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Düngung - 2. Vortrag von Manfred Klett, Vortragsreihe 2017
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Düngung - 2. Vortrag von Manfred Klett, Vortragsreihe 2017
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Rückblick: Die Düngung der Vorkulturen 00:00:34
Manfred Klett: Ja, ich möchte dann mal anfangen, weil es immer gut ist, dass man erstens pünktlich ist, und zweitens, dass wir nochmal ganz kurz wiederholen, was ich gestern versucht habe hier darzustellen, weil das ja dann immer ein bisschen aus dem Bewusstsein gleitet, dass das eine auf dem anderen aufbaut. Dass ich das nochmal kurz wiederhole. Wollen Sie was sagen?
Publikum: Also ich wiederhole nochmal kurz.
Manfred Klett: Also wir haben ja den Blick darauf gelenkt, auf die Beginne, den Anfang aller Landbaukultur und die Frage gestellt, wie es da eigentlich mit der Düngung ausgesehen hat. Und haben gesehen, dass es eigentlich da gar keine Düngung gab, in dem Sinne, die vom Menschen ausgingen, und dass diese sich abgespielt haben dort, wo die Natur eben wirklich ein gewisses Optimum entwickelt hat, in Bezug auf die natürliche Produktionskraft der Böden. Und das war eben überall dort der Fall, wo die Natur sich selber bewässert hat, selber gedüngt hat, durch die Schwebestoffe, die da durch die Niederschläge von den Gebirgsgegenden herunterkamen und sich dann sedimentiert haben im Vorland.
Und das war ja insbesondere der Fall in der urindischen Kultur, in den Flussgebieten des Ganges, des Brahmaputra, am Südabfall des Himalaya. Das ist die erste Hochkultur der Menschheit in der nachatlantischen Zeit, die sich da abgespielt hat. Und dann eine zweite Kultur, die sich dann nach Westen angeschlossen hat, im Wesentlichen im heutigen Afghanistan, aber noch bis nach Ostpersien hineinreichend. Und im Anschluss an die Gebiete, die nach Norden sich ausdehnen, von dem südlichen Usbekistan und dem heutigen Turkmenistan, diese großen Steppengebiete gegen den Aralsee hin. Das waren wiederum große Flussgebiete. Das Oxus und Jaxartes nannte ich die, so haben sie Griechen genannt. Heute heißen sie Amu-Darja und Syr-Darja. Das sind die großen Flüsse, die aus dem Hindukusch aus dem Pamir-Gebirge in den Aralsee münden. Da hat sich die urpersische Kultur entwickelt. Und da merkt man schon, wie das Menschenhand jetzt anfängt, die Natur zu verwandeln. Diese urpersische Kultur ganz zart. Einerseits durch eine von Menschenhand geführte Bewässerungskultur. Und auf der anderen Seite dadurch, dass der Pflug sozusagen erstmals als ritzender Pflug eingesetzt worden ist. Und dadurch die Menschheit, die damalige Menschheit in der urpersischen Kultur, sesshaft geworden ist. Landbaukultur kann sich nur aus der Sesshaftigkeit entwickeln und nicht im Nomadentum.
Die nächste erfolgende Kultur war dann diejenige, die wiederum Westen angeschlossen hat. An die urpersische, das ist die Mesopotamische, im heutigen Mesopotamien, zwischen Euphrat und Tigris. Auch eine große Flusskultur mit entsprechender Sedimentationsfracht der Flüsse. Wo eine natürliche Bodenfruchtbarkeit jedes Jahr sich neu aufgebaut hat. Und dann die Brücke zwischen Mesopotamien und Ägypten bildet ja dann die sogenannte Levante. Also das heutige Syrien, der Libanon und Palästina. Und da waren es die großen Flussgebiete des Orontes. Der fließt quer durch das Gebirge des Libanon hindurch nach Norden. Zwischen den beiden Gebirgen, Libanon und Antilibanon, ein wunderbares Tal. Auch eine geologische Absenkung, wie der Jordangraben. Und da hat eben auch eine ganz blühende Kultur sich entwickelt. Das liegt im heutigen Syrien im Wesentlichen. Und dann das Jordantal selbst. Das ja dann seinerseits eine große Bedeutung gewonnen hat in der folgenden Entwicklungszeit. Und das geht dann über in das Nildelta und das Niltal selbst. Wiederum ein großes Flussgebiet. Und so dass man sagen kann, die vorchristlichen Hochkulturen sind alle dadurch geprägt, dass die Natur sich plus minus selbst gedüngt hat. Und der Mensch hat es nur mehr und mehr optimiert. Durch sehr sehr kunstvolle Bewässerungssysteme. Insbesondere dann im Niltal.
Exkurs: Der Assuan-Staudamm und die Folgen für Ägypten 00:05:46
Manfred Klett: Und ich möchte nur noch kurz ergänzen dazu, dass ich sage, dass schon nach dem Zweiten Weltkrieg eine ganz starke Bestrebung war, das Niltal zu elektrifizieren. Und da lag auf der Hand, jetzt einen großen Staudamm zu bauen, um den Nil aufzustauen und damit Elektrizität zu gewinnen. Das war gerade in den 50er Jahren eine unglaubliche Diskussion. Das könnt ihr euch gar nicht ausmalen, wie heftig das war. Und da wurde Deutschland dann beauftragt, mit einem internationalen Konsortium den Staudamm zu bauen. Und ich weiß noch heute nicht ganz genau, was die Gründe waren, aber jedenfalls hat im letzten Moment Deutschland abgesagt. Und zwar wirklich offensichtlich aus Gründen der Folgen dieses Baus. Welche Folgen das für das ganze Niltal hat. Also zum ersten Mal eine Art ökologisches Bewusstsein ist da aufgetaucht. Und dann lag das brach und dann haben es die Russen gebaut. Der große Staudamm am Assuan, also ganz im südlichen Ägypten, Übergang nach Nubien, da ist dieser gewaltige Staudamm gebaut worden. Da verengt sich das Tal, alles ist Granit, da ließ sich das wunderbar machen.
Und die Folgen sind eben doch eingetreten, die man damals schon erwartet hatte. Nämlich, dass der ganze Nilschlamm heute in den oberen, in den Stausee hinein verfrachtet wird und dort sedimentiert. Und immer mehr aufbaut und die Turbinen immer stärker versandet werden, also beziehungsweise Sandabrieb haben, immer wieder ersetzt werden müssen und so weiter. Also große Reparaturen, die eine Folge davon, dass dieser Nilschlamm eben dort immer höher aufsedimentiert und die heute das Zeug rausbaggern müssen. Das ist ein riesen, riesen Aufwand, um diesen Staudamm funktionsfähig zu erhalten. Und was das zweite war, dass das Tal selber vom Assuan-Staudamm bis ins Delta herunter keine Überschwemmungen mehr hatte. Ein Vorzug, man konnte es bauen, man konnte Industrien entwickeln, selbstverständlich, aber die Böden haben keinen Fruchtbarkeitszuwachs mehr gehabt von Jahr zu Jahr. Das hat Ertragsdepressionen hervorgerufen. Und die Folge war, dass nach kurzer Zeit die ganze Wucht, möchte ich mal sagen, der modernen Produktionsweisen in Ägypten eingeführt worden sind, sämtliche Möglichkeiten einer intensiven Düngung, Mineraldüngung in Verbindung mit Pestiziden, also Insektiziden, Fungiziden und alles das.
Also Ägypten war in der Folgezeit einer der intensiv chemisch geübten und chemisch sozusagen am Leben erhaltenen ehemaligen Fruchtbarkeitsgebiete für eine Bevölkerung, ich glaube, Ägypten hat heute 80 Millionen Einwohner, so ähnlich wie Deutschland oder vielleicht sogar noch mehr, auf diesem ganz schmalen Tal, 1000 Kilometer da, nilaufwärts. Und auf diese Weise hat man nun die ganze Landwirtschaft dort umgestellt auf einen intensiv konventionellen Landbau, in kleinbäuerlicher Struktur. Die Westkonzerne haben dann quasi Pakete verkauft in Form von Saatgut, Düngemittel und Pestiziden. Und die Leute haben sich verschuldet. Und das waren dann fürchterliche soziale Probleme, die dann mit verbunden waren.
Die SECHEM-Initiative als Gegenbewegung 00:09:43
Manfred Klett: Und ich muss einfach sagen, dass das wirklich eine ungeheure Kulturtat gewesen ist von der SEKEM-Initiative bei Kairo, im südlichen Kairo, wo ja der Dr. Abouleish, der jetzt gerade gestorben ist, der eigentlich Initiator war. Und denen es gelungen ist, im Verlaufe der 80er Jahre, diese flächendeckende Pestizidspritzung durch das ganze Niltal rauf und runter, da sind die Hubschrauber flächendeckend einfach mit dem DDT durch die Lande geflogen, nach vorne und nach Süd. Egal was da unten war, flächendeckend wurde das Zeug gespritzt. Und das haben die erreicht von SEKEM aus, dass das gestoppt worden ist und dass man also nur noch ganz gezielt diese Pestizide einsetzt. Das war der erste Schritt.
Das zweite Schritt war, dass durch diese Einführung der Kompostierung von Europa her, dort auf SEKEM, das dann ausgestrahlt hat in das ganze Niltal heute und jetzt sehr viele Bauern angefangen haben zu kompostieren. Das heißt, dass das ganze organische Material, was da im Laufe der Jahr als Rückstände bei den Pflanzen anfällt, das jetzt zu kompostieren, was sehr, sehr schwierig ist in dem Lande, weil es nie regnet. So gut wie nie regnet. Und eine Kompostierung kann man nur, wenn genügend Feuchtigkeit da ist, um das ganze mikrobielle Abbau usw. zu fördern. Und zudem kommt noch hinzu, dass die Rückstände in diesen Ländern, die Pflanzenrückstände, alle sehr, sehr intensiv verholzt sind. Also wenn man mit Baumwolle anbaut oder so, dann ist es also wirklich ein verholzter Rückstand, die sehr, sehr schwer sich zersetzt. Aber dennoch ist es gelungen, da diese Kompostierungen hinzuzusetzen, durch ständige Befeuchtung, Bewässerung dieser Kompostfolgen, Festtreten usw. Und dadurch einen Humus zu erhalten, dass die Betriebe, die so gewirtschaftet haben, und zwar konsequent, heute sehr gut dastehen. Weil jetzt über die Humuszufuhr, wo die mikrobielle Aktivität in den Böden so angeregt wird, in den altabgelagerten Böden, dass sie wieder jetzt also wirklich hochgradig produktiv geworden sind.
