und das Nächste ist der Einlauf. Aber jetzt noch einen Moment. Die meisten wissenschaftlichen Imker können dann, wenn die Schwärme fallen, wie man das in der Imkersprache sagt, nicht bei den Bienen sein. Weil das passiert eigentlich zwischen 12 und 15 Uhr. Und da sind wir meistens an der Arbeit. Und ich war natürlich am Anfang ignorant, arrogant. Ich habe gedacht, das spielt doch keine Rolle. Ich lasse die Schwärme, dann gehe ich abends spazieren und gucke, wo der Schwarm ist. Der Schwarm hat die gleiche Farbe wie das Holz des Baumes. Und ein Schwarm, der dann zusammengefunden hat, das sind nicht noch Wolken Bienen, die rumfliegen. Ich habe nie einen Schwarm gefunden. Und als man die wesensgemäße Bienenhaltung mit Demeter-Richtlinien entwickelt hat, ist man mit diesem Problem so umgegangen, dass es erlaubt ist, Schwärme vorwegzunehmen. Und das heißt, wir müssen alle neun Tage, und das ist dem Umstand der Entwicklung der Königin geschuldet, in die Stöcke schauen, ob da Königinnenzellen sind. Ich glaube, wir brauchen nicht zu viele Details. Wir werden noch Königinnenzellen sehen. Weil nach neun Tagen wird eine Königinnenzelle zugedeckelt. Am Anfang ist sie offen, wird gefüttert, und dann kommt dort eine kürzere Metamorphose, ein Deckel auf die Königinnenzelle, und dann Puppe, Metamorphose, und der Augenblick der ersten verdeckelten Königinnenzelle ist ein Zeichen für die alte Königin oder das Volk zu schwärmen. Und wenn man also Schwärme nicht einfangen kann, aber die Schwärme möchte, geht man, und ich mache das liebend gern, alle neun Tage, bei mir ist es meistens am Wochenende, bei den Bienen vorbei und schaut, sehe ich in Anlagen von Weiselzellen ein Ei. Und dann ist es so, wie bei den Vögeln biologisch, dass drei Tage bevor der Deckel zugemacht wird, fällt das Volk wie auseinander. Also die Königin wird mit Zucker gefüttert, nicht mehr Eiweiß, wird kleiner, weil die Eierstöcke zurückgebildet werden, 80 % aller Arbeiterinnen aktivieren ihre Wachsdrüsen, im Blick darauf, neue Waben zu bauen, und sie nehmen Honig auf, werden also schwerer, weil wenn ein Volk schwärmt, muss es unter Umständen ein paar Tage ohne Honig auskommen. Und Schwarmbienen gehen nicht Nektar sammeln, die bleiben in der Traube. Also das ist der Moment, wo wir sagen, Volk fällt auseinander, dürfen wir Vorschwärme nehmen. Und das heißt, man muss die Königin finden, rausnehmen, ich gebe sie dann meistens an Besucher oder Kinder in die Hand, die stechen nicht, obschon sie stechen können, aber sie stechen nur Königinnen, und dann hole ich die Hälfte der Bienen aus dem Volk, tue die Königin dazu, und dann habe ich den Vorschwarm oder Mutterschwarm künstlich gebildet. So machen wir das. Und dann kann man, was in der Kiste bleibt, noch in Einheiten unterteilen, aber das ist jetzt vielleicht zu detaillierte Praxis. Ich kann eigentlich nur sagen, aus einem großen Volk kann ich, wenn es in Schwarmstimmung kommt, bis zu sechs neue Völker machen. Vorschwarm, vier Königinnenvölker und noch das Volk, das in der Kiste bleibt. Also es ist auch wieder ein Akt der Fülle. Und es ist eigentlich wunderbar.

Und dann haben wir angefangen, die Völker nicht mehr einzuschlagen, wie wir eben gesagt haben, aus der Schwarmfangkiste zu nehmen und in die offene Kiste zu hauen, sondern ich lege da ein Brett hin, hier mit einem Tuch, und stoße den Schwarm auf dieses Tuch. Und ich weiß nicht, weshalb genau. Die Bienen suchen dann hier das Flugloch. Die gehen auf das Dunkle zu. Und ich habe jetzt in meinem Imkerleben sicher schon an die 100 Schwärme einlaufen lassen. Kein einziges Mal ist einer weggeflogen. Es ist erstaunlich. Abstoßen, die sind da. Und dann kann man die Nase wirklich auch draufhalten. Ich lade dann gerne Besucher oder Kinder ein. Es ist einfach ein wunderbares Schauspiel zu sehen, wie am Anfang diese Bienchen so langsam gegen diese Dunkelheit krabbeln. Dann sieht man manchmal, wie die Königin über ihre Töchter rennt, und wenn die drin ist, dann gibt es wie einen Sog. Es ist ein unglaubliches Schauspiel. Und wenn die Königin aber komischerweise mal außen hoch klettert, dann muss man sie halt wieder nach unten bugsieren. Aber es ist ein zauberhaftes Ereignis, dauert ein bisschen länger als das Einschlagen, und es ist aber so, Völker ziehen nicht mehr aus, wenn sie so einlogiert werden. Wirklich wunderschön. Und ihr seht, es sind große Mengen.

Der Wabenbau als Skelett und Lebenschronik 00:40:43

Johannes Wirz

Nicht zu viel Praxis. Also man kann in jedem Beutensystem und eben auch in den Bäumen die Bienen einlaufen lassen. Und dann kommt der nächste Schritt, dieses Bauen der Waben. Das ist ein Bienenkastensystem, das auch bei Mellifera entwickelt wurde, und heißt Bienenkiste. Es ist ein Stabilbau. Also da kann man keine Rähmchen ziehen. Wir kommen noch zu den Rähmchen. Und da ist mir deutlich geworden, was eigentlich Skelett heißen kann. Ich habe meine Dissertation in Entwicklungsbiologie gemacht. Und vielleicht habt ihr auch schon so Säugetierembryonen gesehen, die sind in den frühen Stadien total weich. Man hat den Eindruck, nur Zellmasse. Wenn man sie röntgt, sieht man wie innen drin bereits Knorpel und Knochen ausgeschieden werden. Also man sieht den Kopfknochen, man sieht knorpelig angelegte Wirbelsäule, die Rippen, und schon die ersten Teile von Oberbein, Unterbein, also alles schon da. Aber noch winzig klein und umschlossen von dieser weichen Biomasse. Und hier habe ich ein Bild gemacht, vielleicht zehn Tage nachdem ich einen Schwarm einlogiert habe, und man sieht eigentlich fast nichts von den Waben. Es ist so, als ob dieses Volk, dieses Skelett, genauso ausscheiden würde wie die Maus oder das Kaninchen oder das Rind aus sich heraus, aus dieser weichen Masse. Es ist zauberhaft.

Und man kann sich auch merken, sie fangen immer von oben nach unten zu bauen. Immer. Obschon, es gibt einen berühmten Schweizer Bienenforscher von 19hundert, glaube ich, François Huber, der hatte zwei Eigenschaften, er war genial und er war blind. Und er hatte zuerst einen Sekretär und später seine liebe Frau, die ihm einfach erzählen musste, was sie sieht. Und er war der Erste, der nachweisen konnte, dass der Hochzeitsflug oder die Königin immer außerhalb der Kiste begattet wird. Und er hat sehr viel mit Waben experimentiert. Und niemand wollte ihm glauben. Die Leute haben gesagt, naja, die Frau erzählt ihm doch irgendeinen Käse und er macht darauf seine Theorie. Aber es war echt alles so. Also genial. Und der hat herausgefunden, als er den Wabenbau im Detail anschauen wollte, dass wenn man Glasplatten gibt, bauen die Bienen nicht ans Glas. Aus irgendeinem Grund mögen sie das nicht, sondern sie gehen irgendwo hin, wo es Holz hat. Und wenn man das jetzt von oben anschaut, da ist die Glasplatte drauf und dann zieht sich der Schwarm hier hin und fängt an, hier Waben zu bauen. Und jetzt hat er nicht nur eine Glasplatte hier drauf gemacht, sondern auch hier. Und was machen die Bienen? Sie ziehen die Waben darüber. Also er hat gemerkt, im Prinzip wollen sie es gerade, auf Glas nicht. Also suchen die, sobald sie hier Glas merken, lange bevor sie das erreicht haben, fangen sie an, hier einfach die Waben rund zu bauen und dann wieder ans Holz bauen zu können.