Das nur noch als Ergänzung. Wie man sieht, wie ein technologischer Schritt, der da durch den Assuan-Staudamm zustande gekommen ist, Folgen hatte, katastrophalster Art, und die jetzt wieder sozusagen durch ein neues Bewusstsein, durch ein erwachendes Bewusstsein, die Menschen veranlasst, hier durch die Mittel, die im Lande selbst sind, die organischen Rückstände, gibt es eben dann auf jedem Betrieb, daraus eine Gesundung der Böden zu bewirken. Also ich finde, das ist eine ganz tolle Entwicklung, die allerdings ständig sozusagen auch durch die Bildung, durch die Erziehung, durch die Ausbildung, durch die Kairoer Universität und so weiter gefördert werden muss. Und das ist eine selbstverständlich riesen Widerstände heute.
Publikum: Wann ging das an mit der SEKEM-Initiative? In welchem Jahr ging das los mit der SEKEM-Initiative?
Manfred Klett: 1978. Ja, also, aber das ist nur noch eine Ergänzung.
Die Metamorphose: Von der Wasserkultur zur Erddüngung 00:13:24
Manfred Klett: Jetzt haben wir das vor Augen, diese Wasserkultur eigentlich, der vorchristlichen Hochkultur. Jetzt kommt die große Metamorphose in die nachchristliche Zeit. Und da muss ich jetzt eigentlich alle möglichen Sachen überspringen, sonst würde es natürlich Zeit in Anspruch nehmen. Zunächst merkt man nämlich gar nichts. Nach dem Heraufkommen des Christentums überhaupt nichts. Das Urchristentum hat sich darum noch nicht sonderlich bekümmert, konnte es auch nicht. Es hat ja meistens fast nur noch in Katakomben gelebt damals, also unter der Erde. Die Christen wurden ja verfolgt bis 312, wo dann Konstantin der Große das Christentum schließlich zur Staatsreligion erklärt hat. Also, in den Anfängen sah man noch gar nichts. Auch noch im vierten, im fünften und im nachchristlichen Jahrhundert hat man noch keine großen Veränderungen gesehen. Da wurde noch so irgendwie noch fortgesetzt, das was die Traditionen eben schon noch aus dem Osten herkommen, was da so praktiziert worden ist im Römischen Reich.
Und jetzt jedenfalls plötzlich, und jetzt weiß ich, alles was ich jetzt schildere, das sind eigentlich nur einzelne Bilder der Stationen, wie sich nach und nach sozusagen die Düngung, nicht mehr nur allein mit Wasser, sondern die Düngung mit Erde, mit dem Festen der Erde, mehr und mehr die Oberhand gewinnt bis zum heutigen Tag. Dass das eigentlich die eigentliche Zukunft der Düngung ist, dass man nicht mehr mit dem wässrigen düngt, sondern mit dem erdigen düngt. Mit also dem wirklich, naja, wir werden sehen, was damit gemeint ist.
Das Bodenseegebiet: Treffpunkt zweier Christentums-Strömungen 00:15:17
Manfred Klett: Und das erste Bild, was ich vorhin hier hinstellen will, das ist, dass in einem bestimmten Gebiet hier in Mitteleuropa, das ist das Bodenseegebiet, da etwas ganz Einmaliges stattgefunden hat. Das hat natürlich dann über ganz Europa gewirkt, aber es ist in gewissem Sinne, möchte ich mal sagen, wie ein Initialfunke, der da eingetreten ist, nämlich, dass hier zwei Strömungen des Christentums zusammen getroffen sind. Und das im siebten, achten, neunten Jahrhundert vor allen Dingen. Und dann fortsetzend ins elfte, zwölfte Jahrhundert. In dieser Zeit des siebten, sagen wir mal, bis neunten Jahrhunderts hat sich da ein Kulturzentrum begründet. Heute weiß man nur noch davon, sozusagen in wenigen Andeutungen, man hat es auch noch, architektonisch kann man noch etwas davon sehen, nämlich die Reichenau. Die Reichenau war das damalige Kulturzentrum ganz Mitteleuropas, wenn nicht sogar Europas überhaupt. Man hat es damals, dieses Kloster Reichenau hat man genannt, die Diplomatenschule Europas.
Und was hat sich da nun abgespielt? Auf der einen Seite kam von Süden, von Rom, das Petrinische Christentum, das sogenannte Exoterische Christentum, über die Alpen herüber. Die erste Niederlassung war in Chur, in der Schweiz. Schon im Jahre 512 wurde da das erste Bistum errichtet. Und dann ergoss sich sozusagen dieser Strom, dieses Petrinischen Christentums bis in den Bodenseeraum. Und es gab eine Zeit im Hochmittelalter, wo man den Bodensee, diesen ganzen Raum genannt hat, den Gottesgarten in der Mitte der Christenheit. Den Gottesgarten in der Mitte der Christenheit. Da war rund um den ganzen See herum, waren die ganzen Orden des Mittelalters versammelt, ob das die Benediktiner waren oder die Zisterzienser. Salem zum Beispiel war ein Zisterzienderkloster. Und so die Kartäuser, und so die Dominikaner überhaupt. Alles das. Rings um den ganzen See herum. Und dann dieses Kloster Reichenau da.
Das ist also ein Strom, der von Süd nach Norden kam. Und dieser Strom brachte die gesamten Traditionen, die bis dato in der Landwirtschaft das Ergebnis von ein Jahrtausendalter Entwicklung waren, die Kenntnisse über all das brachten die über die Alpen mit. Die Römer haben ja alles zusammengesammelt, was nur irgendwo in den vorchristlichen Kulturen sich entwickelt hat. An Kulturpflanzen, an Haustieren und alles was. Das brachten die einfach über die Alpen jetzt oben rüber, die Kenntnisse davon, die Mönche, ins Bodenseegebiet.
Und es kam eine zweite Strömung. Die kam vom Westen nach Osten. Und das ist das sogenannte esoterische Christentum. Das exoterische Christentum, das hat sich entwickelt aus dem unmittelbaren Erleben dessen, was sich in Palästina im Jahre 0 und im Jahre 33 abgespielt hat. Was in den Evangelien zugrunde gelegt ist. Wo man sich auf Schriften stützt, die eben aus dieser Zeit stammen. Also man hat sich esoterisch orientiert immer wieder an den eigentlichen Schrifttum jener Zeiten. Das waren die Evangelien. Insbesondere die drei. Nicht so sehr das Johannesevangelium, als die anderen drei. Und jetzt kommt plötzlich von Westen nach Osten eine ganz andere Strömung. Und die ist so unbekannt. Es ist gerade so, also ich bin immer wieder erschüttert.
Exoterisches und Esoterisches Christentum 00:19:36
Publikum: Können Sie vielleicht mal genau erklären den Unterschied zwischen exoterisch und esoterisch?
Manfred Klett: Ja, das werde ich gleich tun. Nicht erschöpfend. Da kamen jetzt plötzlich ganz andere Menschen. Den Rhein herauf. Immer nur kleine Gruppen. Und eine dieser Gruppen waren diejenigen, die um Columban den Jüngeren ins Bodenseegebiet heraufgezogen kamen. Irische Mönche aus Nordirland stammend. Bangor, das war das Kloster bei Dublin, wo die ihren Ursprung hatten. Und die haben nun die Tendenz gehabt, da in ganz Mitteleuropa, in dieser Wüstenei, noch von einer Landschaft, die voller Waldsümpfe war, in dieser Wüstenei zu missionieren und zu kultivieren. Und diese Gruppierungen, die da jetzt von Westen nach Osten kamen, die Vertreter waren des esoterischen Christentums, die hatten dann überhaupt keine Kenntnisse von der Bibel, von den Evangelien. Überhaupt nichts. Sondern die trugen das in sich. Die haben das miterlebt, die haben das Mysterium von Golgotha gleichsam übersinnlich miterlebt. Diese irischen Mönche, die wurden noch inspiriert von den hibernischen Mysterien und die waren in vollem Bewusstsein dieser Tatsache, was sich da in Palästina abgespielt hat, ohne äußere Kenntnisse. Rein durch inneres Erleben. Insofern esoterisch, das heißt rein im Innerlich Erlebten, nicht auf äußere Tatsachen sich stützend. Und ganz anders, sozusagen, geistig-seelisch strukturiert, als diese Mönche, die von Süden kamen.
Und diese beiden Strömungen durchdrangen sich im Bodenseegebiet. Und die haben damals eine ganz neue Kultur inauguriert, die das ganze Mittelalter befruchtet hat und sich überhaupt ausgedehnt hat über ganz Europa. Und die in einem ganz innigen Verhältnis auch standen zu dem, was man auch heute kaum noch im Bewusstsein der Menschen lebt, dem sogenannten Heiligen Gral. Also was dann Wolfram von Eschenbach niedergelegt hat in der ganzen Parzival-Sage usw. Also da muss man sich lange lange damit beschäftigen und mal langsam bemerken, was das für ein ungeheures Gewicht hatte. Dass da noch zu dem exoterischen Christentum noch dieses andere innerlich erlebte Christentum oder ich könnte auch sagen kosmische Christentum hinzugetreten ist. Denn das exoterische Christentum hat unmittelbar den Menschen im Blick der Mensch, der jetzt bestimmte Tugenden aus sich heraus entwickelt oder sich irgendwo als Mensch versucht zu verstehen, zu lernen. Während das esoterische Christentum ein Naturchristentum war. Die haben noch erlebt, dass das, was in mir ist, diese damaligen Vertreter des esoterischen Christentums erlebt, was in mir ist, was ich als Mensch bin, das ist auch draußen in der Natur.