Und da gäbe es unendlich viele Geschichten. Es ist ein Hochpräzisionsbau. Die Zellwand ist 0,06 Millimeter dick. Und heute auch baustatisch anerkannt. Ein geniales System mit wenig Material, große Gewichte zu tragen. Eine Wabe von dieser Größe kann drei Kilo Honig drin haben und kracht nicht zusammen. Und wenn man das eben sieht, wie dann ein Schwarm oder ein vorweggenommener Schwarm baut, merkt man, das ist richtig drin. Weil das dauert nicht zehn Wochen, sondern das geht mit der alten Königin ruckzuck, in drei Wochen ist die Kiste voll. Und das können wir dann hier sehen. Hinten ist übrigens das Heizhaus vom Goetheanum, also das ist in Dornach. Das folgt ein paar Wochen später. Und was da als ganz kleines Ding hier war zu Beginn, ist jetzt ausgewachsen in ein großes Wabenwerk, das auch deutlich als solches sichtbar wird. Also es ist echt ein Traum, ihnen bei diesem Bauen zuzugucken. Und ihr seht, sie sind eigentlich immer brav.

Publikum

Geht dieser Bau mit der alten Königin schneller als mit den Jungen?

Johannes Wirz

Ja. Also man muss mit einem Vorschwarm schauen, dass die wirklich in drei Wochen das machen. Wenn der Nektar nicht fließt, muss man füttern. Und nach drei Wochen fangen die an Drohnenzellen zu bauen. Und wenn sie halt nicht vorankommen mit dem Wabenbau, hat man sehr viel Drohnenbau im Wabenwerk. Darum schaut man, dass sie in den nächsten drei Wochen wirklich das ausbauen. Bei den jungen Völkern mit jungen Königinnen ist es anders. Das ist ein Blick auf junge Waben in der Warré-Beute. Vielleicht muss ich dann doch noch ein paar Worte sagen. Und für mich ist es irgendwie auch speziell, im Stockdunkeln, dort kommt der Name her vom Bienenstock, stockdunkel, schneeweißes Wachs. Also frisches Wachs ist immer weiß, wirklich wie Schnee. Und es reift im Laufe der Zeit nach, wird also gelb, braun, und so nach vier Jahren sind die Waben schwarz. Und es hängt damit zusammen, dass zwar alles sauber geputzt wird, aber die Puppenhäutchen von den Bienen, die schlüpfen, die bleiben in der Zelle. Imker sagen, nach vier Jahren muss alles raus, weil sonst werden die Bienen kleiner, und das Volk ist nicht gut drauf. Die Bienen werden tatsächlich kleiner, weil die Zellen immer ein bisschen enger werden. Aber ich habe schon Völker gesehen, wo ununterbrochen über elf Jahre ein Volk gelebt hat, pechschwarze Waben, gesundes Volk. Also in den Köpfen von Imkern, die ticken nicht immer gleich wie die Bienenvölker.

Und das war ein Lieblingsbild aus dieser sogenannten Einraumbeute. Ich sage jetzt gleich noch was zu den Beutensystemen. Und was man da sieht, sind zwei Dinge. Also man kann sich vorstellen, da hängt eine Kette, die Bienen bauen eben in Gemeinschaft. Ihr müsst euch vorstellen, die schwitzen Wachs, und wenn die Temperatur unter 39 Grad fallen würde, wäre es sofort hart. Wir können als Imker immer so kleine durchsichtige Wachsschüppchen sehen auf der Unterlage, am Boden, die dann runterfallen, aber die müssen in der Wärme von den Drüsen hier am Unterleib zum Mund gebracht werden, werden verkaut und von den Bienchen in diese Zellen verbaut. Und da hängen also ganze Bienen entweder in Ketten, manchmal auch so fast in Vorhängen, die beschäftigt sind, Wachs zu schwitzen, und dann selber das Wachs hochzutragen, einen Waben zu bauen. Und das sieht man sozusagen in einer Art Geschichte der Genese.

Das zweite, was ihr seht, das sind diese Drähte. Waben in dieser Größe brauchen manchmal eine Unterstützung, weil ihr könnt euch vorstellen, wenn man die frei bauen lässt und dann kommt, klatsch, zwei Kilo Honig rein, könnte es doch mal ein Problem werden. Dann gibt man diesen Draht und dann bauen sie sehr locker ein. Und dann könnt ihr auch sehen, dass sie das an der Seite immer nur punktuell festmachen. Und das hängt damit zusammen, dass die Wabe nicht nur der Ort ist, wo Honig eingelagert wird und Brut gebrütet wird, also Bienen gebrütet werden, sondern es ist auch ein Tanzboden, wo die Sammlerinnen ihre Tänze ausführen. Und nur die nächsten Schwestern können natürlich mit den Fühlern spüren, wie sie tanzt. Und die anderen spüren aber wie in den alten Discos, habe ich noch gekannt, so Holzböden, wo alles vibriert, können aus den Vibrationen die Richtung des Tanzes, die Dauer des Schwänzelns und die Intensität sozusagen erfühlen. Also Brutort, Vorratskammer, Tanzboden und dann ganz wichtig auch sozusagen eine Art Tagebuch.

Alle fettlöslichen Substanzen landen im Wachs. Und das sind einerseits die Pheromone der Königin, es ist so, als ob im Wachs sozusagen eine Art Entwicklung dieses Bienenvolks, Individualität, niedergeschrieben würde. Aber es wird natürlich auch alles, was in der Umgebung ist, auch niedergeschrieben. Pestizide und Fungizide sind fettlöslich. Die landen also auch alle im Wachs. Und in Hohenheim gibt es den, glaube ich, Kurt Wallner, der ist jetzt pensioniert, ein Spezialist für Rückstandsanalysen im Wachs. Und der hat mal erzählt, dass man heute noch DDT findet in diesen Waben. Obwohl DDT schon in den 70er Jahren verboten wurde, der Einsatz von DDT. Und es hängt damit zusammen, dass in der normalen Imkerei, ich habe gesagt, werden Mittelwände verwendet, um die Waben aufzubauen. Und dann, wenn das Volk stirbt oder die Waben alt sind, werden die Waben rausgenommen, eingeschmolzen und dann schickt der Imker das geschmolzene Wachs zu einem Mittelwandpresser oder Walzer und bekommt sein eigenes Wachs zurück. Das nennt sich geschlossener Wachskreislauf. Und in diesen Mittelwänden, in diesen Waben akkumulieren sich in den Jahren Pestizide und Fungizide. Und wie wir jetzt gehört haben, kann DDT mehr als 50 Jahre immer noch drin bleiben. Und ein Vorteil des Naturbaus, und das hören die konventionellen halt auch nicht gerne, ist, dass frisch geschwitztes Wachs immer viel weniger rückstandsbelastet ist als ein Wachs, das hundertmal oder zwanzigmal immer wieder rezykliert wird und wiederverwendet. Also Wabenwerk, das Skelett, Tanzboden, Brutort, Honigsammlung und so eine Art Lebenschronik wird eingeschrieben.

Und die Fläche ist auch zentral im Sommer fürs Kühlen. Da wird nämlich ein Wasserfilm über die Wabe gelegt und dann stehen die Bienen in einer ganz geordneten Position und fächeln die warme Luft über diesen Wasserfilm. Und ihr wisst, wenn Wasser verdunstet, wird es kühl. Das kann man an jedem Brunnen merken. Und in Städten fangen sie an, jetzt so Wasserwolken zu machen in den heißen Sommern. Und damit können sie übrigens auf eine Präzision von 0,1 Grad Celsius die Temperatur runterkühlen oder daneben, wenn es kühl wird, draußen auch wieder hoch. Und ich habe eine Zeitlang viele Experimente gemacht zu diesem Naturbau und wollte etwas zeigen von der Dynamik. Das ist immer die gleiche Wabe von einem Volk. 10. Juni war 21 Tage nach Einlogieren des Schwarms und dann wieder 21 Tage später und dann wieder 21 Tage später, wobei 26. bis 1. sind ein bisschen mehr. Im August war ich im Urlaub, schon wieder nichts. Und dann sieht man, dass bis Ende der Bienensaison, im Oktober, die Wabe praktisch voll ausgebaut ist. Und wenn man alles gut macht, bauen sie 8 bis 11 Völkerwaben total aus.