Publikum: Das ist auch was.
Manfred Klett: Das ist noch draußen in der Natur.
Publikum: Ich wollte fragen, ob diese beiden Stränge friedlich zusammengekommen sind oder ob es mal Reibereien oder Konflikte gab. Die Ausgehensweisen sind ja irgendwie schon unterschiedlich.
Manfred Klett: Das war wenig später der Fall. Der Hauptrepräsentant war Columban der Jüngere. Und der Columban der Jüngere, der hat 610 seinen Fuß auf die Insel Reichenau gesetzt. Und hat den Impuls gegeben für die ganze Entwicklung der Reichenau als dieses Zentrum. Und was wollte er? Er wollte sein esoterisches Christentum nach Rom tragen, um mit dem Papst, dem damaligen Papst, als Vertreter des Exoterischen so ins Gespräch zu kommen, dass es eine Verbindung entsteht. Das war eigentlich der große Wunsch gewesen von Columban. Der ist vorher in Bobbio in Norditalien, ehe er nach Rom kam, gestorben. Das hat nie stattgefunden. Und wenig später hat das römische exoterische Christentum Irland erobert und alles ist den Bach runter. Das ganze esoterische Christentum in Irland war ausgelöscht schon im 9. Jahrhundert. Ausgelöscht. Aber es wirkt fort. Es wirkt fort wie ein roter Faden durch die ganze Entwicklung des Abendlandes bis zum heutigen Tag. Es ist jetzt nicht meine Aufgabe, nicht die Zeit, ich kann es vielleicht hin und wieder mal andeuten in der Folge, dass es nie ganz erloschen ist. Sondern dass es sich wie ein roter Faden durch die ganze Entwicklung durchzieht bis heute.
Die Entstehung der europäischen Dorfstruktur 00:25:00
Manfred Klett: So. Und was ist daraus entstanden? Das esoterische Christentum hat nicht so sehr eine Kenntnis der Landbaukultur der Vergangenheit verinnerlicht gehabt wie das exoterische Christentum, die Mönche, die da rüber kamen über die Alpen. Sondern die hatten dieses Naturbewusstsein und hatten eine Kenntnis davon, dass die Natur geistdurchdrungen ist. Und dass man in diese Geistdurchdrungenheit jetzt, dass man das in Einklang bringen muss mit dem, was innerseelisch der Mensch geistig erlebt. Dass da eine Brücke gebildet werden muss zwischen innen und außen. Und diese Columbanen und seine Kumpanen, die haben dann den Dorfimpuls eigentlich hereingetragen nach Mitteleuropa. Die haben zu dem, was die uralten Kenntnisse der Vergangenheit waren, die vom Süden nach Norden kamen, das hat sich durchdrungen jetzt mit dem Dorfimpuls, mit dem Gemeinschaftsimpuls. Und so haben sich eigentlich da im Bodenseegebiet, in gewissem Sinne könnte man das so sagen, bevor in Norddeutschland überhaupt ein Funken davon aufgetaucht ist, haben die eigentlich die ersten wirklichen Dörfer gegründet.
Und was ein Dorf ist, das habe ich ja im Januarkurs damals geschildert. Ich weiß nicht, ob das noch im Bewusstsein lebt. Ich kann es nur noch mal ganz kurz andeuten, nur damit es nochmal... Wenn Sie hier so ein Stück Gemarkung haben, sagen wir mal eine ganze Dorfgemarkung. Also das, was heute noch die Dörfer auch überall sind. Die Dörfer von heute sind damals begründet worden. Die frühesten Dörfer im 7., 8., 9. Jahrhundert. Und da hat man eben dann die Kirche hier in die Mitte gesetzt. Das war... Diese Kirche war sehr stark geprägt vom exoterischen Christentum. Und dann haben sich die Gebäude da oben, die vom Dorf, die Dorfgebäude entwickelt. Und dann eben, ich zeige es nur noch kurz an, hat sich hier die Viehhaltung entwickelt hier im Dorf. Da wurde das Haustier erst wirklich Haustier. Nach und nach. Zuerst die Rinder. Später erst die Schweine. Die Schafe waren immer schon so ein bisschen mäandrierend durch die Landschaft. Also hier die Viehhaltung entwickelt. Und dann hat sich auch aus der vorchristlichen Kultur herübergekommen der Gartenbau hier herum entwickelt. Und dann hat sich dann weiterentwickelt hier. Na. Da sehen wir dann schon die Farbe. Der Obstbau herum entwickelt. Und schließlich hier alles war dann das Gebiet des Ackerbaus. Ackerbau. Wiesenwirtschaft. Weidewirtschaft. Obstbau. Gartenbau. Das ist das Erbe der vorchristlichen Hochkulturen hier. Das war in den vorchristlichen Hochkulturen war das alles noch ein bisschen voneinander getrennt. Die Viehhaltung sowieso. Es war alles Nomadentum damals. Und jetzt plötzlich durch das Zusammenkommen dieser beiden Strömungen vereinigt sich das alles, indem die ganzen Kenntnisse der vorchristlichen Entwicklung hier einfließen. Und das sich durchdringt mit dem Dorfimpuls, der vom Westen kommt. Der Gemeinschaftsimpuls. Und so sich die Dorfschaften entwickeln.
Das System der Dreifelderwirtschaft 00:29:12
Manfred Klett: Und diese Entwicklung ist die Grundlage für eine grundsätzliche Erneuerung der Düngung. Ohne das hätte sich niemals in dieser Form über Jahrhunderte, über ein ganzes Jahrtausend hinweg eine Landbaukultur entwickeln können. Auf der Grundlage einer Erneuerung der Düngung. Und zwar in folgender Art. Wenn das jetzt sozusagen ein Urbild ist eines Dorfes. So wie es sich damals im Bodenseegebiet als erstes schon im 7. Jahrhundert eigentlich schon im 7. Jahrhundert von 650 an und dann im 8. und 9. Jahrhundert hauptsächlich entwickelt hat. Da ist nun folgender Schritt ganz entscheidend. Das nämlich das gesamte landwirtschaftlich genutzte Gebiet, ackerbaulich genutzte Gebiet, dass das in drei Teile geteilt worden ist. Und das ist auch ein Erbe früherer Zeiten, nämlich keltischer Zeiten. Das ist die sogenannte Grundlage der Dreifelderwirtschaft, die da eingesetzt hat und die geht auch auf keltische Zeiten zurück. Also auch man möchte fast sagen, noch vorchristliche Zeiten war das schon angedeutet, aber jetzt wird das hier zum Grundprinzip, dass der gesamte Ackerbau hier, dass der in drei Teile geteilt worden ist, wo in einem Jahr die Winterfrüchte angebaut worden sind, im anderen Jahr die Sommerung und das dritte Drittel lag brach. Hier wurde also nichts angebaut, sondern man hat nur einmal im Frühjahr ein bisschen geeggt und dann kam das Unkraut, da kam der Klee, da kam alles, was also wuchs und hat sich das begrünt und dann hat man das ab Sommer abgeweidet mit den Kühen hier aus dem Stall. Die hat man rausgetrieben hier auf die Brache mit den Hütejungen und Hütemädchen, die es den ganzen Tag gab, keine Elektrozäune damals, wurden die gehütet auf diesen Brachflächen. Außerdem wurde der Stallmist, der hier im Dorf angefallen ist, durch die Viehhaltung, dieser Stallmist wurde dann auch im Herbst auf die Brachflächen ausgebracht.
Die Fütterung des Viehs geschah nun über den Winter, natürlich mit Heu, was anderes gab es nicht. Im Sommer konnte man die Brachflächen beweiden oder Wiesen und Weiden, hier in dem Ackerbaugebiet, wo man keinen Ackerbau hatten, haben konnte, natürliches Grünland, die hat man beweidet und der Mist, der dann hier angefallen ist während der Winterzeit, kam auf die Brache. Und im nächsten, folgenden Jahr war hier ein Drittel der ganzen Dorfgemarkung, der ackerbaulich genutzten Dorfgemarkung, hatte ein Ruhejahr hinter sich und ein Jahr einer starken Durchwurzelung, durch den Grünaufwuchs und ein Jahr dadurch, dass das Vieh hier geweidet ist und seine Hinterlassenschaften gedüngt haben und außerdem kam der Winterstallmist hier auch auf die Brache. Und im nächsten, folgenden Jahr wanderte dann die Winterung hier auf die Brachfläche und das gab natürlich Ertrag. Das hat natürlich funktioniert. Und die Brache wanderte hier auf die Sommerung und die Sommerung auf die Winterung. So rotierte es seit dem 9. Jahrhundert, kann man sagen. Rotieren in dieser Dreifelderwirtschaft die einzelnen Kulturen durch die ganze Dorfgemarkung hindurch. Regelmäßig von Jahr zu Jahr. Also das ist die Dreifelderwirtschaft. Die liegt heute noch unter den Fruchtfolgen zugrunde. Sofern es noch Fruchtfolgen gibt. Im konventionellen Landbau gibt es ja keine Fruchtfolgen mehr. Das ist aus und vorbei. Aber die Grundlage unten im ökologischen und auch im biologischen Landbau ganz besonders ist letzten Endes immer noch die Dreifelderwirtschaft. Nur, dass die Brache nicht mehr gibt. Das werden wir später noch sehen.
Auf diese Weise durch dieses System einer geregelten Düngerwirtschaft dessen, was jetzt hier aus diesem organischen Zusammenhang aller landwirtschaftlichen Tätigkeitsfelder Viehhaltung, Gartenbau, Obstbau und Wiesen- und Weidewirtschaft und Ackerbau und Waldbau muss man dazunehmen. Es gab viel Waldweide zur damaligen Zeit. Alles das war ein in sich geschlossenes Ganzes, was sich selbst erhalten hat. Sich selbst regeneriert hat durch diese Art der Düngung. Dass alle drei Jahre jedes Drittel der Dorfgemeinschaft eine Düngung bekommen hat. Und es ist heute noch so, dass wir alle drei Jahre eine kräftige Düngung machen. Also das ergibt sich einfach aus den Fruchtfolgen heraus, dass im Wesentlichen die Düngung alle drei Jahre geschieht. Dazwischen kann man noch Gründüngung machen und alles Sonstige. Das sehen wir dann später noch. Jedenfalls dieses System hat die Böden gesund erhalten über die ganzen Zeiten hinweg. Über tausend Jahre, wir kommen später auch nochmal darauf zurück, dass dies mal zur Frage geworden ist. Wo kommt eigentlich das her, dass die Böden so fruchtbar geblieben sind? Die müssen doch alle verarmt sein.