Verschiedene Beutensysteme im Vergleich 00:54:15

Johannes Wirz

Und jetzt, bevor wir weitermachen, noch etwas zu den Beuten. Also nur eine kleine Anmerkung. Oder gibt es da noch Fragen? Schnell die Situation im Baum. Da ist die Höhle. Da sind Waben gebaut, ich zeige jetzt nur eine. Und dann ist es so, das Flugloch kann meinetwegen hier sein. Am Ende des Winters sitzt das Volk da oben. So startet das Volk Ende des Winters. Jetzt kommt der Frühling. Es kommt Honig rein, das Volk wird größer, der Honig wird hier eingelagert und das Brutnest wird nach unten gezogen. Und dann kommt die nächste Tracht, wird hier eingelagert, das Brutnest wird nach unten gezogen und sitzt dann im Spätsommer hier. Und ist, wenn alles gut läuft, von Honig umgeben. Irgendwann, 21 Tage nach den ersten Frostnächten, sitzen dadurch noch die Bienchen und jetzt fressen die sich im Laufe des Winters sozusagen umgekehrt durch den Honig, den sie im Jahr gesammelt haben, durch. Der spät eingelagerte Honig wird zuerst gefressen, der am frühesten eingelagerte Honig am Schluss. Dieses Prinzip kann man in allen Beutensystemen sehen.

Und es gibt im Wesentlichen drei Systeme. Das eine heißt Trogbeuten, das ist die berühmte Einraumbeute. Da wird ein Volk auf dieser Größe überwintert, da sind die Rähmchen drin, und im Frühling, wenn die Tracht kommt, werden hier mehr und mehr Rähmchen oder Waben gegeben, wo der Honig eingelagert wird. Versteht ihr? Das Flugloch ist hier, und es gibt eine Regel, die immer eingehalten wird. Das Volk möchte das Brutnest nahe am Flugloch haben. Das heißt, fern vom Flugloch werden Honige eingelagert. Hier horizontal, eben Trogbeute oder Einraumbeute, was da auf diesem Buch steht.

Dann gibt es vertikale Systeme, und da gibt es das eine System Magazin, Zander, Deutsch Normal usw. Das funktioniert so, das sind auch wieder die Waben. Da brütet das Volk, und wenn die Tracht kommt, wird hier aufgesetzt, und der Honig wird hier eingetragen, und wenn noch mehr Tracht kommt, wird nochmal eine sogenannte Honigzarge aufgesetzt, und dann wird auch hier Honig eingelagert. Das ist eine Erweiterung von unten nach oben. Hier nach links oder rechts, bei uns meist nur nach der fluglochfernen Seite, egal.

Und dann gibt es das dritte System, und da gehört dazu die Warré-Kiste. Hier wird ein großes Brutnest angelegt, wenn es keinen Platz mehr gibt, hat Warré diese Kiste weggenommen, eine Leere gegeben, und die mit dem Brutnest, und jetzt zeichne ich es nur noch so an, aufgesetzt. Das Volk will das Brutnest fluglochnah, es baut also da Waben rein, die sind oben, da baut es neu, und zieht das Brutnest hier nach unten, und lagert den Honig hier oben ein. Wenn das wieder voll ist, wird das Ganze wieder verschoben, und es wird unten wieder eine leere Zarge gesetzt. Hier bleibt das immer am gleichen Ort, und der Honig wird nach oben erweitert, bei Warré ist es umgekehrt, es wird nach unten erweitert. Und das hat bedeutende Vorteile, weil es zu viel imkerlich ist. Wichtig ist, weil man so imkert, da kann man hier, wenn das Brutnest da unten ist, alles voll Honig, mit einem Draht durchschneiden, die Waben rausschneiden, und weil es Stabilbau ist, kann man die nicht schleudern, sondern pressen. Und das Volk brütet immer auf ziemlich frischem, jungen Wachs.