Und dieses Prinzip nun, was ich hier jetzt geschildert habe, das ist die Urzelle Europas. Die Dorfschaft mit dem Mittelpunkt und der Umkreis der Dorfgemarkung. Auf dieser Grundlage hat sich ganz Europa entwickelt. Ob das jetzt in England ist oder in Frankreich oder in den Ostländern oder ob das in den Nordländern der Fall ist, überall hat sich letzten Endes dieses System durchgesetzt. Das war die Grundlage der gesamten Kultur bis ins Hochmittelalter, bis in die Neuzeit, bis in die jüngste Vergangenheit des 19. Jahrhunderts. Also es ging weit über 1.200, 1.300 Jahre hinweg.
Parallele Entwicklungen: Brandkultur und Hackkultur 00:36:28
Manfred Klett: Und nun, das hat sich jetzt hier in Europa entwickelt seit dieser Zeit, nach der Völkerwanderung, ab dem 7. Jahrhundert. Und zeitgleich haben sich natürlich in anderen Ländern der Welt andere Systeme entwickelt des Landbaus. Und das ist die sogenannte Brandkultur, die wollte ich auf jeden Fall noch mal kurz erwähnt haben. Die Brandkultur hat man im Wesentlichen in den großen Regenwaldgebieten oder überhaupt in Waldgebieten hat man betrieben, indem man ein Stück Land innerhalb des Waldes abgebrannt hat, abgeholzt hat, verbrannt und hat dann da sieben Jahre drauf kultiviert. Da ist die Asche zu Boden gesunken und diese hat sozusagen da für eine gewisse Düngung gesorgt. Und sieben Jahre hat man kultiviert und dann wurden die Erträge immer minderer und minderer und dann hat man ein nächstes Stück Wald abgebrannt und währenddessen hat sich das benutzte Land langsam wieder regeneriert. Also es war ein System auch der Selbstregulation, immer ein Stück abgebrannt innerhalb des Waldes und das bereits genutzte über sieben Jahre, dann langsam wieder durch natürliche Aufforstung hat sich da der Wald zurückgebildet.
Publikum: Hat man denn da schon sowas wie eine Fruchtfolge gemacht innerhalb der sieben Jahre oder immer das gleiche angebaut?
Manfred Klett: Plus minus, da war glaube ich kein großes System drin. Man hat sich eben für das Selbstversorgertum man hat ja keinen Markt gehabt und nichts an diesem Ding, sondern es diente ganz und gar der Selbstversorgung. Also im Extremfall würde ich mal sagen, diese, später hat sich dann die Hackkultur entwickelt, da hat man die Wälder nicht mehr abgebrannt, sondern nur ausgedünnt. Riesenbäume stehen lassen, sodass es immer noch nach dem Urwald aussah, aber unten drunter war alles ausgelichtet und dann hat man unter diesem Stockwerk hat man dann jetzt erstmal baumartige Fruchtpflanzen angebaut, wie Bananen und da drunter Kaffee und da drunter Ananas und da drunter Gemüse. Da stockte sich sozusagen, das war eine Mehrstocklandwirtschaft, die sich da entwickelt hat. Das war auch hier in der Zeit in vorchristlicher Zeit ähnlich gewesen, dass man so Hügelbeete unter Bäumen angelegt hat, öfter hierzulande. Ja, das gab es, mag es gegeben haben, aber im Wesentlichen immer nur an Flussrändern auch, nur an Flussrändern, denn das eigentliche Landschaft hier, die waren Sumpfwälder, die noch lange nicht entwässert waren. Dort ist man ja ständig sumpfversoffen.
Also, das ist sozusagen der Anfang einer wirklichen Landbaukultur, der abendländisch-christlichen Landbaukultur, das ist das hier. Und das hat sich jetzt weiterentwickelt, das brauche ich jetzt nicht im Einzelnen erzählen. Durch die folgenden Jahrhunderte hat sich das immer mehr entfaltet. Zuerst sind die alten Dorfschaften entstanden aus dem 7. Jahrhundert und dann später, nachdem die Bevölkerungswachstum zugenommen hat im Hochmittelalter im 12. Jahrhundert, dann hat man langsam auch die Waldgebiete erschlossen. Den Odenwald, den Schwarzwald, hier den Taunus, die Rhön, alle Mittelgebirgsgegenden, die waren ursprünglich überhaupt nicht bewirtschaftet, sondern die wurden eigentlich erst nach und nach dann auch in diesem Sinne kultiviert. Man kann es meistens an den Namen unterscheiden. Alle Dorfnamen in Süddeutschland zumindest, die mit -ingen enden, Ingen, Sindelfingen, Böblingen, Ehingen und so weiter, das sind Dorfschaften, die sehr alt sind und die heißen alle immer, dass Ingen heißt die Söhne des eigentlichen Begründers. Das Sindilo, das Sindelfingen oder das Böbelo, der Böblinge, die Söhne dessen, das stammt alles ungefähr aus dem 8. Jahrhundert. Zeit des Karls des Großen.
Publikum: Ich habe mal gehört, dass in Mitteldeutschland, hier gibt es ja auch viele Orte, hier gibt es ja viel die Orte auch Eichenrod und das sind die 11.
Manfred Klett: bis 12. Jahrhundert.
Publikum: Das kommt von Rodung, oder?
Manfred Klett: Da ist das Wort, die Silbe Rot, heißt Rodung. Das ist eine Rodung, die aus späterer Zeit stammt. Auch Neuhausen oder so, die Dorfnamen haben sich dann sehr stark verändert.
Die Kulturleistung der Zisterzienser: Die Buckelwiesen 00:41:43
Manfred Klett: Aber das führt uns jetzt immer weiter und ich möchte Ihnen ein weiteres Bild noch mal kurz vor sich hinstellen. Und das ist das Bild der Buckelwiesen. Ursprünglich stand Europa, und zwar Mitteleuropa ganz besonders, das waren wirklich Waldsümpfe. Also fast unzugänglich. Die Römer hatten die größten Schwierigkeiten hier mit ihren Heeren, nach England durchzustoßen. Dann sind die in den Rhein hochgefahren und dann rüber nach England. Also es war für die Römer eine Katastrophe, durch diese dunklen Wälder durchzukommen. Da hatten die Angst. Deswegen haben die Römer in ihren Vorstößen, zum Beispiel hier in den Taunus, haben die ganze Riesen, Riesenrodungen vorgenommen, Schneisen geschlagen in die Wälder, nur, dass ihre Soldateska, ihre Legionen, dass die bei Licht, sozusagen bei Tageslicht da durchkönnen. Die hatten Angst vor der Dunkelheit. Die Römer hatten Angst vor der Dunkelheit. Der Wälder. Und sie sind ja auch einmal ganz heftig geschlagen worden, durch Hermann, da in Westfalen oben, im Teutoburger Wald, weil die einmal die Römer in den Wald gelockt haben, hatten sie keine Chance mehr. Da wurde eine ganze Legion vernichtet, von den Germanen. Aber ansonsten waren die Römer unschlagbar, sofern das Sonnenlicht bis auf den Boden heruntergedrungen war.
Nun, also, Europa war ein ganz versumpftes Land. Und jetzt gab es eine Zeit, jetzt im Hochmittelalter schon, wir kommen jetzt ins 11., 12., 13. Jahrhundert, wo jetzt die großen Orden, insbesondere allen voran der Zisterzienser Orden, es gab ja die Benediktiner, das war ja der ursprünglichste Orden aller, aus dem haben sich alle anderen so nach und nach herausentwickelt. Und so auch die Zisterzienser zu Beginn des 11. Jahrhunderts. Ja, nee, des 12. Jahrhunderts. 1092 ist da begründet worden. Bernhard von Clairvaux, der war der große Inaugurator des Zisterzienser Ordens. Und was waren die? Die waren Landschaftsarchitekten. Die haben die ganzen Landschaften durch Wasserbau kultiviert. Die haben doch mal diesen Impuls der vorgesehenen Zeiten aber in völlig verwandelter Form aufgegriffen und haben die Flüsse reguliert, die Sümpfe trockengelegt und die Flüsse eingedämmt, haben Überschwemmungsgebiete geschaffen für die Winterüberschwemmungen, auch hier, der Dottenfelderhof war zum Beispiel so ein Gebiet, das ganze Unterland war Überschwemmungsland. Und konnte dann als Wiesen und Weiden im Sommer über genutzt werden und im Winter war es wieder Überschwemmung. Und da haben die ihre Fischzucht betrieben, die Zisterzienser. Die sind hier auf dem Dottenfelderhof, sind die noch in den Zeiten bis zum 2. Weltkrieg und auch noch nach dem 2. Weltkrieg, sind die im Frühjahr raus mit Waschkörben und haben auf den Weiden im Unterland die Fische eingesammelt.
Publikum: Können Sie das anschreiben, den Namen?
Manfred Klett: Welchen Namen?
Publikum: Den Namen der Bewegung?
Manfred Klett: Cistercienser. Ich gehe da auf Citeaux zurück, das ist in Frankreich ein Kloster gewesen, das Kloster Citeaux. Und dann gab es natürlich die Benediktiner und so weiter, also kann ich jetzt alle nicht einzelnen. Benediktiner, die Augustiner, es gab die Dominikaner, es gab die Prämonstratenser. Prämonstratenser. Der Dottenfelderhof ist ein altes Prämonstratenser-Gut hier.
So, aber was ich eigentlich sagen wollte ist, dass die Cistercienser haben die im großen Stil die Landschaften kultiviert. Die hatten einen Blick für die ganze Landschaft und haben die Flüsse reguliert, Sümpfe trocken gelegt und haben etwas gemacht, was so einzigartig war. Nämlich in deutschen Mittelgebirgslagen haben die die sogenannten Buckelwiesen angelegt. Und das muss ich jetzt nur kurz mal andeuten, weil das wirklich eine Kulturleistung erster Rang ist. Wo nochmal das Bewässerungselement aufgegriffen worden ist, aber vollkommen verwandelt. Stellen Sie sich mal vor, wir hätten hier jetzt wir hätten hier jetzt so ein Tal, das verebnet sich hier und dann hier unten läuft der Bach und hier geht es dann wieder hoch. Ein Tal in einer Mittelgebirgslage, sagen wir mal hier in der Rhön, im Taunus, im Schwarzwald hat man das alles gefunden. Also hier fließt der Bach. Und das hat man am Oberlauf den Bach abgezweigt und hat den hier als Mühlbach mit geringeren Gefälle als hier der entlang geführt. Vom Obertal her hier entlang und dann, wenn der genügend Fallhöhe hatte und dann hat man einen Mühlenteich angelegt, sagen wir mal, ich möchte mal so andeuten hier, dass da ein Mühlenteich war und da stand hier eine Mühle und da wurde gerade ein großes Wasserrad und da hat man das angetrieben und hat das Getreide gemahlen. Und jetzt floss dieser Bach also, ich möchte es mal so andeuten, hier ist der Ursprung und hier wurde jetzt hier am Talhang entlang geführt dieser Bach bis zu dem Mühlteich.
Jetzt hat man hier Folgendes gemacht, dass man von dem Bach kleine Stichgräben gemacht hat in Richtung Talgrund. Dazu musste man aber jetzt künstlich das abfallende Gelände aufschütten oder in einer Art Dach ausbilden. Talwärts ein Dach in diesem Sinne, sodass es hier wie ein Komposthaufen aussah, die ganze Landschaft, ein Komposthaufen am anderen, aber etwas flacher als ein Komposthaufen, die Neigung, das waren also solche Dachbeine und hier oben im Dachfirst war eine kleine Rinne. Und jetzt haben die von diesem Bach aus das Wasser meistens bei Vollmondnächten, da haben die sich sehr stark nach dem Mond gerichtet, haben die dieses Wasser hier abgeleitet in diese Richtung hier. Hier war ein Stöpsel, das war das Dach und dann ist das Wasser hier von diesen Stichgräben ist dann übergelaufen hier und quasi dann das Dach heruntergelaufen und wurde hier wieder in einer Dachrinne aufgefangen, wieder in einem Stichgraben unten, wie eine Dachrinne und dann floss es weiter, Talabwärts, wieder auf einen First hier unten, ein neuer First, ein neues solches Dächlein und von hier aus war wieder so ein Dach und dann floss es hier wieder weiter und hier wieder in die Dachrinne und so stufenweise bis runter an den Vorfluter. Wie groß kann man sich das vorstellen, so ein Dach? Ein paar Meter, ein paar Hektar? Also sagen wir mal von hier bis hier so etwa.
Und das war so kunstvoll, denn das Wasser, das Bewässerungswasser, diente eigentlich nicht der Bewässerung. Das war ja vorrichtig, haben das schon nach der Schneeschmelze angefangen. Es ging gar nicht darum, dass das jetzt mit Wasser getränkt war, im Gegenteil, das ist ja sehr gefährlich beim Grünland, wenn da nämlich zu viel Wasser ist, dann gibt es Sauergräser und so weiter, sondern es sollte ja wirklich ein kräuterreicher Standort sein. Es musste also möglichst schnell hier über dieses Dach perkulieren in der Grasnarbe, nur durch die Grasnarbe durch, durch Perlen und schleunigst wieder aufgefangen werden, hier unten vor dem nächsten Stichgraben, hier und hier. Und das mehrfach und das eben mit entsprechenden Mondrhythmen haben die gemacht und haben damit mit ganz armen Wasser, wirklich dem ärmsten vom armen Wasser, das so gut wie keine Mineralstoffe enthält, nicht ganz destilliertes Wasser ist, die kamen nämlich aus dem Buntsandstein, überwiegend, Buntsandstein ist zu 90 Prozent Quarz, da kann man nicht erwarten, dass da große Mineralstoffgehalte sind. Und damit haben die es verbessert. Also die Mineralstoffe waren es gar nicht, die da drin waren. Und man muss wirklich rätseln, was hat hier gedüngt? Denn es ging nicht jetzt das zu bewässern, eigentlich im klassischen Sinne, sondern nur darum, dass es möglichst perlend an der Oberfläche durch die Grasnarbe hindurch hindurchperlt.
Eine Theorie zur Düngewirkung: Die Sauerstoffdüngung 01:17:45
Manfred Klett: Und meine Erklärung dafür ist, ich habe mich lange mit anderen Leuten darüber gestritten und so weiter, jeder hatte irgendeine andere Meinung, also ich kam zu der Ansicht, dass die eigentlich nichts anderes gemacht haben, als mit Sauerstoff zu düngen. Das war eine Sauerstoffdüngung. Die haben fünf Schnitte, fünf Schnitte im Jahr, in diesen Lagen, halt Mittelgebirgslagen, haben die da von diesen Buckelwiesen runtergeholt. Bestes Heu. Untergräser, weniger Obergräser, die brauchen ja eine Zeit lang, bis sie hoch wachsen können, und dann insbesondere ungeheuer kräuterreich. Und das mussten sie alles von Hand mähen, von Hand rechen, zusammenrechen, in ein großes Tuch hüllen und auf dem Rücken runtertragen. Das Heu. Und dann haben sie ihren Dünger auch ausgebracht, hier ihren Stalldünger, alles von Hand hingetragen, in so Kübeln auf dem Rücken und hier ausgebreitet auf den Hang auf Buckelwiesen. Und diese die Düngung mit Sauerstoff, die kann man eigentlich erst zu Recht ein bisschen verstehen, ahnend verstehen, wenn man den Landwirtschaftlichen Kurs zur Hand nimmt. Da merkt Rudolf Steiner im dritten Vortrag, was eigentlich der Sauerstoff im Haushalt der Natur ist, was der Kohlenstoff im Haushalt der Natur ist, und so weiter.
Publikum: Kann man das noch irgendwo sehen oder gibt es das gar nicht mehr?
Manfred Klett: Alle verschwunden. Ich habe noch die letzten gesehen in der Rhön, in den 50er Jahren. Als Lehrling damals. Dann habe ich die letzten noch gesehen, dann kamen die Caterpillarraupen und haben alles flach gemacht im Zuge der Flurbereinigung. Alles weg. Man findet es heute noch in den Alpen, findet man oben auch in einem Tal entlanggeführt, auch im Tal gibt es noch an einzelnen Stellen Gräben, die abgezweigt sind irgendwo von den Gletscherwässern oben in den Alpen. Die fließen unter Umständen über 60 Kilometer an den Talhängen oben entlang. Die wurden dann einfach gestaut und hat man dann das Unterliegende, die Abhänge wurden dann bewässert von oben und unten und da floss auch das Wasser einfach so durch. Und das haben die direkt nach der Schneeschmelze gemacht. Und plötzlich, was vorher braun war, zack wurde grün. Also in kürzester Frist hat sich das sofort begrünt. Und da fragt man sich, wie kommt das? Das hätte sich doch auch begrünen können mit der Feuchtigkeit, die noch von der Schneeschmelze übrig geblieben ist. Nix. Das ist dann dieses durchperlen durch die Grasnarbe. Und ich bin felsenfester Überzeugung, dass es ein Sauerstoffphänomen ist. Der Sauerstoff wird beschrieben im dritten Vortrag des Landwirtschaftlichen Kurs als der Träger des ätherischen Bildekräfte. Also jene Kräfte, die überhaupt das Pflanzenwachstum zu einem lebendigen machen.
Publikum: Ist dann die Freisetzung von dem Sauerstoff wahrscheinlich noch begünstigt durch die Kräfte vom Vollmond?
Manfred Klett: Das kommt dazu. Die Vollmondkräfte haben ja auch mit dem Wasser zu tun. Das kommt dazu. Sonst richtig. Also diese Buckelwiesen, das war eine Kunst, eine Wasserbaukunst ersten Ranges, die auf die Cistercienser zurückgeht. Und auch über Jahrhunderte gepflegt worden ist. Aber unendlich arbeitsaufwendig. Na klar. Alles von Hand. Das ist nur auch ein Bild einer sich entwickelnden, verwandelnden Düngung jetzt im Hochmittelalter. Daneben bestand natürlich alles das hier. Die Dorfschaften, die sich da entwickelt haben.
Beginn der Neuzeit: Madeira, Monokultur und Sklavenhaltung 00:55:57
Manfred Klett: Und jetzt müssen wir schleunigsten Sprung machen durch das Mittelalter hindurch in die Neuzeit. Und die Neuzeit beginnt ja zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Ich habe ja vieles geschildert im Januarkurs, was dazwischen sich abgespielt hat. Aber das würde jetzt zu weit führen. Wir kommen also jetzt in den Beginn der Neuzeit. In Italien ist die Renaissance, bricht an. Und dasselbe Jahrhundert des 15. Jahrhunderts, da fangen ja die Spanier und die Portugiesen an, die Weltmeere zu bereisen. Immer weiter hinaus in den Atlantik. Und zuletzt kriegen sie sogar noch den Dreh südlich von, also westlich, östlich von Brasilien an der Küste. Zack, kommen sie tatsächlich um Kap der guten Hoffnung herum. Haben sie bisher immer vergeblich versucht. Durch das ganze 15., 16., 15. Jahrhundert haben sie vergeblich versucht, die Portugiesen da nach Indien zu kommen. Sie haben das heilige Land Indien gesucht. Weil sie gemeint haben, da lebe der Priester Johannes. Also das war auch noch so eine Legende, auf die sich das alles bezogen hat. Und die versuchten immer, um den Kap der guten Hoffnung umzukommen, haben sie es geschafft. Sie sind immer an der Skeleton Coast in Namibia gelandet. Skeleton Coast, das sagt der Name. Das war die Todesküste. Denn alle Schiffe, die zu nah an der afrikanischen Küste nach Süden gesegelt sind, über die kanarischen Inseln und die kapverdischen Inseln, die sind alle irgendwo gestrandet an der Skeleton Coast. Da sind die alle verdurstet. Und so haben die Portugiesen schließlich mit einer riesen Volta nach Brasilien rüber, der südamerikanische Kontinent war wohlgemerkt auch nicht entdeckt, haben die Kurve gekriegt, und dann haben die Winde sich um das Kap der guten Hoffnung herumgetragen. Es ist das Jahrhundert der Seefahrer, der christlichen Seefahrer. Das ist 15. Jahrhundert.