Das sind im Wesentlichen die drei Möglichkeiten, die häufigsten sind all diese Magazinbeuten. Meine liebste ist die da, Einraumbeute, aber ich habe alle diese Systeme auch, weil wir geben Kurse, und die Leute sollen einen Eindruck bekommen, wie man damit arbeitet.

Publikum

In der Höhle?

Johannes Wirz

Das habe ich vorhin versucht zu schildern. Das Volk beginnt, zieht sein Brutnest zum Flugloch runter, und lagert oben den Honig ein. Warré. Das war auch ein Émile Warré, ein Pfarrer, und er hat das eben Volksbeute genannt, weil es so einfach zu bauen ist. Wenn du eine Säge, Nägel und Hammer hast, kannst du das bauen. Er hat gesagt, das sollen alle Leute, die Bienen haben, selber bauen können. Und da hier gehören Dadant, Zander, das sind ja alles die Namen von Leuten, aber auch DN, Deutsch Normal, und eben Langstroth haben wir auch schon gehört. Und da hier, das ist die Einraumbeute, die wir gehabt haben, schwäbische Lagerbeute, und die Bienenkiste, wo wir auch ein Bild gesehen haben. Und da gibt es viele. Ich habe das ein bisschen recherchiert. Als die gebaut wurde, bei uns, dachten wir, wir sind die Einzigen, die das erfunden haben. Dann haben wir gesehen, die Polen haben eine Kiste gehabt, praktisch die gleiche Dimension, in Russland sechsmal, unabhängig voneinander entwickelt, diese Horizontalsysteme. Das hat alles schon gegeben. Und das da hier geht natürlich ein bisschen, aus verschiedenen Gründen, ist es ein System, das langsam verschwindet. Erstens ist es schwer, wenn man diesen ganzen Turm heben muss, um da noch etwas unterzusetzen. Und zweitens, wenn sie neu bauen müssen, ist es, wenn sehr viel Honig kommt, kommen sie nicht nach mit dem Bauen. Also Honigeintrag geht schneller als Wabenbau. Und wenn sie keinen Platz mehr haben, schwärmen sie. Und trotzdem ist es wunderbar.

Die Aufzucht der Königin 01:02:22

Johannes Wirz

Und jetzt hier habt ihr verstanden, schwärmen, schwärmen lassen, Schwarm vorweg nehmen, Schwarm einlaufen lassen, schauen, dass sie schön bauen, wie genau ist in diesem Buch beschrieben, brauchen wir die Details nicht, und ein Blick auf die verschiedenen Beuten, das Runde übrigens auch rauskommt, wenn ein Volk anfängt zu bauen, es ist rund. Und ihr müsst euch vorstellen hier, erste, zweite, dritte, vierte, fünfte, sechste, siebte, achte Wabe. Also der Wabenbau ist in sich auch eigentlich so eine Art halbe Kugel. Von so betrachtet und von der Seite betrachtet. Und eben dieses Schneeweiße.

Und da kommt noch das Letzte, es ist meist so, dass die Königin so von einem Trupp von Töchtern umringt ist, und jetzt anders als in England, wo die Leibwächter der Königin folgen, wandert die da weiter, und dann tun die, die da irgendwie etwas machen, wenden sich sobald sie kommt zu. Und die, die hier die Königin gestreichelt, geputzt und verpflegt haben, das ist ein bisschen ein anderes System. Aber dass sie so umringt ist, von ihrem Hofstaat, das ist ein häufiges Bild, das man sieht.