Und in diesem Jahrhundert der Renaissance, wo einerseits nochmal die ganze Vergangenheit der griechischen Kultur, das alte Sömmertum nochmal aufgeklungen hat, die ganzen Schriften des Aristoteles, des Platons und so weiter, alles wurde neu belebt, daher in Florenz und Rom, Italien, so waren es dann die Spanier und die Portugiesen, die die Tendenz hatten, jetzt in die weite Welt zu segeln. Und da muss ich jetzt ein Bild an den Anfang stellen. Das ist ganz entscheidend für die ganze folgende Entwicklung bis zum heutigen Tag, dass nämlich die Portugiesen auf einem dieser Wege, dieser sogenannten Volten, die sie geschlagen haben, die mussten immer nach den kanarischen Inseln, in diese Richtung nach Süden segeln, um dann einen großen Bogen zu drehen und von Norden mit entsprechenden Winden wieder zurückzukehren nach Portugal. Und auf diesem einen, auf dem Rückweg, die kamen nicht bis zur Dominikanischen Republik, nicht zu den westindischen Inseln. Das ist erst den Kolumbus gelungen, 1492. Aber die ganzen Jahrzehnte davor haben es immer größere Runden gedreht sozusagen über den Atlantik. Und auf dem Rückweg einer solchen Runde haben sie Madeira entdeckt. Madeira, das liegt ja hier, also etwas südwestlich von Spanien. Und haben dann also Meldungen gemacht zu Hause, dass da so eine Insel ist, wo nur Wald drauf steht, keine Eingeborenen, nichts, gar nichts, nur Wald, Urwald, seit Ur-Ur-Ur-Urzeiten Urwald. Und was ist die Antwort? Es kommen die Ersten von Portugal herüber, seien es Bauern, seien es Matrosen, seien es Seeleute gewesen. Was machen die? Die fackeln die ganze Insel ab. Das ist eine unglaubliche Sache. Das war ein Urwald, also noch vor den Eiszeiten. Ein einzigartiger Habitat in ganz Europa. Und jetzt kommen die da her und fackeln das ganze Ding ab. Die Schwende brennt drei, vier Jahre, die ganze Insel. Eine Riesenrauchwolke. Und veraschen sozusagen die ganze Insel.
Und dann klauen sie sich die Guanchen aus den Kanarischen Inseln, die Ureinwohner von dort. Und versklaven die. Und versklaven sie, dass sie jetzt dieses Land kultivieren. Bewässerungsgräben ziehen. Ein sehr wunderbares Klima dort. Und viel Regenfälle. Relativ hoch. Sieht ja aus wie ein Krokodil, die Insel. Wie ein mächtiges Gerippe liegt es da im Atlantik. Also ideale Verhältnisse, aber alles steil. Und dann legen sie jetzt ganz komplizierte Bewässerungssysteme an. Zum Teil durch Tunnels hindurch. Diese Guanchen. Unter der Regie der Portugiesen, als Sklavenhalter, könnte man sagen. Und bauen Zuckerrohr an. In Monokultur. Das ist die erste Monokultur in diesem Sinne, die im christlichen Abendland angebaut worden ist, auf Madeira. Nichts anders wie Zuckerrohr. Da haben sie noch ein paar Ziegen mitgebracht. Die konnten da auch noch was grasen. Aber im Übrigen Zuckerrohr. Monokultur und Sklavenhalterei steht am Anfang der Neuzeit. Und dieses Prinzip von Monokultur und Sklaverei hat sich erhalten bis zum heutigen Tag. Und ich möchte nicht sagen, dass die letzten Ausläufer dieser Entwicklung der konventionelle industrialisierte Landbau heute ist. Nur, es gibt keine Sklaven mehr. In dem Sinne man versklavt sich selbst. Indem man das, was man an die Hand gibt, um das dann auch entsprechend dem, was die Sklaven früher gemacht hat, dass es funktioniert, das ist Kapital. Das hat sich natürlich dann irgendwie weiterentwickelt. Jedenfalls wurden da dann zum ersten Mal Zucker angebaut, also Zuckerrohr im großen Stil. Und 1466 hat dann der König João von Portugal hat dann die Erlaubnis gegeben zum Bau einer Zuckerrohrmühle. Also eine industrielle Verarbeitung. Stellen Sie sich mal vor, das war noch lang, lang, lang vor der Erfindung des ersten Webstuhls. Also da fing schon ein bisschen die Industrialisierung in Verbindung mit der Monokultur an. Und Sklavenhaltung. Und dann haben sie den Zucker nach dem Kontinent verfrachtet und da fing natürlich der Zuckerkonsum enorm an an den Höfen. Und 1472 haben sie dann die ersten großen Schiffsladungen voll Zucker nach Bristol, nach England verfrachtet. Und das war der Auslöser dann, dass in England ist heute das Land mit dem höchsten Zuckerverbrauch in Europa. Die Sweeties, die lutschen gerne immer irgendwas. Das geht auf diese Zeiten zurück. Man muss mal die Zusammenhänge sich mal anschauen. Das hat die ganze Entwicklung Europas schon seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts ganz stark beeinflusst und verändert.
Die Bauernkultur als Bewahrerin esoterischer Impulse 01:04:10
Manfred Klett: Während das Geschehen von Portugal aus und von Spanien, während das hier dieses System hat sich weiter erhalten. Über die Schwelle der Neuzeit hinweg. Und jetzt muss ich auch große Sprünge machen, weil die Zeit uns davon eilt. Haben die Bauern versucht, die da in ihrer eigenen Kultur gelebt haben. Sie glauben ja gar nicht, was das für eine Kultur war, die Bauernkultur. Die war abseits der Höfekultur oder der Klösterkultur. Wenngleich die auch reingewirkt hat, gewiss. Sondern die Bauern waren im Untergrunde, im Unterbewusstsein möchte ich mal sagen, noch letzte auslaufende Träger des esoterischen Christentums. Und es kam zum Beispiel zum Ausdruck, dass die konnten ja alle nicht lesen und schreiben. Aber die konnten erinnern. Die hatten Erinnerungskräfte so unvorstellbarer Art, dass sie die ganzen Märchen, die durch die Jahrhunderte gingen, die dann erst später aufgeschrieben worden sind, die ganzen Legenden, die Sagen, alles was nur von Mund zu Ohr, von Generation zu Generation weiter geht, das lebte im Bauerntum. Das erfüllte diese Menschen. Ich habe schon mal hier gesagt, wie die Kalevala aufgeschrieben worden ist im 19. Jahrhundert. Die ganzen Gesänge der Kalevala wurden erinnert. Die ganzen Tausende von Versen, durch die Generation, durch alle Zeiten hindurch. Und beschreiben Mythen der Menschheit in Bildern.
Und darin lebten die Bauern. Die waren vielmehr, die waren Träger des exoterischen Christentums gewiss. Die Kirche stand mitten im Dorf. Und da gab es vielleicht auch einen katholischen Pfarrer oder so. Aber wer kennt denn die Weihnachtsspiele? Die wir jedes Jahr aufführen, das Christgeburtsspiel. Also wer da ein bisschen die kennt, da heißt es nämlich an einer Stelle, wo der sich da verbeugt und jetzt einführt und die ganzen Herrschaften alle begrüßt. Eine endlose Begrüßungsszene. Da sagt er dann und dankbar den geistlichen Herren, die uns erlaubt haben, das Spiel zu lernen. Das erlaubt haben. Die mussten sich fragen, den exoterischen Vertreter mussten sie fragen, dass ein esoterischer Inhalt hier vorgetragen wird. Denn die Weihnachtsspiele sind alle Schöpfungen aus diesem mehr esoterischen Zug, der durch die Jahrhunderte ging.
Publikum: Das ist doch auch mit dem Grund, warum dieses ganze alte keltische Wissen verloren gegangen ist. Eben weil sie es halt nicht aufgeschrieben haben. Und dann hätten die Römer das ja wahrscheinlich auch nicht zugelassen. Wenn die da hier ihre eigene Kultur zumindest so unter vorgehaltener Hand weiter ausgeführt hätten.
Manfred Klett: Nee, das verstehe ich nicht.
Publikum: Naja, ich meine, die Römer waren bestimmt, das war ein Verständnis. Also da haben sich beide Gruppen verstanden. Das exoterische und das esoterische Christentum. Aber das beim esoterischen Christentum, meiner Meinung nach auch viel aus älteren Urkulturen von hier, viel mehr Naturvolk mitschwimmt, als im exoterischen. Und das davon viel, viel, viel gestorben, weggefallen, in Vergessenheit geraten ist.
Manfred Klett: Ja, so ist das. Und das ist klar. Aber sie haben es doch eben bewahrt, so weit, dass die Brüder Grimm das später nochmal die Märchen aufschreiben konnten. Ja, da sind viele Feste, was wir hier heute haben. Weihfest, also die ganzen Bräuche sind eigentlich von den Kelten. Ja. Das sind alles keltische Feste. Jaja, die kirchlichen Feste waren exoterisch und esoterisch zugleich. Also ich meine, auch die, da hat sich ja ungeheuer viel erhalten. Also ich könnte da Geschichten erzählen, das würde jetzt alles zu weit führen.
Die Zerstörung der alten Ordnung: Römisches Recht und Bauernkriege 01:08:18
Manfred Klett: Jedenfalls kommt jetzt eine Zeit im 16. Jahrhundert, 15., 16. Jahrhundert, wo dieser Impuls hier mehr und mehr in Frage gestellt wird. Und zwar durch die großen Auseinandersetzungen zwischen Kirche und Adel und das sogenannte Bauernlegen, dass die Bauern unterdrückt haben nach Strich und Faden. Die regten sich natürlich, die wollten das bewahren und das römische Recht hat Einzug gehalten. Das gab es ja vorher nicht, solange die Bauern noch so gearbeitet haben, galt das germanische Recht. Das germanische Recht kannte kein Eigentum. Das heißt, das hat nur funktioniert auf der Grundlage des germanischen Rechts, dass der Familie, jeder Familie in der Dorfgemeinschaft, das Land zugesprochen worden ist, in einem Drittel der Dorfgemarkung, je nachdem wie groß die Familie war. So viel hatten die dann also Anrechte hier in einem Drittel Boden zu bewirtschaften. Aber jetzt kommt das römische Recht, zieht ein durch die Klöster, durch den Adel, durch die Kirche, von Rom, das exoterische Christentum, das sich dann in einer neuen Rechtsordnung niederschlägt, des definierten Rechts und das schafft das Eigentumsrecht an Grund und Boden. Und das zerstört nach und nach dieses ganze System. Und das hat zur Folge, dass sich die Bauern natürlich sehr gegen wehren. Da kommen die Bauernkriege zu Beginn des 16. Jahrhunderts, 1525, die ja zum Ungunsten der Bauern ausgehen. Furchtbare Geschichten, die da passierten. Dann kam die Gegenreformation, das ganze 16. Jahrhundert hindurch und dann kam der Dreißigjährige Krieg.
Publikum: Können Sie nochmal sagen, von wann bis wann die Bauernkriege waren?
Manfred Klett: 1525. 1524, 1525. Also Luther hat schon seine Thesen in Wittenberg an die Tür geschlagen. 1517. Und die Bauern haben ja sehr stark mit Luther sympathisiert. Die waren die ersten Protestanten eigentlich mit den Rittern, mit dem niederen Adel zusammen. Und dann eben gab es die Bauernkriege und die sind verloren gegangen, im Blut ertränkt. Und damit war eigentlich dieser Impuls weitgehend schon, hat einen großen Dämpfer gekriegt.
Publikum: Können Sie das kurz erklären, wie das abgelaufen ist nach praktisch Aufstellung der Eigentumsrechte? Was dann genau passiert ist? Wie lief das ab, dass den Bauern dann wahrscheinlich die Höfe weggenommen wurden?
Manfred Klett: Weniger die Höfe weggenommen, als vielmehr, dass das Eigentumsrecht festgeschrieben worden ist. Also das römische Recht schreibt etwas fest. Heute und das gilt auch für morgen. Und im germanischen Recht gilt nur das, was Sache ist, wie ein Gewohnheitsrecht, das wird jedes Jahr neu bestätigt. Und dieses Festschreiben, das Definieren, und das hat dazu geführt, dass das immer mehr erstarrt ist, dieses System. Und dann kommt der Dreißigjährige Krieg und der war ja die größte Katastrophe Europas. Ohne den hätte es keinen ersten und keinen zweiten Weltkrieg gegeben, das ist ganz sicher. Hatte furchtbare Auswirkungen, die Bevölkerung um die Hälfte reduziert, die Landschaft völlig und restlos zerstört, eine einzige große Wüstenei der Norden Europas, flach, da war nichts mehr. Die Brunnen vergiftet, so verheerend, dass noch 1648 Westfälischen Frieden noch über 50 Jahre unglaubliche Hungersnöte geherrscht haben, hier in Mitteleuropa. 50 Jahre hat es gedauert, bis dieses Haupthaus hier wieder aufgebaut worden ist. 59 Jahre nach dem Westfälischen Frieden wurde dieses Haupthaus als ehemals klösterlicher Besitz, damals noch klösterlicher Besitz von Kloster Ilbenstadt, wurde wieder aufgebaut. Also das hat endlos lange gedauert, bis sich die Menschheit damals Mitteleuropas von dieser Katastrophe langsam wieder erholt hat.
Das 18. Jahrhundert: Schubert von Kleefeld und die Besömmerung der Brache 01:12:56
Manfred Klett: Und dann kommt das 18. Jahrhundert und da möchte ich auch zwei Dinge kurz erwähnen, die dann entscheidend sind für die Entwicklung der Landwirtschaft. Das erste ist, dass da ein Mann auftrat, namens Schubert, hieß der, den haben sie später geadelt, der hieß dann Schubert Edler von Kleefeld. Der hat nämlich den Kleeanbau wiederum eingeführt, in diese alten Dorfschaften und hat die Brache hier begrünt. Oder die Besömmerung der Brache nennt man das. Die Besömmerung der Brache. Und das war ein derart durchschlagender Erfolg. Ich muss mir vorstellen, noch am Anfang des 18. Jahrhunderts haben die Bauern ihre Kühe aus dem Stall auf den Schlitten geladen, auf die Weiden gezogen, weil die nicht mehr laufen konnten. So schwach waren die. Kein Futter, nichts. Also gerade mal gehofft, dass sie die gerade noch im Frühjahr wieder auf die Weide kriegen. Und jetzt kommt da ein Mann und sagt, so kann es nicht weitergehen. Wir müssen eine grundsätzliche Änderung vornehmen. Wir müssen die Brache besömmern.
Und da hatte größten Widerstand. Dieser Mann hatte sich durchkämpfen müssen, mit diesem Gedanken, weil jetzt der Konservativismus bei den Bauern so stark war, dass sie festhalten wollten an diesem System, was sich aber eben inzwischen römisch verrechtlicht hatte. Die Brache sozusagen freizugeben für den Kleeanbau. Das hat größte Widerstände verursacht. Aber er hat es geschafft, weitgehend jedenfalls. Und was war die Folge? Die Erträge stiegen wieder im Ackerbau und die Tiere hatten was zu fressen. Und sodass in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts schon eine leise, man möchte sagen, nicht nur ein Aufschwung, sondern auch die Landwirtschaft sich am Kulturleben mehr und mehr beteiligen konnte. Dazu kamen noch andere Regelungen, auch durch die Fürsten zum Teil. Durch die fürstlichen Herrschaften, die haben dann sogenannte Kammern eingerichtet, die haben für das Saatgut gesorgt und so weiter. Also das blühte ein bisschen auf im Verlauf des 18. Jahrhunderts, die Landwirtschaft.
Jetzt mache ich wieder einen Sprung. Das wollte ich noch ergänzen. Die Besömmerung der Brache war nicht nur Klee, zunächst ja, aber dann hat es nicht mehr lange gedauert, dann wurden die ersten Kartoffeln hier angebaut. Das kam ja aus Südamerika, der Kartoffelanbau, Ende des 16., Beginn des 17. Jahrhunderts. Jetzt fanden die Kartoffeln Eingang in die Landwirtschaft. Die wurden dann auch auf den Brachflächen angebaut, neben Klee. Und dann kamen später die Futterrüben dazu, oder schon damals die Futterrüben dazu. Heute kann man sagen, die Brachfläche ist die Klee- beziehungsweise die Hackfruchtfläche innerhalb der Fruchtfolge-Wirtschaft.
Das 19. Jahrhundert: Die Suche nach der "Alten Kraft der Böden" 01:16:24
Manfred Klett: Dann treten wir ein ins 19. Jahrhundert. Und an der Schwelle des 19. Jahrhunderts ist da ein unglaublicher Umbruch. Und da wird immer deutlicher, dass die Landwirtschaft nicht fähig war, aus sich heraus sich zu regenerieren und zu sanieren. Der Edle von Kleefeld, Schubert, war kein Landwirt. Der hat nur beobachtet, was in Europa sonst geschieht und hat dann erkannt, das ist eigentlich das Problem, die Böden wiederum fruchtbar zu machen. Und zu Beginn des 19. Jahrhunderts taucht nun eine Persönlichkeit nach der anderen auf, die erkannt hat, die Not der Landwirtschaft. Und unter denen gibt es natürlich eine ganze Reihe. Ich möchte da nur zwei erwähnen.
Zunächst einmal war die Grundfrage der heraufkommenden Wissenschaft, die eigentliche Landwirtschaftswissenschaft hatte den Ursprung im Beginn des 19. Jahrhunderts. Da kommt herauf die Frage, insbesondere bei den Professoren, die die Landwirtschaft unterrichtet haben. Albrecht Thaer ist ja einer der bekanntesten, der auch die Berliner Landwirtschaftliche Fakultät da begründet hat damals. Oder Nepomuk Schwerz, der die Hohenheimer Hochschule begründet hat. Alles zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Bei denen tauchte jetzt die Frage auf, woher kommt die Bodenfruchtbarkeit? Was ist der eigentliche Grund für die alte Kraft der Böden? Man nannte das die alte Kraft der Böden, ein wunderschöner Ausdruck, eine echte Beobachtung. Die alte Kraft, woher kommt das? Dass die Böden nicht total ausgelaugt sind. Wodurch regeneriert sich die Natur ständig aufs Neue? Und da tauchte zum ersten Mal der Humusbegriff auf. Und da haben die gefragt, was ist eigentlich der Humus? Da haben sie angefangen zu forschen, und hin und hin, und vorn und zurück. Und es war dieselbe Zeit, als die Europäer Südamerika erschlossen haben. Und dann plötzlich haben sie in der Wüste Atacama in Peru, bzw. Chile, das grenzt direkt oben an Peru, die Wüste Atacama, haben sie da große Vorkommen von Stickstoffsalzen entdeckt, Natriumsalpeter. Und auch Guano-Vorkommen, Vogelkot. Große, große, riesige Vorkommen aus den Galapagos-Inseln und dann auch an der chilenischen Küste. Und das haben sie alles nach Europa verfrachtet. Und haben da angefangen jetzt Düngerversuche zu machen. Und das war ein Bombenerfolg gewesen. Und man wusste gar nicht so recht, woran das eigentlich liegt. Anfang des 18. Jahrhunderts, richtig? Wann sind Sie zeitlich unterwegs gerade? Beginn des 19. Jahrhunderts.