Hier zeige ich noch einen Blick in die Weiselzelle, wir werden auch ein zweites sehen. Die Arbeiterinnen werden in horizontalen Wiegen gebrütet, die Königin vertikal. Also Kopf hängt nach unten. Und was man hier sieht, ist das Weiße, das ist die Weiselkralle. Und dort drin, das glänzende Kleine, ist eine kleine, geschlüpfte Larve. Und eben in 6 Tagen wächst aus der geschlüpften Larve eine ganz dicke, lange. Und dann insgesamt, wenn man alle Tage zählt, am 9., werden diese Königinnenzellen, die man hier sieht, zugedeckelt. Da hängt die Larve, die sich jetzt verpuppt, und dann die Metamorphose macht zur Königin. Und sobald die erste zu ist, Zeichen für Schwärmen. Und hier wieder Akt der Fülle. Ein Volk macht nicht ein oder zwei Königinnen, sondern 15, manchmal 20. Also unglaubliche Mengen von Königinnen in diesem Schwarmtrieb, mit denen ich selber nicht weiß, was machen. Die alle stehen lassen, mache ich nicht mehr, weil sehr oft schwärmt ein Volk nicht nur den Mutterschwarm, sondern die erste junge Königin geht raus, dann ein zweites Mal, ein drittes Mal, ein viertes Mal, und am Schluss hat man noch so eine kleine Handvoll Bienchen in der Kiste, und alle anderen sind weg. Also das sind dann Eingriffe, die tun weh. Diese verschlossenen Zellen ausbrechen zum Beispiel. Ja, gut. Und es steht immer am Rand der Wabe, und Königinnen werden auch weniger warm gebrütet als Arbeiterinnen. Ich weiß nicht weshalb. Und wenn wir eben Schwarmkontrolle machen, um Schwärme vorwegzunehmen, wissen wir, wir brauchen nicht im zentralen Bereich des Brutnests nach Königinnen suchen, sondern am Rand. Und dann guckt man durch, und es ist schön, wenn wir sagen, so viel Arbeit will ich nicht.

Die Bedeutung der Standbegattung für die Volksgesundheit 01:06:20

Johannes Wirz

Und jetzt noch etwas zu der Bedeutung der Standbegattung. Weil das gehört dann natürlich bei uns eben mit dazu, ich habe es erwähnt, bei uns fliegen die Königinnen in die Umgebung, in der sie aufgezogen worden sind. Also in dem Sinne sind sie von der mütterlichen Seite her wirklich an diesen Standort angepasst, und mehr angepasst. Und im Zusammenhang mit der ganzen Varroa-Problematik hat ein riesiges Forschungskonsortium mit, ich glaube, 17 Bieneninstituten, 11 Ländern usw. über 600 Völker beobachtet und gefragt, wenn wir nichts unternehmen, welche Völker überleben besser? Völker mit Königinnen, die am Stand gebildet wurden, oder Völker mit irgendwelchen Zuchtköniginnen, die wir hergebracht haben. Und dann hat man also die Völker über fast 1000 Tage angeguckt, keine Behandlung gegen Krankheiten gemacht, und hat gesehen, am Ende des Experiments hat man es dann abgebrochen, von diesen non-locally bred queens, also nicht standortangepasst, das wurde mir vorgeworfen, aber das ist ein Quatsch, das waren nur noch 7 %, also von 350, ich kann das jetzt gar nicht ausrechnen, um die 35 Völker übrig, und bei den angepassten waren es immerhin noch ein Fünftel. Also ihr seht, dreimal mehr, dreimal besser überlebt. Das heißt, die standortangepassten Völker sind irgendwie gesünder als die Völker, die in den Völkern mit fremden Königinnen gebildet wurden.