Exkurs: Salpeter für den Krieg (Friedrich der Große) 01:19:42
Manfred Klett: Und was ich noch nachholen muss, das habe ich vergessen. Im 18. Jahrhundert war noch Folgendes geschehen. Friedrich der Große. Bekannt, der Name. Der hat den Siebenjährigen Krieg in den 50er Jahren des 18. Jahrhunderts geführt. Und der brauchte natürlich Munition. Denn man kann keine Kanonen füttern oder Gewehre oder so ohne Pulver. Und der Hauptbestandteil des Pulvers besteht aus Nitraten. Nitraten oder Ammonium. Das sind die explosiven Stoffe im Pulver. Und woher kriegt er das Pulver? Es gab noch keinen Salpeter von Chile und nichts. Und dann hat er seine Bauern beauftragt, befohlen, ich weiß nicht, bei welchen Strafen, wenn sie das unterlassen, ihre Jauche auf Mauern zu kippen, bei Sonnen, bei Sonnen und voller Sonne, und die Jauche verdunsten lassen und dann die weißen Kristalle, die sich dann bilden, das ist nämlich auch Kaliumnitrat, das abzukratzen und das ist nämlich die Grundsubstanz der Pulverherstellung. ebenso der Befehl im Stall, wo die Dünste der Kühe und die Feuchtigkeit und die Jauche und alles das, der Stall ist ja immer ammoniumgeschwängert, kann man fast sagen, die alten geschlossenen Ställe von früher, da hat sich diese Stickstoffsalze als Ausblühungen auf der Oberfläche der Wände niedergeschlagen. Und die sollten sie auch abkratzen und abliefern. Damit hat Friedrich der Große seine Kriege geführt. Auf Kosten der Bauern, dann ist das Ding ja verloren, dieser Stickstoff. Und kaum war natürlich der Chilesalpeter da entdeckt, war das vorbei, und dann haben die natürlich genügend Munition, also Pulver für ihre Munition gehabt und konnten ihre Kriege führen, die dann im 19. Jahrhundert dann entsprechend ja, das lehrt ja die Geschichte, was da geschehen ist.
Der Beginn der chemischen Düngung: Wöhler und Liebig 01:22:02
Manfred Klett: Nun, das war das eine. Also, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Stickstoff entdeckt worden ist als wesentlicher düngender Faktor oder Stickstoffverbindung im Zusammenhang mit dem Guano-Dünger und eben diesen Salpeter, Natriumsalpeter. Und dann haben die da natürlich jetzt, die Wissenschaftler sind wach geworden, haben ja in den Universitäten jetzt angefangen da Untersuchungen zu machen, zu prüfen, was ist Humus, wie stellt es sich zusammen, dann stellt man plötzlich fest, wenn man den zerlegt, dass da auch Humus, also Stickstoff drin ist, im Humus und so weiter und so weiter. Und da gab es einen namens Wöhler, in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts, Chemiker, ein begnadeter Chemiker, großer Kontrahent von Liebig, der die Harnstoffsynthese entdeckt hat. Also Harnstoff, wie man den herstellen kann, dass man Stickstoff mit Wasserstoff in einer Beziehung steht und dadurch also jetzt Harnstoff synthetisieren kann, außerhalb des lebendigen Organismus. Denn Harnstoff normalerweise entsteht immer durch Lebensprozesse. Und jetzt gelingt es also einem Chemiker plötzlich im Labor Harnstoff zu synthetisieren. Wie war der Name? Wöhler. WÖHLER. Und der wurde dann auch zum größten Verfechter der Mineral-Stickstoff-Düngung. Also dass es in der Landwirtschaft darauf ankäme, den Stickstoff von außen zuzuführen.
Und dann trat eine zweite Persönlichkeit auf, nämlich Justus von Liebig. Das ist ja bekannt. Justus von Liebig. Das war ein ganz eigenartiger Mensch. Der gilt ja als der Begründer der Mineraldünger-Theorie. Und das ist nicht ganz zutreffend, muss ich sagen, diese einengende Bezeichnung. Dieser Mensch war nämlich einerseits noch mit einem Bein, stand ja noch im deutschen Idealismus. Also in der Goethe-Zeit, Schiller-Zeit, Novalis-Zeit und Fichte-Zeit war noch ganz eingetaucht in dieses Zeitalter des deutschen Idealismus. Und auf der anderen Seite stand er schon mit einem Bein im Materialismus. Der eigentliche Durchbruch des Materialismus in den Naturwissenschaften hat stattgefunden Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts. Es gab natürlich schon vorher Ansätze in diese Richtung, dass man die Natur sozusagen atomistisch betrachtet hat. Aber der eigentliche Durchbruch der war am Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts und zwar schlagartig. Da tauchte die Spektralanalyse auf, dass man das Licht zerlegt hat in einzelne Bestandteile und hat das Licht dann wieder zusammengesetzt. Da hat sich ja Goethe mit aller Gewalt dagegen gewehrt, weil Newton das ja auch schon gemacht hat. Und da tauchte dann die Deszendenztheorie Darwins auf 1859 mit seiner Veröffentlichung. Und dann tauchte die Lehre von Mendel auf. Der Mendelismus, die Vererbungstheorie. Das sind alles sozusagen Materialismus-Geburten im eminentesten Sinn. Und dann vor allen Dingen auch die Zellentheorie, dass ein Organismus aufgebaut ist aus einzelnen Zellen und die Zelle ist der Grundbaustein alles Seins.
Nun gut, das war ein unglaublicher Aufbruch in dieser Zeit und Liebig war nun ein Mensch, der wie gesagt zwei Seelen in seiner Brust hatte. Einerseits noch ganz den deutschen Idealismus, andererseits eben den beginnenden Materialismus. Er war Chemiker, lehrte hier in Gießen zuerst und ging beim Spaziergängen hinaus auf das Feld, sah in die Dörfer und sah, wie arm und wie arm die Bauern sind. Und er hat gesagt, ich muss doch irgendwie als Wissenschaftler muss ich doch dann helfen können, dass die da irgendwie sich verbessert. Und dann hat er die Pflanzen von den Feldern genommen, der Bauern hat sie in sein Labor genommen und hat sie verbrannt, verascht und hat die Asche untersucht, analysiert, was sind da für Stoffe drin und hat dann festgestellt, also so eine ganze Reihe, eine ganze Latte, man hat sie später Spurenelemente genannt und dann schließlich die Kernnährstoffe. Und die Kernnährstoffe ist Kalium, Phosphorsäure und Stickstoff. Dann kam später noch das Magnesium, das Eisen und noch andere dazu, aber man hat es reduziert auf die essentiellen Nährstoffe, die die Pflanze braucht zum Wachstum. Das hat er, Liebig, alle, er war Physiker und Chemiker, physikalische Chemie und er hat immer gesagt, ich kann nur das untersuchen, worin ich wirklich bewandert bin, nämlich in der Physis, in der gewordenen Physis der Außenwelt. Ich bin kein Architekt, der die Pflanzen baut, bauen könnte. Die Idee, wie eine Pflanze sich baut, aufbaut zu einem Löwenzahn oder einem Walde, das weiß ich nicht. Aber ich kann feststellen, welche Stoffe da drin sind. Und dann muss ich eigentlich was sagen, wenn diese Stoffe da drin sind, dann verliert der Boden sie im entsprechenden Maße. Und das von Jahr zu Jahr. Also muss ich folgern, und zwar, das ist absolut stringent, folgern, dass der Boden in dem Maße verarmt, als die Pflanzen diese Stoffe wegtragen über die Erträge, die dann nach außen hin irgendwie abwandern aus der Landwirtschaft.
Liebigs verkannte Einsicht: "Für den Stickstoff möge die Natur selber sorgen" 01:28:28
Manfred Klett: Das war dann die Situation, vor die wir gestellt sind. Ich sehe schon, der Zeiger ist am Ende. Jedenfalls dieser Liebig hat daraufhin dann seine Stickstofftheorie begründet, auf diese Einsichten, und kam dann aber zu dem Ergebnis, und das ist schlagend, und das wird unter den Tisch gekehrt, er hat gesagt, es gilt für Phosphor, Schwefel und Kalium und auch die anderen Stoffe, nicht für den Stickstoff. Für den Stickstoff möge die Natur selber sorgen. Das ist sein Ausspruch. Für den Stickstoff möge die Natur selber sorgen. Der wusste, dass es Klee gibt, der wusste das alles, man wusste damals noch nicht, wie das funktioniert, aber die Natur möge für den Stickstoff selber sorgen. Das war eine tolle Intuition. Und daraufhin hat er dann seine ganze Lehre, die Liebig'sche Düngerlehre, gegründet, die dann keinen Anklang gefunden hat. Liebig wurde ja firmenunglaublich bekämpft, vor allen Dingen von Wöhler und seinen ganzen Genossen, weil die haben gesagt, nee, der Stickstoff ist das alleine, und den müssen wir aufs Land feuern. Und das gab dann nur einen, oder es gab natürlich mehrere, aber einen, der hat es so konsequent durchgeführt, die Liebig'sche Lehre, dass er aufgrund dessen dann zu unglaublichen Erfolgen gekommen ist, auf einem Sandboden. Also wirklich vom ärmsten Standort, also wirklich eine Schafweide, mit Schafschwingel drauf, Schafschwingelbeständen drauf, also so gut wie nichts. Und diesen Hof hat er hochentwickelt nach Liebig'scher Methode, sodass er nach 20 Jahren hat er einen Humushorizont bis zu dieser Tiefe gehabt. Ja, aber ich muss hier abbrechen, die Pause wird sonst zu kurz, und wir wollen dann morgen, ich wollte heute eigentlich noch weiterkommen, wir werden dann morgen diese Phase mit der historischen Betrachtung und dann eigentlich die entscheidenden Fragen stellen. Ja, wie? Was kann man eigentlich jetzt konkret unter Düngung im heutigen Sinne verstehen? Gut.
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