Und das Letzte, was ich euch da noch zeigen will, einfach weil ich es wichtig finde, es geht bei den Imkern die Meinung um, dass aggressive Völker sich besser gegen Varroa wehren können als nichtaggressive. Und aus diesem Experiment, wo wir gesehen haben, dass die standortangepassten besser überleben, wurde auch deutlich, das ist hier, Docility-Index, Sanftmütigkeit, ich weiß nicht genau, wie man den bestimmt, ich habe das nie nachgelesen, die ist bei standortangepassten Völkern besser, und signifikant besser als bei Völkern mit Königinnen, die nicht an den Standort angepasst sind. Und ich kann mich noch erinnern, ich war einmal für Vorträge in Prag. Ich spreche natürlich kein Wort Tschechisch, und konnte nicht lesen. Das war noch lange vor Zeiten mit Navigation oder Google Maps, und dann steht man da und sagt... Also Stress. Einfach ein bisschen gestresst, das richtige Hotel zu finden, natürlich findet man es am Schluss, dann wurde ich zwei Jahre später wieder eingeladen, gleiches Hotel, dann geht man locker zum Bahnhof raus, und klar, man findet es. Also irgendwie so etwas passiert bei lokaler Anpassung, und bei Bienen auch. Man kennt es seit Generationen, als wenn sie es ganz neu kennenlernen müssten. Dann hat man auch herausgefunden, dass tendenziell die lokal angepassten Königinnen, die nicht gezüchtet wurden, also durch künstliche Zucht, mehr Honig eingetragen haben als die Völker mit Zuchtköniginnen, und man hat auch gesehen, dass die Volksgröße von standortangepassten Königinnen größer war als von Völkern, die man mit zugekauften Königinnen gebildet hat.

Publikum

Und weshalb macht man dann überhaupt Königinnenzucht?

Johannes Wirz

Ideologie. Weshalb? Man könnte mit Geld Geld machen. Es ist Ideologie. Wir machen jetzt noch Pause, wenn ihr wollt, gibt es noch die Geschichte mit Varroa. Wir müssen wahrscheinlich nach fünf. In Bezug auf Krankheiten kann man zeigen, dass lokal Angepasste besser umgehen. Und das gilt auch für Varroaresistenz und Varroatoleranz, über das ich gleich was sage. Und seit über 20 Jahren, vielleicht jetzt 30 Jahren, gibt es viele Bienenforschungsinstitute in Europa, welche Zucht-Varroa-tolerante-Königinnen machen wollen. Es ist nicht gelungen. Aber ihr werdet dann gleich sehen nach der Pause, dass es dann wahrscheinlich mittlerweile 40 Orten in Europa, so klein wie ich einer bin, gelungen ist, solche Völker zu bekommen. Es gibt Varroa-tolerante Völker, aber nicht bei denen, die züchten, sondern bei denen, die mit Standbegattung arbeiten und umgekehrt, was da gezeigt wurde, hat man natürlich anderswo auch gezeigt.

Es gab in der Schweiz ein interessantes Experiment, wo man an drei Standorten Völker gebildet hat mit lokalen, angepassten Königinnen, nicht selektiert und verglichen hat mit Völkern, die man mit Hochleistungsköniginnen von anderswo eingekauft verglichen hat. In den Standorten konnte man keinen Unterschied feststellen zwischen Honigertrag. Aber statistisch war klar, Standorte machen die Menge des Ertrags aus. Es gibt gute Standorte, es gibt schlechte Standorte. Eben wie ich gesagt habe, Raps, da kommen Tonnen Honig rein. Und irgendwo in einer Getreidewüste bei uns in der Schweiz, Mittelland, kommt eigentlich fast nichts rein. Das funktioniert wahrscheinlich gut bei Rindern, Schweinen, Enten und Ziegen. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass die ja vor 10.000 Jahren noch Wildtiere waren. Die haben ein genetisches Potenzial in sich, das man noch entwickeln kann. Die Honigbiene lebt seit 30 Millionen Jahren. Und ich denke, die haben praktisch alles optimiert, was es zu optimieren gibt. Und darum kann man züchterisch da nicht mehr so viel machen. Weil ich letztes Mal in einer Konferenz gesagt habe, ich sei 20 Jahre dran, und da gibt es diesen Imker in vier Jahren, was ist los, da kann keiner, der jetzt schon Millionen von Forschungsgeldern abgegriffen hat, sagen, es ist ein Mist, was wir machen, wir müssen stoppen. Also ich halte nicht viel von der Zucht, wie ihr merkt. Aber das wollte ich euch zeigen, in diesem konventionellen Wissenschaftler-Kreis, gibt es einen Unterschied von Anpassung zu nicht angepassten Völkern. Sie leben besser, sie gehen besser mit Krankheiten um, und jetzt lassen wir das, und dann machen wir nochmal eine Pause, und gehen dann noch ein bisschen in die Varroa-Geschichte. Wenn ihr wollt. Oder Krankheitsgeschichte.

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